OGH 9ObA350/93

OGH9ObA350/9310.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Erich Deutsch und Helmuth Prenner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Betriebsrat der G***** Genossenschaft reg.Gen.m.b.H., ***** vertreten durch Dr. Johann Kalliauer, Sekretär der Gewerkschaft der Privatangestellten, Linz, Volksgartenstraße 40, dieser vertreten durch Dr. Aldo Frischenschlager und Dr. Dieter Gallistl, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei G***** Genossenschaft reg.Gen.m.b.H., ***** vertreten durch Dr. Georg Bauer, Rechtsanwalt in Linz, wegen Feststellung (Streitwert 76.000 S), infolge Revision klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6. August 1993, GZ 13 Ra 42/93-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Steyr als Arbeits- und Sozialgericht vom 19. April 1993, GZ 8 Cga 101/92-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 5.433,60 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 905,60 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die Begründung des Urteils des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen:

Der Kläger vertritt den Standpunkt, daß die Begründung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 9 ObA 172/90 (SZ 63/191 = RdW 1991, 150 = DRdA 1991, 154 = ecolex 1991, 115 = WBl 1991, 101), auf die sich das Berufungsgericht stützte, auf den vorliegenden Fall schon deshalb nicht übertragbar sei, weil hier eine Vereinbarung über die Umstellung des Urlaubsanspruches auf Arbeitstage vorliege. In der Revision werden jedoch die von den Vorinstanzen hiezu getroffenen Feststellungen nur unvollständig wiedergegeben. Danach wird zwar der Urlaubsanspruch im Unternehmen der Beklagten seit der Einführung der Fünftagewoche in Arbeitstagen berechnet, doch wurde eine ausdrückliche Umrechnungsvereinbarung mit dem Betriebsrat oder den einzelnen Arbeitnehmern nicht getroffen. Bei Neueinstellungen werden diese darauf hingewiesen, daß Urlaub aus produktionstechnischen Gründen nur während des Betriebsurlaubes gewährt werden kann, während der darüber hinausgehende Urlaub auch tageweise konsumiert werden könne. Darüber hinaus steht aber fest, daß praktisch alle Arbeitnehmer von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch gemacht haben. Wenn sie etwa während eines Fenstertages am Freitag Urlaub nahmen, wurde nur dieser eine Tag als Urlaub angerechnet.

Die Arbeitnehmer haben daher durch die tatsächliche Konsumation von tageweisem, in Arbeitstagen anzurechnenden Urlaub das mit diesem Inhalt an sie gerichtete Anbot der Beklagten angenommen. Dadurch kam es im Sinne einer Betriebsübung zu einer einzelvertraglichen Ergänzung der Arbeitsverträge dahin, daß der Urlaubsanspruch in Arbeitstagen zu berechnen ist.

Eine geteilte Berechnungsart derart, daß ein Teil des Urlaubes in Werktagen und ein Teil in Arbeitstagen zu berechnen sei, wie dies vom Kläger vertreten wird, scheidet hingegen aus. Wird eine Vereinbarung über die Umstellung der Berechnung des Urlaubsanspruches in Arbeitstagen getroffen, so bezieht sich diese Vereinbarung im Zweifel auf den gesamten Urlaubsanspruch. Schon wegen der sich andernfalls ergebenden Berechnungsschwierigkeiten kann eine geteilte Berechnung des an sich einheitlichen Urlaubsanspruches dem Willen der Parteien nicht unterstellt werden. Die vom Revisionswerber vertretene Berechnungsweise würde dazu führen, daß die Arbeitnehmer für einen Teil des Urlaubes, der nach dieser Auffassung in Werktagen abzurechnen wäre, durch Berücksichtigung der Samstagfeiertage in den Genuß der Vorteile dieser Berechnungsart kämen, hinsichtlich des restlichen Urlaubsanspruches aber zufolge Nichtberücksichtigung der Samstage bei tageweisem Urlaubsverbrauch wiederum durch die Berechnung des Urlaubes in Arbeitstagen bevorzugt wären.

