OGH 11Os1/94

OGH11Os1/948.2.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Februar 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hager, Dr. Schindler, Dr. Mayrhofer und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kramer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Aziz Gamal El-S***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24. August 1993, GZ 6 a Vr 1065/93-107, nach Anhörung der Generalprokuratur den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil- das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält - wurde Aziz Gamal El-S***** des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG (A) und des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG (B) schuldig erkannt, weil er in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte

A/ in einer großen Menge in Verkehr setzte, indem er in der Zeit von Anfang 1992 bis Anfang August 1992 Heroin verkaufte und zwar

1. an Thomas und Gabriele Sch*****insgesamt zumindest 150 Gramm;

2. an Thomas H*****cirka 30 bis 35 Gramm;

3. an Thomas J*****ein Gramm und

4. an Belinda H*****eine (nicht näher bestimmte) geringe Menge,

wobei er die Taten mit Beziehung auf ein Suchtgift, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der im § 12 Abs 1 SGG angeführten Menge ausmachte, beging;

B/ in der Zeit von September bis Oktober 1991 (zu ergänzen:Haschisch - US 4) wiederholt erwarb und besaß.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Als Verfahrensmangel (Z 4) rügt der Beschwerdeführer zunächst, daß die Abweisung seines in der Hauptverhandlung vom 25. Mai 1993 (ON 86) gestellten und in jener vom 24. August 1993 (ON 106) wiederholten Antrages auf zeugenschaftliche Einvernahme des Hermann B*****zum Beweis dafür, daß er wegen seiner beruflichen Tätigkeit die ihm vom Zeugen Sch*****angelasteten Verkäufe nicht habe durchführen können, unbegründet geblieben und er durch dieses Zwischenerkenntnis in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt worden sei.

Zwar hat das Erstgericht tatsächlich für die Abweisung des Beweisantrages außer dem Hinweis auf die Unerheblichkeit keine Entscheidungsgründe iS des § 238 Abs 2 StPO angeführt, ungeachtet dessen ist jedoch unzweifelhaft erkennbar, daß diese Formverletzung keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluß auf die Entscheidung ausüben konnte (§ 281 Abs 3 StPO). Um den gesetzlichen Voraussetzungen zu entsprechen, muß ein Beweisantrag außer dem Beweisthema und Beweismittel auch angeben, inwieweit - sofern sich dies nicht schon aus der Sachlage ergibt - das bei Durchführung der beantragten Beweise nach Ansicht des Antragstellers zu erwartende Ergebnis der Beweisaufnahme erwartet werden kann (Mayerhofer-Rieder StPO3 ENr 19 zu § 281 Z 4). Im vorliegenden Fall wäre es daher angesichts des eine lückenlose Beobachtung nahezu ausschließenden, sich über mehrere Wochen erstreckenden Deliktszeitraumes und der zahlreichen (täglichen) Kontakte (US 5, 7 iVm den Aussagen der Zeugen Sch***** der Verantwortung des Angeklagten - 61/II) erforderlich gewesen, im Beweisantrag darzutun, aufgrund welcher konkreten Umstände die begehrte Beweisaufnahme überhaupt geeignet sein könnte, den angestrebten Negativbeweis zu erbringen. Da derartige Ausführungen dem Beweisantrag nicht zu entnehmen sind, wurden durch die Ablehnung der Beweisaufnahme Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verkürzt.

In der Mängelrüge (Z 5) behauptet der Beschwerdeführer eine unzureichende Begründung der Urteilsannahme, die Tat sei in Beziehung auf ein Suchtgift begangen worden, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der im § 12 Abs 1 SGG angeführten Menge ausmacht.

Richtig ist, daß die Grenzmengen des § 12 Abs 1 ("große Menge") und Abs 3 Z 3 ("Übermenge") SGG jeweils auf die Reinsubstanz des Suchtgiftes abstellen, die deshalb als in der Regel entscheidende Tatsachen auch festzustellen und zu begründen sind. Bei der urteilsgegenständlichen Heroinmenge von etwas mehr als 180 Gramm und der nach den Urteilsannahmen durchschnittlichen (US 6) Qualität des Suchtgiftes ist ausgehend von einer hier aktuellen Grenzmenge von 1,5 Gramm (siehe dazu Mayerhofer-Rieder, Nebenstrafrecht3, E 10 zu § 12) - die Beschwerde legt ihrer Argumentation im übrigen entgegen dieser ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes (EvBl 1988/3, 131 ua) den (vom Suchtgiftbeirat empfohlenen, jedoch) damit abgelehnten Grenzwert von 5 g zugrunde - das Fünfundzwanzigfache, also 37,5 Gramm, um mehr als das Vierfache überschritten, so daß vorliegend mangels Entscheidungswesentlichkeit kein weiterer Begründungsbedarf bestand.

Das übrige Vorbringen der Beschwerde, das lediglich die leugnende Verantwortung des Angeklagten wiederholt und seinem Standpunkt zum Durchbruch verhelfen will, stellt sich der Sache nach als eine im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässige Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung dar, ohne einen Begründungsmangel aufzuzeigen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO), teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt (§ 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO) bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Daraus folgt, daß über die Berufungen der hiefür zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu befinden haben wird (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte