OGH 8Ob621/93

OGH8Ob621/9314.10.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon-Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.E.Huber, Dr.Jelinek, Dr.Rohrer und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl H*****, vertreten durch Dr.Ingeborg Reuterer, Rechtsanwalt in Wien (als Sachwalter), wider die beklagte Partei C*****gesellschaft mbH in Liquidation, vertreten durch Dr.Axel Friedberg, Rechtsanwalt in Wien, wegen Nichtigkeit von Verträgen (Streitwert S 500.000,--), infolge Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 25.Februar 1993, GZ 1 R 5/93-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 21.Oktober 1992, GZ 36 Cg 23/92-8, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, daß es zu lauten hat:

"1. Es wird festgestellt, daß die klagende Partei im Gefolge des Bestellungsbeschlusses der außerordentlichen Generalversammlung der beklagten Partei vom 29.6.1990 nicht Geschäftsführer der beklagten Partei geworden ist.

2. Das Mehrbegehren, es werde festgestellt, daß der anläßlich der außerordentlichen Generalversammlung der beklagten Partei vom 29.6.1990 gefaßte Beschluß auf Abtretung der voll und bar eingezahlten Geschäftsanteile:

a) des Herrn Gottfried Krotzmann in Höhe von S 495.000,--,

b) des Herrn Peter Moser in Höhe von S 5.000,--

je um einen Abtretungspreis von 1,-- S nichtig ist, wird abgewiesen.

Die Verfahrenskosten werden gegeneinander aufgehoben."

Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist nicht voll geschäftsfähig und benötigt zum Abschluß wichtiger Verträge die Zustimmung des ihm beigegebenen Sachwalters. Ohne Zustimmung des Sachwalters wurde der Kläger in der außerordentlichen Generalversammlung der Beklagten am 29.6.1990 zum allein zeichnungs- und vertretungsbefugten Geschäftsführer der Beklagten bestellt. Weiters wurde die Abtretung der Geschäftsanteile der bisherigen Gesellschafter an den Kläger mit dem Beisatz genehmigt: "Der Abtretungspreis soll je S 1,-- (in Worten: Schilling eins) betragen." Der Kläger ist als Liquidator der Beklagten im Firmenbuch des Erstgerichtes eingetragen.

Mit seiner am 27.1.1992 beim Erstgericht eingelangten Klage brachte der Kläger im wesentlichen diesen Sachverhalt vor und begehrte das Urteil, festzustellen, daß die anläßlich der außerordentlichen Generalversammlung der Beklagten am 29.6.1990 gefaßten Beschlüsse, und zwar: 1. Bestellung des Karl Hajek zum allein zeichnungs- und vertretungsbefugten Geschäftsführer der Beklagten, und 2. Abtretung der voll und bar eingezahlten Geschäftsanteile: a) des Herrn Gottfried Krotzmann in der Höhe von S 495.000,-- b) des Herrn Peter Moser in der Höhe von S 5.000,-- je um den Abtretungspreis von S 1,-- nichtig seien.

