OGH 10ObS253/93

OGH10ObS253/9318.1.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Bauer als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber Theodor Kubak und Dr.Heinz Paul in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Johann O*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr.Hans Pritz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vertreten durch Dr.Karl Leitner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ausgleichszulage infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. September 1993, GZ 32 Rs 122/93-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 8.Juni 1993, GZ 15 Cgs 81/93m-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 21.1.1993 erkannte die beklagte Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft dem Kläger, der von 1974 bis 1992 ein Handelsgewerbe betrieb, (auf Grund seines Antrages vom 12.11.1992) eine Erwerbsunfähigkeitspension zu, und zwar für Dezember 1992 in der Höhe von 5.048,30 S samt einem Kinderzuschuß von 357,40 S und ab 1.1.1993 in der Höhe von 5.250,20 S monatlich samt einem Kinderzuschuß von 371,70 S (Bescheidpunkte 1. und 2.). Weiters stellte sie fest, daß dazu ab 1.12.1992 keine Ausgleichszulage gebühre (Bescheidpunkt 3.), weil das Gesamteinkommen den Richtsatz übersteige.

Nur gegen den Bescheidpunkt 3. richtet sich die Klage, mit der für Dezember 1992 eine Ausgleichszulage von 954 S und ab 1.1.1993 eine solche von 1.290,77 S monatlich begehrt wird. Es handle sich dabei um den Unterschied zwischen der Summe aus Pension (samt Kinderzuschuß) und dem monatlichen Nettoeinkommen von 833,33 S, das der Kläger daraus erziele, daß er seiner Ehegattin ab Dezember 1992 landwirtschaftlich genutzte Grundstücke im Einheitswert von 640.100 S (die ihnen je zur Hälfte gehören) zu einem jährlichen Pachtschilling von 10.000 S verpachtet habe, und dem jeweiligen Richtsatz von 7.193 S bzw 7.746 S.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Bei der Feststellung des Anspruches auf Ausgleichszulage sei auch das gesamte Nettoeinkommen der im gemeinsamen Haushalt, lebenden Ehegattin zu berücksichtigen. Da diese seit Dezember 1992 einen landwirtschaftlichen Betrieb im Einheitswert von 640.000 S bewirtschafte, seien der Ermittlung ihres Nettoeinkommens aus diesem Betrieb 70 vH des Versicherungswertes (§ 23 BSVG), gerundet 7.156 S zugrunde zu legen. Die Summe aus Pension und diesem Nettoeinkommen übersteige den für Pensionsberechtigte, die mit der Ehegattin im gemeinsamen Haushalt leben, geltenden Richtsatz.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Nach den wesentlichen Feststellungen sind der Kläger und seine (im gemeinsamen Haushalt lebende Ehegattin) je zur Hälfte Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes im Einheitswert von 640.000 S, der seit Dezember 1992 von der Ehegattin allein geführt wird. Der bis Ende November 1992 vom Kläger bewirtschaftete Hälfteanteil ist seither um einen jährlichen Pachtschilling von 10.000 S an die Ehegattin verpachtet.

Bei der rechtlichen Beurteilung folgte das Erstgericht dem Rechtsstandpunkt der Beklagten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers, in der nur eine Rechtsrüge erhoben wurde, nicht Folge.

Es erachtete offensichtlich die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes für richtig und teilte die Bedenken des Berufungswerbers gegen die Verfassungsgemäßheit (der im vorliegenden Fall anzuwendenden Absätze) des § 149 GSVG nicht.

In der Revision macht der Kläger unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache geltend und beantragt, die Urteile der Vorinstanzen im klagestattgebenden Sinn abzuändern oder sie allenfalls aufzuheben. Er regt auch an, beim Verfassungsgerichtshof aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit die Aufhebung des (gesamten?) § 149 GSVG zu beantragen.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist nach § 46 Abs 3 ASGG auch bei Fehlen der Voraussetzungen des Abs 1 leg cit zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

(Paragraphen ohne Gesetzesangabe sind solche des GSVG in der hier anzuwendenden Fassung.)

Erreicht die Pension zuzüglich eines aus übrigen Einkünften des

Pensionsberechtigten erwachsenden Nettoeinkommens ........ nicht die

Höhe des für ihn geltenden Richtsatzes (§ 150), so hat der

Pensionsberechtigte ....... nach Maßgabe der Bestimmungen des die

Ausgleichszulage regelnden 3.Unterabschnittes des Abschnittes III des

Zweiten Teiles des GSVG Anspruch auf eine Ausgleichszulage zur

Pension (§ 149 Abs 1). Bei Feststellung des Anspruches gemäß Abs 1

ist auch das gesamte Nettoeinkommen der im gemeinsamen Haushalt

lebenden Ehegattin ........... zu berücksichtigen (Abs 2).

Nettoeinkommen im Sinne der Abs 1 und 2 ist, soweit im folgenden

nichts anderes bestimmt wird, die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld

oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die

gesetzlich geregelten Abzüge (Abs 3). Der Ermittlung des

Nettoeinkommens aus einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb sind 70

vH des Versicherungswertes (§ 23 BSVG) zugrunde zu legen ......

Dieser Betrag, gerundet auf volle Schilling, gilt als monatliches Nettoeinkommen aus einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb (Abs 5). Steht das Recht zur Bewirtschaftung des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes auf eigene Rechnung und Gefahr nicht einer einzigen Person zu, so gilt das gemäß Abs 5 ermittelte Nettoeinkommen, sofern bei dessen Ermittlung die Bewirtschaftung durch mehrere Personen nicht bereits berücksichtigt wurde, nur im Verhältnis der Anteile am land(forst)wirtschaftlichen Betrieb als Nettoeinkommen (Abs 6).

