OGH 9ObA137/93

OGH9ObA137/9322.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Dietmar Strimitzer und Alfred Schätz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei H***** K*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Georg Grießer und Dr.Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei W***** Versicherung*****, vertreten durch Heller, Löber, Bahn & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen 382.812 S brutto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.Februar 1993, GZ 32 Ra 161/92-34, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 2.April 1992, GZ 14 Cga 512/91-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit 15.658,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 2609,70 S USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit dem Beginn seines Dienstverhältnisses zur Beklagten (13.11.1967) im Innendienst tätig. Die Beklagte war an guten Mitarbeitern im Außendienst interessiert. In diesem Zusammenhang traten der Direktor und der Disponent der Landesdirektion im Jahr 1972 an den Kläger heran, um ihn für die Tätigkeit im Außendienst zu gewinnen. Der Direktor erklärte, daß dem Kläger auch im Fall der Versetzung in den Außendienst der Innendienstvertrag verbleiben würde. Provisionen würde er so bekommen, wie dies im Außendienst üblich sei. Der Kläger erklärte seine Zustimmung zur Versetzung in den Außendienst. Die dem Kläger übermittelte Versetzungsanzeige (Formulartext) hat folgenden Inhalt:

"In dienstrechtlicher Beziehung ("KVI") vorerst keine Änderung, jedoch Anwendung des `KV-Außendienst` auf die aufgrund der neuen Dienstverwendung liquid werdenden Provisionen. Gemäß § 2 Abs 3 KVI innerhalb von 2 Jahren Möglichkeit der Rückkehr bzw Rücküberstellung in den Innendienst. Für ab 1. Mai laufenden Jahres abgeschlossene Versicherungen ist ein neues Provisionskonto zu eröffnen. Diätenpauschale ab 1.5.1972 monatlich 400 S im Nachhinein."

Der Kläger war ab 1.5.1972 im Außendienst tätig und ließ sich ab 1.4.1975 wieder in den Innendienst zurückversetzen, wo er bis 31.5.1977 eingesetzt war. Ende 1976 trat der Direktor der Landesstelle wieder an den Kläger heran, weil er einen Mitarbeiter im Außendienst benötigte. Der Kläger erklärte hiezu sein Einverständnis. Über die Gestaltung der dienstrechtlichen Bestimmungen, insbesondere über die Anwendung und Abgrenzung der Kollektivverträge Innendienst (im folgenden: KVI) und Außendienst (im folgenden: KVA) wurde nicht gesprochen. Die dem Kläger übermittelte Versetzungsanzeige hatte folgenden Inhalt:

"In dienstrechtlicher Beziehung (KVI) tritt vorerst keine Änderung ein, jedoch Anwendung des KVA (§ 6) auf die aufgrund der neuen dienstlichen Verwendung liquid werdenden Provisionen. Gemäß § 2 Abs 3 KVI ist innerhalb von 2 Jahren die Möglichkeit der Rückkehr bzw Rückversetzung in den Innendienst gegeben. Für ab 1. des Monats abgeschlossene Versicherungen ist das seinerzeit für die Außendiensttätigkeit eröffnete Provisionskonto wieder zu verwenden".

Diese Versetzungsanzeige war ebenso wie die Versetzungsanzeige vom 2.5. 1972 von der Personalleitung und vom Betriebsratsvorsitzenden gezeichnet. Die Beifügung des Wortes "vorerst" wurde von der Beklagten so verstanden, daß man sich offen halten wollte, dem Dienstnehmer innerhalb von zwei Jahren nach dem Wechsel den Kollektivvertrag Innendienst wieder zu "entziehen". Tatsächlich ist dies in keinem Fall geschehen. Die Beifügung des Klammerausdruckes "§ 6" wurde lediglich als beispielsweise Aufzählung zur Klarstellung der Höhe der zu gewährenden Folgeprovisionen verstanden. Im Betrieb war bekannt, daß für die vom Innen- in den Außendienst versetzten Mitarbeiter bezüglich der Provisionen alle Bestimmungen des KVA galten; dieser war auch immer Grundlage der Abrechnung.

Die Tätigkeit des Klägers bestand ab 1.6. 1977

darin, Versicherungsverträge zu vermitteln, neue Kunden zu werben und einen bereits bestehenden Kundenstock zu betreuen. Er hatte einen akquisitorischen Dienstauftrag; es war ihm eine bestimmte Prokuktion vorgeschrieben. Auf Wunsch und im Einvernehmen mit dem Landesstellendirektor hielt er sich von 1977 bis etwa 1984 von Montag bis Freitag regelmäßig am Vormittag im Büro der Landesstelle auf und erledigte für die Innendienstmitarbeiter der Beklagten Kfz-Um- und Anmeldungen und die dazu nötigen Behördenwege. Provisionen erhielt er dafür nicht. Ab 1985 verrichtete er wie auch andere Außendienstmitarbeiter nur gelegentlich Journaldienst im Büro, betreute jedoch weiterhin Mitarbeiter im Kfz-Bereich. Gelegentlich übernahm er auch Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen.

Bei den im Betrieb der Beklagten durchaus üblichen Versetzungen vom Innen- in den Außendienst bestand bei der Handhabung der dienstrechtlichen Bestimmungen die allgemeine Übung, daß den Mitarbeitern gemäß (KVI) grundsätzlich das Definitivum und die Einstufung in das Besoldungsschema blieb. Alle Abrechnungen im Zusammenhang mit Provisionen, auch die Berechnung des Provisionsverdienstentganges, erfolgten jedoch nach dem (KVA). In dieser Form würden auch die Bezüge des Klägers abgerechnet, der dem bis 1990 nicht widersprach. Bei der Berechnung des Provisionsverdienstentganges wurden bis 1984 oder 1985 aus abwicklungstechnischen Gründen neben den Abschlußprovisionen auch die Folgeprovisionen einbezogen. Seit die Abschluß- und Folgeprovisionen in den Abrechnungen eindeutig getrennt werden können, bleiben Folgeprovisionen unberücksichtigt. Eine betriebsfürsorgerische Leistung wurde nicht ausgezahlt, solange die Folgeprovisionen die entsprechenden Einkommensteile deckten; diese Leistung würde nicht ausgezahlt, wenn ein Angestellter kein Krankengeld erhielt.

Der Kläger wurde in verschiedenen Schriftstücken der Beklagten als "Außendienstmitarbeiter" bezeichnet, in den Provisionsauszahlungsbelegen ist das Vertragsverhältnis "Innendienst" angekreuzt. Er erhielt nie betriebsfürsorgerische Leistungen. Seine Gehaltsabrechnung hat er bis Mitte 1990 nie beanstandet. Aufgrund der Einstufung in die allgemeine Bezugsklasse 22/2 betrug sein Gehalt zuletzt 19.980 S brutto 15,5 mal jährlich. Im Jahr 1989 bezog er 220.071 S brutto an Provisionen, einschließlich des Provisionsverdienstentganges insgesamt 228.964 S brutto. Am 11.12.1989 befand sich der Kläger im Krankenstand, in der Zeit von 18.12.1989 bis 29.1.1990 konsumierte er Gebührenurlaub. In der Folge war er wiederholt, teilweise für mehrere Wochen im Krankenstand oder auf Urlaub. Seit 13.1.1992 ist er durchgehend (bis Schluß der Verhandlung) im Krankenstand.

Der Kläger begehrt die Zahlung von 382.812 S brutto sA. Auf sein Dienstverhältnis sei kraft Vereinbarung der KVI anzuwenden; im übrigen sei er bis 1984 neben der Außendienstätigkeit zu einem maßgeblichen Anteil auch im Innendienst tätig gewesen. Lediglich auf die infolge seiner dienstlichen Verwendung im Außendienst liquid werdenden Provisionen sei § 6 KVA anzuwenden. Die Beklagte nehme dagegen die Berechnung der Entgeltfortzahlung im Urlaubs- und Krankheitsfall gemäß § 4 KVA vor und lege als täglichen Verdienstentgang 1/300 der in den letzten 12 Monaten verdienten Abschlußprovision zugrunde. Tatsächlich bilde aber das gesamte Entgelt (einschließlich der Folgeprovisionen) mit dem Durchschnitt der letzten 12 Kalendermonate die Grundlage für die Bemessung der Fortzahlung des Entgeltes bzw für das Urlaubsentgelt. Weiters habe der Kläger gemäß § 17 KVI Anspruch auf betriebsfürsorgerische Leistungen für die Zeit nach Ablauf des Anspruchs auf Fortzahlung des vollen Entgeltes gemäß § 8 AngG bis zu der im KV vorgesehenen Höchstdauer. Da die Beklagte nur Leistungen nach § 4 KVA erbracht habe, ergebe sich die Differenz in der Höhe des begehrten Betrages.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Da in früheren Jahren ein Mangel an qualifizierten Außendienstmitarbeitern bestanden habe, sei die Beklagte interessiert gewesen, daß Innendienstmitarbeiter in den Außendienst wechseln. Allen Beteiligten sei jedoch klar gewesen, daß alle Belange im Zusammenhang mit Provisionen nach dem KVA abgewickelt werden. Der Kläger habe zwar nach der Versetzung in den Außendienst das Grundgehalt des KVI-Schemas sowie den Anspruch auf Vorrückungen nach diesem Schema behalten, für alle anderen Ansprüche sei jedoch der KVA anzuwenden. Tatsächlich sei immer in dieser Form abgerechnet worden. Seit der endgültigen Versetzung des Klägers in den Außendienst sei auf ihn der KVA zur Gänze anzuwenden; dies ergebe sich auch aus dem Geltungsbereich dieses KV. Die Anwendung des KVI sei auch nicht vereinbart worden. Auf § 6 KVA sei lediglich beispielhaft hingewiesen worden. Nach der Versetzungsanzeige sei der KVI "vorerst" weiter anzuwenden, woraus sich ergebe, daß dieser KV lediglich für die ersten beiden Jahre nach der Versetzung vereinbart worden sei. Tatsächlich sei auf die Entgeltzahlung im Krankheits- und Urlaubsfall immer § 4 KVA angewendet worden. Der KVI enthalte über den Ausgleich des Provisionsentganges während der Krankheit und des Urlaubs keine Regelung; für diese Ansprüche komme daher nur die Anwendung des KVA in Frage. Eine betriebsfürsorgerische Leistung stehe dem Kläger nicht zu, da auf sein Dienstverhältnis spätestens seit 2.6.1979 der KVA anzuwenden gewesen sei. Im übrigen gebühre diese Leistung nach dem KVI nur für Zeiten des Krankengeldbezuges. Der Kläger habe jedoch wegen des Bezuges von Folgeprovisionen kein Krankengeld bezogen. Auch nach dem KVI hätte daher der Kläger keinen Anspruch auf betriebsfürsorgerische Leistungen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Beim Wechsel des Klägers vom Innen- in den Außendienst sei die Weitergeltung des Definitivums, des Schemabezuges und der betriebsfürsorgerischen Leistung vereinbart worden. Für die Provisionsansprüche gelte jedoch der KVA, zumal der KVI keine einschlägigen Regelungen enthalte. Provision sei dem Kläger gemäß § 4 KVA in der zustehenden Höhe gezahlt worden. Anspruch auf betriebsfürsorgerische Leistung habe er nicht, weil er kein Krankengeld bezogen habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Eine betriebliche Übung habe der Kläger im Verfahren erster Instanz nicht als Anspruchsgrundlage geltend gemacht, so daß den Ausführungen des Klägers zu dieser Frage das Neuerungsverbot entgegenstehe. Im übrigen gestatte § 4 KVA zwei Berechnungsmethoden. Auch wenn die Beklagte durch längere Zeit eine der beiden Varianten angewendet habe, sei es ihr nicht verwehrt, die Berechnung auf die zweite Methode umzustellen. Die Festsetzung der Provisionsansprüche sei, abgesehen von den hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen der §§ 10 Abs 5, 12 AngG, der Regelung durch Kollektivvertrag oder Einzelvereinbarung überlassen. Dabei sei eine funktionelle Unterscheidung zwischen den einzelnen Provisionsarten vorzunehmen. § 6 UrlG und § 8 Abs 1 AngG gingen vom Lohnausfallprinzip aus. Danach seien nur solche Entgelte fortzuzahlen, bei denen durch den Freistellungsgrund ein Ausfall eintrete.

Die Folgeprovisionen seien zwar in ihren Anspruchsvoraussetzungen an den Bestand eines früher akquirierten Versicherungsvertrages, aber nicht an ein konkretes Tätigwerden des Angestellten, an dem er durch Krankheit, Urlaub oder andere Freistellungsgründe gehindert werden könnte, gebunden. Wohl könne eine längere Verhinderung des Angestellten, etwa bei lang dauernden Krankenständen, Auswirkungen auf den "Stock" (Zahl der aufrechten Versicherungsverträge) und damit auf das Einkommen des Dienstnehmers haben, doch würde durch die Berücksichtigung dieses Umstandes, der mit der Freistellung nur mittelbar verknüpft sei, das Ausfallprinzip verlassen; es handle sich dabei um Einzelfälle, die bei Anlegung einer Durchschnittsbetrachtung nicht zu berücksichtigen seien. Bei Provisionen sei nach der unterschiedlichen Funktion zu unterscheiden, ob Dienstfreistellungsgründe unmittelbare Auswirkungen auf die Entgeltbemessung haben können; nur diese nachteilige Wirkung solle durch das Ausfallprinzip vermieden werden. Bei Entgelten, die von Dienstfreistellungsgründen der Höhe nach unabhängig seien, wie dies auch bei der Folgeprovision der Fall sei, bestehe keine Veranlassung, das regelmäßige Entgelt der Höhe nach zu berichtigen. Es entspreche dem allgemeinen System der sozialen Absicherung, daß nicht alle Ausfälle zur Gänze ersetzt würden, zumal etwa auch die Berufsunfähigkeitspension unter der Höhe des zuvor bezogenen Einkommens liege.

Da der KVI keine Provisionsregelung enthalte, sei diesbezüglich ab dem Übertritt des Klägers in den Außendienst der KVA anzuwenden. Dessen Regelungen seien nicht gesetzwidrig. Die Beklagte habe auf dieser Grundlage die Ansprüche des Klägers auch richtig berechnet. Die betriebsfürsorgerische Leistung gebühre dem Kläger nach dem KVA nicht. Der KVI sei aber nicht anzuwenden, zumal die in der Versetzungsanzeige erwähnte Weitergeltung des KVI nur auf eine zweijährige Übergangsfrist bezogen werden könne. Im übrigen würden die Voraussetzungen für den Bezug der betriebsfürsorgerischen Leistung auch nach dem KVI nicht gegeben, weil der Kläger kein Krankengeld bezogen habe, was aber eine Voraussetzung für diese Leistung sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dhin abzuändern, daß seinem Begehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Gemäß § 1 Abs 1 lit c KVA gilt dieser KV für hauptberufliche Angestellte, die akquisitorisch oder organisatorisch im Außendienst tätig sind; gemäß Abs 2 dieser Bestimmung ist für die Frage, ob die Bestimmungen dieses KV anzuwenden sind, der Umstand maßgeblich, ob der Angestellte Dienste der genannten Art tatsächlich leistet. Gemäß § 2 Abs 2 KVI scheiden die vom Innendienst in den Außendienst übertretenden Angestellten mit dem Zeitpunkt des Übertrittes aus dem Geltungsbereich des KVI aus. Von diesem Zeitpunkt an entfallen für sie die Rechtswirkungen des KVI sowie alle für den Innendienst geltenden Kollektivvertragsnormen. Innerhalb von zwei Jahren steht den Angestellten das Recht zu, binnen angemessener Frist in den Innendienst zurückzukehren; auch die Direktion ist berechtigt, innerhalb dieser Frist die Rückberufung in den Innendienst zu verfügen. Innerhalb der zweijährigen Frist kann das Dienstverhältnis nur nach den bestimmungen des KVI zur Auflösung gebracht werden. Innerhalb dieses Zeitraumes kommen den Angestellten die Fristen nach § 17 KVI über die Fortzahlung der Bezüge und die Zuschußleistung im Krankheitsfall zustatten.

Die Versetzungsanzeige vom 2.6.1977 - darüber hinausgehende Vereinbarungen über die zukünftige Gestaltung des Dienstverhältnisses wurden nicht getroffen - ist im Zusammenhang mit dieser kollektivvertraglichen Regelung zu sehen. Der zweijährige Zeitraum (die Regelung des § 2 Abs 3 KVI wird in der Versetzungsanzeige ausdrücklich genannt und ihr Inhalt kurz wiedergegeben) ist nach dem KVI eine Übergangsfrist beim Wechsel vom Innen- in den Außendienst, während der bestimmte Regelungen des KVI weitergelten. Die Versetzungsanzeige geht inhaltlich darüber hinaus, weil danach die gesamte dienstrechtliche Beziehung des Klägers unverändert bleiben sollte. Das Wort "vorerst" kann aber nur im Zusammenhang mit der zweijährigen Übergangsfrist des KVI, die unmittelbar danach erwähnt wird, verstanden werden. Damit wurde eine Sonderregelung nur für die zweijährige Übergangszeit getroffen, nach deren Ablauf jedoch die Bestimmungen des KVA wirksam wurden. Aufgrund dieser Versetzungsanzeige ist der Kläger in den Außendiesnt gewechselt und hat damit die ihm vorher mitgeteilten Bedingungen der Verwendungsänderung gebilligt. Durch das schlüssige Verhalten des Klägers ist daher eine Vereinbarung im Sinne des Inhaltes der Versetzungsanzeige zustande gekommen. Wohl war der Kläger nach den Feststellungen auch später noch teilweise im Innendienst tätig, doch war er bereits mehrere Jahre vor dem hier strittigen Zeitraum ausschließlich im Außendienst eingesetzt, so daß die Anwendung des KVA auch seinem Tätigkeitsinhalt entsprach. Daraus, daß die Beklagte dem Kläger in dieser Zeit Schriftstücke übermittelte, die auf die Verwendung im Innendienst hinweisende Vermerke trugen, ist für seinen Standpunkt nichts gewonnen. Diesen Vermerken ist nicht die Bedeutung einer Willenserklärung der Beklagten beizumessen. Im übrigen rechnete die Beklagte die Ansprüche des Klägers im Urlaubs- und Krankheitsfall seit Jahren nach § 4 KVA ab und brachte damit deutlich zum Ausdruck, daß sie von der Geltung dieses KV ausging. Aus den Bestimmungen des KVI kann daher der Kläger keine Ansprüche ableiten. Insbesondere besteht schon aus diesem Grund kein Anspruch auf die betriebsfürsorgerische Leistung gemäß § 17 KVI, so daß sich eine Auseinandersetzung mit der Frage der Anspruchsvoraussetzungen für diese Leistung erübrigt.

Da der KVI bezüglich der Provisionen keine Regelungen enthält, war im übrigen für diesen Ausspruch vom Übertritt des Klägers in den Außendienst an der KVA anzuwenden. Die grundsätzliche Vereinbarung, daß in dienstrechtlicher Hinsicht vorerst keine Änderung eintrete, konnte sich hierauf nicht beziehen, weil ansonst für die Beurteilung des Provisionsanspruches keine kollektivvertragliche Regelung gegolten hätte. Dies kann aber der Absicht der Parteien nicht unterstellt werden. Die Zitierung des § 6 KVA in der Versetzungsanzeige beim Hinweis auf die Grundlage der Provisionsansprüche kann daher nur als beispielsweise verstanden werden.

§ 4 Abs 2 Z 2 KVA sieht für den Ausgleich des Provisionsentganges während des Urlaubes, der Feiertagsruhe und im Krankheitsfall zwei Berechnungsmethoden vor. Primär besteht pro Werktag Anspruch auf 1/300 der Abschlußprovision, die im Laufe der letzten 12 Monate durch selbständige Vermittlung von Lebens-, Kranken-, und Sachversicherungen verdient wurde, einschließlich des im Bemessungszeitraum tatsächlich bezahlten Provisionsausgleiches. Die zweite Berechnungsmethode kommt nach dem KV nur zur Anwendung, wenn die Erfassung der Abschlußprovision in der Unfall- und Schadenversicherung besonders schwierig oder unmöglich ist, keineswegs zu. Der Dienstgeber hat daher keineswegs die freie Wahl, die Provison nach der einen oder der anderen Methode zu berechnen. Der KV setzt vielmehr die - im Einzelfall überprüfbaren - Kriterien fest, nach denen, abweichend von der primär angeordneten Methode die subsidiär vorgesehene Berechnungsart angewendet werden darf. Ob der Dienstgeber berechtigt ist, von einer einmal angewandten Berechnungsmethode einseitig abzugehen, ist nicht zu prüfen.

Hier wurde von der Beklagten die primär vorgesehene Berechnungsmethode angewendet. Der Kläger hat sich im Verfahren vor dem Erstgericht nicht darauf berufen, daß die Berechnung früher anders (nach der subsidiär vorgesehenen Methode) in einer für ihn günstigeren Weise erfolgt wäre. Es erübrigt sich daher, auf die Ausführungen einzugehen, mit denen der Kläger Gesetzwidrigkeit der subsidiären Berechnungsart darzulegen versucht. Der Kläger hat seine Ansprüche nur aus der behaupteten Anwendbarkeit des KVI und der Einbeziehung der Folgeprovisionen in die Berechnung des Provisionsentganges abgeleitet. Darauf, daß ihm aus einer unzulässigen Regelung über die degressive Ausgestaltung des Ausgleiches des Provisionentanges bei längerer Dienstzeit ein Nachteil entstanden sei, hat er das Begehren nicht gestützt. Mit diesen Ausführungen macht er eine neue Anspruchsgrundlage geltend; dies ist aber im Revisionsverfahren ausgeschlossen. Auf diese Revisionsausführungen ist daher nicht einzugehen.

Gemäß § 4 Abs 2 Z 2 erster Fall KVA erhält der Angestellte für jeden Werktag der Dienstverhinderung 1/300 der Abschlußprovision, die im Lauf der letzten 12 Monate verdient wurde. Daß auf dieser Grundlage die Ansprüche des Klägers richtig berechnet wurden, wird in der Revision nicht bezweifelt. Der Kläger vertritt jedoch den Standpunkt, daß durch das durch Unberücksichtigtlassen der Folgeprovisionen der Anwendungsbereich des § 6 UrlG unzulässig eingeschränkt werde. Tatsächlich hat das Berufungsgericht seine Entscheidung auf der Grundlage des § 4 Abs 2 Z 2 erster Fall KVA getroffen. Fraglich könnte nur sein, ob diese Kollektivvertragsbestimmung gegen das Gesetz verstößt.

Gemäß § 6 Abs 1 UrlG behält der Dienstnehmer während des Urlaubs den Anspruch auf das Entgelt nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen. Nach Abs 3 ist dann, wenn es sich nicht um ein nach Wochen, Monaten oder längeren Zeiträumen bezogenes Entgelt handelt, für die Urlaubsdauer das Entgelt zu zahlen, das dem Arbeitnehmer gebührt hätte, wenn der Urlaub nicht angetreten worden wäre. Bei Akkord-, Stück-, oder Gedinglöhnen oder sonstigen leistungsbezogenen Prämien oder Entgelten ist das Urlaubsentgelt nach dem Durchschnitt der letzten 13 voll gearbeiteten Wochen unter Ausscheidung nur ausnahmsweise geleisteter Arbeit zu berechnen. Gemäß § 6 Abs 5 UrlG kann durch KV im Sinne des § 18 Abs 4 ArbVG geregelt werden, welche Leistungen des Dienstgebers als Urlaubsentgelt anzusehen sind. Die Berechnungsart für die Regelung der Höhe des Urlaubsentgeltes kann durch KV abweichend von Abs 3 und 4 geregelt werden.

Folgeprovisionen werden nach Zahlung der Abschlußprovision während der Laufzeit des Versicherungsvertrages regelmäßig jährlich an den Dienstnehmer ausgezahlt und bilden in der Regel einen wesentlichen Teil seines Einkommens. Aus § 6 Abs 3 UrlG ergibt sich, daß mit dem Urlaubsentgelt das ersetzt werden soll, was dem Dienstnehmer gebührt hätte, wenn er den Urlaub nicht angetreten hätte. Eine gleichartige Regelung findet sich in § 3 Abs 2 FeiertagsruheG. Zufolge des in diesen Bestimmungen zum Ausdruck kommenden Ausfallprinzips ist zu prüfen, welcher Entgeltanspruch entstanden wäre, wenn die Arbeitsleistung im erwarteten Ausmaß erbracht worden wäre (RdW 1990, 87 mwN). Der Arbeitnehmer soll durch den Urlaubsantritt keinen wirtschaftlichen Nachteil erleiden und das vor dem Urlaubsantritt bezogene Entgelt in grundsätzlich gleicher Höhe für die Zeit seines Urlaubes weiterbeziehen (Cerny, Urlaubsrecht6, 135 mwN); der Verdienstausfall während der Urlaubszeit soll abgegolten werden.

Die Abschlußprovision ist unmittelbar mit der akquisitorischen Tätigkeit verbunden und fällt nicht an, wenn keine neuen Versicherungsverträge geschlossen werden. Durch die Dienstfreistellung tritt diesbezüglich ein unmittelbarer Ausfall ein. Kommt es während des Urlaubes nicht zum Abschluß neuer Verträge, fällt keine Abschlußprovision an. Der Dienstnehmer hat in dem Umfang, in dem es bei gewöhnlichem Lauf der Dinge während dieser Zeit zu Abschlüssen gekommen wäre, einen Provisionsentgang. Der Ausgleich dieses Provisionsentganges entspricht dem Ausfallprinzip; es besteht eine unmittelbare zeitliche Zuordnung zur Zeit der Dienstfreistellung (Urlaub) bzw Dienstverhinderung. Wohl wird das Einkommen des Außendienstangestellten zu einem wesentlichen Teil durch die Folgeprovisionen und damit durch die Gesamtzahl der aufrechten Versicherungsverträge bestimmt. Es trifft auch zu, daß durch den Ausfall der Akquisition während der Zeit der Dienstfreistellung (Dienstverhinderung) in künftigen Jahren eine Einkommenseinbuße entstehen kann, wenn die Gesamtzahl der aufrechten Vertrage absinkt. Bereits das Berufungsgericht hat aber zutreffend darauf verwiesen, daß hier kein unmittelbarer zeitlicher Konnex mit der Dienstfreistellung (Dienstverhinderung) besteht. Wie dargestellt, soll das Ausfallprinzip Einkommenseinbußen während dieser Zeiten vermeiden. Nicht Aufgabe des Ausfallprinzips ist es hingegen, auch die künftige Einkommensentwicklung zu sichern. Da die Folgeprovision auch während des Urlaubs ungeschmälert weitergeleistet wird, ist sie kein "Entgelt, das dem Arbeitnehmer gebührt hätte, wenn der Urlaub nicht angetreten worden wäre" (§ 6 Abs 3 UrlG). Da die Folgeprovision von vorneherein nicht ausfällt, ist sie von den Regelungen des § 6 UrlG, die den Ausfall während des Urlaubs ausgleichen sollen, nicht betroffen. Die Regelung des KVA, die in die Berechnung des Ausgleichs für den Provisionsentgang nur die Abschlußprovision einbezieht, verstößt daher nicht gegen § 6 UrlG.

Der Revision mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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