Die Beklagte stellte das Sachvorbringen außer Streit und brachte vor, daß der Kläger nicht zu dem im § 41 Abs.2 GmbHG genannten Personenkreis zähle, weshalb ihm die Aktivlegitimation fehle. Auch sei die Klage verfristet, weil der Beschluß am 29.6.1990 in das Protokollbuch eingetragen und am 26.7.1990 registriert worden sei. Es bestehe auch kein Anlaß zur Klageführung, da der Kläger nicht mehr Geschäftsführer der Beklagten sei und er seine Funktion als Liquidator jederzeit durch einfache Erklärung gegenüber dem Registergericht hätte beenden können. Parteien des Abtretungstretungsvertrages hinsichtlich der im Spruch genannten Geschäftsanteile seien die bisherigen Gesellschafter, nicht jedoch die Beklagte gewesen. Die Klage sei daher unschlüssig. Durch die Genehmigung in der Generalversammlung sei der Kläger nicht beschwert.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren vollinhaltlich statt, das Feststellungsinteresse gemäß § 228 ZPO des Klägers liege in beiden Fällen vor, da in seine Rechte eingegriffen worden sei.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte die Klagestattgebung in Ansehung der Feststellung der Nichtigkeit der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer der Beklagten, änderte die angefochtene Entscheidung jedoch im Punkt 2. dahin ab, daß es das Begehren auf Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses auf Abtretung der Geschäftsanteile der bisherigen Gesellschafter an den Kläger abwies. Das rechtliche Interesse des Klägers an der Anfechtung seiner Bestellung zum Geschäftsführer sei darin gelegen, daß im Falle einer Klagestattgebung der angefochtene Beschluß und die darauf basierende Eintragung ex tunc aufgehoben werde. Damit entfalle auch die Haftung des Klägers gemäß § 25 GmbHG für die Zeit zwischen der Bestellung zum Geschäftsführer und der (allfälligen) Löschung als Liquidator. Punkt 2. des Klagebegehrens sei jedoch wegen Unschlüssigkeit abzuweisen, da nach dem Inhalt des Protokolls über die außerordentliche Generalversammlung vom 29.6.1990 lediglich die Abtretung der Geschäftsanteile genehmigt, ein Beschluß auf Abtretung jedoch nicht gefaßt worden sei. Es könne auch nicht angenommen werden, daß der Kläger in Wahrheit nur diese Genehmigung habe anfechten wollen, weil er trotz entsprechenden Vorbringens in der Klagebeantwortung eine entsprechende Modifikation seines Begehrens unterlassen habe.

Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen beider Parteien. Die Rechtsmittel sind aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig, jedoch im Ergebnis nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 41 Abs.2 GmbHG kann unter den dort genannten Voraussetzungen jeder Gesellschafter die Nichtigerklärung eines Beschlusses der Gesellschafter mittels Klage verlangen. Gemäß Abs.3 sind auch die Geschäftsführer und der Aufsichtsrat, unter bestimmten Voraussetzungen jeder einzelne Geschäftsführer und jedes Mitglied des Aufsichtsrates, klageberechtigt. Die Beklagte gesteht selbst zu, daß der Kläger im Zeitpunkt der angefochtenen Beschlußfassung nicht Gesellschafter war. Er wurde auch - wie noch darzustellen sein wird - nicht wirksam zum Geschäftsführer bestellt, sodaß seine Klagelegitimation nach der genannten Gesetzesstelle zu verneinen ist. Entgegen der Ansicht der Beklagten bedeutet dies jedoch nicht, daß ihm überhaupt kein Klagerecht zustünde. Es kann nämlich nicht zweifelhaft sein, daß durch die - wenngleich unwirksame - Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer sowie die Eintragung dieser Tatsache ins Firmenbuch in seine Rechte eingegriffen wurde. Dieser unrichtigen durch die Registrierung in die Öffentlichkeit getragenen Behauptung einer Organstellung kann der Kläger daher auch außerhalb des Geltungsbereiches des § 41 GmbHG mit Klage begegnen (vgl. Reich-Rohrwig, GesmbHR 388 f).

Allerdings ist der Beklagten darin zuzustimmen, daß die Bestellung von Geschäftsführern ein zweiseitiger Akt ist, der der Zustimmung des in Aussicht genommenen Geschäftsführers bedarf. Erst mit der Annahme durch den Bestellten wird die Bestellung wirksam (Reich-Rohrwig aaO 95; Torggler, Die Rechtsstellung des GmbH-Geschäftsführers (I), GesRZ 1974, 4, hier: 5). Da sich aus der Klage ergibt, daß der Sachwalter des Klägers endgültig seine Zustimmung zur Geschäftsführerbestellung verweigert hat, liegt keine wirksame Bestellung vor. Der ohne Mitwirkung des Klägers zustande gekommene Gesellschafterbeschluß könnte allenfalls die Gesellschafter, jedoch nicht den Kläger binden, weshalb er nicht aus in der Person des Klägers gelegenen Gründen nichtig sein kann (vgl. Reich-Rohrwig aaO 388).

