OGH 8Ob614/93

OGH8Ob614/933.2.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Jelinek, Dr.Rohrer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** Baugesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Peter Schütz, Rechtsanwalt in Schwechat, wider die beklagte Partei Wiener B*****fonds, ***** vertreten durch Mag.Dr.Harald Jelinek, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 79.247,87 sA und Feststellung (Feststellungsinteresse S 713.230,83) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 24.Mai 1993, GZ 14 R 51/93-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 9.November 1992, GZ 27 Cg 37/92-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Revisionsverfahrenskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin ist seit etlichen Jahren auf Dachbodenausbauten spezialisiert. Sie mietete im Jahre 1985 den Dachboden des Hauses *****, um ihn auszubauen. Im Jahre 1986 traten in diesen Vertrag andere Mieter ein, die mit der Klägerin den Bauvertrag Beilage K über den Ausbau einer Dachgeschoßwohnung abschlossen. Unter anderem verpflichtete sich die Klägerin zum Zwecke des Einbaues einer Personenaufzugsanlage die Voraussetzungen in Form der Baugenehmigung, der Unterlagen zum Antrag auf Förderung mit Hilfe des WSG 1984 und der Zustimmung der Hausinhabung zu schaffen sowie die entsprechenden Unterlagen den Mietern des Hauses vorzulegen und die Gründung einer Liftgemeinschaft voranzutreiben. Die Finanzierung des Lifteinbaues sollte über ein Wohnbauförderungsdarlehen in Form eines 80 %igen Zuschusses zu den Baukosten erfolgen. Da die Bauherrschaft auf Fertigstellung des Objektes drängte und die Klägerin mit dem Einbau des Aufzuges beginnen wollte, setzte sich der Geschäftsführer der Klägerin Theo B***** im Jahre 1988 nach Vorliegen der Baubewilligung mit dem zuständigen Sachbearbeiter der beklagten Partei in Verbindung. Der Sachbearbeiter teilte ihm mit, daß die Förderung genehmigt werden würde, dies aber noch längere Zeit in Anspruch nehme und zwischenzeitig mit dem Bau begonnen werden könne. Am 7.11.1988 verpflichtete sich der Geschäftsführer der Klägerin gegenüber der Hausinhabung, daß die Klägerin für den Fall, daß wider Erwarten für die Errichtung der Liftanlage vom Land Wien keine Förderungsleistung erbracht werde, den dadurch entstehenden Ausfall bis zur Höhe der nach den damals gültigen Förderungsbestimmungen zu erwartenden Förderungsleistungen in Höhe von 80 % der Bauaufwandskosten übernehmen werde. Der Auftrag zur Errichtung einer neuen Liftanlage werde von der Hausinhabung frühestens nach einem weiteren Gespräch mit dem Sachbearbeiter der beklagten Partei erteilt werden, wenn danach die Klägerin die Haftung für die Finanzierung von weiteren 30 % der Bauaufwandssumme übernehme. Am 10.11.1988 sicherte der Sachbearbeiter der beklagten Partei dem Geschäftsführer der Klägerin sowie dem zuständigen Juristen der Hausverwaltung zu, daß mit den Arbeiten zur Neuerrichtung einer Aufzugsanlage sofort begonnen werden könne. Es würde demnächst ein Bescheid erlassen werden, mit dem der vorzeitige Baubeginn bewilligt werde. Die Förderungszusicherung sei nicht vor März/April 1989 zu erwarten, der Sachbearbeiter könne aber garantieren, daß ein 80 %iger Annuitätenzuschuß gewährt werde. Tatsächlich durfte jedoch gemäß _ 36 Abs.2 Wohnhaussanierungsgesetz 1984 (WSG 1984) nur mit schriftlicher Zustimmung des Landes mit der Bauführung begonnen werden. Dies war sowohl dem Juristen der Hausverwaltung als auch dem Geschäftsführer der Klägerin, letzterem für den Fall des geförderten Dachbodenausbaus, bekannt. Nicht feststellen konnte das Erstgericht, ob der Geschäftsführer der Klägerin auch wußte, daß diese Bestimmung für geförderte Aufzugsanlagen gelte. Ebenso konnte nicht festgestellt werden, ob die Klägerin bereits zu früheren Zeitpunkten mit der beklagten Partei zu tun gehabt hatte.

