OGH 15Os141/93

OGH15Os141/9328.10.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.Oktober 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner, Dr.Kuch, Dr.Massauer und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Freyer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Erol E***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Erol E***** und Erkan Ü***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht in Jugendstrafsachen vom 16.Juli 1993, GZ 23 Vr 3432/92-23, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Raunig, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten und deren Verteidiger zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 21.Oktober 1967 geborene türkische Staatsangehörige Erol E***** und der am 14.Jänner 1974 geborene, mithin zur Tatzeit jugendliche türkische Staatsangehörige Erkan Ü***** (1.) des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 StGB sowie Erol E***** überdies (2.) des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und Abs. 2 StGB schuldig erkannt.

Darnach haben

(zu 1.) Erol E***** und Erkan Ü***** im Juni 1992 in Mieders im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter die Maria Z***** mit Gewalt, indem Erol E***** sie aus seinem PKW zerrte, zu Boden zwang und entkleidete, sowie durch die Drohung, es werde etwas passieren, wenn sie nicht gefügig sei, sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, zur Duldung des Beischlafes mit beiden genötigt;

(zu 2.) Erol E*****

a) am 1.Juni 1992 in Fulpmes die Regina Z***** durch Würgen sowie die Äußerung "Kopf weg" ... "Kennst du Mafia" gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, wobei er mit dem Tode drohte;

b) im Juni 1993 in Fulpmes Regina Z*****, Maria Z***** und Heike T***** durch die gegenüber Regina Z***** gemachte Äußerung "Wenn ich einen Groschen für die Verhandlung zahlen muß, dann schneide ich zuerst der Maria Z*****, dann der Heike T***** und anschließend dir den Kopf herunter, wobei ich das nicht selber mache, sondern dazu Leute aus der Türkei kommen lasse" gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, wobei er mit dem Tode drohte.

Die beiden Angeklagten bekämpfen dieses Urteil mit (getrennt ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden, wobei Erol E***** die Gründe des § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a und 10, Erkan Ü***** hingegen jene des § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a, 9 lit. a und 9 lit. b StPO geltend macht.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Erol E*****:

In der Mängelrüge (Z 5) wendet sich dieser Beschwerdeführer unter Verkennung des Begriffes der Aktenwidrigkeit, welche nur bei bestimmten zitierenden Wiedergaben in Entscheidungsgründen in Betracht kommt (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 281 Z 5 E 185) gegen die zur Vergewaltigung getroffene Urteilsfeststellung, daß Maria Z***** schon zu schreien begonnen habe, als der Personenkraftwagen in den Wald abbog (US 6). Der Angeklagte behauptet einen bedeutsamen Widerspruch in den Verfahrensergebnissen, weil dieser Umstand von der Zeugin Maria Z***** zwar bei einer Befragung durch das Landesgendarmeriekommando für Tirol geschildert wurde, jedoch bei den Vernehmungen durch den Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung keine Erwähnung fand.

Abgesehen davon, daß die Zeugin auch bei den gerichtlichen Befragungen angab, geschrieen zu haben (S 126 f, 195), und somit nur offenblieb, ob sich die Bekundung auch auf die Phase der Autofahrt in Richtung Wald bezog, handelt es sich jedoch bei dieser Modalität um keine entscheidende Tatsache im Sinne des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes. Die Auffassung des Beschwerdeführers, wonach in der gerügten Feststellung auch ausgesprochen werde, daß die Zeugin bei diesem Geschehen keine Möglichkeit einer Abwehr der Attacke des Angeklagten gehabt habe, ist unzutreffend. Demnach kann der Einwand schon deshalb nicht zielführend sein, weil er einen Urteilsinhalt unterstellt, der in Wahrheit nicht vorliegt, weshalb es sich erübrigt, auf die Spekulationen des Beschwerdeführers über "vielfältige" Abwehrmöglichkeiten der Zeugin einzugehen.

