OGH 10Ob505/94

OGH10Ob505/9418.1.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmeier, Dr.Bauer, Dr.Ehmayr und Dr.Steinbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei 1.) Dr.Heinz R*****, und 2.) Dr.Richard R*****, beide vertreten durch Dr.Stefan Varga und Dr.Herbert Waltl, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Alexander R*****, vertreten durch Dr.Günther Stanonik, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Räumung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 17.März 1993, GZ 21 R 75/93-31, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 15.November 1992, GZ 18 C 1126/90-25, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit 15.118,18 S bestimmten Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz (darin enthalten 2509,70 S Ust und 60 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Die klagenden Parteien sind weiter schuldig, der beklagten Partei zur ungeteilten Hand die mit 4.702,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 483,80 S USt und 1.800,-- S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger sind Miteigentümer einer Liegenschaft in Salzburg. Der Beklagte ist der leibliche Sohn der früheren Gattin des Zweitklägers, deren Ehe mit dem Zweitkläger am 23.4.1990 geschieden wurde. Die Mutter des Beklagten bewohnte seinerzeit mit ihrem Gatten, dem Zweitkläger, nachdem sie vorerst im 3. Stock gewohnt hatten, eine Wohnung im zweiten Stock des auf der im Miteigentum der Kläger stehenden Liegenschaft befindlichen Hauses (Ehewohnung). Neben dieser befindet sich eine vom Gang separat zu betretende, aus Vorraum, Abstellraum, Bad, Wohnzimmer und Schlafzimmer bestehende Wohnung (Nebenwohnung); über eine Küche verfügt diese Wohnung nicht. Der Beklagte benützte die Nebenwohnung seit dem Jahr 1972 oder 1973, sohin etwa seit seinem 11.Lebensjahr; dort befand sich sein Kinderbzw Jugendzimmer. Als der Beklagte in England zur Schule ging und dann in Wien studierte, wohnte er jeweils während der Ferien und an Wochenenden, an denen er nach Salzburg kam, in diesen Räumen. Im übrigen wurden die Räume der Nebenwohnung von der Mutter des Beklagten und dem Zweitkläger als Abstellflächen und als Gästezimmer verwendet. Unter anderem waren dort ein Kühlschrank und eine Tiefkühltruhe aufgestellt, welche Geräte ausschließlich von der Familie des Zweitklägers benützt wurden. Es wurden dort auch Lebensmittel und Flaschen für den eigenen Bedarf sowie Putzmittel und Werkzeug gelagert, wobei letzteres allen im Haus wohnenden Personen diente.

Der Beklagte arbeitet und wohnt nunmehr in Wien. Etwa jedes zweite Wochenende kommt er, teils alleine, teils mit seiner Frau und seinem Sohn nach Salzburg und wohnt in der Nebenwohnung. Er benützt diese Räume mit Zustimmung seiner Mutter. Hinsichtlich der Räume, die die Mutter des Beklagten und der Zweitkläger während der Ehe benützten, ist beim Bezirksgericht Salzburg ein Aufteilungsverfahren gemäß §§ 81 ff EheG anhängig.

Die Kläger begehren, den Beklagten zur Räumung der von ihm benützten Räume der Nebenwohnung zu verpflichten. Diese seien dem Beklagten nur prekaristisch überlassen worden. Der Beklagte sei selbsterhaltungsfähig, habe jeden Kontakt zu den Klägern abgebrochen und benötige die Wohnung auch nicht.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Bei den von ihm benützten Räumen handle es sich um einen Teil der Ehewohnung, die nach der Scheidung seiner Mutter verbleiben solle. Er benütze die Räume mit Zustimmung seiner Mutter.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Alle im 2. Stock gelegenen Räumlichkeiten gehörten zur Ehewohnung; die Nebenwohnung sei keine selbständige Wohneinheit, weil sie über keine Kochgelegenheit verfüge. Die Benützung der Wohnung durch den Beklagten erfolge nicht im Rahmen einer Bittleihe. Der Beklagte leite vielmehr sein Benützungsrecht von seiner Mutter, der geschiedenen Ehegattin des Zweitklägers ab. Erst wenn im Aufteilungsverfahren die Ehewohnung dem Zweitkläger zugesprochen werden sollte, könne gegen den Beklagten ein Räumungsbegehren mit Erfolg geltend gemacht werden.