Dies ist jedoch abzulehnen. Der in Arbeitstagen berechnete Urlaub ist vielmehr nur für Arbeitstage zu gewähren. In Fällen, in denen der Samstag arbeitsfrei ist, bleibt ein auf einen Samstag fallender Feiertag auf den Urlaubsverbrauch ohne Einfluß. Ebenso wie bei der Werktagsregelung ein auf einen Sonntag fallender Feiertag keine Auswirkung auf die Dauer des Urlaubes hat, hat bei der Arbeitstagregelung ein Samstagfeiertag, wenn der Samstag allgemein arbeitsfrei ist, außer Betracht zu bleiben. Aus der Entscheidung Arb

10.432 kann für die hier strittige Frage nichts abgeleitet werden, weil in dem dort zu beurteilenden Fall die gesetzliche Werktagsregelung Anwendung zu finden hatte.

Gemäß § 12 UrlG können die den Arbeitnehmern durch die §§ 2 bis 11 UrlG eingeräumten Rechte durch Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung weder aufgehoben noch beschränkt werden. Der Revisionswerber führt nun ins Treffen, daß mit der Anwendung der kollektivvertraglichen Regelung in dem von der Beklagten vertretenen Sinn eine Verschlechterung der gesetzlichen Ansprüche verbunden wäre. Dem kann nicht beigetreten werden. Bei der Beurteilung, ob eine Regelung für den Arbeitnehmer günstiger oder zumindest gleich günstig ist, sind nicht die einzelnen korrespondierenden Regelungen miteinander zu vergleichen (Einzelvergleich), sondern die in einem rechtlichen Zusammenhang stehenden Bestimmungen als Einheit gegenüberzustellen. Der Günstigkeitsvergleich ist in Form eines Gruppenvergleiches durchzuführen (Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4, 63 mwN).

Es trifft wohl zu, daß dann, wenn ein Feiertag auf einen sonst arbeitsfreien Samstag fällt, ein Arbeitnehmer, dessen Urlaub in Werktagen zu berechnen ist und der in dieser Woche Urlaub verbraucht, günstiger gestellt ist, als ein Arbeitnehmer, dessen Urlaubsanspruch aufgrund Vereinbarung oder Kollektivvertrag in Arbeitstagen zu berechnen ist. Dieser Fall kann aber nicht isoliert betrachtet werden. Bereits in der Entscheidung 9 ObA 172/90 (siehe oben) wurde darauf hingewiesen, daß die gesetzliche Urlaubsteilungsvorschrift (§ 4 Abs 3 UrlG) den Bedürfnissen der Praxis offenbar nicht gerecht wird. Weithin besteht nämlich ein Interesse der Arbeitnehmer daran, den Urlaub in mehr als zwei Teilen zu nehmen und Kurzurlaube zu verbrauchen; dem wird von Arbeitgeberseite auch regelmäßig Rechnung getragen. Häufig werden Urlaube für ein "verlängertes Wochenende" verbraucht, welchem Umstand auch die Reisebürobranche durch entsprechende Angebote Rechnung trägt. Verbraucht nun aber ein Arbeitnehmer an einem Freitag und dem darauffolgenden Montag Urlaub, so ist er, soferne der Samstag kein Feiertag ist, bei der Arbeitstagregelung günstiger gestellt, als bei der Werktagsregelung. Im ersten Fall werden nur zwei Tage und damit (ausgehend von einem Urlaubsanspruch von 25 Arbeitstagen) 8 % des Urlaubs verbraucht, während im anderen Fall drei Werktage und damit (ausgehend von einem Urlaubsanspruch von 30 Werktagen) 10 % des Urlaubs konsumiert werden. Dem in Ausnahmsfällen bei der Arbeitstagregelung auftretenden Nachteil durch die Nichtberücksichtigung von Samstagfeiertagen (s. dazu die Zusammenstellung bei Schachinger, ZAS 1988, 49 ff) stehen damit Vorteile in anderen Fällen gegenüber, durch die diese Nachteile aufgewogen werden (idS auch Schrank, ZAS 1992, 181 ff [186 f]).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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