OGH 2Ob502/93

OGH2Ob502/9327.1.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser, Dr.Graf, Dr.Schinko und Dr.Tittel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Hubert W*****, 2. Sabine B*****, 3. Erhard W*****, 4. Richard W*****, 5. Marie-Luise D*****, alle vertreten durch Dr.Helmut Winkler, Dr.Otto Reich-Rohrwig, Dr.Udo Elsner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Bankhaus S***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Karl Zingher, Dr.Madeleine Zingher, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 462.395 sA, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 21.Juli 1992, GZ 41 R 121/92-10, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 10.November 1991, GZ 48 C 268/91b-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit S 22.983,74 (darin S 3.830,62 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger begehrten von der beklagten Aktiengesellschaft für die Monate Jänner bis Mai 1991 den angemessenen - der Höhe nach nicht strittigen - Mietzins, den sie der beklagten Partei mit Schreiben vom 21. November 1990 vorgeschrieben hätten. Die beklagte Partei habe jedoch weiterhin lediglich den bisherigen niedrigeren Mietzins bezahlt.

Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens, weil sie zufolge Einbringung der Bankhaus S***** KG (folgend kurz: KG) aufgrund des Sacheinlagevertrages vom 26.Juli 1990 gemäß § 8 a KWG deren Gesamtrechtsnachfolgerin sei, daher eine Unternehmensveräußerung im Sinne des Mietrechtsgesetzes nicht vorliege und die Zinserhöhungsmöglichkeit des § 12 Abs 3 MRG entfalle. Im übrigen wandte sie ein, die Kläger hätten ihr zum 1.1.1991 den bisherigen Mietzins vorgeschrieben und damit schlüssig auf die Erhöhung verzichtet.

Dies bestritten die Kläger. Sie brachten ergänzend vor, die KG habe sie mit Schreiben vom August 1990 davon in Kenntnis gesetzt, daß die Bank-KG in eine Aktiengesellschaft, die nunmehr beklagte Partei, umgewandelt wurde, wobei weder in der Eigentümerstruktur noch im Management eine Änderung eingetreten ist. Die Kläger gestanden zu, daß bei Annahme der Verfassungsmäßigkeit des § 8 a Abs 5 KWG das Klagebegehren abzuweisen sei, daß sie jedoch in einem Rechtsmittel gegen ein abweisliches Urteil die Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz geltend machen und die Gesetzesüberprüfung anregen wollten.

Außer Streit steht, "daß eine Einbringung der Kommanditgesellschaft Bankhaus S***** in die beklagte Aktiengesellschaft im Sinne des § 8 a KWG erfolgte."

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne weitere Beweisaufnahme ab, weil die zufolge § 8 a Abs 5 KWG bewirkte Gesamtrechtsnachfolge dem Vermieter die Zinserhöhungsmöglichkeit nehme.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß die ordentliche Revision gegen sein Urteil zulässig sei. Die hier anzuwendende Bestimmung des § 8 a Abs 5 KWG verstoße entgegen der Auffassung der Kläger nicht gegen den Gleichheitssatz gemäß Art 7 B-VG. Daß nach der zu § 12 Abs 3 MRG entwickelten Rechtsprechung gesellschaftsrechtliche Vorgänge, die eine Gesamtrechtsnachfolge darstellen, die Zinserhöhungsmöglichkeit gemäß § 12 Abs 3 MRG ausschlössen, stelle kein Hindernis für den Gesetzgeber dar, dem volkswirtschaftlich bedeutsamen Anliegen auf Erhaltung von Bankunternehmungen durch gesetzgeberische Maßnahmen zu entsprechen und den Vermögensübergang bei der Einbringung von Banken durch Normierung der Gesamtrechtsnachfolge zu erleichtern. Das Gleichheitsgebot verwehre dem Gesetzgeber nicht, seine wirtschafts-, finanz- und bevölkerungspolitischen Vorstellungen im Rahmen vertretbarer Zielsetzungen auf die ihm geeignet erscheinende Weise zu verwirklichen. Strebe der Gesetzgeber die Reduzierung der in der Rechtsform von Personenhandelsgesellschaften betriebenen Banken zugunsten solcher in der Rechtsform von Aktiengesellschaften an, ja verpflichte er sogar solche Banken, deren Jahresbilanz eine gewisse Größe übersteigt, zur Einbringung ihres gesamten Unternehmens oder des bankgeschäftlichen Teilbetriebes in eine Aktiengesellschaft, so sei es sachlich gerechtfertigt, derartigen aus sachlichen Gründen geförderten Vorgängen im Sinne einer Unternehmenskontinuität die Unternehmensübertragung zu erleichtern. Zur Frage, ob der gemäß § 8 a KWG geregelte Einbringungsvorgang dem § 12 Abs 3 MRG zu unterstellen sei, liege keine Rechtsprechung vor.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das zweitinstanzliche Urteil gerichtete Revision der Kläger ist nicht berechtigt.