Ohne daß eine schriftliche Zustimmung zum vorzeitigen Baubeginn oder eine schriftliche Förderungszusage seitens des Landes Wien erfolgt wäre, wurde in der Folge der alte Lift aus- und ein neuer Lift eingebaut. Mit Schreiben vom 23.Jänner 1990 teilte die beklagte Partei der Hausverwaltung mit, daß der Förderungsantrag abgelehnt werden müsse, da entgegen dem _ 36 Abs.2 WSG 1984 ohne schriftliche Zustimmung vorzeitig zu bauen begonnen worden sei. Daraufhin nahm die Hausverwaltung die Klägerin aus der Haftungszusage in Anspruch und bezahlte diese ausgehend von einem Bauaufwand von S 990.598,39 zwei Annuitäten in der Höhe des Klagsbetrages.

Das Erstgericht konnte nicht feststellen, ob für den Fall, daß das Bauvorhaben nicht vorzeitig ohne schriftliche Zustimmungserklärung begonnen worden wäre, eine Förderung durch das Land Wien hätte erlangt werden können.

Mit ihrer am 18.1.1991 bei Gericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin, die Beklagte zur Zahlung des Betrages von S 79.247,87 sA schuldig zu erkennen und festzustellen, daß die beklagte Partei verpflichtet sei, jene Beträge zu bezahlen, für die die Klägerin aufgrund ihrer Haftungserklärung vom 7.11.1988 gegenüber der Eigentümerin des Hauses *****, durch diese für den Ausfall an Förderung für die Errichtung der Aufzugsanlage im Hause *****, in Anspruch genommen werde. Die beklagte Partei habe seit 1985 Althaussanierungen, darunter auch die Errichtung oder Umgestaltung von Personenaufzügen nach dem WSG intensiv beworben. Hiebei habe sie erhebliche Förderungen versprochen. Die beklagte Partei hafte für die unrichtige Auskunft ihres Sachbearbeiters, daß mit den Arbeiten begonnen werden könne, die schriftliche Zusage des Fonds bloß eine Formsache darstelle und er einen 80 %igen Annuitätenzuschuß garantiere. Ohne diese Erklärung des Sachbearbeiters wäre der Aufzugbau ohne schriftliche Zustimmung des Landes Wien nicht begonnen worden, sodaß einer Förderung dieses Bauvorhabens nach dem WSG nichts im Wege gestanden wäre. Auch hätte die Klägerin ohne diese Zusicherung gegenüber der Hauseigentümerin keine Haftung für einen allfälligen Ausfall der Förderung übernommen. Daß der Sachbearbeiter der beklagten Partei eine bindende Förderungszusage abgegeben habe, werde nicht behauptet, da über die Vergabe der Förderung nach dem WSG das Land Wien zu entscheiden habe. Voraussetzung dafür sei eine Empfehlung der beklagten Partei, welche diese im vorliegenden Fall abgelehnt habe. Die Beratungstätigkeit der beklagten Partei sei zwar ohne Entgelt, jedoch nicht aus Gefälligkeit, sondern aufgrund eines gesetzlichen Auftrages entfaltet worden. Durch die von der beklagten Partei herausgegebene Informationsbroschüre würden Interessenten mehrfach aufgefordert, sich mit allen Fragen an die beklagte Partei zu wenden, welche sich als zentrale Informationsstelle bezeichne. Darüberhinaus werde die Haftung der beklagten Partei auch darauf gestützt, daß die Hauseigentümerin ihre Ansprüche aus der unrichtigen Auskunft der Klägerin abgetreten habe.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung. Die behauptete Auskunft sei vom Sachbearbeiter der beklagten Partei niemals gegeben worden. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, wäre die Haftung zu verneinen, da die Klägerin als Baugesellschaft mit den einschlägigen Rechtsvorschriften vertraut sei. Auch sei die beklagte Partei zu Rechtsauskünften nicht befugt, da ihre Aufgabe lediglich in der Abgabe von Empfehlungen technischer Natur bestehe. Da kein Schuldverhältnis mit der Klägerin bestanden habe, hafte die Beklagte auch aus diesem Grund nicht für den angeblich erteilten Rat.

