Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.348,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 724,80 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger, ein in Deutschland lebender deutscher Staatsangehöriger, erwarb 9/10tel Eigentumsanteile einer österreichischen Liegenschaft samt dem darauf errichteten Hotel am 21.Oktober 1977 durch Zuschlag und die restlichen Eigentumsanteile durch Kaufvertrag vom 7.Februar 1984. In dieser Zeit ließ er auf der südseitigen Hausmauer des Hotels in Stockwerkgröße sein - einem Vorfahren 1631 verliehenes - Familienwappen (ein stehender Ritter in silberner Rüstung auf silbernem oder grauem Grund mit heraldischer Umrahmung) anbringen und führte das Wappen auch in der Werbung für das Hotel, ehe er die Liegenschaft am 4.März 1985 "wie sie derzeit liegt und steht samt allem rechtlichen und faktischen Zubehör, soweit dies mit der Liegenschaft fest verbunden ist" an ein liechtensteinisches Unternehmen verkaufte; im Anschlußkonkurs über das Vermögen dieses Unternehmens kaufte die beklagte Partei die Liegenschaft vom Masseverwalter am 27.September 1988 "mit allen mit dieser Liegenschaft verbundenen Rechten, Befugnissen und Pflichten, sowie samt allem rechtlichen und tatsächlichen Zubehör" und führt seither das - mit keinem schlechten Ruf behaftete - Hotel. Derzeit befindet sich im Foyer des Hotels ein 4 x 4 m großer Teppich, in dessen Mitte das genannte, 1,5 m x 1,5 m großen Wappen eingearbeitet ist. Dieser Teppich war bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs der Liegenschaft samt Hotelbetrieb durch die beklagte Partei im Hotel vorhanden, wenn er auch damals noch nicht im Foyer lag. Die beklagte Partei nutzt das Motiv des Wappens (neben ihrer Etablissementbezeichnung und Adresse) auf dem Briefkopf ihres Geschäftspapiers, in Werbeprospekten und auf Ansichtskarten. Es ist nicht feststellbar, ob den für die beklagte Partei beim Erwerb des Hotels handelnden Personen bekannt war, daß es sich bei dem Motiv an der Hotelaußenmauer und dem im Teppich eingearbeiteten Motiv um das Familienwappen des Klägers handelt. Aufgrund dieses Motivs wird das Hotel von Anrainern und Gästen nicht mit dem Kläger in Verbindung gebracht.
Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, die Führung des der Familie M***** im Jahre 1631 verliehenen - näher dargestellten - Wappens ab sofort zu unterlassen, ab; das Erstgericht im wesentlich von der Erwägung ausgehend, daß es keinen "abstrakten" Wappenschutz gebe und eine auch nur ideelle Beeinträchtigung der klägerischen Rechte nicht vorliege, weil eine Beziehung der beklagten Partei zum Kläger durch den Wappengebrauch nach außen nicht erweckt werden könne, das Berufungsgericht hingegen im wesentlichen mit dem Argument, daß der beklagten Partei nicht bekannt gewesen sei, daß es sich um das Familienwappen des Klägers handle und sie das Wappen berechtigterweise benütze.
Rechtliche Beurteilung
Die von der zweiten Instanz wegen des Fehlens von Rechtsprechung zur Frage des Wappenschutzes in Österreich zugelassene Revision des Klägers ist nicht berechtigt.
Da ein Sachverhalt mit Auslandsberührung (§ 1 Abs 1 IPRG) vorliegt, ist zunächst die Frage des anzuwendenden Rechts zu prüfen. Zutreffend und unangefochten bejahten die Vorinstanzen (wegen Fehlens einer ausdrücklichen Kollisionsnorm für den Schutz eines Familienwappens) analog dem Namensrecht auch für das Wappen- als Persönlichkeitsrecht nach § 13 Abs 1 IPRG aufgrund des Personalstatuts des Klägers, eines deutschen Staatsangehörigen, sowohl die Anwendung deutschen Rechts als auch das in dieser Rechtsordnung aus dem Wappenschutz abgeleitete Recht zur Führung eines Familienwappens (Schwerdtner in Münchener Kommentar3, Rz 56 zu § 12 BGB mwN; Palandt53 Anm 38 zu § 12 BGB mwN; Heinrich in Soergel, BGB12 Rz 154 f zu § 12 BGB). In analoger (§ 7 ABGB) Anwendung des § 13 Abs 2 IPRG ist aber der Schutz des deutschen Wappenrechts nach österreichischem Sachrecht zu beurteilen, weil die behaupteten Eingriffshandlungen in dieses Recht in Österreich erfolgten (vgl EvBl 1993/58 zu § 78 UrhG). Eingriffe in private Wappenrechte haben im österreichischen Privatrecht keine Regelung erfahren. In Österreich steht einer blühenden öffentlichen und kirchlichen Wappenführung (Gall, österr. Wappenkunde2 20) das Verbot der Personen- und Geschlechterwappenführung gegenüber. Nach der aufgrund des AdelsaufhebungsG StGBl 1919/211 erlassenen Adelsaufhebungsvollzugsanweisung StGBl 1919/237 wurde das Recht zur Führung von Familienwappen, insbesondere auch der "fälschlich 'bürgerlich' genannten Wappen" aufgehoben (§ 2 Z 5 leg.cit.) und auch die Wappenführung unter strafrechtliche Sanktion gestellt (§ 5 leg.cit.). Für den Schutz eines deutschen Familienwappens gegen Beeinträchtigungen ist nach Auffassung des erkennenden Senats wegen Vorliegens einer zweifellos ungewollten Gesetzeslücke die Regelung des § 43 ABGB analog anzuwenden. Gemäß § 43 ABGB idF gemäß § 1 III.Teilnovelle, RGBl 1916/69, kann auf Unterlassung klagen, wer durch unbefugten Gebrauch seines Namens beeinträchtigt wird. Eine unzulässige Namensanmaßung liegt unter anderem dann vor, wenn jemand einen fremden Namen "führt", ihn also nach außen erkennbar zur Kennzeichnung der eigenen Person, des eigenen Unternehmens oder der eigenen Waren oder Leistungen verwendet (ÖBl 1985, 14 mwN). Wenn man diese zum Namensrecht entwickelten Grundsätze analog auch auf den Schutz eines (ausländischen) Familienwappens heranzieht, "führt" die beklagte Partei das Wappen des Klägers.
