OGH 6Ob609/93

OGH6Ob609/9322.9.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Schiemer und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Friedrich K***** und 2. Rosa K*****, beide vertreten durch Dr.Ernst Maiditsch und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach *****verstorbenen Gerhard K*****, vertreten durch die erbserklärten Erben 1. Isabella K*****, 2. mj.Susanne K*****, 3. mj.Gerhard K***** und 4. mj.Ulrike K*****, die Minderjährigen vertreten durch den Kollisionskurator Erwin P*****, alle vertreten durch Dr.Siegfried Rack und Dr.Franz Grauf, Rechtsanwälte in Völkermarkt, wegen Aufhebung eines Übergabsvertrages (Streitwert 1 Million Schilling), infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 9.März 1993, GZ 1 R 231/92-37, womit das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 5.August 1992, GZ 20 Cg 98/91-27, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Kläger begehren die Aufhebung des zwischen ihnen und ihrem am 25.1.1990 verstorbenen Sohn Gerhard K***** am 27.7.1989 abgeschlossenen ihren Erbhof betreffenden Übergabsvertrages. Als Gegenleistung für die Übergabe der Liegenschaften habe sich Gerhard K***** verpflichtet, umfangreiche Auszugsleistungen zu erbringen. Es habe dem ausdrücklichen Wunsch der Kläger entsprochen, daß ihr Sohn den Hof in ihrem Sinne weiterführen solle und sie von ihm die höchstpersönliche Erfüllung der Gegenleistungen erwarteten. In einem mit der Tochter der Kläger Friederike K***** ebenfalls am 27.7.1989 abgeschlossenen Vertrag auf Übergabe einzelner Liegenschaften sei für den Fall, daß der Sohn Gerhard K***** nicht imstande sei, die Gegenleistungen zu erbringen, vereinbart worden, daß die Verpflichtung der Altenbetreuung nicht die Rechtsnachfolger des Gerhard K*****, sondern dessen Schwester Friederike treffen sollte. Diese Vorgangsweise sei gewählt worden, weil die Kläger schon damals ein gespanntes Verhältnis zu ihrer Schwiegertochter gehabt hätten und sie eine Betreuung durch diese nicht gewünscht hätten. Es sei ausdrücklich vereinbart worden, daß die Übergabe und Übernahme des Hofes in Besitz und Genuß des Übernehmers erst zum 31.12.1991 erfolgen sollte. Durch den unerwarteten plötzlichen Tod des Übernehmers Gerhard K***** sei die Geschäftsgrundlage weggefallen. Es sei die persönliche Führung des Hofes und die persönliche Betreuung durch Gerhard K*****, dessen Vermögensverhältnisse auch Voraussetzung für den Abschluß des Rechtsgeschäftes gewesen seien, weggefallen. Die Schwiegertochter, die über keinerlei landwirtschaftliche Kenntnisse verfüge und mit der an ein gemeinsames Zusammenleben nicht zu denken sei, verweigere jeden Kontakt mit den Klägern und hindere auch ihre drei minderjährigen Kinder an Beziehungen zu den Großeltern. Sie weigere sich beharrlich den Hof zu betreten. Eine persönliche Führung der Wirtschaft durch sie komme nicht in Betracht. Sie habe den Hof verpachtet und werde dies auch in Zukunft tun. Die Kläger hätten aus all diesen Gründen im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens am 7.6.1990 den Rücktritt vom Vertrag erklärt, ihren drei minderjährigen Enkelkindern jedoch großzügige Angebote auf Zahlung eines Geldbetrages von je S 250.000 und Übertragung je eines Baugrundstückes gemacht und sich auch bereit erklärt, den Hof einem von ihnen nach erlangter Großjährigkeit zu übertragen. Die Schwiegertochter habe aber alle Angebote abgelehnt. Bei Kenntnis der jetzigen Sachlage hätten die Kläger den Hof nicht übergeben. Die Kläger stützten ihr Klagebegehren auf die Bestimmungen der §§ 901, 572, 936, 948, 1052 und 871 ABGB sowie auf jeden anderen erdenklichen Rechtsgrund.

