OGH 7Ob1040/93

OGH7Ob1040/9315.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** & T***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr.Reinhard Armster, Rechtsanwalt in Maria Enzersdorf, wider die beklagte Partei I***** Versicherungs-AG, ***** vertreten durch Dr.Hermann Rieger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung der Deckungspflicht (Streitwert S 70.000,--) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 20.Juli 1993, GZ 45 R 230/93-14, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

In der Kaskoversicherung fehlt eine dem § 6 Abs 2 Z 2 AKHB entsprechende Alkoholklausel. Hier führen jedoch § 61 VersVG und hilfsweise wiederum die Verletzung der Aufklärungspflicht in der Regel ebenfalls zur Leistungsfreiheit, weil das Fahren im alkoholbeeinträchtigten Zustand meist als eine grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalles zu werten ist, wenn nämlich nicht besondere Entschuldigungsgründe vorliegen oder das Fehlen der Kausalität nachgewiesen wird. Der Versicherer ist für grobes Verschulden im Sinne des § 61 VersVG beweispflichtig (vgl. Petrasch in ZVR 1985, 74). Der Beweis ist dem Versicherer dann gelungen, wenn Gasthausbesuche des Versicherungsnehmers unmittelbar vor dem Versicherungsfall feststehen, und auch der Unfallshergang auf Alkoholkonsum schließen läßt, aber die Alkoholisierung selbst wegen der Unterlassung der Verständigung der Sicherheitsbehörde nicht mehr festgestellt werden konnte (vgl. Schauer, Einführung in das österreichische Versicherungsvertragsrecht2, 300). Die vom Berufungsgericht übernommene Feststellung des Erstgerichtes, daß der Lenker des Unfallsfahrzeuges "alkoholisiert" war, kann, wie die Vorinstanzen dies selbst so interpretieren, nur dahin verstanden werden, daß sich dieser in einem durch Alkohol derart beeinträchtigten Zustand befunden hat, daß er nicht mehr fahrtüchtig war. Diese sohin eindeutig gelöste Tatfrage kann im Revisionsverfahren nicht mehr überprüft werden. Zutreffend hat das Erstgericht erkannt, daß der Alkomattest aufgrund einer Entscheidung des VfGH (= JBl. 1993, 510) nicht mehr als unwiderlegbares Beweisergebnis der Alkoholisierung des Lenkers im Sinne einer Fahruntüchtigkeit, sehr wohl aber aber als ein durchaus verwertbares Beweisergebnis im Zusammenhang mit anderen Beweisergebnissen anzusehen ist. Damit hat aber die beklagte Partei den sie treffenden Beweis, daß der konkrete Verdacht einer Alkoholisierung des Lenkers im Unfallszeitpunkt bestand, erbracht und wäre es nunmehr Sache der klagenden Partei gewesen, den Kausalitätsgegenbeweis anzutreten. Die vom VfGH aufgehobenen Bestimmungen des § 5 Abs.4a und b StVO idF der 13. StVO-Novelle BGBl. 1986/105 sahen zwar bei einem Testergebnis von mehr als 0,5 mg/l an Alkoholgehalt in der Atemluft keine zwingende Vorführung des Probanten vor den Polizeiarzt zwecks Bestimmung des Blutalkoholgehaltes vor, jedoch befreit dies den diesem Testergebnis widersprechenden Lenker, der seinen Deckungsanspruch weiterverfolgen will, nicht, von sich aus eine Blutalkoholbestimmung zu veranlassen, widrigenfalls er gegen die ihm obliegende Verpflichtung zur vollständigen Aufklärung nach Art 4 Z 3/1 verstößt. Die Möglichkeit, sich selbst um eine Blutalkoholbestimmung zu bemühen, mag zwar bei einem gegen den beschuldigten Lenker eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren zufolge der damit verbundenen Schwierigkeiten unzumutbar sein, weil er sich zunächst auf die Schuldlosigkeitsvermutung stützen darf und ihm gegenüber der einschreitenden Strafbehörde der Grundsatz der Waffengleichheit in einem solchen Fall nicht gewährleistet ist, dies gilt aber dann nicht, wenn aufgrund der sonstigen Beweisergebnisse ein Kausalitätsgegenbeweis anzutreten ist. In einem solchen Fall hat der Lenker im Rahmen seiner Aufklärungsverpflichtung eben mehr zu unternehmen, als zur Abwehr eines staatlichen Strafverfolgungsanspruches, der bei einer zweifelhaften Beweislage immer zu einem Freispruch führt, erforderlich ist.

Rechtliche Beurteilung

Daß die Einholung einer Blutalkoholbestimmung an S***** am Unfallsabend unmöglich gewesen wäre, hat die klagende Partei weder behauptet noch bewiesen, vielmehr hat sich S***** offensichtlich in der Absicht, einer solchen Blutalkoholbestimmung zu entgehen, bei erster Gelegenheit aus dem Landeskrankenhaus Mödling entfernt. S***** hat sohin seiner Aufklärungsverpflichtung nicht entsprochen, der klagenden Partei ist der Kausalitätsgegenbeweis daher nicht gelungen.

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