Schuldrechtliche Gestattungsverträge beseitigen grundsätzlich die Rechtswidrigkeit des Gebrauches eines fremden Namens oder Kennzeichens (ÖBl 1993, 15; ÖBl 1992, 157 mwN; ÖBl 1983, 169; SZ 48/125 = GesRZ 1976, 96; Aicher in Rummel2, Rz 13, 15 zu § 43 ABGB; Adler in Klang2 I 288 mwN; Koziol-Welser Grundriß9 I 77; vgl auch Schwerdtner aaO Rz 76). Auch nach bürgerlichem Recht ist nicht zweifelhaft, daß der Namensträger befugt ist, den Gebrauch seines Namens einem anderen, insbesondere zu kaufmännischen Zwecken, zu gestatten. Insoweit verzichtet er dann auf das ihm nach § 43 ABGB zustehende Untersagungsrecht (SZ 48/125 mwN). Diese Grundsätze können auch auf den Gebrauch eines fremden (ausländischen) Familienwappens herangezogen werden, wobei nach Auffassung des erkennenden Senates keine Bedenken dagegen bestehen, daß der formlos wirksame (Schwerdtner aaO Rz 76, 79) Gestattungsvertrag über ein Familienwappen auch schlüssig zustande kommen kann. Der Träger eines (ausländischen) Familienwappens kann demnach einen Unterlassungsanspruch wegen unbefugten Gebrauchs jedenfalls dann nicht stellen, wenn er dem anderen den Gebrauch desselben zumindest schlüssig gestattete.
Die Reichweite des Gestattungsvertrages richtet sich grundsätzlich nach der Vereinbarung (Schwerdtner aaO Rz 78), nach den konkreten Umständen des Einzelfalles (vgl ÖBl 1993, 15). Hier ist in Ansehung des an der Hotelaußenwand angebrachten Wappens nach dem Klagsvorbringen auf Grund der im Kaufvertrag festgehaltenen Bestimmungen der Verbleib des an der Außenwand des Hotels angebrachten Wappens der Familie M***** gestattet worden (ON 1 AS 2). Selbst wenn damit nur die Gestattung gegenüber der Vertragspartnerin des Klägers gemeint gewesen sein sollte, gilt nach den Grundsätzen von Treu und Glauben diese Gestattung nicht bloß für den ersten Käufer der Hotelliegenschaft, sondern mangels Vorbehalt des Klägers auch für den jeweiligen Eigentümer der Liegenschaft, solange sich das Hotel dort befindet. Der nun im Foyer ausgelegte Teppich mit dem eingearbeiteten klägerischen Wappen ist mitverkauftes Zubehör des Hotels iS des § 294 ABGB (RZ 1973/73; Pimmer in Schwimann, Rz 19 zu § 294 ABGB). Selbst wenn man im Auflegen eines Teppichs mit einem eingearbeiteten Wappen ein "Führen" dieses Wappens sehen wollte, liegt in der vorbehaltslosen Belassung des Teppichs im Hotel nach dem Verkauf desselben insoweit eine schlüssige Gestattung durch den Kläger nicht nur gegenüber der ersten Käuferin, sondern auch gegenüber weiteren Erwerbern des Hotels vor. Weder in dem Vertrag, mit dem der Kläger die Liegenschaft verkaufte noch in dem, mit dem die beklagte Partei die Liegenschaft erwarb, ist auf das klägerische Familienwappen Bezug genommen. Unter dem Blickwinkel eines redlichen verständigen Erklärungsempfängers muß mangels Vorbehalt durch den Kläger, der bei der Führung des Hotels sein Familienwappen auch im geschäftlichen Verkehr (am Briefpapier) verwendete, beim Verkauf der Liegenschaft mit dem Hotel darin auch die schlüssige Zustimmung gesehen werden, daß sowohl die erste Käuferin als auch weitere Käufer wie die beklagte Partei das an der Hotelaußenwand angebrachte Motiv des Wappens auch weiterhin neben ihrer Etablissementbezeichnung Hotel "B*****" zur Kennzeichnung des Unternehmens auf dem Briefkopf des Geschäftspapiers, in Werbeprospekten und auf Ansichtskarten verwenden. Die festgestellten Eingriffe der beklagten Partei - und nur diese sind hier zu beurteilen - in das deutsche Wappenrecht des Klägers sind somit schlüssig gestattet.
Es kann deshalb auf sich beruhen, ob dem klägerischen Wappen wappenmäßige Unterscheidungskraft (Kennzeichnungskraft) als Voraussetzung für den Schutz eines Wappens zukommt (vgl. ÖBl 1992, 54; MuR 1990, 194 zum österr. Namensrecht und Schwerdtner aaO Rz 56 mwN in FN 264 und Heinrich aaO zum deutschen Wappenrecht).
Der Revision ist nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung fußt auf §§ 41, 50 ZPO.
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