Das Gericht hat im Rahmen des geltend gemachten Rechtsgrundes jenen Sachverhalt zu beurteilen, den ihm die Parteien unterbreiten (SZ 42/138; RdW 1986, 272). Bei Beurteilung des geltend gemachten Streitgegenstandes ist aber nicht nur der Wortlaut des Klagebegehrens zu berücksichtigen; vielmehr ist auch auf das Tatsachenvorbringen, aus dem der Urteilsantrag abgeleitet wird, Bedacht zu nehmen (Fasching III 645). Ist aus dem Sachvorbringen die begehrte Leistung einwandfrei ableitbar, dann darf und soll das Gericht dem Klagebegehren eine klare und deutliche Fassung geben, selbst wenn es damit vom Wortlaut des Begehrens abweicht; dies gilt auch noch im Stadium des Rechtsmittelverfahrens (Fasching III 646; SZ 46/89; GesRZ 1988, 229; 2 Ob 524/92 = RdW 1992, 209). Dem Sachvorbringen der Klage, daß der Sachwalter seine erforderliche Zustimmung zu den Vereinbarungen nicht erteilt habe, ist das Begehren des Klägers klar und unzweideutig dahingehend zu entnehmen, daß er im Gefolge des Beschlusses der außerordentlichen Generalversammlung nicht wirksam zum Geschäftsführer bestellt wurde. In diesem Sinne war daher der Spruch der angefochtenen Entscheidung zu modifizieren.

Es ist nicht näher zu untersuchen, ob der Kläger berechtigt wäre, aufgrund eines klagestattgebenden Urteiles die Löschung der Eintragung als Geschäftsführer oder Liquidator zu beantragen (nach Lehre und Rechtsprechung hat der Geschäftsführer in Handelsregistersachen wie überhaupt in Angelegenheiten der außerstreitigen Handelsgerichtsbarkeit grundsätzlich keine Parteistellung (Reich-Rohrwig aaO 784; GesRZ 1984, 219), denn sein Feststellungsinteresse gemäß § 228 ZPO reicht über jenes an der bloßen Löschung der unrichtigen Eintragung hinaus. Es ergibt sich ohne weiteres allein schon aus der im § 25 GmbHG normierten Haftung des Geschäftsführers. Es muß daher auch nicht geprüft werden, ob der Kläger mit einer auf Löschung der Eintragung gerichteten Klage nicht ebenfalls sein Rechtsschutzziel hätte erreichen können. Bei dieser Sachlage vermag es auch nicht zu schaden, daß der Kläger in der Klage das Interesse nicht ausdrücklich ausgeführt hat (vgl. EvBl. 1965/203). Die mangelnde Stichhaltigkeit des Einwandes der Beklagten, der Kläger hätte jederzeit die Löschung beim Registergericht beantragen können - abgesehen von der Frage der Legitimation - nicht stichhältig ist, hat bereits das Gericht zweiter Instanz zutreffend dargelegt.

Dem Gericht zweiter Instanz kann jedoch insoweit nicht gefolgt werden, als es vermeint, daß Punkt 2. des Urteilsbegehrens tatsächlich auf die Nichtigerklärung der Abtretung der Geschäftsanteile gerichtet wäre. Vielmehr richtet sich das Begehren nach dem Klagevorbringen auf die Nichtigerklärung der Genehmigung der Abtretung. Aus den bereits dargelegten Gründen kann aber auch der Beschluß der Generalversammlung auf Zustimmung zur Übertragung der Geschäftsanteile nicht mit Nichtigkeit behaftet sein, sondern nur die Abtretungsverträge zwischen den Gesellschaftern und dem Kläger. Allerdings ist in diesem Falle eine Umdeutung des Klagebegehrens etwa dahin, daß festgestellt werde, der Kläger sei nicht Gesellschafter der Beklagten, nicht möglich, da es am erforderlichen Sachvorbringen mangelt. Hier ist nämlich das Feststellungsinteresse des Klägers nicht ohne weiteres erkennbar, zumal weder vorgebracht ist noch dem Protokoll der außerordentlichen Generalversammlung entnommen werden kann, ob überhaupt Abtretungsverträge geschlossen wurden. Die im Protokoll gewählte Formulierung läßt vielmehr den Schluß zu, daß lediglich die beabsichtigte Abtretung genehmigt wurde.

Es war daher beiden Revisionen ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 43 Abs.1 ZPO.

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