Das Gericht erster Instanz wies das Klagebegehren ab. Es traf im wesentlichen die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß der Klägerin als auf den Ausbau von Dachböden spezialisierter Baugesellschaft die einschlägigen Rechtsvorschriften bekannt gewesen sein müssen. Die Nichtkenntnis des _ 36 WSG, wonach ohne schriftliche Zustimmung mit den Baumaßnahmen nicht vor Zusicherung der Förderung begonnen werden dürfe, sei ihr daher vorzuwerfen. Außerdem hafte die beklagte Partei mangels Zurechenbarkeit nicht für den dem _ 1300 ABGB zu unterstellenden Rat ihres Sachbearbeiters. Sie könnte nur durch eines ihrer vertretungsbefugten Organe verpflichtet werden, zu welchen aber der Sachbearbeiter nicht gezählt habe. Bei Anwendung der gehörigen Aufmerksamkeit hätte sich daher die Klägerin keineswegs darauf verlassen dürfen, daß die Zusage eines einfachen Referenten, die noch dazu in Widerspruch zur eindeutigen Gesetzeslage gestanden sei, rechtliche Verbindlichkeit haben könnte.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Der Klägerin sei die Kenntnis des _ 36 Abs.2 WSG zu unterstellen. Aufgrund dieser Bestimmung sei der beklagten Partei die Abgabe einer mündlichen Zusicherung nicht möglich gewesen. Habe aber der Sachbearbeiter nicht nur seine Befugnisse, sondern auch den Wirkungsbereich der beklagten Partei in einem Ausmaß überschritten, daß dies bei zumutbarer Gesetzeskenntnis der Klägerin hätte auffallen müssen, so hafte die beklagte Partei für eine solche Aufgabenüberschreitung nicht.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Revision der Klägerin kommt Berechtigung zu.

Der beklagte Fonds wurde durch Beschluß des Gemeinderates vom 30.3.1984 errichtet (Amtsblatt der Stadt Wien 1984 Nr.19, 19). Seine Satzung wurde in der Sitzung der Landesregierung vom 30.3.1984 fondsbehördlich genehmigt und gleichzeitig ausgesprochen, daß der mit Rechtspersönlichkeit ausgestattete Fonds ein öffentlicher im Sinn des _ 2 1.Satz des Baurechtsgesetzes RGBl. Nr.86/1912 sei (Amtsblatt der Stadt Wien 1984 Nr.20, 3). Gemäß _ 19 des Wiener Landes-Stiftungs- und Fondsgesetzes vom 25.3.1988, LGBl. für Wien 14/1988 sind Fonds im Sinne dieses Gesetzes durch eine Anordnung des Fondsgründers nicht auf Dauer gewidmete Vermögen mit Rechtspersönlichkeit, die der Erfüllung gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke dienen. Gemäß _ 36 Abs.1 leg. cit. gelten Stiftungen und Fonds, die den Voraussetzungen des _ 1 Abs.1 (Erfüllung gemeinnütziger oder mildtätiger Aufgaben, nach den Zwecken nicht über den Interessenbereich des Landes Wien hinausgehend) entsprechen und vor Inkrafttreten dieses Gesetzes durch Verwaltungsakt errichtet wurden, als Stiftungen und Fonds im Sinne dieses Gesetzes. Ihre Daten sind vom Magistrat innerhalb von zwei Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes (1.Juli 1988) im Amtsblatt der Stadt Wien zu verlautbaren. Gemäß Verlautbarung des Magistrats der Stadt Wien vom 21.Juli 1988 Punkt 29 (Amtsblatt der Stadt Wien Nr.29, 41) zählt zu den in den Geltungsbereich des Gesetzes fallenden Fonds auch die beklagte Partei. Sie stellt sich daher als Zweckvermögen dar, das gemäß gesetzlicher Vorschrift als juristische Person organisiert ist (VfGHSlg. Nr.3685; Stolzlechner, Öffentliche Fonds, 25; Adamovich-Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 317).

Wie sich aus der von der beklagten Partei herausgegebenen Broschüre Beilage E ergibt, sieht diese als ihre wichtigste Aufgabe die Information der Bürger über die neue Form der Stadterneuerung an. Aufgabe der Sachbearbeiter ist es unter anderem, den Bauwilligen "bei allen Problemen, die sich im Zusammenhang mit der Sanierung eines Wohnhauses ergeben können, unterstützend zur Seite" zu stehen. Im gegenständlichen Fall hat der Sachbearbeiter der beklagten Partei gerade diese Beratungstätigkeit augeübt, als er der Klägerin die - im Hinblick auf _ 36 Abs.2 WSG 1984 allerdings unrichtige - Auskunft gab, es könne mit der Bauführung vor Vorliegen der schriftlichen Zustimmung des Landes begonnen werden. Entgegen der Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz kann daher nicht davon gesprochen werden, der Sachbearbeiter habe seine Befugnisse überschritten. Es liegt daher kein Fall der Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht im Sinne des Art.8 Nr.11 EVHGB vor, wie das Berufungsgericht offenkundig mit seinem Hinweis auf die Entscheidung 8 Ob 1586/92 = RdW 1993, 39, die einen derartigen Sachverhalt behandelte, unterstellte.

