OGH 5Ob95/93

OGH5Ob95/9321.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Dipl.Ing.Herbert S*****, ***** N*****, L*****weg 26, 2.) Dr.Maria Josefine S*****, ***** N*****, L*****weg 26, und 3.) Stefan S*****, ***** B*****, F*****straße 14, alle vertreten durch Dr.Roland Piccolruaz, Rechtsanwalt in Bludenz, wider die beklagten Parteien 1.) Ing.Johann F*****, ***** N*****, O*****weg 46, 2.) Karin F*****, ***** N*****, O*****weg 46, und 3.) Gerd B*****, D-***** E*****, B***** 10, alle vertreten durch Dr.Hans Widerin, Rechtsanwalt in Bludenz, wegen Beseitigung (Streitwert S 35.000,-), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom 20.Juli 1993, GZ 1 c R 143/93-11, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Bludenz vom 16.April 1993, GZ 4 C 1044/92-7, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien sind schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen die mit S 4.528,80 (darin enthalten S 754,80 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 510 Abs 3 Satz 4 ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken. Ein solcher Fall liegt hier vor. Die einzige entscheidungswesentliche Rechtsfrage, ob die Veränderung von Fenstern eines Hauses der Zustimmung aller Mit- und Wohnungeigentümer bzw. der Genehmigung des Außerstreitrichters bedarf, ist nämlich - worauf die klagenden Parteien in ihrer Revisionsbeantwortung zu Recht hingewiesen haben - von der Judikatur bereits gelöst. Gleiches gilt für die aus der Zustimmungsbedürftigkeit einer solchen Maßnahme resultierenden Konsequenzen.

Gemäß § 13 Abs 2 WEG ist ein Wohnungseigentümer zu Änderungen an der in seinem Wohnungseigentum stehenden Wohnung nur dann berechtigt, wenn diese Änderungen weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Miteigentümer, insbesondere keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses zur Folge haben (Z 1); werden dabei auch gemeinsame Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen, sind noch weitere Voraussetzungen zu erfüllen (Z 2). Über die Verpflichtung der anderen Miteigentümer zur Duldung der Änderungen hat im Konfliktsfall der Außerstreitrichter zu entscheiden (JBl 1985, 683; vgl auch MietSlg 41/26 ua), dessen ausschließliche Kompetenz (§ 26 Abs 1 Z 2 WEG) nicht einmal Raum für eine Vorfragenbeurteilung durch den Streitrichter läßt (MietSlg 28/6; MietSlg 39.615; MietSlg 42/31 ua).

Die Verfügungsmacht des einzelnen Wohnungseigentümers findet dort ihre Grenze, wo seine Maßnahmen die Interessen der anderen Miteigentümer berühren (MietSlg 21/52; MietSlg 21.730). Schon die Möglichkeit einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Miteigentümer verpflichtet daher den änderungswilligen Wohnungseigentümer, deren Zustimmung oder die Genehmigung des Außerstreitrichters einzuholen (vgl MietSlg 42/31 = WoBl 1991, 64/53 mit Anmerkung von Call). Tut er dies nicht, oder setzt er sich über den Widerspruch eines anderen Miteigentümers hinweg, handelt er in unerlaubter Eigenmacht und kann im streitigen Rechtsweg zur Beseitigung der Änderung (gegebenenfalls auch zur Unterlassung künftiger Änderungen) verhalten werden (MietSlg 30/30; MietSlg 33/19; MietSlg 39.615; WoBl 1993, 61/49 mit Anmerkung von Call; siehe zu alldem auch Würth in Rummel2, Rz 5 zu § 13 WEG). Nur die (allerdings auch nachträglich mögliche) Genehmigung der Maßnahme durch den Außerstreitrichter könnte diese Konsequenz verhindern (vgl Würth aaO mwN).

Im gegenständlichen Fall besteht die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Interessen anderer Miteigentümer schon deshalb, weil Fenster ein wesentliches Gestaltungselement der Fassade eines Hauses sind und ihre Änderung daher immer auch die äußere Erscheinung beeinträchtigen kann (vgl MietSlg 21.730; MietSlg 41/26). Die Entscheidung, daß dies bei der konkreten Veränderung (Ersatz einflügeliger Fenster durch zweiflügelige) auszuschließen sei, stand dem Erstgericht - auch im Rahmen einer Vorfragenbeurteilung - nicht zu. Außerdem gehören Fenster als Teil der Fassade zu den allgemeinen Teilen (der "Außenhaut") eines Hauses (vgl.WoBl 1991, 192/115), sodaß sich die Beklagten auch aus diesem Grund um die Zustimmung der Kläger bzw. um die Genehmigung des Außerstreitrichters hätten bemühen müssen, weil ein nach § 13 Abs 2 Z 2 WEG zu beurteilendes Problem der Zulässigkeit einer Änderung nur durch die Zustimmung aller Miteigentümer oder Anrufung des Außerstreitrichters gelöst werden kann.

Diese Legalisierung ihrer Änderungen haben die Beklagten verabsäumt. Sie haben auf den in der Klage erhobenen Vorwurf der Eigenmacht lediglich erwidert, sich auf den "Konsens der Mehrheitseigentümer" zu stützen. Das reichte jedoch, wie dargelegt wurde, nicht aus, die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 13 Abs 2 WEG für die Änderung der Fenster zu erfüllen. Zu Recht hat daher das Berufungsgericht dem Beseitigungsbegehren der Kläger Folge gegeben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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