Das Berufungsgericht gab über Berufung der Kläger dem Räumungsbegehren statt. Die Benützungsgewährung an den Beklagten sei nicht im Rahmen eines obligatorischen Rechtsverhältnis einer Miete, Leihe oder eines Prekariums erfolgt, sondern rein faktischer Natur gewesen. Es wäre am Beklagten gelegen, den Anschein eines im Familienbereich wurzelnden Wohnverhältnisses zu entkräften. Aus der Behauptung des Beklagten, er leite seine Benützungsrechte von seiner Mutter ab, sei für seinen Standpunkt jedoch nichts zu gewinnen. Die Benützungsrechte der Mutter gründeten sich nämlich ebenfalls nicht auf ein obligatorisches Rechtsverhältnis, sondern auf einen familienrechtlichen Benützungstitel als Ehefrau des Zweitklägers; dieser sei jedoch durch die Scheidung weggefallen. Erst im Zug des Aufteilungsverfahrens werde entschieden werden, ob und in welchem Umfang der Mutter des Beklagten Benützungsrechte zuerkannt werden. Die hier strittigen Räumlichkeiten seien von der Mutter des Beklagten nicht für sich, sondern sozusagen als Nebenräumlichkeiten zum Abstellen von verschiedenen Gegenständen benützt worden. Der Beklagte könne daher von seiner Mutter ein Recht zur Benützung der Räumlichkeiten nicht ableiten. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde.

Die Kläger beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Der Beklagte hat seinen Antrag auf Abweisung des Klagebegehrens darauf gegründet, daß er die strittigen Räumlichkeiten mit Einverständnis seiner Mutter benütze. Das Berufungsgericht ist mit seiner Begründung, der Benützungstitel der Mutter des Beklagten sei mit der rechtskräftigen Ehescheidung weggefallen, von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen. Die Revision ist daher zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist auch berechtigt.

Nach der auch in der Revision zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes MietSlg 37.003 lebt der von § 91 ABGB gewährte Unterlassungs- bzw Benützungsanspruch des bedürftigen Ehegatten in seinem Aufteilungsanspruch fort. Solange über den rechtzeitig geltend gemachten Aufteilungsanspruch noch nicht entschieden ist, kann der geschiedene Ehegatte dem auf titellose Benützung gestützten Räumungsbegehren das im Aufteilungsanspruch fortlebende Benützungsrecht wirksam einwenden. Dieses im Aufteilungsanspruch fortlebende Benützungsrecht bildet daher eine taugliche Rechtsgrundlage für die Benützung der Wohnung durch den geschiedenen Ehegatten bis zur Entscheidung im Aufteilungsverfahren. Wird aber ein Benützungsrecht von der Einräumung durch jemand abgeleitet, dem seinerseits ein Benützungsrecht gegen den Hauseigentümer zusteht, so steht dies einem Räumungsbegehren des Hauseigentümers entgegen (MietSlg 34.042 f ua).

Da feststeht, daß auch hinsichtlich der strittigen Räume ein Aufteilungsverfahren anhängig ist und der Beklagte die Räume mit Zustimmung seiner Mutter benützt, der ihrerseits das im Aufteilungsanspruch fortlebende Benützungsrecht zukommt, erweist sich das Räumungsbegehren als nicht berechtigt.

Das angefochtene Urteil war daher im Sinne einer Wiederherstellung der Entscheidung der ersten Instanz abzuändern.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO; für das Revisionsverfahren waren die Kosten nur ausgehend von der in Räumungssachen anzuwendenden Kostenbemessungsgrundlage (§ 10 RATG) zu bestimmen.

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