Unbegründet ist auch die weitere Rüge, daß die Feststellungen über den Bedrohungswillen des Angeklagten und den drohenden Gehalt seiner damaligen Äußerungen gegenüber Maria Z*****, es werde im Falle eines Widerstandes "etwas" geben und "etwas" passieren, in den Beweisergebnissen nicht gedeckt seien. Grundlage dieser plausiblen Schlußfolgerungen des Erstgerichtes sind die Angaben der Maria Z***** (US 11 ff), daß sie situationsbedingt fürchtete, ein gesteigerter Widerstand werde zur Steigerung der gegen sie gesetzten Gewalttätigkeit (etwa durch Würgen - S 57, durch Schlagen - S 127 und 197 oder Gebrauch eines Messers - S 127) führen. Es kann daher keine Rede davon sein, daß der Zeugenaussage zufolge die einzige drohende Konsequenz einer Verweigerung des Geschlechtsverkehrs das Unterbleiben der Autofahrt nach Innsbruck gewesen wäre. Die Erwähnung der Zeugin, wonach Erol E***** "alleweil" die Worte "sonst geschieht etwas" sagte, wies nach dem Bedeutungszuammenhang nicht darauf hin, daß es sich um eine übliche Redensart ohne drohenden Inhalt gehandelt habe. Die Zeugin stellte vielmehr klar, gerade diese wiederholte Äußerung als nötigende Bedrohung empfunden zu haben (S 57).

Von den Einwänden der Tatsachenrüge (Z 5 a) sind nur jene Argumente beachtlich, die auf dem Akteninhalt zum Zeitpunkt der Urteilsfällung erster Instanz beruhen. Dieses Vorbringen, wonach das Erstgericht die Sachverhaltsangaben der Maria Z***** und der Regina Z***** als unglaubwürdig anzusehen gehabt hätte, vermag allerdings keine erheblichen Bedenken gegen die maßgeblichen Urteilsfeststellungen hervorzurufen. Insbesondere wird mit der angestrebten Interpretation der Aussagen, daß die Zeuginnen sich bewußt in den "Gefahrenkreis" begeben hätten, "der zum gegenständlichen Strafverfahren führte", kein logischer Hinweis auf die Unrichtigkeit der Angaben dargelegt. Außerdem ist der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit der Zeuginnen auf Grund des von diesen in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch-psychologische Vorgang als solcher einer Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde entzogen (EvBl. 1988/108, 109; EvBl. 1989/24).

Soweit der Beschwerdeführer aber seine Urteilsbekämpfung auf vorgelegte - zum Teil erst nach der Urteilsfällung produzierte - neue Unterlagen stützen will, kann das Vorbringen schon wegen des im Nichtigkeitsverfahren herrschenden Neuerungsverbotes keine Berücksichtigung finden. Diese Rechtslage wird zwar in der Nichtigkeitsbeschwerde ohnehin eingeräumt, nichtsdestoweniger jedoch unter dem Vorwand einer "Verdeutlichung" der Beschwerdedarstellung zu umgehen versucht. Davon, daß der Beachtlichkeit des Vorbringens nur eine "streng formalrechtliche" Schranke entgegenstünde, kann keine Rede sein, wird doch insbesondere in § 281 Abs. 1 Z 5 a StPO im Gesetz darauf abgestellt, daß sich erhebliche Bedenken gegen Sachverhaltsfeststellungen aus den Akten ergeben müssen.

Mit der Subsumtionsrüge (Z 10) strebt der Beschwerdeführer die Beurteilung der als Vergewaltigung subsumierten Tat bloß als geschlechtliche Nötigung nach § 202 Abs. 1 StGB an. Dies indes zu Unrecht. Denn das Begehungsmittel der Gewalt ist bei der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 StGB und bei der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs. 1 StGB vollkommen gleich; es muß keineswegs, wie der Beschwerdeführer vermeint, beim erstgenannten Delikt vergleichsweise qualifizierteren Anforderungen entsprechen. Gewalt im Sinne beider Tatbestände liegt vor, wenn eine nicht ganz unerhebliche physische Kraft zur Überwindung eines wirklichen oder vermuteten Widerstandes eingesetzt wird (Leukauf-Steininger Komm.3 § 201 RN 19, § 202 RN 8). Demnach ist - der Meinung des Beschwerdeführers zuwider - der Gewaltbegriff nicht erst dann erfüllt, wenn das Opfer durch das Vorgehen unfähig geworden ist, sinnvoll Widerstand zu leisten. Ebensowenig ist für das Vorliegen einer Gewalt im Sinne des § 201 Abs. 2 StGB entscheidend, ob "eine ernsthafte Gefahr für Leib und Leben des Opfers" entsteht.

