OGH 12Os124/93

OGH12Os124/937.10.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.Oktober 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Mag.Strieder, Dr.Mayrhofer und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Mazzolini als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Andreas S***** wegen des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15 Abs. 1, 201 Abs. 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 4.Juni 1993, GZ 12 Vr 1204/91-19, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugemittelt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 24.Dezember 1968 geborene Andreas S***** wurde der Verbrechen

(1) der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15 Abs. 1, 201 Abs. 2 StGB und (2) des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Demnach hat er am 7.Februar 1991 in Attnang-Puchheim

(1) dadurch, daß er Tanja N***** in seinem Zimmer einsperrte, sie auf sein Bett warf, sich auf den Bauch des Mädchens setzte und mit beiden Knien ihre Oberarme auf das Bett drückte, ihr die Hose und Unterhose herunterriß und versuchte, sein Glied in ihre Scheide einzuführen, eine Person mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs zu nötigen versucht und

(2) durch die zu (1) geschilderte Handlung mit der am 31.Oktober 1977 geborenen, sohin unmündigen, Tanja N***** den Beischlaf unternommen.

Rechtliche Beurteilung

Seine dagegen aus § 281 Abs. 1 Z 4 und 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde er durch die Ablehnung des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Einvernahme des Gendarmeriebeamten K***** zum Beweis dafür, daß die Zeugin Tanja N***** den Angeklagten nur deshalb fälschlich belastet habe, um von den ihr vorgeworfenen Ladendiebstählen abzulenken, und auf ergänzende Begutachtung (dieser Zeugin) durch die Sachverständige Dr.H***** zum Beweis dafür, daß es auf Grund der vom Zeugen K***** geschilderten Vernehmungssituation "sehr wohl denkbar ist, daß die Zeugin N***** lediglich von den ihr gegenüber erhobenen Vorwürfen ablenken wollte" (S 193), in seinen Verteidigungsrechten nicht geschmälert. Vielmehr ist dem ablehnenden Zwischenerkenntnis (S 195) darin beizutreten, daß es sich bei dem Begehren ersichtlich um einen unzulässigen Erkundungsbeweis handelt, ganz abgesehen davon, daß Meinungen über innere Vorgänge in anderen Personen - hier: des Zeugen K***** über Motive der Zeugin N***** - keine beweisfähigen Tatsachen darstellen (siehe Mayerhofer-Rieder StPO3 § 270 Nr. 133 a).

Den Ausführungen der Mängelrüge (Z 5) zuwider setzten sich die Tatrichter - im Sinne des gesetzlichen Auftrages zur Urteilsbegründung in gedrängter Darstellung (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) - ausreichend mit den Aussagen der Zeugen Erika S***** und Edmund R***** auseinander, wonach Tanja N***** den Angeklagten zwischen der Tatzeit und der Zeit der Anzeigeerstattung in gleicher Weise wie vorher besucht und sich in ihrem äußeren Verhalten gegenüber diesem keine Veränderung gezeigt habe. Daß das Mädchen im besagten Zeitraum beim Angeklagten in der Wohnung war, legt auch der Schöffensenat als möglich zugrunde (US 13). Die bloß allgemein gehaltenen Angaben der beiden Zeugen, wonach ihnen keine Veränderungen aufgefallen seien, können - anders als umgekehrt etwa konkrete Angaben über Verhaltensänderungen, die möglicherweise als Belastungsindizien zu werten gewesen wären - nicht als wesentliche Hinweise für eine Entlastung angesehen werden. Nur mit solchen hatte sich der Schöffensenat aber auseinanderzusetzen, wogegen es - im Sinne der angeführten gesetzlichen Begründungsvorschrift - nicht verpflichtet war, den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen wie überhaupt sämtlicher Verfahrensergebnisse zu erörtern und darauf zu untersuchen, wieweit sie für oder gegen diese oder jene Darstellung sprechen (EvBl. 1972/17).

Dem Beschwerdeeinwand, der Schöffensenat habe nicht erörtert, daß Tanja N***** nach dem Zurückkommen ihres Freundes Walter S***** die Wohnung des Angeklagten nicht sofort verlassen, sondern dessen Sohn noch das Flascherl gegeben habe, genügt es zu entgegnen, daß im Urteil ohnehin konstatiert wird, das Mädchen habe nach dem Erscheinen ihres Freundes erst "später" mit diesem die Wohnung des Angeklagten verlassen (US 7). Im übrigen ist dieser Umstand bei der gegebenen Sachlage offenbar ohne Bedeutung, weil die Erstrichter ersichtlich von der Annahme ausgingen, daß Tanja N***** gegenüber S***** den Vorfall zunächst geheimhalten wollte.

Angesichts des namentlich zur Frage einer allfälligen Konfabulationsneigung der Tanja N***** eingeholten Sachverständigengutachtens und dessen, daß die Angaben des Mädchens zum "Kerngeschehen" (US 9 und 12) im wesentlichen konstant blieben, konnte nach der Begründungsregel des § 270 Abs. 2 Z 5 StPO (siehe oben) eine Erörterung der Depositionen des Zeugen Walter Schneider (S 86 f), wonach Tanja N***** nicht immer bei der Wahrheit geblieben sei, und der Zeugin Tatjana N***** (S 102), Lehrer ihrer Schwester Tanja hätten zu Hause angerufen, weil Tanja zu Hause nicht "die ganze Wahrheit erzählt", sanktionslos unterbleiben.

Soweit der Beschwerdeführer aber eine Auseinandersetzung der Tatrichter mit der Aussage der Zeugin Erika S***** vermißt, Tanja N***** habe wiederholt sexuelle Erlebnisse erfunden, um damit anzugeben, übersieht er die diesbezügliche Urteilspassage (US 12).

Da sich die Nichtigkeitsbeschwerde sohin zur Gänze als offenbar unbegründet erweist (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO), war sie schon in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen.

Über die Berufung wird der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz abzusprechen haben (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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