OGH 3Ob116/92

OGH3Ob116/9210.11.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr.Graf und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef A*****, vertreten durch Dr.Klaus Weber, Rechtsanwalt in Mittersill, wider die beklagte Partei Maria E*****, vertreten durch Dr.Gerhard Mory, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unzulässigkeit einer Exekutionsführung (§ 37 EO), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 10.September 1992, GZ 21 R 317/92-63, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Mittersill vom 30.April 1992, GZ 1 C 11/89-59, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Rechtsstreits.

Text

Begründung

Zwischen der Beklagten und ihrem Sohn Franz E*****, der im Erbweg nach seinem Vater im Jahr 1974 das V*****gut in U***** übernommen hatte, kam es wegen des bücherlich zugunsten der Beklagten einverleibten Ausgedinges und Belastungs- und Veräußerungsverbotes ua in Ansehung der V*****alm mit bestimmten Grundstücken in der EZ ***** Grundbuch U***** immer wieder zu Streitigkeiten.

Im Rechtsstreit C 255/84 vor dem Erstgericht obsiegte die nun Beklagte gegen den nunmehrigen Kläger mit dem Begehren auf Feststellung, daß vorbehaltlich der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung zwischen ihr und ihrem Sohn ein rechtsgültiger Pachtvertrag über die Liegenschaft EZ ***** Grundbuch U***** besteht. Ihr Begehren auf Feststellung, daß zwischen ihrem Sohn und dem Kläger kein rechtsgültiges Pachtverhältnis bestehe, und das Eventualbegehren auf Räumung der Liegenschaft wurden abgewiesen. Der Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil vom 10.September 1985, GZ C 255/84 -20, wurde vom Landesgericht Salzburg nicht Folge gegeben. In diesem Prozeß wurde davon ausgegangen, daß der Eigentümer die V*****alm sowohl am 10.Feber 1976 und am 24.Mai 1984 an den Kläger als auch am 16. März 1984 an die Beklagte vorbehaltlich der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung verpachtet hatte. Der ursprünglich befristete Vertrag mit dem Kläger, der die Alm kaufen wollte, wurde nämlich verlängert.

Der Kläger drang zu C 140/84 gegen die Beklagte mit seiner Besitzstörungsklage durch, weil sie ihn Anfang Juni 1984 im ruhigen Besitz an der Alm durch Aufbrechen des Tores, Ausräumen der Hütte usw gestört habe.

Mit dem Urteil vom 12.August 1988, GZ C 179/86 -10, verpflichtete das Erstgericht den Sohn der Beklagten, dieser die Liegenschaft EZ ***** Grundbuch U***** = V*****alm mit der darauf befindlichen Alphütte geräumt zu übergeben. Das Berufungsgericht bestätigte. Er sei an den mit seiner Mutter geschlossenen Pachtvertrag gebunden.

Das Erstgericht bewilligte der Beklagten wider ihren Sohn auf Grund dieses vollstreckbaren Urteiles am 7.März 1989 die Exekution durch die zwangsweise Räumung und Übergabe der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch U*****.

Am 5.April 1989 erhob der Kläger mittels Klage seinen Widerspruch gegen die Räumungsexekution. Er habe mit dem Verpflichteten einen Pachtvertrag über die räumende Liegenschaft geschlossen. Die Wirksamkeit des Vertrages und sein faktischer Besitz seien rechtskräftig zu C 255/84 festgestellt worden. Sein Recht als Pächter mache die Vornahme der Räumungsexekution unzulässig. Dem Pachtvertrag sei am 10.Juli 1985 von der Grundverkehrsbehörde die Zustimmung erteilt worden.