Im übrigen trifft es aber auch nicht zu, daß sich aus den Urteilsfeststellungen die Verwirklichung des Tatmittels einer Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder eine diesbezügliche Befürchtung des Opfers nicht ergibt. Den in der Subsumtionsrüge teilweise übergangenen Urteilsfeststellungen gemäß wollte der Angeklagte gegenüber Maria Z***** zum Ausdruck bringen, daß er ihr sofort ein Übel in Form der Beeinträchtigung der Gesundheit oder körperlichen Sicherheit zufügen werde (US 7). In diesem Sinn wurde der Angeklagte auch von Maria Z***** verstanden, die aus Furcht vor weiterer Gewalt von der Gegenwehr Abstand nahm und ihren Widerstand gegen einen Geschlechtsverkehr aufgab, weil sie weitere Abwehr für zwecklos oder gefährlich hielt (US 8 und 11 f). Damit wurden aber alle Merkmale einer derartigen, mit der Duldung des Beischlafes final verknüpften Drohung festgestellt, nämlich die Ankündigung eines unmittelbar zu verwirklichenden Übels für die körperliche Integrität des Bedrohten, das keine erhebliche Intensität aufweisen muß (Leukauf-Steininger Komm.3 § 201 RN 21).

Der behauptete Subsumtionsirrtum ist demnach nicht unterlaufen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten E***** war daher zu verwerfen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Erkan Ü*****:

Zunächst wendet sich dieser Beschwerdeführer - welcher ebenso wie der Angeklagte E***** den Begriff der Aktenwidrigkeit verkennt - mit der Mängelrüge (Z 5) gegen die über die Vergewaltigung der Maria Z***** getroffenen Urteilsfeststellungen, wonach er eine durch die Anwendung von Gewalt und die Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben durch Erol E***** geschaffene Situation ausgenützt und es zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat, daß Maria Z***** seine Anwesenheit am Tatort als Verstärkung der Drohung des Erol E***** empfand.

Die vom Beschwerdeführer als Anfechtungsargument ins Treffen geführten Angaben der Maria Z*****, denen zufolge er keine Gewalt anwenden und (ursprünglich) keinen Geschlechtsverkehr vollziehen wollte, jedoch über Aufforderung des Erol E***** mit ihr geschlechtlich verkehrt habe, umschreiben zwar insgesamt eine dominierende Tatinitiative des E*****, enthalten aber der Beschwerdereklamation zuwider keine Hinweise darauf, daß der Beschwerdeführer das Nötigungsgeschehen übersehen habe oder seinerseits zum Geschlechtsverkehr genötigt worden sei oder dabei ohne willensmäßige Steuerung gehandelt habe. In dieser Hinsicht unterläßt der Angeklagte jegliche Substantiierung, aus welchem Element der Zeugenaussage sich seiner Ansicht nach ergeben soll, daß er auch noch bei der letztlich doch vorgenommenen Vollziehung des Geschlechtsverkehrs keinen Willen zu einem derartigen Vorgehen gehabt hätte. Ein Begründungsmangel wird in diesem Zusammenhang nicht aufgezeigt.

Die vom Beschwerdeführer hervorgehobenen Angaben der Zeugin, wonach er sie "nie irgendwie festgehalten" habe (S 198), betrafen die Schilderung, auf welche Weise der Mitangeklagte E***** die Frau zum Verlassen des Autos und Aufsuchen des Waldes gezwungen hatte. Über ein späteres Geschehen sagte die Zeugin aus, daß der Beschwerdeführer ihre Beine auseinandergerissen und festgehalten (S 126) oder daß er "mit seinen Händen" ihre "Füße hinaufgehebt" hat (S 53). Angesichts dieser Angaben befindet sich die Urteilsfeststellung über das Auseinanderhalten "bzw" Hochhalten der Beine der am Rücken gelegenen Maria Z***** durch den Angeklagten keineswegs in einem Gegensatz zu den Bekundungen der Zeugin. Mit der ferner vom Beschwerdeführer vorgebrachten Forderung nach detaillierten Urteilsausführungen darüber, wie er die Zeugin "rein technisch" hätte vergewaltigen sollen, werden die herangezogenen Begründungsmängel der Unvollständigkeit und Undeutlichkeit in keiner Weise bezeichnet.

Ohne präzise Bezeichnung eines Anfechtungsgrundes bleibt auch der Einwand gegen die Urteilsfeststellungen über den vom Angeklagten E***** gegen Maria Z***** angewendeten Zwang, sich auf den Boden zu setzen, und über das Ausziehen der Hosen der Zeugin. Die hiezu einleitend vorgebrachten sinngemäßen Beschwerdebehauptungen, daß diese Urteilsfeststellungen zwar der Zeugenaussage in der Hauptverhandlung entsprechen, jedoch bei der ersten Vernehmung der Maria Z***** durch das Landesgendarmeriekommando für Tirol von aktiver Gegenwehr noch nicht die Rede gewesen sei, halten einer Überprüfung nicht stand. Mag auch die Zeugin vor der Gendarmerie nicht ausdrücklich geschildert haben, sich gegen das Ausziehen der Hosen mit Händen und Füßen gewehrt zu haben, so kommt in ihrer Darstellung, daß sie aus dem Auto gerissen sowie in den Wald gezogen wurde und sich "schon gewehrt" (S 51) und geschrieen (S 53) habe, durchaus ein aktives Abwehrverhalten zum Ausdruck, weshalb die vom Beschwerdeführer angenommene Gegensätzlichkeit der Aussagen nicht vorliegt.

