Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 4.348,80 bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin S 724,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte ist Medieninhaberin der Tageszeitung "Neue Kronen Zeitung". In der Farbbildbeilage "Krone Bunt" zur Ausgabe der "Neuen Kronen Zeitung" vom 5.5.1991 wurde ein Artikel "Leiden für die Schönheit - der Preis der zweiten Haut" veröffentlicht, der (ua) mit Fotos illustriert war, die das Gesicht der Klägerin vor und nach einer kosmetischen Behandlung zeigen. Der Artikel geht auf Informationen zurück, die die Artikelverfasserin von der Ärztin Dr.Sonja S***** erhalten hatte. Die Klägerin war Patientin von Dr.Sonja S*****. Da sie sich die kostspielige Behandlung auf die Dauer nicht leisten konnte, vereinbarte sie mit der Ärztin, sich als Gegenleistung für die nunmehr unentgeltliche Behandlung fotographieren zu lassen und in die Veröffentlichung der Fotos in medizinischen Berichten in Zeitschriften einzuwilligen. Weitere Einschränkungen der Bildnisveröffentlichung wurden nicht vereinbart. Dr.Sonja S***** stellte die klagsgegenständlichen Fotos der Artikelverfasserin mit der Auflage zur Verfügung, die Fotos nur so zu verwenden, daß die Patienten möglichst nicht zu erkennen wären. Darüber hinaus wurde vereinbart, daß die Artikelverfasserin vor der Veröffentlichung mit ihr Rücksprache halten sollte. Zu einer solchen Rücksprache kam es nicht. Nach der Veröffentlichung wurde die Klägerin von zahlreichen Personen erkannt und in zumeist spöttischer, hämischer und geringschätziger Weise auf ihre Bemühungen um ein jugendliches Aussehen angesprochen.
Die Klägerin begehrt, der Beklagten zu untersagen, ihr Bildnis ohne ihre Zustimmung und auf solche Art und Weise zu veröffentlichen, daß dadurch ihre Interessen gefährdet werden. Insbesondere solle der Beklagten untersagt werden, die in der Sonntagsausgabe der Tageszeitung "Neue Kronen Zeitung" vom 5.5.1991 auf den Seiten 22 und 23 der Farbbildbeilage veröffentlichten beiden Lichtbilder der Klägerin einzeln oder gemeinsam ohne ausdrückliche Zustimmung der Klägerin neuerlich zu veröffentlichen, wenn dadurch erkennbar wird, daß sich die Klägerin einem gesichtskosmetischen Eingriff unterzogen hat. Die Klägerin stellt weiters ein Begehren auf Zahlung von S 30.000 und ein Veröffentlichungsbegehren.
Die Klägerin habe niemanden ermächtigt, die klagsgegenständlichen Fotos in einer Tageszeitung zu veröffentlichen. Die Beklagte habe es unterlassen, Vorkehrungen zu treffen, damit die Klägerin nicht identifiziert werden könne. Sie habe damit gegen jene Sorgfaltspflichten verstoßen, die sie bei Abhandlung des heiklen Themas getroffen hätten. Mit der Veröffentlichung der Bilder habe die Beklagte einen besonders sensiblen Teil des Privatlebens der Klägerin der Öffentlichkeit preisgegeben und die Klägerin bloßgestellt. Der Ärger der Klägerin gehe weit über den im allgemeinen mit einer Urheberrechtsverletzung verbundenen Ärger hinaus.
Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Die Klägerin habe der Veröffentlichung zugestimmt. Es seien daher weder ihre berechtigten Interessen verletzt worden noch habe sie sonstige Nachteile erlitten. Die Bildnisveröffentlichung sei die Gegenleistung für die Schönheitsbehandlung gewesen. Es bestehe auch keine Wiederholungsgefahr. Die Beklagte sei auf absehbare Zeit nicht am Thema "Schönheitsbehandlungen" interessiert.
Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren und dem Veröffentlichungsbegehren statt; es sprach der Klägerin S 5.000 sA zu, das Zahlungsmehrbegehren wies es ab.
Die Klägerin habe zwar Dr.Sonja S***** gegenüber der Bildnisveröffentlichung uneingeschränkt zugestimmt, diese habe aber der Beklagten gegenüber die Ermächtigung zur Bildnisveröffentlichung dahin eingeschränkt, daß die Nichterkennbarkeit der Klägerin gewährleistet sein müsse. Dagegen habe die Beklagte verstoßen; sie habe daher mit der Veröffentlichung der Bilder gesetz- und vereinbarungswidrig gehandelt. Die Klägerin sei durch die Bildnisveröffentlichung empfindlich in ihrem Privatleben gestört worden. Die Beklagte habe den Wegfall der Wiederholungsgefahr nicht bewiesen. Die Urteilsveröffentlichung sei notwendig, um die über die Rechtmäßigkeit der Bildnisveröffentlichung irregeführten Leser aufzuklären. Die der Klägerin zugefügte Kränkung sei nach billigem Ermessen mit 5.000 S abzugelten.
Das Berufungsgericht verwarf die Berufung wegen Nichtigkeit und bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei.
Die Klägerin habe der Veröffentlichung nicht der Beklagten gegenüber, sondern der behandelnden Ärztin gegenüber zugestimmt. Sie habe nur mit Veröffentlichungen in medizinischen Fachzeitschriften und nicht mit der Veröffentlichung in Österreichs auflagenstärkster Tageszeitung rechnen müssen. Die Beklagte hätte die Fotos der Klägerin auch so veröffentlichen können, daß die Klägerin nicht erkennbar gewesen wäre.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil ein gleichartiger Sachverhalt bisher nicht vom Obersten Gerichtshof entschieden wurde (vgl ÖBl 1984, 104 uva; zum Urheberrecht etwa SZ 62/57 = ÖBl 1990, 88 = MR 1989, 97 [Michel Walter]); sie ist aber nicht berechtigt.
Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe der behandelnden Ärztin die Veröffentlichung ihres Bildnisses uneingeschränkt gestattet. Nur diese Zustimmungserklärung sei für die Beurteilung maßgebend, ob die Veröffentlichung berechtigte Interessen der Klägerin verletzt habe. Dies sei zu verneinen, weil die uneingeschränkte Zustimmung zur Veröffentlichung auch eine Veröffentlichung in der Farbbildbeilage der "Neuen Kronen Zeitung" umfasse.
Gegen § 78 UrhG verstößt, wer Bildnisse von Personen öffentlich ausstellt oder auf andere Art, wodurch sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, verbreitet, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt würden. Diese Bestimmung soll vor allem davor schützen, daß jemand durch die Verbreitung seines Bildnisses bloßgestellt, sein Privatleben der Öffentlichkeit preisgegeben oder sein Bildnis auf eine Art benützt wird, die zu Mißdeutungen Anlaß geben kann oder entwürdigend oder herabsetzend wirkt. Berechtigte Interessen sind verletzt, wenn bei objektiver Prüfung des Einzelfalles die Interessen des Abgebildeten als schutzwürdig anzusehen sind (EB UrhG abgedruckt bei Peter, Urheberrecht 617; ÖBl 1973, 138 und 139; ÖBl 1980, 166; SZ 60/188; SZ 63/75 uva). Wer ausdrücklich oder unter Umständen, die keinen Zweifel lassen, der öffentlichen Verwendung seines Bildnisses zugestimmt hat, etwa dadurch, daß er einem Berufsfotographen Modell stand, kann sich der Veröffentlichung der mit seinem Einverständnis geschaffenen Abbildungen nicht nachträglich unter Berufung auf § 78 UrhG widersetzen (EB UrhG aaO; ÖBl 1973, 139). Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, für welchen Zweck und innerhalb welchen Rahmens die Zustimmung erteilt wurde; der Schutz des § 78 UrhG entfällt so weit, wie die Zustimmung reicht (ÖBl 1974, 97; ÖBl 1977, 22; ÖBl 1980, 166; SZ 60/188; MR 1989, 52; MR 1990, 192; SZ 63/75).
Da § 78 UrhG darauf abstellt, ob die Bildnisveröffentlichung berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt, und nicht darauf, ob der Abgebildete der Veröffentlichung zugestimmt hat, kann es nicht darauf ankommen, wem die Zustimmung erteilt wurde. Auch wenn der Abgebildete einem Dritten (dem Fotographen) gegenüber erklärt hat, mit der Bildnisveröffentlichung einverstanden zu sein, schließt dies eine Verletzung seiner berechtigten Interessen aus, mag die Veröffentlichung auch gegenüber demjenigen, der die Bilder zur Veröffentlichung übergeben hat, vereinbarungs- und damit rechtswidrig erfolgt sein.
Nach den Feststellungen des Erstgerichtes hat die Klägerin der behandelnden Ärztin erlaubt, sie zu fotographieren und die Fotos in medizinischen Berichten in Zeitschriften zu veröffentlichen. Eine weitere Einschränkung der Art und Weise der Fotoveröffentlichung wurde nicht vereinbart.
Die Behauptung der Beklagten, die Ermächtigung zur Bildnisveröffentlichung sei uneingeschränkt gewesen, ist daher nicht richtig: Die Klägerin hat (nur) einer Veröffentlichung in medizinischen Berichten in Zeitschriften zugestimmt. Die "Neue Kronen Zeitung" ist die auflagenstärkste österreichische Tageszeitung; eine Veröffentlichung in diesem Medium ist von der Zustimmungserklärung schon ihrem Wortlaut nach ("...Zeitschrift...") nicht umfaßt. Nach dem Akteninhalt hat Dr.Sonja S***** der Klägerin beispielsweise die Druckschrift "CD", eine Zeitschrift für das diplomatische Corps, genannt. Weder die Klägerin noch die behandelnde Ärztin haben daher bei Abschluß ihrer Vereinbarung angenommen, daß die Bilder in der auflagenstärksten österreichischen Tageszeitung veröffentlicht werden könnten. Die beanstandete Bildnisveröffentlichung ist nach ihrem Zweck und nach den Umständen, unter denen sie erteilt wurde, durch die Zustimmung der Klägerin nicht gedeckt.
Die Klägerin kann demnach den Schutz des § 78 UrhG für sich in Anspruch nehmen. Daß die Veröffentlichung ihre berechtigten Interessen verletzt, weil sie einer solchen Veröffentlichung nicht zugestimmt hat, haben die Vorinstanzen richtig erkannt; in der Revision wird dagegen nichts vorgebracht, so daß sich weitere Ausführungen erübrigen.
Die Revision muß erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
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