Die Beklagte beantragte, das Exszindierungsbegehren abzuweisen. Nur der Kaufvertrag nicht aber die Verpachtung an den Kläger sei grundverkehrsbehördlich genehmigt. Der im Besitzstörungsverfahren ergangene Endbeschluß betreffe nur die Alphütte. Sie habe das stärkere Recht, weil die Verpachtung an den Kläger mangels der Genehmigung der Grundverkehrsbehörde unwirksam sei. Die Pachtzeit sei schon abgelaufen gewesen, als die Beklagte pachtete. Der Kläger habe nicht alle Grundstücke in Besitz gehabt und keine Benützungshandlungen gesetzt, als sie vom Sohn am 16.März 1984 die Alm pachtete.

Das Erstgericht sprach aus, daß die Räumungsexekution unzulässig sei. Es stellte im wesentlichen noch fest, daß der Sohn der Beklagten mit dem Kläger nach dem Pachtvertrag vom 10.Feber 1976 mit der Pachtdauer von acht Jahren einen mit 24.Mai 1984 datierten Kaufvertrag geschlossen hat, mit welchem dem Kläger die Liegenschaft EZ ***** Grundbuch U***** "in Umwandlung des Pachtvertrages" vom Eigentümer verkauft wurde. Zum Kaufpreis ist festgehalten, daß S 700.000,- schon im voraus an den Verkäufer bezahlt wurden und der Restkaufpreis von S 230.000,- in drei Teilbeträgen bezahlt wird. Der Verkäufer willigte in die Einverleibung des Eigentums des Käufers an der Liegenschaft ein. Das zur Absicherung ihres Ausgedinges einverleibte Belastungs- und Veräußerungsverbot der Beklagten schiebe die Rechtswirksamkeit des Vertrages auf. Der Verkäufer, der den überwiegenden Teil des Kaufpreises schon erhalten habe, fühle sich bis zur Rechtswirksamkeit des Kaufes an den Pachtvertrag vom 10.Feber 1976 gebunden. Die Grundverkehrskommission erteilte dem gesamten Vertrag mit Bescheid vom 10.Juli 1985 die Zustimmung nach den Vorschriften des Salzburger Landesgrundverkehrsgesetzes. Der Kläger bewirtschaftete die gesamte Alm seit der Besitzstörungshandlung der Beklagten Anfang Juni 1984 wieder allein. Das Erstgericht meinte, der Kläger habe an der Alm gutgläubig Rechts- und Sachbesitz. Sein Pachtverhältnis laufe auf Grund der Klausel im Kaufvertrag, dem die Zustimmung erteilt wurde, weiter. Sein Recht sei stärker als das der Beklagten.