Der ferner kritisierte Urteilsausspruch über die Befürchtungen der Maria Z***** aufgrund der von Gewalttätigkeiten begleiteten Äußerung des Angeklagten E*****, es werde "etwas geben" oder "etwas passieren", beruht auf den Angaben der Zeugin und hat sehr wohl die vom Beschwerdeführer bestrittene aktenmäßige Grundlage. Zu diesen Gegebenheiten und dem Umstand, daß die Bemerkung der Zeugin, der Erol E***** verwende "alleweil" eine solche Redewendung, keine Relativierung der Aussage über ihre damalige Angst bedeutete, sei auf die Erledigung des im Kern gleichartigen Beschwerdeeinwands des Angeklagten E***** verwiesen.

Aus den für die Feststellung der Tat herangezogenen Gründen ergibt sich zwingend die vom Beschwerdeführer vermißte Begründung dafür, daß seiner die Vorgänge leugnenden Verantwortung die Glaubwürdigkeit abgesprochen wurde. Einer gesonderten Hervorhebung dieser Konsequenz in den Entscheidungsgründen bedurfte es nicht. Sie wurde auch nicht durch den auf den Angeklagten E***** bezogenen illustrativen Hinweis erforderlich, zunächst auch für das Tatgeschehen ganz unwesentliche Umstände bestritten zu haben. Die Auffassung des Beschwerdeführers, wonach solcherart die Annahme der Unglaubwürdigkeit des Erol E***** begründet worden sei, wogegen in Ansehung seiner Person keine Begründung vorliege, übersieht den bloß ergänzenden Charakter dieser Beifügung und die Reichweite jener Urteilserwägungen, welche die Richtigkeit der Angaben der Zeugin Maria Z***** über das Verhalten der beiden Angeklagten und demgemäß die Unrichtigkeit der damit unvereinbaren Verantwortung aussprechen.

Somit liegt keiner der geltend gemachten Begründungsmängel vor.

Mit dem Vorbringen in der Tatsachenrüge (Z 5 a) werden keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld des Angeklagten zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen aufgezeigt. Der Sache nach bekämpft der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung des erkennenden Gerichts bei Beurteilung der Beweiskraft der Angaben der Zeugin Maria Z*****, indem er darzulegen versucht, daß aus seiner Sicht die Verfahrensergebnisse auch die Schlußfolgerung auf eine Unzuverlässigkeit der Aussage zugelassen hätten. Eine Urteilsnichtigkeit im Sinne des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes wird mit diesen nach Art einer Schuldberufung erstatteten Einwänden nicht dargelegt (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 281 Z 5 a E 4).

Inwiefern indes das Schöffengericht eine Pflicht zur amtswegigen Wahrheitserforschung außer acht gelassen hätte, wird in der Beschwerde, die auch nicht andeutungsweise zu erkennen gibt, welcher Beweiserhebungen es noch bedurft hätte, nicht deutlich und bestimmt bezeichnet.

Es versagen aber auch die in der Rechtsrüge (Z 9 lit. a) vorgebrachten Beschwerdepunkte:

Zur Untermauerung seiner Ansicht, keinen Vergewaltigungsvorsatz gehabt zu haben, geht der Beschwerdeführer unter Hinweis auf das Beweisverfahren von einem Sachverhalt aus, der von den Urteilsfeststellungen über seinen Willensinhalt abweicht. Solcherart vergleicht er aber nicht die Urteilsannahmen mit dem darauf angewendeten Gesetz, weshalb die Rechtsrüge der gesetzmäßigen Ausführungen entbehrt.

Gleiches gilt für alle Beschwerdeausführungen, wonach es zu keiner Gewalttätigkeit gegen Maria Z***** gekommen sein könne, und daß höchste Bedenken vorliegen, ob die angebliche Äußerung des E***** auf die Genannte "auch nur annähernd den Eindruck unmittelbarer Gefahr bzw. eines Übels in Form einer Beeinträchtigung der Gesundheit oder körperlichen Sicherheit gemacht haben kann". Insoweit geht es dem Beschwerdeführer überhaupt nicht um die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes, sondern um eine Abänderung von Urteilstatsachen.

