OGH 2Ob12/94

OGH2Ob12/9413.1.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Leo S**********, vertreten durch Dr.Norbert Margreiter, Rechtsanwalt in Bezau, wider die beklagte Partei Helmut G**********, vertreten durch Dr.Anton Weber, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Zahlung von S 200.000 sA und Feststellung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 29.April 1993, GZ 2 R 21/93-48, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 29.Dezember 1992, GZ 10 Cg 56/91-41, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 8.836,20 (darin enthalten S 1.472,70 Umsatzsteuer, keine Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 18.3.1990 flogen die beiden Streitteile mit ihren Paragleitern (Gleitschirmen) zum Außenladeplatz in B*****. Etwa vierzig bis fünfzig Meter über dem Boden stießen beide Piloten zusammen und stürzten zu Boden. Hiebei wurden sie schwer verletzt.

Der Kläger begehrt die Zahlung von S 200.000 an Schmerzengeld und die Feststellung der Haftung des Beklagten für künftige Schäden mit der Begründung, der Beklagte sei unter Mißachtung der Richtlinien für den Zivilluftverkehr, insbesondere der Vorschriften für den Landeanflug, mit der Windrichtung geflogen, er habe nicht ausreichend Abstand gehalten und sei frontal und reaktionslos in den Kläger hineingeflogen. Da der Kläger im Endanflug gewesen sei, sei der seitlich ins Landefeld hineinfliegende Beklagte ihm gegenüber wartebzw ausweichpflichtig gewesen. Der Beklagte habe den Unfall durch mangelnde Aufmerksamkeit und unrichtige sowie technisch nicht durchführbare Landeeinteilung grob fahrlässig verschuldet. Überdies sei der Beklagte nicht im Besitz eines Sonderpilotenscheines und daher nicht berechtigt gewesen, Höhen über 150 m zu fliegen.

Der Beklagte bestritt und wendete ein, daß das Verschulden am Unfall allein den Kläger treffe. Bei der Einleitung des Landemanövers habe er diesen plötzlich auf sich zukommen gesehen. Er habe noch ein Auslenkmanöver nach rechts versucht, die Kollision aber nicht mehr vermeiden können. Überraschenderweise habe der Kläger kein Ausweichmanöver versucht, sondern lediglich jene Haltung eingenommen, die bei einer erwarteten Kollision mit Bäumen üblich sei. Der Beklagte wendete eine Schmerzengeldforderung von 200.000 S compensando gegen die Klagsforderung ein.

Das Erstgericht sprach aus, daß die Klagsforderung mit 170.000 S zu Recht bestehe, nicht aber die eingewendete Gegenforderung; es verurteilte daher den Beklagten zur Zahlung von S 170.000 und gab auch dem Feststellungsbegehren statt; das Mehrbegehren von 30.000 S und ein Teil des Zinsenbegehrens wurden abgewiesen.

Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinausgehend wurden im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

Beide Streitteile waren am Unfallstag im Besitze eines Hängegleiter-Pilotenscheines. Der Kläger hatte zu diesem Zeitpunkt ca 700 Flüge absolviert, der Beklagte etwa 150. Der vom Kläger verwendete Gleitschirm hat einen flacheren Gleitwinkel und eine geringere Sinkgeschwindigkeit als jener den der Beklagte verwendete. Das Landefeld in Bezau liegt südwestlich der von den Streitteilen benützten Startfläche. Der Kläger flog von der Höhe "B*****" zunächst in südlicher und dann in südwestlicher Richtung zum Landeplatz. Der Landeplatz verläuft mit seiner Längsrichtung etwa nord-südlich (ergänzende Feststellung des Berufungsgerichtes). Südöstlich des Landeplatzes baute der Kläger durch mehrere Spiralen Höhe ab und steuerte sodann seinen Gleitschirm in Richtung Westen. Nach Überflug des Landeplatzes leitete er durch eine Richtungsänderung um 90o nach rechts im Rahmen der Landevolte (Platzrunde) den Gegenanflug in Richtung Norden (Gemeindestraße) ein. In dieser Phase näherte sich der Beklagte von Westen dem Landeplatz und flog in östlicher Richtung auf diesen zu. Östlich des Landeplatzes steht ein Haus, welches der Beklagte im Verlauf des Landeanfluges nicht überfliegen durfte. Deshalb beabsichtigte er, in einer bogenförmigen südöstlich verlaufenden Bewegung in einer Rechtskurve an der Südseite des Hauses vorbeizufliegen und sodann in südwestlicher Richtung den Endanflug anzusetzen. Der Wind kam zu diesem Zeitpunkt aus Süd-Südwest. Flugtechnisch richtig ist der Endanflug gegen den Wind. Als der Kläger im Gegenanflug in Richtung Norden flog, schaute er nach links und sah in einer Entfernung von ca 200 bis 300 m den Beklagten. Dieser befand sich in größerer Höhe als der Kläger und bedeutete für ihn noch keine Gefahr. Den Gegenanflug beendete der Kläger mit einer Richtungsänderung um 90o nach rechts in den Queranflug. Dabei hatte er den Beklagten im Rücken. Schließlich flog der Kläger nach Erreichung des Landefeldes eine 90o-Kurve in Richtung Süden und setzte gegen den Wind zum Endanflug an. Als der Kläger einige Meter des Endanfluges zurückgelegt hatte, sah er im letzten Moment den Beklagten von rechts auf sich zukommen. In diesem Moment waren die Streitteile nur noch wenige Meter voneinander entfernt, sodaß der Kläger nicht mehr ausreichend Zeit hatte, seinen Gleitschirm nach links zu führen um die Kollision zu vermeiden. Der Beklagte streckte die Füße nach vorne und stieß damit gegen die rechte Brustkorbseite des Klägers. Der Zusammenstoß ereignete sich in einer Höhe von etwa vierzig bis fünfzig Meter.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die von den Parteien benutzten Gleitschirme seien Luftfahrzeuge im Sinne des § 11 Abs. 1 LFG. Nach § 16 Abs. 1 LVR hätten Piloten aller anderen in Betrieb befindlichen Luftfahrzeuge landenden und im Endanflug befindlichen Luftfahrzeugen auszuweichen. Wenn zwei oder mehrere Luftfahrzeuge schwerer als Luft einen Flugplatz zur Landung anflögen, habe der Pilot des höher fliegenden Luftfahrzeuges dem tiefer fliegenden Luftfahrzeug auszuweichen (§ 16 Abs. 2 LVR). Diese Bestimmung sei vom Beklagten völlig mißachtet worden; der Beklagte hätte darauf achten müssen, daß er die Fluglinie des die Landevolte ausfliegenden Klägers nicht kreuze. Vor allem hätte der Beklagte bedenken müssen, daß ihn der Kläger im Queranflug im Rücken habe und sich auf die Landung konzentrieren müsse und daher nach anderen Piloten nicht ausschauen könne. Der Beklagte habe trotz Wahrnehmbarkeit des im Landeanflug-Endanflug befindlichen Klägers seinen Flug ohne Richtungsänderung fortgesetzt, was zur Kollision geführt habe. Der Kläger hingegen habe eine flugtechnisch richtige Landevolte gemacht. Zu dem Zeitpunkt, da er den Beklagten gesehen habe, habe er mit dessen Unachtsamkeit und einer zur begegnenden Gefahr noch nicht rechnen müssen. Im Queranflug habe er dann den Beklagten im Rücken gehabt, im Endanflug sei es ihm nicht mehr zumutbar und möglich gewesen, nach anderen Piloten Ausschau zu halten. Es treffe daher den Beklagten das alleinige Verschulden am Zustandekommen des Unfalls. Gemäß § 27 Abs. 1 LVG komme es beim Schadensausgleich zwischen zwei Haltern in erster Linie auf das Verschulden an, dieses liege beim Beklagten, sodaß der Kläger zur Mithaftung nicht heranzuziehen sei. Gemäß § 28 LVG seien die Haftungsbeschränkungen dieses Gesetzes nicht heranzuziehen.

Das vom Beklagten angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, die ordentliche Revision sei nicht zulässig.

Das Berufungsgericht führte in rechtlicher Hinsicht aus, Paragleiter seien Luftfahrzeuge im Sinne des § 11 Abs. 1 LFG. In der zum Unfallszeitpunkt geltenden Fassung der Luftverkehrsregeln 1967 (LVR) seien Paragleiter noch nicht erwähnt worden (in der Zwischenzeit hätten sie in die §§ 51 und 56 a LVR Eingang gefunden). Zum Zeitpunkte des Unfalles sei die einzige Rechtsquelle betreffend Paragleiter der sogenannte Hänge- und Paragleitererlaß des Bundesministeriums für Verkehr/Oberste Zivilluftfahrtsbehörde vom 24.9.1974, Zl 38.570/23-I/6-74, in der Fassung vom 20.11.1986, Zl 38.534/263-I/5-86 gewesen. Dieser sei im Österreichischen Nachrichtenblatt für Luftfahrer, einer offiziellen Publikation des Bundesamtes für Zivilluftfahrt, veröffentlicht worden. Inwieweit dieser Erlaß im Hinblick auf seine Veröffentlichung allgemein verbindliche Kraft habe, könne aber dahingestellt bleiben.

Bei der Prüfung des Verschuldens der Parteien seien nur die in erster Instanz geltend gemachten Verstöße zu berücksichtigen. Dem Beklagten sei nun vorgeworfen worden, daß er nicht berechtigt sei, Flughöhen über 150 m zu fliegen. Die Frage, ob dieser Vorwurf berechtigt sei, könne aber dahingestellt bleiben, da es jedenfalls am erforderlichen Rechtswidrigkeitszusammenhang fehle, weil sich der Unfall in einer Höhe von weit unter 150 m ereignet habe. Daß der Beklagte zu einem Flug in dieser Höhe keine Berechtigung gehabt habe, sei vom Kläger nicht behauptet worden.

Gemäß Punkt 2.2.2 des Hänge- und Paragleitererlasses seien die LVR mit hier nicht in Betracht kommenden Abweichungen auf Paragleiter sinngemäß anzuwenden. Neben den allgemeinen Ausweichregeln (§§ 11 ff LVR) würden die besonderen Ausweichregeln für Segelflugzeuge (§ 53 LVR), und überhaupt grundsätzlich dieselben Bestimmungen wie für Segelflugzeuge gelten. Auch hier könne die Verbindlichkeit des Hänge- und Paragleitererlasses dahingestellt bleiben, da mangels abweichender Regeln auch durch bloße Auslegung der LVR die Bestimmungen für Segelflugzeuge sinngemäß auf Paragleiter anzuwenden seien. In der nunmehr geltenden Fassung des § 51 LVR (BGBl 1990/228), werde dies auch ausdrücklich normiert.

Gemäß § 16 Abs. 1 LVR sei landenden und im Endanflug befindlichen Luftfahrzeugen von den Piloten aller anderen in Betrieb befindlichen Luftfahrzeugen auszuweichen. Als "landend" sei ein Luftfahrzeug dann anzusehen, wenn es den Endanflug mit jenem Manöver abschließe, welches zum Aufsetzen des Luftfahrzeuges auf dem Boden führe. Der Endanflug sei die letzte Etappe eines Landeanfluges, die mit dem Landen selbst ende. Im vorliegenden Fall sei zum Zeitpunkte des Zusammenstoßes und unmittelbar vorher der Kläger im Endanflug gewesen, der Beklagte habe sich hingegen auf einem Gegenanflug befunden. Der Beklagte hätte daher gemäß § 16 Abs. 1 LVR den Vorrang des Klägers wahren müssen.

Der Beklagte habe aber auch gegen § 16 Abs. 2 LVR verstoßen, wonach dann, wenn zwei oder mehrere Luftfahrzeuge schwerer als Luft einen Flugplatz zur Landung anfliegen, der Pilot des höher fliegenden Luftfahrzeuges dem tiefer fliegenden Luftfahrzeug auszuweichen habe. Unter einem Flugplatz im Sinne der LVR sei auch ein Außenlandeplatz, wie er hier vorgelegen sei, zu verstehen.

Der Vorwurf, daß der Kläger beim Landeanflug eine Rechtskurve geflogen sei, sei in der Berufung erstmals erhoben worden, sodaß darauf nicht einzugehen sei.

Das Verschulden an dem Unfall treffe daher den Beklagten, dem Kläger sei hingegen kein Aufmerksamkeitsverstoß zur Last zu legen, da er im Queranflug den Beklagten nicht sehen konnte und darauf vertrauen durfte, dieser werde seinen Vorrang beachten. Es sei auch kein Grund ersichtlich, warum der Beklagte den in seinem Sichtfeld befindlichen Kläger erst so spät gesehen habe, sodaß er diesem den Vorrang nicht mehr einräumen konnte.

Die Haftungsbeschränkungen des § 23 LVG seien unbeachtlich, weil die Haftung des Luftfahrzeugführers (Piloten) von den Haftungsbestimmungen des LVG unberührt bliebe. Die Piloten hafteten daher nach den Vorschriften der §§ 1295 ff ABGB. Die Frage der Haltereigenschaft sei zwar vom Erstgericht nicht erörtert worden und seien die erforderlichen Feststellungen unterblieben, doch wäre selbst dann, wenn man davon ausginge, daß einer oder beide der Streitteile Halter des von ihnen geflogenen Paragleiters waren, für den Beklagten nichts gewonnen. Die nach § 27 LVG statuierte Ausgleichspflicht entspreche im wesentlichen § 11 EKHG, wonach es in erster Linie auf das Verschulden ankomme, sodaß kein Anlaß bestehe, den Kläger zum Ausgleich heranzuziehen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger hat in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt, das Rechtsmittel des Beklagten zurückzuweisen; in eventu, ihm keine Folge zu geben.

Die Revision des Beklagten ist zulässig, weil zu den hier anzuwendenden Bestimmungen des Luftfahrtrechtes weitgehend eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt, sie ist aber nicht berechtigt.

Der Beklagte verweist in seinem Rechtsmittel auf § 20 LVG, wonach bei einem mitwirkenden Verschulden des Verletzten § 254 BGB gelte. § 254 BGB behandle die Mithaftung des Verletzten. Diese Mithaftung sei nicht nur bei Verschulden gegeben, sondern auch dann, wenn sie sich aus einer Betriebsgefahr ergebe. Sie sei auch dann zu berücksichtigen, wenn der Schädiger aus Delikt oder Vertrag hafte. Wenn der Geschädigte für Sach- und Betriebsgefahr einzustehen habe, genüge bloße Mitverursachung.

Weiters wird geltend gemacht, daß § 19 LVG die Haftung des Halters des Luftfahrzeuges normiere. § 23 LVG spreche von "Ersatzpflichtigen". Daraus könne geschlossen werden, daß das LVG zwar auch eine Haftung des Halters des Luftfahrzeuges geschaffen habe, im übrigen aber eine Regelung der Haftung jedes Ersatzpflichtigen im Auge hatte. Der Ersatzpflichtige sei nicht nur der Halter, sondern zum Beispiel auch der Pilot. Das LVG regle die Haftung des Schädigers aus dem Betrieb eines Luftfahrzeuges eigenständig und habe die Haftung zum Teil eingeschränkt, zum Teil ausgedehnt. Der Hinweis des § 28 LVG auf andere "reichsgesetzliche Vorschriften" besage lediglich, daß die Haftung für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nicht ausgeschlossen werden sollte.

Schließlich kenne § 22 LVG keine Entschädigung für Schmerzen.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden:

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend hat das Erstgericht bereits ausgeführt, daß es sich bei Hängegleitern um Luftfahrzeuge im Sinne des § 11 Abs. 1 LFG handelt (SZ 62/175; in der Entscheidung offenbar irrtümlich mit "§ 11 Abs. 1 LVG" bezeichnet). Seit der Novellierung des Luftfahrgesetzes mit BGBl 452/1992 ist nunmehr ausdrücklich geregelt, daß Hänge- und Paragleiter Luftfahrzeuge im Sinne des § 11 Abs. 1 LFG sind.

Wenngleich die LVR 1967 in der zum Unfallszeitpunkt geltenden Fassung keinen Hinweis auf Paragleiter enthielten, finden diese Regeln - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch auf Hängegleiter und Paragleiter Anwendung, wobei für sie überhaupt grundsätzlich dieselben Bestimmungen wie für Segelflugzeuge gelten (Halbmayer-Wiesenwasser, Österreichisches Luftfahrzeugrecht, Anm 02 zu § 56 a LVR).

Wie die Vorinstanzen bereits zutreffend ausgeführt haben, ist gemäß § 16 Abs. 1 LVR landenden und im Endanflug befindlichen Luftfahrzeugen von den Piloten aller anderen in Betrieb befindlichen Luftfahrzeugen auszuweichen. Der Beklagte hat diesen Vorrang des Klägers schuldhaft verletzt und den Unfall herbeigeführt. Zutreffend wurde auch der Verstoß gegen § 16 Abs. 2 LVR angenommen. Nach dieser Bestimmung hat der Pilot des höher fliegenden Luftfahrzeuges dem tiefer fliegenden Luftfahrzeug auszuweichen, wenn zwei oder mehrere Luftfahrzeuge schwerer als Luft einen Flugplatz zur Landung anfliegen. Unter einem Flugplatz im Sinne des § 16 Abs. 2 LVR ist - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch eine Außenlandestelle zu verstehen (Halbmayer-Wiesenwasser, aaO, Anm 2.3. zu § 16 LVR und Anm 4 zu § 2 Z 10 LVR).

Die Vorinstanzen sind daher zutreffend davon ausgegangen, daß der Beklagte den Unfall allein verschuldet hat und dem Kläger kein Mitverschulden anzulasten ist. Die Richtigkeit dieser Rechtsansicht wird in der Revision auch nicht mehr bestritten.

Soweit in der Revision auf § 20 LVG verwiesen wird, wonach beim mitwirkenden Verschulden des Verletzten § 254 BGB anzuwenden sei, entgeht dem Beklagten, daß § 20 LVG auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar ist; § 20 LVG regelt - entsprechend § 7 EKHG - die Haftung gegenüber einem am Betrieb eines Luftfahrzeuges nicht Beteiligten, § 27 LVG hingegen - entsprechend § 11 EKHG - die gegenseitige Ersatzpflicht der Beteiligten (Koziol, Haftpflichtrecht II2, 487 und 491). Demnach hat der allein Schuldige den ganzen Schaden zu ersetzen oder zu tragen, wenn die dem anderen Halter zurechenbare gewöhnliche Betriebsgefahr nach den Umständen des Falles gegenüber dem Verschulden zu vernachlässigen ist (Apathy, Kommz EKHG, Rz 22 zu § 11 mwN). Dies ist hier der Fall, weil die Betriebsgefahr gegenüber dem schweren Verschulden des Klägers keine Bedeutung hatte.

Zu Recht haben auch die Vorinstanzen die Haftungsbegrenzungen des § 23 LVG nicht berücksichtigt, weil gemäß § 28 LVG die reichsgesetzlichen Vorschriften, wonach für den beim Betrieb eines Luftfahrzeuges entstehenden Schaden der Halter oder Benutzer in weiterem Umfang oder der Führer oder ein anderer haftet, unberührt bleiben. Der Hinweis des § 28 LVG auf andere "reichsgesetzliche Vorschriften" besagt nicht nur, daß die Haftung für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nicht ausgeschlossen wird, sondern werden durch diese Bestimmung ganz allgemein alle anderen Haftungsbestimmungen unberührt gelassen (Koziol, aaO, 492; Giemülla-Schmid, KommzdLVG, Rz 1 zu § 42).

Auf die letztlich in der Revision aufgeworfene Frage, ob § 22 LVG einen Anspruch auf Schmerzengeld kennt, ist nicht einzugehen, weil den Beklagten ganz allgemein die Verschuldenshaftung trifft (§ 28 LVG).

Der unberechtigten Revision des Beklagten war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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