Nach _ 1300 ABGB ist ein Sachverständiger auch dann verantwortlich, wenn er gegen Belohnung in Angelegenheiten seiner Kunst oder Wissenschaft aus Versehen einen nachteiligen Rat erteilt. Der Sachverständige im Sinne dieser Gesetzesstelle entspricht dem Personenkreis des _ 1299 ABGB und umfaßt selbständige und unselbständige Tätigkeiten, die eine besondere Sachkenntnis und Anstrengung erfordern. Jedermann soll darauf vertrauen können, daß Personen, die Berufe oder Geschäfte ausüben, die besondere Fähigkeiten erfordern, diese auch tatsächlich besitzen (ZVR 1986/132; SZ 60/236; Reischauer in Rummel ABGB2 _ 1300 Rdz 2, _ 1299 Rdz 1). Entgegen der in der Revisionsbeantwortung vertretenen Ansicht kann daher nicht zweifelhaft sein, daß die beklagte Partei und deren in der Beratung eingesetzte Dienstnehmer Sachverständige im Sinne des _ 1300 ABGB sind, da von ihnen entsprechende Fachkenntnisse für den gesamten Bereich der Wohnhaussanierung, somit nicht nur in technischen Belangen, erwartet werden können.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß der im _ 1300 ABGB erwähnten Erteilung eines Rates die Erteilung einer Auskunft gleichzuhalten ist (SZ 34/167; SZ 53/83; SZ 57/122). Die im _ 1300 ABGB enthaltenen Worte "gegen Belohnung" bedeuten nach herrschender Auffassung nur, daß der Rat oder die Auskunft nicht bloß aus Gefälligkeit, sondern im Rahmen eines wenn auch allenfalls öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisses gegeben worden sein muß (SZ 53/83; SZ 54/41; JBl. 1991, 249; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 184). Es kann dahingestellt bleiben, ob die beklagte Partei zur Erteilung von Rat und Auskunft verpflichtet war, da jedenfalls durch die Befassung mit dem Anliegen ein Schuldverhältnis mit Schutz- und Sorgfaltspflichten entstanden ist, das wegen der Schaffung der besonderen Vertrauenslage und der dadurch hervorgerufenen Gefährdung zu besonderer Sorgfalt verpflichtete (Koziol aaO 188).

Gemäß _ 9 Abs.1 WSG 1984 darf eine Förderung nur dem Eigentümer des Gebäudes, dem Bauberechtigten, dem Verwalter oder bei Sanierungsmaßnahmen innerhalb einer Wohnung auch dem Wohnungsinhaber gewährt werden. Es kann daher - obwohl das Erstgericht eine diesbezügliche ausdrückliche Feststellung nicht getroffen hat - davon ausgegangen werden, daß nicht die Klägerin, sondern die Hausinhabung Förderungswerberin gewesen ist. Das bereits beschriebene Schuldverhältnis kam daher nicht zwischen der Klägerin und der beklagten Partei, sondern zwischen der Hausinhabung als Förderungswerberin und der beklagten Partei zustande. Zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aufgrund eines unrichtigen Rates des Sachbearbeiters wäre daher grundsätzlich nur die Hausinhabung berechtigt, bei der allerdings aufgrund der Haftungserklärung der Klägerin kein Schade eingetreten ist.