Das Berufungsgericht hob über die Berufung der Beklagten das Urteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt und daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Das Berufungsgericht meinte, das Erstgericht habe auf Grund einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung entscheidungswesentliche Feststellungen nicht getroffen. Eine Bindungswirkung infolge der Rechtskraft vorangegangener Entscheidungen der Gerichte trete nur bei Identität des Anspruchs, der Parteien und des rechtserzeugenden Sachverhalts ein, wobei auf den Urteilsspruch abzustellen sei. Wer mit Widerspruch nach § 37 EO die Vornahme der Exekution unzulässig machende Rechte durchsetzen könne, bestimme sich nach bürgerlichem Recht. Der Bestandnehmer habe petitorischen Rechtsschutz. Der erste Bestandnehmer dringe gegen einen zweiten Bestandnehmer durch, wenn dieser unredlich ist oder ihm ein Titel fehlt. Dem zweiten Bestandnehmer gebühre kraft seines Besitzes der Vorzug, wenn er einen gültigen Bestandvertrag redlicherweise abgeschlossen habe. In einem solchen Fall gebühre dem zweiten Bestandnehmer auch bei einer Exszindierung nur der Vorzug, wenn er einen gültigen Bestandvertrag in redlicher Weise abgeschlossen hat (JBl 1954/404). Es komme darauf an, ob ein Teil wußte oder wissen mußte, in fremde Bestandrechte einzugreifen. Auf Grund der Entscheidung des Erstgerichtes zu C 255/84 vom 10.September 1955 sei davon auszugehen, daß sowohl der Kläger als auch die Beklagte konkurrierende vorbehaltlich der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörden gültige Pachtverträge mit dem Eigentümer über den Pachtgegenstand (Alm) geschlossen haben, die Beklagte am 16.März 1984, der Kläger am 24.Mai 1984. Dieser Vertrag wurde einschließlich der Pachtklausel auch grundverkehrsbehördlich genehmigt. Ob diese Genehmigung auch in Ansehung des von der Beklagten mit ihrem Sohn geschlossenen Vertrages erteilt ist, bedürfe der Feststellung. Die Verpachtung stelle kein sittenwidriges Umgehungsgeschäft dar. Dies sei bereits rechtskräftig zu C 255/84 entschieden. Die Beklagte sei erste Bestandnehmerin, weil zwischen dem 1.April 1984 bis zum Abschluß des Kaufvertrages am 24.Mai 1984 ein vertragsloser Zustand herrschte und der Kläger erst am 24.Mai 1984 pachtete, während die Vereinbarung zwischen der Beklagten und ihrem Sohn vom 16.März 1984 stamme. Entscheidend sei, ob der Kläger sein Pachtrecht im guten Glauben erworben habe. Darüber habe das Erstgericht keine Feststellungen getroffen. Sollte sich ergeben, daß der Kläger beim Abschluß des Vertrages am 24.Mai 1984 nicht wußte oder wissen mußte, daß der Eigentümer mit seiner Mutter zuvor eine Pachtvereinbarung am 16. März 1984 geschlossen hatte, und der Kläger also redlich war, käme ihm kraft seines Besitzes der Vorzug zu. Seine Widerspruchsklage sei dann berechtigt.

Sollte Redlichkeit des Klägers nicht vorliegen, käme es immer noch darauf an, ob die Beklagte bei Pachtung der Alm am 16.März 1984 redlich oder unredlich war. Wäre die Beklagte unredlich gewesen, müßte der Besitz des Klägers den Ausschlag geben, so daß auch hier Tatsachenfeststellungen fehlten. Eine Bindung durch die Ergebnisse des Rechtsstreits 2 Cg 1/90 liege nicht vor.

Gegen den Aufhebungsbeschluß wendet sich die Beklagte mit dem zugelassenen Rekurs. Sie macht mit weitwendigen Ausführungen unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache geltend und begehrt die Ersetzung des Beschlusses des Berufungsgerichtes durch eine das Widerspruchsklagebegehren abweisende Sachentscheidung.

Der Kläger beantragt in seiner Beantwortung des Rekurses, den Aufhebungsbeschluß zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Beklagten ist zulässig (§ 527 Abs 2 ZPO), jedoch nicht berechtigt.

Der Kläger beruft sich darauf, daß seine wirksam begründeten Pachtrechte an der Liegenschaft die von der Beklagten als Pächterin der Liegenschaft gegen den Eigentümer geführte Exekution durch Räumung und Übergabe der Liegenschaft an sie als betreibende Partei unzulässig mache. Wie sich aus dem zwischen den selben Parteien geführten Rechtsstreit zu AZ C 255/94 des Erstgerichtes hier bindend ergeben hat, besteht ein rechtsgültiger Pachtvertrag über die Alm sowohl zwischen der Beklagten und ihrem Sohn als Eigentümer als auch zwischen dem Kläger und dem Sohn der Beklagten. Es handelt sich also hier um das Problem der Doppelverpachtung, das nach den in der Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätzen des Doppelverkaufs zu beurteilen ist. Da das Bestandrecht dem dinglichen Eigentumsrecht trotz gewisser Annäherungen (vgl SZ 62/204) nicht vergleichbar ist, kommt dem Erwerb des bücherlichen Rechts hier keine Bedeutung zu. Wenn im Bereich des Doppelverkaufs zwar das Eintragungsprinzip bestimmend ist, der bücherliche Zweiterwerber aber unter bestimmten Voraussetzungen schadenersatzrechtlich zur Naturalrestitution durch Einwilligung in die Übertragung des Eigentumsrechtes verpflichtet wird, wobei fahrlässige Unkenntnis des Forderungsrechtes des Erstkäufers den Zweitkäufer bereits zum Schadenersatz verpflichtet, so bedeutet dies für die Inbestandgabe der selben Sache an mehrere Bestandnehmer, die damit unvereinbare Rechte zur Nutzung erwerben, daß auch hier die Obligation gegenüber jeder Form schuldhafter Eingriffe zu schützen ist. Auch in Fällen schuldhafter Ausnützung von Vertragsbrüchen des Bestandgebers durch den zweiten Bestandnehmer besteht dessen Ersatzpflicht. Sein Bestandrecht hat also gegenüber dem des zu schützenden ersten Bestandnehmers zurückzutreten (vgl Aicher in Rummel, ABGB2, Rz 14 zu § 1053; Eccher, Die Rechtsstellung des Zweitkäufers einer Liegenschaft im österreichischen und italienischen Recht, Wagner FS 93 ff; Schilcher-Holzer, Der schadenersatzrechtliche Schutz des Traditionserwerbers bei Doppelveräußerung von Liegenschaften, JBl 1974, 445 und 512; Koziol-Welser9 II 75; JBl 1977, 257; SZ 56/125; SZ 56/140; JBl 1987, 318 ua). Es kommt darauf an, ob dem zweiten Pächter ein Verschulden, wenn auch nur vom Grade der Fahrlässigkeit, zur Last fällt, die Vertragsbeziehung mit dem ersten Pächter nicht erkannt zu haben. Wer wissentlich oder infolge fahrlässiger Unkenntnis eine Liegenschaft in Pacht nimmt, obwohl diese wirksam verpachtet ist, kann den Schutz für sich nicht in Anspruch nehmen (vgl JBl 1991, 787 ua).

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes ist im Ansatz zutreffend. Es wurde auch richtig erkannt, daß Tatsachenfeststellungen ausstehen, um den Anspruch des Klägers, der von der Beklagten betriebenen Räumungsexekution nach § 37 EO zu widersprechen, abschließend beurteilen zu können. Die Wiedergabe von Gerichtsentscheidungen durch das Erstgericht kann die entscheidenden Feststellungen nicht ersetzen. Zugrunde zu legen ist nur, daß - vorbehaltlich der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung - beide Streitteile sich auf einen Pachtvertrag mit dem Eigentümer der Almliegenschaft berufen können, denn dies ist bei der Beklagten durch den positiven Feststellungsspruch in dem zwischen ihr und dem Kläger rechtskräftig abgeführten Rechtsstreit bindend festgestellt (vgl. SZ 55/74 uva). Gleiches gilt aber auch für das Bestehen des Pachtverhältnisses zwischen dem Kläger und dem Eigentümer, weil das im Feststellungsprozeß ergangene Urteil für alle künftigen Streitigkeiten der Prozeßparteien über dieses Rechtsverhältnis und die daraus abgeleiteten Ansprüche der Prozeßparteien wirkt (Fasching, ZPR2 Rz 1072) und auch das begriffliche Gegenteil die Einmaligkeitswirkung der materiellen Rechtskraft auslöst (Fasching aaO Rz 1105).

Wer aber "erster" und wer "zweiter" Pächter ist, bedarf ebenfalls erst der Feststellung. Der Kläger hatte einen ursprünglich auf acht Jahre befristeten Pachtvertrag mit dem Sohn der Beklagten schon im Jahre 1976 geschlossen und das Pachtrecht auch ausgeübt. Ob zur Zeit, als die Beklagte von ihrem Sohn die Alm pachtete, der Pachtvertrag mit dem Kläger aufrecht war und ob die Beklagte davon wußte oder wissen mußte, hängt auch davon ab, inwieweit durch Vereinbarung eine Verlängerung der Pachtdauer schon vor der in den Kaufvertrag vom 24. Mai 1984 aufgenommenen Vereinbarung über die Fortdauer des Pachtverhältnisses erfolgt war. Immerhin kommt auf ein befristetes Bestandverhältnis die Vorschrift des § 1114 ABGB über die stillschweigende Verlängerung zur Anwendung. Der Bestandvertrag erlischt durch den Verlauf der Zeit, welcher ausdrücklich oder stillschweigend bedungen worden ist (§ 1113 ABGB). Der Bestandvertrag kann aber nicht nur ausdrücklich sondern auch stillschweigend erneuert werden. Ist eine Aufkündigung des Bestandvertrages nicht bedungen worden, so geschieht eine stillschweigende Erneuerung, wenn der Bestandnehmer nach Verlauf der Bestandzeit fortfährt, die Sache zu gebrauchen oder zu benützen, und der Bestandgeber es dabei bewenden läßt (§ 1114 ABGB). Bestandverträge, welche durch den Ablauf der Zeit erlöschen, ohne daß es behufs Auflösung des Vertrages oder Verhinderung einer stillschweigenden Erneuerung der Aufkündigung bedarf, sind dadurch, daß der Bestandnehmer fortfährt, den Bestandgegenstand zu gebrauchen oder zu benützen, und der Bestandgeber es dabei bewenden läßt (vgl. § 1114 ABGB), nur dann als stillschweigend erneuert anzusehen, wenn binnen vierzehn Tagen nach Ablauf der Bestandzeit weder vom Bestandgeber eine Klage auf Zurückstellung, noch von dem Bestandnehmer auf Zurücknahme des Bestandgegenstandes erhoben wird (§ 569 ZPO). Die Rechtsvermutung über die stillschweigende Verlängerung von Verträgen mit unbedingtem Endtermin wird nicht nur durch die im § 569 ZPO erwähnte Erhebung der Klage widerlegt, sondern durch jeden Vorgang, durch den der Wille eines Teils, den Vertrag nicht fortzusetzen, unzweideutig geäußert wird (Würth in Rummel, ABGB2, Rz 4 zu § 1114; MietSlg 39.152 ua). Nach der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes verhindert jede in zeitlichem Zusammenhang mit dem Endtermin abgegebene Erklärung eines Teiles, das Bestandverhältnis nicht fortzusetzen, die stillschweigende Erneuerung (vgl WoBl 1992/43 mit Anm Hanel; WoBl 1992/62 mit Anm Hanel; WoBl 1992/72; Wobl 1992/86 mit Anm Hanel ua). Es ist ohne Feststellung des entscheidenden Sachverhalts voreilig, zu unterstellen, bei Abschluß der Pachtvereinbarung am 16.März 1984 oder ab dem 1.April 1984 habe ein "vertragsloser Zustand" zwischen dem Kläger und dem Eigentümer bestanden. Am 10.Feber 1976 soll der Eigentümer die Alm ab 1.April 1976 auf acht Jahre verpachtet haben. Bei einer stillschweigenden Verlängerung konnte dieser Bestandvertrag unmittelbar in die im Kaufvertrag vereinbarte Verlängerung übergegangen sein. Da diesem Vertrag als Ganzem die Zustimmung der Grundverkehrsbehörde erteilt wurde, bestehen keine Bedenken gegen die Wirksamkeit des Pachtvertrages für die Zeit, bis der Kaufvertrag umgesetzt werden kann, weil die Beklagte ihre Einwilligung erteilt oder das Belastungs- und Veräußerungsverbot nicht mehr entgegensteht.

Schon deshalb ist im Ergebnis die Urteilsaufhebung berechtigt, weil noch gar nicht festgestellt ist, welche Prozeßpartei in die Pachtrechte der anderen eingegriffen hat. Erst danach bleiben die Redlichkeit und der Besitz zu prüfen, wobei durch das zwischen den Streitteilen abgeführte Besitzstörungsverfahren der Besitz des Klägers an der Alphütte im maßgebenden Zeitpunkt Anfang Juni 1984 festgestellt wurde.

Ohne Feststellung der maßgebenden Tatsachen gehen die Rekursausführungen der Beklagten weitgehend ins Leere. War der Pachtvertrag stillschweigend erneuert worden, bedurfte es im Kaufvertrag keiner näheren Bestimmung. Der Pachtgegenstand war klar, der Pachtzins ergab sich aus der Fortdauer des Vertrages, der nach § 1115 ABGB zu den nämlichen Bedingungen weiter galt, unter welchen er vorher geschlossen war. Wenn sich auch nach dem Gesetz die Pachtung nur auf ein Jahr verlängerte, so konnte doch jederzeit eine vertragliche ausdrückliche Verlängerung stattfinden (Würth in Rummel, ABGB2, Rz 2 zu § 1115).

Das Fehlen der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung würde nicht dazu führen, das Vorliegen eines Bestandverhältnisses überhaupt zu verneinen. Es käme dann darauf an, ob eine erforderliche Zustimmung nachträglich erteilt wird, wie es durch den Bescheid der Grundverkehrsbehörde zum Kauf- und bis zu dessen Rechtswirksamkeit Pachtvertrag geschah. Ob § 2 des Salzburger Grundverkehrsgesetzes 1974 überhaupt Anwendung zu finden hatte, war daher bei der Pachtung durch den Kläger nicht mehr maßgebend, weil die Zustimmung vorlag (vgl § 2 Salzburger Grundverkehrsgesetz 1986).

Erst zu klären wird durch ergänzende Feststellungen des Erstgerichtes sein, ob die Beklagte bei Abschluß ihrer Vereinbarung vom 16.März 1984 um die Pachtrechte des Klägers wußte oder wissen mußte und daher fahrlässig in dessen vertragliche Rechte eingegriffen hat, und allenfalls, ob dem Kläger die Pachtvereinbarung mit der Beklagten zur Kenntnis gelangte oder er fahrlässig davon nichts wußte, falls sein Pachtvertrag nicht ohne Unterbrechung in die im Kaufvertrag getroffene Vereinbarung übergegangen sein sollte. Soweit der Kläger im Besitz des Bestandgegenstandes war und ihm nicht vorgeworfen werden kann, zumindest fahrlässig in Ansprüche der Beklagten eingegriffen zu haben, stehen ihm Rechte am Bestandobjekt zu, die er der auf Räumung dringenden Beklagten nach § 37 EO entgegensetzen kann. Sein Widerspruch gegen ihre Exekutionsführung ist dann berechtigt (SZ 32/159; 3 Ob 58/86 ua).

Nur dann, wenn der Kläger seinerseits in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Pachtvereinbarung der Beklagten mit ihrem Sohn dadurch in deren Rechtsposition eingegriffen hätte, daß er als "zweiter" Pächter seine Rechte erwarb, müßte die schadenersatzrechtliche Konsequenz zur Abweisung seiner Widerspruchsklage führen.

Die von der Rekurswerberin ins Treffen geführten menschlichen Beweggründe können zu einer ihr günstigeren Beurteilung nicht führen. Auch wenn sie sich als Hüterin der Lebensarbeit fühlt, die sie gemeinsam mit ihrem verstorbenen Ehegatten für das landwirtschaftliche Anwesen erbracht hat, ist rechtlich entscheidend, daß ihr nur das Ausgedinge und das Recht zukam, eine Belastung oder Veräußerung der unbeweglichen Sachen auf Lebenszeit zu verhindern. Die Verpachtung der Liegenschaft oder von Teilen des Gutsbestandes konnte jedoch auch ohne ihre Einwilligung erfolgen (SZ 59/42 mwN).

Es hat, weil die zur Beurteilung der Rechtslage noch erforderlichen Tatsachenfeststellungen fehlen, bei der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Prozeßgericht erster Instanz zu bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 52 Abs 1 Satz 2 ZPO.

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