Worauf die Hervorhebung des Angeklagten abzielt, daß die minimalste Forderung zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmales der Gewalt das Festhalten einer Person sei, bleibt unerfindlich, weil ein solches Verhalten im Urteil ohnehin festgestellt ist. Das Erstgericht ging davon aus, daß der Beschwerdeführer selbst keinen Gewaltakt gegen Maria Z***** gesetzt hat (US 12). Daraus ist für ihn aber wegen seiner strafrechtlichen Haftung als Mittäter - für welche eine unmittelbare Tatbeteiligung in der Endphase genügen würde - nichts zu gewinnen (Leukauf-Steininger Komm.3 § 12 RN 21, 23 und 24; s. jüngst auch JBl. 1993, 465).

Letztlich ist auch die verbleibende Rechtsrüge (Z 9 lit. b), mit welcher eine vorläufige Verfahrenseinstellung durch das Gericht gemäß § 9 JGG angestrebt wird, nicht zielführend.

Eine solche Maßnahme hat zur Voraussetzung, daß die Schuld nicht als schwer erscheint und eine Bestrafung des Täters nicht geboten ist, um ihn von strafbaren Handlungen abzuhalten. Dabei ist unter "Bestrafung" bei teleologischem Verständnis nicht - wie der Beschwerdeführer meint - der Vollzug einer (unbedingten) Sanktion zu verstehen, sondern allgemein (wie in § 1 StPO oder in § 42 Z 3 StGB) eine strafgerichtliche Aburteilung.

Die Schwere der Schuld ist nach primärer Orientierung an der gesetzlichen Strafdrohung, in welcher der Gesetzgeber die generelle Vorbewertung des Unrechtsgehalts und Schuldgehalts des betreffenden Deliktstyps zum Ausdruck bringt (11 Os 77/93), gemäß den Strafbemessungsgrundsätzen (§ 32 StGB) zu bewerten.

Im vorliegenden Fall stellt es gewiß einen schuldmindernden Faktor dar, daß der Angeklagten Ü***** die Vergewaltigung als untergeordneter Tatbeteiligter unter dem Einfluß des Angeklagten E***** verübt hat. Dem steht aber ein gesteigerter Unwert der Tat gegenüber, bei welcher eine als Autostopperin mitgenommene Minderjährige unter Ausnützung der Situation und ungeachtet ihrer Ankündigung einer Strafanzeige in den Wald gebracht und aus dem Wagen gezerrt worden ist. In der Zusammenschau resultiert aus dem Gewicht der unter rücksichtsloser Aggression auf die sexuelle Selbstbestimmung verübten und durch Beischlaf mit jedem der beiden Täter verstärkten Rechtsgutverletzung sowie aus dem Gewicht des Vorwurfes, der wegen der Tatmitwirkung zu machen ist, welche ein rechtstreuer Jugendlicher unter den konkreten Umständen weit von sich gewiesen hätte, insgesamt durchaus eine schwere Schuld des Beschwerdeführers.

Bereits aus diesem Grund kam eine vorläufige Verfahrenseinstellung nach § 9 JGG nicht in Betracht, ganz abgesehen davon, daß das zusätzliche spezialpräventive Erfordernis, dem Angeklagten das Verbotene seines schweren Rechtsbruches durch eine Verurteilung vor Augen zu führen, um ihn auf diese Weise von gleich motivierten Straffälligkeiten abzuhalten, entgegen der Beschwerdemeinung keineswegs nicht schon dann fehlt, wenn eine über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen werden kann.

Die außerdem in der Nichtigkeitsbeschwerde erhobenen Forderungen nach Anwendung des § 12 Abs. 1 JGG oder des § 13 Abs. 1 JGG enthalten der Sache nach Berufungsbegehren, ohne eine Urteilsnichtigkeit zu bezeichnen (12 Os 43/89).

Auch die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ü***** war demnach zu verwerfen.

Zu den Berufungen:

Das Erstgericht verhängte über Erol E***** nach §§ 28 Abs. 1, 201 Abs. 2 StGB eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten, von der es gemäß § 43 a Abs. 3 StGB einen Teil im Ausmaß von 12 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah.

Über Erkan Ü***** verhängte es nach § 201 Abs. 2 StGB unter Anwendung des § 5 JGG und des § 43 a Abs. 2 StGB eine unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von vier Monaten sowie eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 150 S, im Fall der Uneinbringlichkeit 90 Tage Ersatzfreiheitsstrafe.

Das Jugendschöffengericht wertete bei der Strafbemessung beim Angeklagten E***** die Wiederholung der gefährlichen Drohung trotz eines anhängigen Verfahrens, die Bedrohung mehrerer Personen, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und die Bestimmung eines Jugendlichen zur Mittäterschaft als erschwerend, dagegen die bisherige Unbescholtenheit als mildernd. Bei Ü***** wertete es keinen Umstand als erschwerend, als mildernd hingegen seine bisherige Unbescholtenheit und einen untergeordneten Tatbeitrag, weil er selbst keine Gewalt anwandte oder Drohungen aussprach.

Der Angeklagte E***** strebt mit seiner Berufung die Herabsetzung des Ausmaßes der Freiheitsstrafe - unter Anwendung des § 41 StGB - an, der Angeklagte Ü***** begehrt die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und der Geldstrafe sowie eine bedingte Nachsicht (auch) der Geldstrafe und außerdem - wie erwähnt der Sache nach als Berufungsbegehren - einen Schuldspruch ohne Strafe gemäß § 12 JGG oder einen Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe nach § 13 JGG.

Keiner der Berufungen kommt Berechtigung zu.

Die auf der Basis der vom Erstgericht hinsichtlich des Angeklagten Erol E***** richtig und vollständig erfaßten Strafzumessungsgründe ausgemessene Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten - wobei von der Bestimmung des § 43 a Abs. 3 StGB Gebrauch gemacht wurde - trägt dem konkreten Straferfordernis in angemessener Weise Rechnung.

Soweit der Berufungswerber vermeint, es hätte ihm zusätzlich als mildernd zugerechnet werden müsse, daß Maria Z***** die Angeklagten in sexueller Hinsicht aufreizen habe wollen, und E***** daher davon ausgehen habe können, daß diese die Ausübung des Geschlechtsverkehrs geradezu wünschte, so ist dem entgegenzuhalten, daß diesbezüglich die Berufung in unbeachtlicher Weise (§ 295 Abs. 1 StPO) von den Feststellungen des Erstgerichts (US 8), wonach beiden Angeklagten bewußt war, daß Maria Z***** den Geschlechtsverkehr nicht durchführen wollte, abweicht.

Schon unter Berücksichtigung des Verhaltens des Angeklagten E***** nach der "Unzuchtstat" und angesichts des erheblichen Überwiegens der Erschwerungsgründe hat das Erstgericht richtigerweise die Anwendung des § 41 StGB nicht ins Auge gefaßt und über den Angeklagten innerhalb des Strafrahmens des § 201 Abs. 2 StGB eine schuld- und auch tatangemessene Strafe verhängt, die sich demnach nicht als reduzierungsbedürftig erweist.

Wenn auch vom Erstgericht hinsichtlich des Angeklagten Ü***** die Strafzumessungsgründe nicht vollständig erfaßt wurden, weil diesem Angeklagten weiters als mildernd zugutegehalten werden muß, daß er von E***** zur Mittäterschaft bestimmt worden war, erweist sich die über ihn unter Anwendung des § 43 a Abs. 2 StGB verhängte Strafe auch unter Berücksichtigung dieses neu hinzugekommenen Milderungsumstandes dennoch als der Schuld des Angeklagten und dem Unwert der Tat angemessen.

Wie schon das Erstgericht richtig erkannte, bedarf es beim Angeklagten Ü***** des Ausspruchs der Strafe, um zum einen der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken, indem zum Ausdruck gebracht wird, daß bei einem aggressiven Angriff auf die sexuelle Selbstbestimmung, wie er vorliegend dem Berufungswerber zur Last liegt, auch bei Jugendlichen mit der Verhängung einer (spürbaren) Strafe zu rechnen ist, und zum anderen, um den ersichtlich leicht beeinflußbaren Angeklagten von der Begehung weiterer strafbarer Handlung abzuhalten. Ein Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe (§ 13 JGG) kommt daher nicht in Betracht, umso weniger ein Schuldspruch ohne Strafe (§ 12 JGG).

Aus den eben angeführten spezial- und generalpräventiven Erwägungen scheidet aber auch die Anwendung des § 43 Abs. 1 StGB aus.

Über die Rechtsmittel war demnach insgesamt spruchgemäß zu erkennen.

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