Gemäß Abs 5 des § 8 a KWG bewirkt die im Abs 1 vorgesehene Einbringung einer in der Rechtsform einer Personengesellschaft des Handelsrechts betriebenen Bank in eine Aktiengesellschaft eine Gesamtrechtsnachfolge. Im vorliegenden Fall steht außer Streit, daß eine Einbringung der Bank-KG - der bisherigen Mieterin - in eine Aktiengesellschaft im Sinne des § 8 a KWG erfolgte. Es liegt somit eine Gesamtrechtsnachfolge vor. Dies bestreiten auch die Kläger nicht, sie vertreten lediglich die Ansicht, § 8 a KWG sei verfassungswidrig. Dieser Einwand ist jedoch schon deshalb nicht zielführend, weil § 8 a KWG hier nicht unmittelbar anzuwenden ist, zumal durch diese Vorschrift - entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht - nicht ex lege die Anwendung des § 12 Abs 3 MRG ausgeschlossen wird. Nach der im vorliegenden Fall anzuwendenden Vorschrift des § 12 Abs 3 MRG hat die Erhöhung des Hauptmietzinses eine Veräußerung des Unternehmens durch den Mieter einer Geschäftsräumlichkeit zur Voraussetzung. Richtig ist, daß nach ständiger Rechtsprechung alle Arten der Gesamtrechtsnachfolge von § 12 Abs 3 MRG nicht betroffen sind (ImmZ 1985, 278; SZ 61/163; WoBl 1992/45 ua; vgl auch Würth in Rummel2, Rz 8 zu § 12 MRG). Diese Rechtsprechung wurde von der Lehre zum Teil abgelehnt (vgl etwa Ostheim in JBl 1993, 77 ff und Johannes Reich-Rohrwig - Gottfried Thiery in ecolex 1991, 599 ff) und die Anwendbarkeit des § 12 Abs 3 MRG davon abhängig gemacht, ob eine wirtschaftliche Verwertung und damit eine Ausnützung des Mietrechts zu Lasten des Vermieters vorliegt.

Einer Auseinandersetzung mit dieser Lehre bedarf es im vorliegenden Fall nicht. Wird eine in Form einer Kommanditgesellschaft geführte Bank auf Grund des § 8 a KWG in eine neu gegründete Aktiengesellschaft eingebracht (dies war hier offensichtlich der Fall, da laut Auskunft des Handelsgerichtes Wien die beklagte Aktiengesellschaft am 16.8.1990 eingetragen und am selben Tag die Kommanditgesellschaft gelöscht wurde) und treten dabei weder in der Eigentümerstruktur noch im Management Änderungen ein (von der Richtigkeit dieser Behauptung der beklagten Partei gingen die Kläger bei ihrem Prozeßvorbringen offenbar selbst aus), dann kann von einer wirtschaftlichen Verwertung bzw Ausnützung des Mietrechtes zu Lasten des Vermieters keine Rede sein. In einem derartigen Fall kann jedenfalls nicht von einer Veräußerung eines Unternehmens im Sinne des § 12 Abs 3 MRG ausgegangen werden (vgl Ostheim aaO 85, der die Einbringung eines Unternehmens in eine neu gegründete Aktiengesellschaft durch die einbringende Bank als alleiniger Aktionär nach § 8 a Abs 4 Z 1 KWG als Sonderfall einer Umwandlung ansieht).

Ob andere Fälle einer Einbringung nach § 8 a KWG eine Mietzinserhöhung nach § 12 Abs 3 MRG rechtfertigen könnten, ist hier nicht zu untersuchen. Dies wäre nur dann erforderlich, wenn der Vermieter, der die anspruchsbegründenden Tatsachen behaupten und beweisen muß, ein Vorbringen über eine wirtschaftliche Verwertung des Unternehmens erstatten würde.

Das Klagebegehren wurde somit von den Vorinstanzen mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 12 Abs 3 MRG mit Recht abgewiesen, weshalb der Revision ein Erfolg zu versagen war.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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