OGH 6Ob3/94

OGH6Ob3/9422.2.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Angst, Dr.Graf und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Firmenbuchsache der ***** Gesellschaft mbH i. L., mit der Geschäftsanschrift ***** über die Anträge des Notgeschäftsführers *****, vertreten durch Dr.Manfred Buchmüller, Rechtsanwalt in Altenmarkt, a) auf Löschung seiner Eintragung als Notgeschäftsführer, b) auf Löschung der Eintragung der Mehrheitsgesellschafterin *****, und c) Einleitung des Verfahrens der amtswegigen Löschung der Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit, infolge Revisionsrekurses des Notgeschäftsführers gegen den zum Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 17.August 1993, GZ FN 35751a-7, ergangenen rekursgerichtlichen Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 8.Oktober 1993, AZ 6 R 199/93(ON 9), den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird hinsichtlich der Bestätigung der Abweisung des Antrages auf Löschung der Eintragung des Notgeschäftsführers nicht stattgegeben.

In Ansehung des Antrages auf Löschung der Eintragung der Geschäftsführerin Eva B***** wird dem Revisionsrekurs stattgegeben, die Beschlüsse der Vorinstanzen werden in diesem Umfang aufgehoben und dem Firmenbuchgericht die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens aufgetragen.

Text

Begründung

Eine Geschäftsfrau und ein Angestellter gründeten mit Gesellschaftsvertrag vom 29.Januar 1990 eine Gesellschaft mbH mit dem Mindeststammkapital von 500.000 S, auf das die Geschäftsfrau eine Stammeinlage von 495.000 S und der Angestellte eine solche von 5.000 S übernahmen. Die Mehrheitsgesellschafterin wurde gesellschaftsverraglich zur Geschäftsführerin bestellt. Die Gesellschaft wurde im Sinne des Eintragungsbeschlusses vom 9.Februar 1990 am 14.Februar 1990 in das Handelsregister eingetragen. Ein weiterer Geschäftsführer wurde in der Folge nicht bestellt. Ende Dezember 1992 brachte der Minderheitsgesellschafter gegen die Mehrheitsgesellschafterin eine Klage auf ihre Abberufung als Geschäftsführerin ein. Zur Sicherung des klageweise geltend gemachten Anspruches erwirkte der Minderheitsgesellschafter eine einstweilige Verfügung auf vorläufige Entziehung der Vertretungsmacht und beantragte im Hinblick darauf seine eigene Bestellung zum Notgeschäftsführer. Im Sinne dieses Antrages verfügte das Registergericht - ohne formelles Verfahren und ohne Beschlußfassung über den gemäß § 15 a GmbHG gestellten Antrag - die Eintragung des Minderheitsgesellschafters als Notgeschäftsführer und vollzog diesen Beschluß am 13.Januar 1993.

Mit Beschluß vom 21.Juni 1993 wies das Konkursgericht einen Antrag der Gesellschaft auf Eröffnung des Konkurses über deren Vermögen mangels kostendeckenden Vermögens ab.

Am 25.Juni 1993 langte beim Firmenbuchgericht der Schriftsatz des Notgeschäftsführers mit der Erklärung, seine Funktion hiemit zurückzulegen, und dem Antrag auf Löschung seiner Eintragung als Notgeschäftsführer, auf Löschung der Eintragung der Mehrheitsgesellschafterin als Geschäftsführerin und auf Einleitung des Verfahrens zur amtswegigen Löschung der Gesellschaft ein. Den Antrag auf Löschung der Eintragung der Mehrheitsgesellschafterin als Geschäftsführerin stützte der Antragsteller auf ein nach seinen Behauptungen in Rechtskraft erwachsenes Versäumungsurteil vom 9. Dezember 1992, dessen Ausfertigung nach einem Vermerk im sogenannten Rubrum der Eingabe beiliegen sollte, tatsächlich aber nicht vorgelegt wurde.

Das Firmenbuchgericht trug aufgrund des konkursgerichtlichen Beschlusses in das Firmenbuch ein, daß die Gesellschaft zufolge Abweisung des Konkursantrages mangels kostendeckenden Vermögens aufgelöst ist.