Der Richtsatz für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung, die mit der Ehegattin im gemeinsamen Haushalt lebten, betrug im Dezember 1992 9.317 S und im Jahre 1993 9.967 S. Dieser Richtsatz erhöhte sich für jedes Kind, dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres, im Dezember 1992 2.427 S, im Jahre 1993 2.614 S, nicht erreichte, im Dezember 1992 um 693 S und im Jahre 1993 um 746 S (§ 150 Abs 1 lit a sublit aa und Abs 2).

Die Ausgleichszulage gebührt in der Höhe des Unterschiedes zwischen der Summe aus Pension und Nettoeinkommen (§ 149) .......... einerseits und dem Richtsatz (§ 150) andererseits (§ 153 Abs 1) und ist erstmalig auf Grund des Pensionsantrages festzustellen. Sie gebührt ab dem Tag, an dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt sind (Abs 2).

Nach der dargestellten Rechtslage gebührt dem Kläger seit 1.12.1992 zur Erwerbsunfähigkeitspension keine Ausgleichszulage, weil die Summe aus dieser Pension (5.048,30 S ab 1.12.1992 und 5.250,20 S ab 1.1.1993) - der Kinderzuschuß hat nach § 149 Abs 4 lit c außer Betracht zu bleiben - und dem zu berücksichtigenden monatlichen Nettoeinkommen seiner Ehegattin aus dem von ihr allein geführten landwirtschaftlichen Betrieb von 7.156 S (s SSV-NF 2/83), insgesamt also 12.204,30 S ab 1.12.1992 und 12.406,20 S ab 1.1.1993, den für den Kläger geltenden Richtsatz überstieg. Dieser betrug nämlich selbst bei Berücksichtigung einer Erhöhung für das Kind, für das ihm der Kinderzuschuß gebührte, ab 1.12.1992 nur 10.010 S und ab 1.1.1993

10.713 S.

Der erkennende Senat hat gegen die Anwendung der im vorliegenden Fall maßgeblichen Abs 1, 2, 3, 5 und 6 des § 149 aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit keine Bedenken. Solche Bedenken, die auch zu mehreren Aufhebungsanträgen an den Verfassungsgerichtshof nach Art 89 Abs 2 B-VG geführt haben, bestehen insbesondere hinsichtlich des hier nicht anzuwendenden Abs 7 (idF der 16. und 17.GSVGNov). Diese Bestimmung ordnet nämlich eine Pauschalanrechnung von Einkünften aus der Übergabe land(forst)wirtschaftlicher Betriebe unabhängig von der Vereinbarung eines Ausgedinges bzw der Höhe eines vereinbarten Ausgedinges an und setzt damit den seit der 1.ASVGNov im Ausgleichszulagenrecht geltende Grundsatz, daß Vermögen, das keine tatsächlichen oder entsprechenden Einkünfte abwirft, auf den Ausgleichszulagenanspruch keinen Einfluß hat, nur für den Bereich land(forst)wirtschaftlicher Flächen außer Kraft. Darin könnte eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Pensionisten liegen, die einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb aufgegeben, übergeben, verpachtet oder auf andere Weise jemanden zur Bewirtschaftung überlassen haben (sa SSV-NF 6/141).

Diese Bedenken richten sich aber nicht gegen den im vorliegenden Fall anzuwendenden § 149 Abs 5. Damit wird nicht die Berücksichtigung eines fiktiven Einkommens des Pensionisten aus dessen aufgegebenem oder übergebenem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb angeordnet. Es handelt sich vielmehr nur um die Ermittlung des Nettoeinkommens aus einem noch geführten land(forst)wirtschaftlichen Betrieb unter Bedachtnahme auf den Versicherungswert dieses Betriebes, der wieder ein Hundertsatz des Einheitswertes ist und die Grundlage für die Bemessung der Beiträge in der Kranken- und Pensionsversicherung für die gemäß § 2 Abs 1 Z 1 und 3 BSVG Pflichtversicherten bildet. Damit knüpft das Gesetz zwar nicht an den tatsächlichen Ertrag des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes an, wohl aber an das bei ordnungsgemäßer Betriebsführung erzielbare durchschnittliche Betriebsergebnis (sa SSV-NF 5/114). Diese pauschalierte Ermittlung des Einkommens erscheint verfassungsrechtlich unbedenklich, weil der Gesetzgeber nach stRsp des Verfassungsgerichtshofes von einer Durschnittsbetrachtung ausgehen und auf den Regelfall abstellen darf (zB VfSlg 3595, 5318, 8457). Daß dabei Härtefälle entstehen können, macht das Gesetz nicht gleichheitswidrig (zB VfSlg 3568, 9908, 10.276). Dem Gesetzgeber muß es - insbesondere auch im Interesse der Verwaltungsökonomie - gestattet sein, eine einfache und leicht handhabbare Regelung zu treffen (VfSlg 10.455) [Machacek, Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof2, 89f].

Daß der erkennende Senat gegen § 149 Abs 5 anders als gegen Abs 7 leg cit keine verfassungsrechtlichen Bedenken hegt, ist auch daraus zu entnehmen, daß er die § 149 Abs 5 GSVG entsprechende Bestimmung des § 140 Abs 5 BSVG in der E 13.10.1992 SSV-NF 6/113 angewendet hat, obwohl er bereits vom Februar bis Juni 1992 beim Verfassungsgerichtshof mehrfach beantragt hatte, § 149 Abs 7 GSVG und die diesem entsprechenden §§ 140 Abs 7 BSVG und 292 Abs 8 ASVG aufzuheben.

Der Revision ist deshalb nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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