Eine Haftung des Sachverständigen gegenüber Dritten kommt nur ausnahmsweise in Betracht, so zB dann, wenn ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter vorliegt (Koziol, aaO 190). Es ist heute allgemein anerkannt, daß Schutz- und Sorgfaltspflichten aus Schuldverhältnissen nicht nur zwischen den Vertragsparteien, sondern auch gegenüber bestimmten dritten Personen bestehen, die durch die Vertragserfüllung erkennbar in erhöhtem Maße gefährdet werden und der Interessenssphäre eines Partners angehören. Begünstigte Personen in diesem Sinne sind Dritte, die der Vertragspartner durch Zuwendung der Hauptleistung erkennbar begünstigen will oder an denen er selbst ein unmittelbares eigenes Interesse hat (SZ 54/65; SZ 53/169 und 13; SZ 51/97; SZ 50/102 und 34; JBl. 1978, 479; SZ 49/47 und 14; SZ 48/23; SZ 47/72; SZ 43/236; SZ 59/51; Koziol aaO 85; Reischauer in Rummel ABGB2 _ 1295 Rdz 30). Es soll jedoch das bloße Vermögen dritter Personen nicht in den Schutzbereich einbezogen sein, sondern nur deren ohnehin absoluten Schutz genießenden Güter (Koziol aaO 87), weil die Beziehung zwischen dem Schuldner und dem Dritten schwächer sei als jene mit dem Gläubiger und nur Schuldner und Gläubiger in rechtsgeschäftlichem Kontakt stehen, sodaß auch nur zwischen diesen Personen wirklich umfassende Schutzpflichten gerechtfertigt seien; die zu ersetzenden Schäden könnten sonst eine unerträgliche Uferlosigkeit erreichen. Dieser Auffassung ist der Oberste Gerichtshof gefolgt (JBl. 1983, 205; SZ 51/169). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird jedoch gemacht, wenn die Hauptleistung gerade einem Dritten zukommen soll, insbesondere in Fällen von Verträgen zugunsten Dritter. Dafür wird ins Treffen geführt, daß sonst die spezifischen Sorgfaltspflichten niemandem gegenüber zu beachten wären, dem Gläubiger gegenüber nicht, weil er die Leistung nicht erhält, dem Dritten gegenüber nicht, weil er nicht Vertragspartner ist. Eine Haftung gegenüber dem Dritten wird auch dann bejaht, wenn bei der zu erbringenden Leistung erkennbar auch die Interessen des Dritten verfolgt und die Entschlüsse des Dritten beeinflußt wurden (SZ 43/236; Bydlinski, JBl. 1965, 321; Koziol aaO 88; SZ 59/51).

Ist die Klägerin im dargestellten Sinne allenfalls Begünstigte aus dem Schuldverhältnis zwischen der Hausinhabung und der beklagten Partei, so hätte diese der Klägerin gegenüber auch für ein Verschulden ihres Sachbearbeiters gemäß _ 1313a ABGB einzustehen. Es erübrigt sich, auf die von der beklagten Partei im Verfahren aufgeworfene Frage der Organhaftung juristischer Personen näher einzugehen, da außer Zweifel steht, daß juristische Personen für Erfüllungs- und Besorgungsgehilfen jedenfalls wie natürliche Personen haften (Koziol aaO 375). Dies gilt insbesondere auch für die geschuldete Beratungstätigkeit (EvBl. 1966/217: Gartenbauberater; SZ 52/90: Sachbearbeiter eines Kreditinstitutes).

Somit bedarf es im fortgesetzten Verfahren Feststellungen dahingehend, ob die Klägerin lediglich als Stellvertreter der Hausinhabung auftrat oder ob sie für den Sachbearbeiter der beklagten Partei erkennbar eigene Interessen verfolgte. Sollte die Auskunft erkennbar auch eine Entscheidungshilfe für eigene Dispositionen der Klägerin gewesen sein, wäre die Haftung der beklagten Partei für Vermögensschäden der Klägerin im grundsätzlichen zu bejahen.