Den Antrag des Notgeschäftsführers auf Löschung der Eintragung seiner Person als Notgeschäftsführer sowie auf Löschung der Eintragung der Mehrheitsgesellschafterin als Geschäftsführerin wies das Firmenbuchgericht ab. Zum einen erachtete das Firmenbuchgericht die Erklärung des Notgeschäftsführers, seine Funktion niederzulegen, an das Gericht für eine wirksame Funktionsbeendigung als unzureichend; davon abgesehen liefe die Niederlegung der Funktion als Notgeschäftsführer (Notliquidator) seinem eigenen Anrag auf Bestellung bis zur Behebung des Vertretungsmangels der Gesellschaft zuwider. Zum anderen vermißte das Firmenbuchgericht einen Beleg für die Antragsbehauptung des gegen die Mehrheitsgesellschafterin in Rechtskraft erwachsenen Versäumungsurteiles. Eine Amtslöschung der Gesellschaft lehnte das Firmenbuchgericht im Hinblick auf die Äußerung des Finanzamtes, daß die Veranlagungen für die Jahre 1992 und 1993 noch nicht durchgeführt seien, ab.

Der Notgeschäftsführer erhob gegen die antragsabweisenden Entscheidungen des Firmenbuchgerichtes Rekurs mit der Rechtsmittelerklärung, den angefochtenen Beschluß seinem gesamten Inhalt nach anzufechten und dem Rechtsmittelantrag, seinem Antrag vollinhaltlich stattzugeben, er führte aber das Rechtsmittel nur in Ansehung der abgelehnten Anträge auf Löschung der Eintragung seiner Person als Notgeschäftsführer sowie auf Löschung der Eintragung der Mehrheitsgesellschafterin als Geschäftsführerin aus. Zum einen vertrat er die Rechtsansicht, ungeachtet seines eigenen Bestellungsantrages die Funktion als Notgeschäftsführer jederzeit auch ohne Angabe von Gründen wie ein statutarisch bestellter Geschäftsführer zurücklegen zu können und die entsprechende Erklärung dem bestellenden Gericht gegenüber abgeben zu müssen. Zum anderen schloß er die Ablichtung einer Ausfertigung des mit Rechtskraftbestätigung versehenen Versäumungsurteils vom 9.Dezember 1992 an und bemängelte, daß vor einer Antragsabweisung ein Verbesserungsverfahren veranlaßt werden hätte müssen. Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel nicht statt. Dazu sprach es aus, daß eine Revisionsrekursvoraussetzung im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG vorliege. Das Rekursgericht bekannte sich zwar zu der Rechtsansicht, daß auch ein Notgeschäftsführer sein Amt vorzeitig zur Verfügung stellen könne und daß dazu eine entsprechende Erklärung gegenüber dem Gericht genüge, er könne auch der Ansicht sein, der Bestellungsgrund sei überholt und seine Funktion aus diesem Grunde erloschen, es fehlte ihm aber dann die Legitimation zum Antrag auf Löschung von Firmenbucheintragungen. Die Anträge des Rechtsmittelwerbers seien aus diesem Grunde unschlüssig. Der Notgeschäftsführer ficht die bestätigende Rekursentscheidung mit dem Abänderungsantrag auf Stattgebung seiner Anträge auf Löschung der Eintragung seiner Person als Notgeschäftsführer sowie auf Löschung der Eintragung der Mehrheitsgesellschafterin als Geschäftsführerin sowie mit einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil eine höchstrichterliche Rechtsprechung zur Zurücklegung der Funktion eines Notgeschäftsführers fehlt.

Das Rechtsmittel ist in Ansehung des Antrages auf Löschung des Antragstellers als Notgeschäftsführer nicht berechtigt:

Der Rechtsmittelwerber wurde im Sinn eines von ihm selbst als Minderheitsgesellschafter gemäß § 15a GesmbHG gestellten Antrages als Notgeschäftsführer im Firmenbuch eingetragen (weil ihn das Firmenbuchgericht offenkundig damit antragsgemäß zum Notgeschäftsführer bestellen wollte). Die Gesellschaft ist zwar inzwischen kraft Gesetzes aufgelöst, bedarf aber weiterhin, schon im Hinblick auf den die Mehrheitsgesellschafterin betreffenden Löschungsantrag, einer Vertretung - nunmehr durch einen (Not-)Liquidator - , so daß die Vertretungsnotlage nicht behoben ist. Dem Rechtsmittelwerber kann es zwar nicht deshalb verwehrt werden, von seiner Funktion als Notgeschäftsführer entbunden zu werden, weil er sich seinerzeit selbst zur Bestellung vorgeschlagen hatte. Solange der Vertretungsnotstand der Gesellschaft, zu dessen Behebung die Bestellung als Notgeschäftsführer erfolgte, aber nicht behoben ist, bedarf es zur Beendigung der Funktion eines vom Gericht bestellten Notgeschäftsführers eines entsprechenden gerichtlichen Enthebungsbeschlusses. Erst ein solcher kann Grundlage für die - bloß deklarative - Löschungseintragung im Firmenbuch sein. Der Antrag des Rechtsmittelwerbers auf Eintragung der Löschung seiner Person als Notgeschäftsführer ist im Sinne eines Enthebungsantrages zu ergänzen. Über diesen wird vom Firmenbuchgericht noch zu entscheiden sein. Dazu wird der Antragsteller die Gründe für seinen Enthebungsantrag darzulegen haben.

Dem grundsätzlich nicht bloß im Interesse des Antragstellers, sondern auch im Interesse der sonstigen privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Partner der Gesellschaft zur Behebung des sich aus einer konkreten Lage ergebenden Vertretungsmangels gerichtlich bestellten Notgeschäftsführer ist nur aus triftigen Gründen ein Enthebungsanspruch zuzubilligen. Er hat nämlich die Funktion in einer bestimmten Notlage (bis zu deren Behebung) übernommen und ist deshalb nur aus besonderen, bei seiner Bestellung nicht vorhersehbaren Gründen vorzeitig zu entheben.

Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung in Österreich kommt einem statutengemäß bestellten Geschäftsführer die grundsätzlich unbedingte Befugnis zur jederzeitigen Niederlegung der Geschäftsführerbefugnis durch einseitige, dem Bestellungsorgan gegenüber abzugebenden Erklärung (vorbehaltlich etwaiger Schadenersatzansprüche wegen Verletzung der Pflichten aus einem Angestelltenverhältnis oder auch nur der besonderen gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht) zu (vgl etwa Wünsch GesmbHG § 16 Rz 59 bis 62; Reich-Rohrwig, GmbHR, 166; Schummer NZ 1993, 193 ff; Kastner/Doralt/Novotny Gesellschaftsrecht5, 378; Kostner/Umfahrer GesmbH4 Rz 217, 218; aA aber Oberhofer in Thöni/Oberhofer GesmbH-Geschäftsführer Teil 5 Kap 5.1.7). Ausdrückliche Stellungnahmen zum gerichtlich bestellten Notgeschäftsführer nach § 15a GesmbH fehlen. Lediglich zur Vorbildregelung des § 76 AktG vertritt Strasser (Schiemer AktG3 §§ 75, 76 Rz 27) die Ansicht, daß ein gerichtlich bestelltes Vorstandsmitglied seine Funktion so wie ein statutengemäß bestelltes vorzeitig beenden könne und daß die Rücktrittserklärung, auch wenn sie grundlos und daher rechtswidrig sein sollte, die Funktionsbeendigung auslöste (aaO Rz 53).

Im Falle des Vertretungsmangels ist die Aufgabe des Gerichtes nach § 15a GesmbHG nicht auf den Bestellungsakt beschränkt zu sehen, sondern auf die Aufrechterhaltung ordnunsgemäßer Vertretung bis zum Wegfall des zum Bestellungsgrund genommenen Notstandes.

Im gegenwärtigen Verfahrensstadium ist aber nur entscheidend, daß mangels erforderlicher gerichtlicher Beschlußfassung über den Enthebungsantrag der Antrag auf Löschung der Eintragung des Rechtsmittelwerbers als Notgeschäftsführer mit Recht abgewiesen wurde.

In Ansehung des Antrages auf Löschung der Eintragung der Mehrheitsgesellschafterin als Geschäftsführerin kommt dem Revisionsrekurs aber Berechtigung zu:

Das nicht entsprechend belegte Eintragungsbegehren hinsichtlich der Löschung der Geschäftsführerbefugnis der Mehrheitsgesellschafterin hätte nicht ohne einen nach § 17 FBG vorgesehenen Verbesserungsversuch abgewiesen werden dürfen. Zu diesem Punkt wird das Firmenbuchgericht sein Verfahren fortzusetzen haben.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte