OGH 8Ob652/93

OGH8Ob652/9316.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon-Prof.Dr.Gunther Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Edgar Huber, Dr.Birgit Jelinek, Dr.Ronald Rohrer und Dr.Ilse Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma S***** Gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Hans Peter Neher, Rechtsanwalt in Bad Ischl, wider die beklagte Partei Franz L*****, vertreten durch Dr.Karl Kuprian, Rechtsanwalt in Bad Ischl, wegen Unterlassung infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 6.Juli 1993, GZ 4 R 10/93-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 30.Oktober 1992, GZ 8 Cg 83/92-12, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Der Beklagte war Mieter eines im Klubhaus des Vereins "Golfclub S*****" gelegenen Geschäftslokales, in dem Golfsportartikel gehandelt wurden. Er gab dieses Geschäftslokal ab 1.2.1989 für fünf Jahre an die klagende Partei in Untermiete. Das Mietverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Golfclub S***** wurde mit 31.12.1990 beendet. Seither ist die klagende Partei Hauptmieter des Geschäftslokals. Am 1.4.1992 eröffnete der Beklagte auf dem Gelände seiner benachbarten Golfschule einen "GolfShop", in dem er ebenfalls Golfsportartikel verkauft.

Die klagende Kommanditgesellschaft begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, in seiner Golfschule "den Verkauf von Sportartikeln, insbesondere Golfsportartikeln" bis 31.1.1994 zu unterlassen. Sie behauptete, mit dem Beklagten mündlich ein Konkurrenzverbot dahin vereinbart zu haben, daß er zusicherte, zumindest während der vereinbarten Vertragsdauer keinen eigenen GolfShop zu betreiben. Beiden Parteien sei von vorneherein klar gewesen, daß der Beklagte den mit dem Golfclub geschlossenen Mietvertrag auflösen werde. Es sei lediglich der Zeitpunkt ungewiß gewesen, weil der Beklagte zunächst noch Ansprüche gegen den Golfclub habe durchsetzen wollen. Das vereinbarte Konkurrenzverbot wirke über die Auflösung des Bestandvertrages hinaus. Ohne diese Zusage hätte die klagende Partei das Geschäftslokal nicht gemietet und insbesondere keine Ablösesumme in Höhe von S 250.000 (ohne Umsatzsteuer) bezahlt. Der Wert der übernommenen Geschäftseinrichtung habe lediglich S 80.000 bis S 100.000 betragen, der Rest sei "auf eine Ablöse für den Geschäftsbetrieb" entfallen.

Der Beklagte bestritt die behauptete Vereinbarung des Konkurrenzverbotes und wendete ein, die vom Kläger gezahlten S 250.000 stellten den vereinbarten Kaufpreis für die Einrichtung des Geschäftslokals dar. Im übrigen sei der Unterbestandvertrag mit allen wechselseitigen Rechten und Pflichten durch die Aufgabe der Mietrechte des Beklagten gegenüber dem Golfclub Salzkammergut beendet worden.

Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, in seiner Golfschule "den Verkauf von Golfsportartikeln" bis 31.1.1994 zu unterlassen.

Es traf folgende weitere Feststellungen:

Gemäß Punkt 12 des Untermietvertrages bedürfen spätere Vereinbarungen oder Ergänzungen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform. Bei Vertragsabschluß vereinbarten Johannes H*****, der Geschäftsführer der klagenden KG, und der Beklagte zusätzlich mündlich, daß der Beklagte bei seiner Golfschule keinen eigenen "GolfShop" betreiben werde. Er sicherte dies Johannes H***** gegenüber auch in der Folge immer wieder zu und versprach, seine Gäste als Kaufinteressenten an die klagende Partei zu vermitteln. Ein Teil des Betrages von S 300.000, den der Beklagte gemäß Punkt 6. des Untermietvertrages für die vorhandene Geschäftseinrichtung zu zahlen hatte, stellt in Wahrheit die Gegenleistung für diese Zusage bzw. "eine künfige Provisionsabgeltung" dar. Der Betrag wurde auf Wunsch des Beklagten als Ablöse für die Geschäftseinrichtung deklariert, weil der Beklagte den nicht auf die Einrichtung entfallenden Teil hätte versteuern müssen.

In einer Zusatzvereinbarung vom 29.12.1988 wurde eine Vertragsdauer von fünf Jahren festgehalten. Beiden Vertragsteilen war aber damals klar, daß der Beklagte den Mietvertrag mit dem Golfclub nach Abklärung seiner noch strittigen Ansprüche (Abfertigung als Angestellter und Ablöse für das Geschäftslokal) auflösen werde; lediglich der Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses war noch ungewiß.

Der Beklagte verkaufte entgegen seiner Zusicherung immer wieder Golfschläger an seine Schüler, bestritt diese Tatsache jedoch gegenüber dem Geschäftsführer der klagenden Partei, wenn er deshalb zur Rede gestellt wurde. Als er einmal zugab, einen Schlägersatz verkauft zu haben, ließ er der klagenden Partei die ihm vom Lieferanten zugesicherte Provision gutschreiben. Der Beklagte ließ sich durch die Vorhaltungen der klagenden Partei nicht davon abhalten, schließlich selbst ein Golfsportartikelgeschäft zu eröffnen. Die klagende Partei erlitt trotz des Golfbooms einen Entgang von 50 % bis zu 2/3.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß der wirksamen mündlichen Vereinbarung des Konkurrenzverbotes die im Bestandvertrag vom 28.12.1988 vereinbarte Schriftlichkeit für spätere Vereinbarungen nicht entgegenstehe. Das vereinbarte Konkurrenzverbot wirke über die Vertragsauflösung bis zum ursprünglich vereinbarten Ende des Unterbestandverhältnisses weiter, weil beide Parteien von der bevorstehenden Auflösung des Bestandverhältnisses zwischen dem Beklagten und dem Golfclub gewußt hätten.

Das Gericht zweiter Instanz wies das Klagebegehren ab. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, daß die klagende Partei den Fortbestand des Konkurrenzverbotes trotz einvernehmlicher Vertragsaufhebung durch Prozeßbehauptungen substantiieren und diese unter Beweis hätte stellen müssen. Die klagende Partei habe aber keine Tatsachen behauptet, welche den losgelösten Fortbestand des Konkurrenzverbotes mit sich brächten; solche Tatsachen seien auch im Verfahren nicht hervorgekommen, sodaß es sich erübrige, auf die weiteren, die Feststellungen bekämpfenden Berufungsausführungen einzugehen. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil der Entscheidung über den Einzelfall hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil zur Wahrung der Rechtssicherheit auch der Einzelfallgerechtigkeit Rechnung zu tragen ist (EFSlg. 46.695).

Die Revision ist auch berechtigt.

Wenngleich Wettbewerbsklauseln im Zweifel einschränkend auszulegen sind (SZ 25/230; JBl. 1964, 33 ua), so muß doch auf den jeweiligen Zweck der Vereinbarung Bedacht genommen werden (6 Ob 112/68). Im vorliegenden Fall sprechen alle Umstände gegen die Annahme der zweiten Instanz, daß das Konkurrenzverbot mit der Beendigung des Rechtsverhältnisses zwischen dem Vermieter und dem Hauptmieter ohne Rücksicht auf die für fünf Jahre vorgesehene Benützungsdauer des Geschäftslokales durch die klagende Partei erlöschen sollte.

Das Konkurrenzverbot wurde hier anläßlich der Begründung eines zweistufigen Vertragsverhältnisses vereinbart, wobei der vorzeitige Wegfall der einen Stufe, nämlich des Unterbestandes, und die Fortsetzung des Bestandverhältnisses unmittelbar zwischen dem Golfclub und der klagenden Partei als Hauptmieter bereits bei Abschluß der Vereinbarung absehbar war. Daß die klagende Partei (deren Geschäftsführer zugleich Vorstandsmitglied des Golfclubs ist) unter diesen Umständen überhaupt noch mit dem Beklagten einen derartigen Vertrag schloß, ohne gleich den Golfclub einzubeziehen, war offensichtlich ein Entgegenkommen ihrerseits, um die Verhandlungsposition des Beklagten gegenüber dem Golfclub bei Durchsetzung seiner aus der beabsichtigten Beendigung des Vertragsverhältnisses resultierenden Ansprüche nicht zu schwächen. Die klagende Partei konnte auf die Beendigung des Bestandverhältnisses zwischen dem Golfclub und dem Beklagten und damit auf die Beendigung ihrer Untermiete keinerlei Einfluß nehmen. Ungeachtet dessen wollte sie, wie durch den Kündigungsverzicht des Untervermieters für diesen Zeitraum deutlich zum Ausdruck gebracht wurde, das Geschäftslokal zumindest fünf Jahre hindurch benützen. Es kann daher nicht zweifelhaft sein, daß das Konkurrenzverbot deshalb jedenfalls für diesen Zeitraum gelten sollte.

Der Umstand, daß die Konkurrenzklausel in die schriftlichen, das Unterbestandverhältnis regelnden Verträge keinen Eingang fand, hindert nicht ihre Wirksamkeit, zumal das Erfordernis der Schriftlichkeit erst für alle künftigen Abreden festgelegt wurde.

Da das Konkurrenzverbot im Konnex mit dem Bestandvertrag entstand, kann darin auch kein Verstoß gegen das Verbot der Vereinbarungskartelle (§ 10 KartG) erblickt werden; es ist insbesondere im Hinblick auf die weiters von der klagenden Partei selbst eingeräumte Befristung auch nicht sittenwidrig (vgl. JBl. 1964, 33 ua).

Der Beklagte hat in seiner Berufung die Feststellungen des Erstgerichtes über die Vereinbarung des Konkurrenzverbotes sowie alle damit zusammenhängenden Feststellungen als Ergebnis einer unrichtigen Beweiswürdigung bekämpft; das Berufungsgericht wird sich mit den diesbezüglichen Berufungsausführungen zu befassen haben. Sollte es die Bekämpfung dieser Feststellungen für zutreffend und die festgestellten Absprachen zwischen den Parteien als nicht erwiesen ansehen, wird allerdings weiters zu prüfen sein, ob eine solche Vereinbarung nicht im Sinn einer ergänzenden Vertragsauslegung zu unterstellen ist. Diese Frage ist jedenfalls mit den Parteien zu erörtern. Es muß der klagenden Partei Gelegenheit gegeben werden, allenfalls hiefür sprechende Kriterien - wie etwa den Umstand, ob die klagende Partei eine Betriebspflicht zum Verkauf von Golfsportartikeln übernommen hat (vgl. Punkt 14. des Unterbestandvertrages, der bisher nicht releviert wurde) -, geltend zu machen. Das Verfahren wird nach Erörterung mit den Parteien dahin zu ergänzen sein, daß beurteilt werden kann, ob auch bei der hier vorliegenden Geschäftslokalmiete das Konkurrenzverbot aufgrund besonderer Umstände, die wirtschaftlich einer Unternehmenspacht gleichkommen, für einen bestimmten örtlichen und sachlichen Bereich als ebenso selbstverständlich vereinbart anzusehen ist wie bei Verkauf oder Verpachtung eines Unternehmens (vgl. hiezu Aicher in Rummel2 I, Rz 30 zu 3 1061 ABGB mwN).

Aus all diesen Erwägungen muß spruchgemäß vorgegangen werden.

Der Ausspruch über die Kosten des Verfahrens gründet sich auf § 52 Abs.1 ZPO.

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