Das Erstgericht hat unbekämpft festgestellt, daß dem Geschäftsführer der Klägerin die Bestimmung des _ 36 WSG 1984 insoweit bekannt war, als er wußte, daß bei geförderten Dachbodenausbauten der Baubeginn nur nach schriftlicher Zustimmungserklärung des Landes erlaubt sei (AS 103). Die beklagte Partei hat im Verfahren mehrfach vorgebracht, daß der Klägerin die gesetzlichen Bestimmungen bekannt gewesen seien, weshalb sie ihren Anspruch nicht auf die angeblich unrichtige Auskunftserteilung gründen könne. Damit hat sie der Sache nach aber auch einen Mitverschuldenseinwand erhoben, auf den Bedacht zu nehmen ist (ZVR 1991/128 ua). Allerdings kann derzeit der Umfang eines möglichen Mitverschuldens mangels entsprechender Tatsachenfeststellungen nicht abgeschätzt werden. Das Vorliegen beiderseitigen Verschuldens wird in der Regel zwar zu einer Schadensteilung führen, doch kann unter Umständen trotz Mitverschuldens eine alleinige Schadenstragung durch den Schädiger oder den Geschädigten in Betracht kommen. Hat der Schädiger vorsätzlich oder in schwerstem Maße sorglos gehandelt, so führt der Einwand, daß auch der Geschädigte leicht sorgfaltswidrig gehandelt habe, nicht zu einer Schadensteilung, da in diesen Fällen die Zurechnung des Schadens zum Verantwortungsbereich des Schädigers so stark überwiegt, daß die Fahrlässigkeit des Beschädigten nicht mehr ins Gewicht fällt. Hat andererseits der Geschädigte selbst bewußt zu seinem Nachteil gehandelt, so wird eine Schadenersatzpflicht des fahrlässigen Schädigers zur Gänze entfallen (Koziol, Haftpflichtrecht2 I 241; 1 Ob 19/82; SZ 64/126). Im gegenständlichen Fall ist auffällig, daß _ 36 Abs.2 WSG 1984 zwar anordnet, daß mit der Bauführung nicht vor schriftlicher Zustimmung des Landes begonnen werden dürfe, eine Sanktion für das gesetzwidrige Verhalten sich jedoch im Gesetz nicht unmittelbar findet, sondern nur aus den Intentionen des Gesetzgebers ableitbar ist. Es wäre daher denkbar, daß im streitgegenständlichen Zeitpunkt eine Verwaltungsübung bestand, den vorzeitigen Baubeginn aufgrund bloß mündlicher Zusage zu tolerieren und nicht als Versagungsgrund der Förderung zu werten. Hätte bei einer derartigen Sachlage der Geschäftsführer der Klägerin darauf vertrauen können, daß die, wenngleich gesetzwidrige, Auskunft die gängige Praxis wiedergibt, müßte sein Verschulden als so gering betrachtet werden, daß es vernachlässigt werden könnte. Sollte andererseits die Auskunft nicht nur in krassem Widerspruch zum Gesetz, sondern auch zu der ständigen Übung der Förderungsvergabe gestanden sein, wäre es Sache des Geschäftsführers der Klägerin gewesen, in Anbetracht der ihm bekannten Gesetzeslage weitere Erkundigungen insbesondere bei der für die Zustimmung und die Förderungsvergabe zuständigen Behörde einzuholen. Daß zumindest der Jurist der Hausverwaltung Zweifel an der Auskunft hegte, ergibt sich bereits aus der der Klägerin abgeforderten Haftungserklärung. War der Geschäftsführer der Klägerin zwar nicht in Kenntnis einer vom Gesetz abweichenden Übung bei der Förderungsvergabe, konnte er aber nach den Umständen im Einzelfall trotz des gesetzwidrigen Vorgehens mit einer positiven Erledigung rechnen, wäre allenfalls gleichteiliges Verschulden anzunehmen. Nur wenn die Klägerin etwa wegen großen Zeitdruckes das Risiko der Versagung der Förderung bewußt auf sich genommen hätte, wäre von ihrem überwiegenden oder sogar alleinigen Verschulden auszugehen. Den für die Beurteilung erforderlichen Sachverhalt wird das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren durch Vernehmung der Beteiligten zu klären haben.

Was schließlich die Kausalität der Auskunft für den Schadenseintritt betrifft, so hat die Klägerin auf AS 19 vorgebracht, daß sie ohne die Zusicherungen des Sachbearbeiters gegenüber der Hausinhabung keine Haftung für einen allfälligen Ausfall der Förderung übernommen hätte. Auch dazu wird das Erstgericht Feststellungen zu treffen haben.

Die Klägerin hat sich im Verfahren aber auch darauf berufen, daß ihr die Hauseigentümerin deren Ansprüche aus der unrichtigen Auskunft abgetreten habe. Sollte die Klägerin mit dem bisher behandelten Klagsgrund nicht oder nicht zur Gänze durchdringen, wird das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren auch dieses Vorbringen zu behandeln und entsprechende Feststellungen zu treffen haben. Allerdings wird dabei zu beachten sein, daß die Klägerin sich alle Einwendungen entgegensetzen lassen muß, die der Hauseigentümerin gegen die beklagte Partei offen gestanden wären (_ 1394 ABGB).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf _ 52 Abs.1 ZPO.

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