OGH 5Ob110/93(5Ob111/93, 5Ob112/93)

OGH5Ob110/93(5Ob111/93, 5Ob112/93)7.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Dipl.Ing.Walter M*****, Gebäudeverwalter, ***** vertreten durch Dr.Franz J.Salzer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Andrea Maria S*****, Haushalt, ***** vertreten durch Dr.Manfred C.Müllauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 38.089,30 (7 C 1479/90d), S 42.434,66 (7 C 1480/90q) und S 66.629,19 (7 C 293/91v) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 22. Juni 1993, GZ 45 R 307/93-35, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Döbling vom 31.Dezember 1992, 7 C 293/91v-29, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1.) Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird, soweit sie sich gegen das die Verfahren 7 C 1479/90d und 7 C 1480/90q des Erstgerichtes betreffende Urteil des Berufungsgerichtes richtet, zurückgewiesen.

2.) Im übrigen, d.h. bezüglich des Verfahrens 7 C 293/91v des Erstgerichtes wegen S 66.629,19 s.A., wird der Revision Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden insoweit in der Hauptsache und zur Gänze im Kostenpunkt aufgehoben.

Diese Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die diesbezüglichen Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Zu 1.):

Die Streitwerte verbundener Rechtssachen sind für die Beurteilung der Zulässigkeit von Rechtsmitteln nicht zusammenzurechnen (MGA JN-ZPO14 § 502 ZPO/E 60). In den verbundenen Rechtssachen 7 C 1479/90d und 7 C 1480/90q des Erstgerichtes übersteigt jeweils der Wert des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, nicht S 50.000,- (§ 502 Abs 2 ZPO) und es ist auch kein Ausnahmefall nach § 502 Abs 3 ZPO gegeben. Die Revision war daher insoweit als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen.

Zu 2.):

Der Kläger begehrt als Hausverwalter von der Beklagten als Mit- und Wohnungseigentümerin (siehe Beilage K; 241/1281-Anteile) der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches L***** den anteilsmäßigen Ersatz von Aufwendungen (zB Betriebskosten; ON 9, AS 11) für die Zeit vom 1.1.1991 bis 28.10.92 in der Höhe von S 66.629,19 (ON 27).

Die Beklagte wendete ua mangelnde Fälligkeit ein, weil keine ordnungsgemäße Abrechnung gelegt worden sei (ON 5).

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, der Kläger habe weder vor Einbringung der Klage noch während des Verfahrens eine ordnungsgemäße Abrechnung im Sinne des § 17 WEG gelegt.

Die Rechnungslegung solle dem Berechtigten ausreichende Grundlagen liefern, die pflichtgemäße Erfüllung der mit der Verwaltung des gemeinsamen Eigentums verbundenen Aufgaben anhand der verzeichneten Einnahmen und Ausgaben unter Heranziehung der dazugehörigen Belege nach den Gesichtspunkten der Rechtmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu überprüfen. Hiezu sei es erforderlich, daß die Einnahmen und Ausgaben möglichst detailliert angegeben und aufgeschlüsselt würden sowie daß konkret ausgewiesen werde, wofür und an wen Zahlungen geleistet und von wem und wofür Geld eingenommen wurde. Die einzelnen Rechtsgeschäfte müßten durch Anführung der Vertragspartner und der Leistungen individualisiert sein. Zur Ermöglichung der Kontrolle müßten die Belege bezeichnet sein, damit sie in der Belegsammlung, die entsprechend übersichtlich geführt werden müsse, leicht auffindbar seien. Betriebskosten und öffentliche Abgaben seien detailliert auszuweisen. Diesen Voraussetzungen werde nicht entsprochen, wenn sämtliche unter Annuitäten, Betriebskosten, Waschküche, Umsatzsteuer und Instandhaltungsrücklage angeführten Einnahmen und Ausgaben nur pauschal angeführt und nicht nach den einzelnen Ausgaben- und Einnahmeposten gegliedert seien. Selbst die Aufgliederung für Betriebskosten und Verwaltungskosten nach Grundsteuer, Strom, Wassergebühr etc. reiche nicht hin, wenn auch diesbezüglich nur Pauschalbeträge angeführt würden. Hinsichtlich der Einnahmen müsse sich aus der Abrechnung ergeben, von wem und wofür Geld eingenommen worden sei. Diesem Erfordernis entspreche eine Abrechnung nicht, wenn Vorschreibungen und Einnahmen gleichgesetzt würden. Ebenso sei eine gesonderte ziffernmäßige Ausweisung etwaiger Liegenschaftserträgnisse, wie Miete oder Benützungsentgelt für Garagen etc., erforderlich.

Die vom Kläger vorgelegten Unterlagen entsprächen diesem Erfordernis nicht. Ihnen ermangle es zum einen an der Angabe der erzielten Einnahmen, weiters an der Übersichtlichkeit und Nachvollziehbarkeit. Für einen Laien sei die Belegsammlung in keiner Weise geordnet und nachvollziehbar. Die Ausgaben seien nicht in ausreichender Weise individualisiert.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Das Berufungsgericht führte rechtlich im wesentlichen folgendes aus:

Der Kläger habe seine Ansprüche als Hausverwalter geltend gemacht (ON 1). Werde die Verwaltung durch einen Miteigentümer geführt, so sei die Rechtsstellung des die Verwaltung führenden Teilhabers dieselbe wie jene des zur Verwaltung berufenen Dritten. Als solcher sei er verpflichtet, sämtlichen Miteigentümern Rechnung über die von ihm geführte Verwaltung zu legen, und zwar unabhängig davon, wem auf Grund des Rechtsverhältnisses zwischen den Miteigentümern die Nutzungen der gemeinsamen Sache zufließen. Der Rechnungslegungsanspruch werde auch nicht dadurch eingeschränkt, daß die Beklagte dem Kläger gegenüber auf anteiligen Ertrag aus der gemeinsamen Liegenschaft verzichtet habe. Unabhängig davon, wem auf Grund des Rechtsverhältnisses zwischen den Miteigentümern die Nutzungen der gemeinsamen Sache zuzufließen haben, unabhängig also vom Anspruch auf Einnahmen aus dem Objekt, sei der Verwalter verpflichtet, sämtlichen Miteigentümern Rechnung über die von ihm geführte Verwaltung zu legen, und zwar auch dann, wenn die Beklagte keinen Anspruch habe, an den Einnahmen teilzuhaben. Schon in der Nichtberücksichtigung der Einnahmen liege somit ein Mangel einer ordnungsgemäßen Abrechnung, woraus sich die mangelnde Berechtigung des Klageanspruches ergebe.

Die ordentliche Revision sei mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers - sachlich nur noch zu behandeln, soweit ihr Gegenstand der im Verfahren 7 C 293/91v des Erstgerichtes geltend gemachte Anspruch von S 66.629,19 ist - mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte begehrt, die Revision auch bezüglich des Verfahrens 7 C 293/91v des Erstgerichtes zurückzuweisen; in eventu möge ihr nicht Folge gegeben werden.

Die Revision des Klägers gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Verfahren 7 C 293/91v des Erstgerichtes ist zulässig und berechtigt.

a) Zur Zulässigkeit:

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig, weil die Vorinstanzen im Ergebnis von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (5 Ob 20/92 = EWr III/837 A/1 = ImmZ 1992, 263) abwichen.

b) Zum Aufhebungsbeschluß:

In der oben genannten Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof - unter Berücksichtigung darin angeführter Lehre und weiterer Rechtsprechung - folgende Rechtsansicht dargelegt:

Der Anspruch des Verwalters auf Aufwandersatz ist nicht von der vorherigen Rechnungslegung durch den Verwalter abhängig. Ist keine oder keine hinlängliche Abrechnung erfolgt, so muß diese spätestens in dem Prozeß vorliegen, in dem der Verwalter seinen Anspruch geltend macht. Ob diese Abrechnung vom Verwalter selbst erstellt worden ist oder bloß das Ergebnis der gerichtlichen Beweisaufnahme bildet, ist rechtlich unerheblich.

Soweit - wie auch in diesem Verfahren - zur Begründung des Anspruches auf Aufwandersatz die als Abrechnung bezeichnete Aufstellung der Aufwendungen samt den zugrundeliegenden Belegen vorgelegt wurde, bedarf es einer ins einzelne gehenden Überprüfung dieser Positionen, gegebenenfalls nach vorausgehender Erörterung mit den Parteien, ob und in welchem Umfang konkrete Einwendungen gegen die einzelnen Positionen erhoben werden. Dabei schadet es nicht, daß in der "Abrechnung" bestimmte Gruppen von Aufwendungen in einzelne Teilsummen zusammengefaßt wurden (zB Versicherungsprämien, Wassergebühren etc.), weil im Zusammenhang mit den hiezu vorgelegten Belegen geprüft werden kann, ob die geltend gemachten Beträge durch diese Belege gedeckt sind oder nicht. Kann nämlich die für den Zuspruch des Aufwandersatzes maßgebende "Abrechnung" auch das Ergebnis des Beweisverfahrens in dem betreffenden Prozeß des Verwalters gegen einen Miteigentümer sein, so kommt es eben nicht darauf an, ob die vorher vorgelegte Abrechnung den Anforderungen des § 17 WEG entspricht: Maßgebend für einen Prozeßerfolg in der Hauptsache ist nur, ob sich nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens der eingeklagte Betrag letztlich als berechtigt erweist.

Auch die Berücksichtigung von Einnahmen hat - unabhängig vom Anspruch des Miteigentümers auf Rechnungslegung seitens des Verwalters auch darüber - in diesem Verfahren nur insoweit zu erfolgen, als der Beklagten ein Anteil an diesen Einnahmen zusteht. Da nach den Behauptungen des Klägers eine anderweitige vertragliche Regelung getroffen wurde, wird diesbezüglich das Beweisverfahren durchzuführen sein. Sollte sich die Richtigkeit der Behauptung des Klägers herausstellen, so bedarf es keiner weiteren Überprüfung derartiger Einnahmen und in diesem Verfahren auch nicht der Vorlage einer Abrechnung hierüber. Der Mangel der Rechnungslegung über solche Einnahmenposten vermag nämlich in einem solchen Fall zu keiner Verminderung des Aufwandersatzes des Verwalters zuführen und ist daher für den Prozeßausgang ohne Bedeutung.

Da die Vorinstanzen im Ergebnis von der in der Entscheidung 5 Ob 20/92 des Obersten Gerichtshofes dargelegten Rechtsansicht abwichen, erweist sich die Aufhebung ihrer Urteile als notwendig.

Da die Vorinstanzen nur eine einheitliche, sämtliche verbundenen Rechtssachen betreffende Kostenentscheidung fällten und der auf die von der Revision nicht betroffenen Verfahren entfallende Kostenanteil

aus der Entscheidung nicht feststellbar ist, mußten die Entscheidungen im Kostenpunkt zur Gänze aufgehoben werden.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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