Die Beklagte wendete ein, die Übergabe des Hofes erst mit 31.12.1991 sei nur vereinbart worden, weil die Zweitklägerin vor diesem Zeitpunkt noch keinen Pensionsanspruch gehabt habe. Eine höchstpersönliche Erfüllung der Gegenleistungen durch den Übernehmer sei nicht vereinbart worden; diese sollte vielmehr nach dem Wortlaut des schriftlichen Vertrages auf die Rechtsnachfolger übergehen. Das Einvernehmen mit der Schwiegertochter der Kläger sei bis zur Erklärung des Vertragsrücktrittes gut gewesen. Die erbserklärten Erben nach Gerhard K***** seien bereit, alle sie aus dem Übergabsvertrag treffenden Verpflichtungen nach Kräften zu erfüllen.

Das Erstgericht gab der Klage statt und erklärte den zwischen den Klägern und dem am 25.1.1990 verstorbenen Gerhard K***** abgeschlossenen Übergabsvertrag vom 27.7.1989 für aufgehoben. Es traf folgende wesentliche Feststellungen:

Mit Übergabsvertrag vom 27.7.1989 übertrugen die Kläger ihrem Sohn Gerhard K***** die Liegenschaften EZ 25 und 45 je KG K***** mit Ausnahme bestimmt bezeichneter Grundstücke, welche mit Vertrag vom selben Tag der Tochter Friederike K***** übertragen wurden, im Gesamtausmaß von rund 32 ha. Die Übergabe und Übernahme sollte erst mit Ablauf des 31.12.1991 erfolgen, weil die Zweitklägerin erst zu diesem Zeitpunkt einen Pensionsanspruch erwarb. Der Übernehmer verpflichtete sich in Punkt 4. des Vertrages mit Wirksamkeit auch für seine Rechtsnachfolger, den Übergebern ab dem Eigentumsübergang eine Reihe von Auszugsleistungen zu erbringen (Wohnrecht, vollständige Pflege und Betreuung, Verpflegung, Holzschlägerungsrechte) und in Punkt 5. wie bisher unter Berücksichtigung seiner eigenen Berufspflichten (als angestellter Vertreter des Raiffeisenverbandes) seine Arbeitskraft auch bis zum tatsächlichen Besitzübergang dem Hof zu widmen.

Mit Übergabsvertrag ebenfalls vom 27.7.1989 übergaben die Kläger ihrer Tochter Friederike K***** Grundstücke im Ausmaß von insgesamt 5,83 ha. Die Übergabe sollte ebenfalls erst zum 31.12.1991 erfolgen, wurde aber in einem Nachtrag auf den 27.2.1989 gegen Übernahme der Kosten des dadurch eintretenden Pensionsminderungsanspruches der Zweitklägerin vorverlegt. Friederike Kummer verpflichtete sich, die Übergeber entsprechend ihrem jeweiligen Alters- und Gesundheitszustands zu pflegen und zu betreuen und alle Handreichungen und Verrichtungen zu übernehmen, dies allerdings nur insoweit, als der in erster Linie hiezu verpflichtete Gerhard K***** nicht imstande sei, diese Leistungen zu erbringen.

Der Übernehmer Gerhard K***** hatte am 13.5.1978 Isabella K***** geheiratet. Der Ehe entstammen drei noch minderjährige Kinder. Von Juni 1978 bis Oktober 1978 wohnte Gerhard K***** mit seiner Frau auf dem Hofe seiner Eltern. Wegen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Klägern und der Schwiegertochter übersiedelte das Ehepaar zu den Eltern von Isabella K***** nach Reifnitz, wohnte aber von September 1980 bis April 1981 wieder auf dem Hof der Kläger. Das Verhältnis der Kläger zu ihrer Schwiegertochter, die keine landwirtschaftliche Ausbildung hat und in der Landwirtschaft auch nie mitarbeitete und überdies kontaktarm war, war kühl. Die Übersiedlung nach Reifnitz erfolgte über ihr Betreiben. Ihre weiteren Kontakte zu den Klägern, auch mit den Kindern, beschränkten sich auf Kurzbesuche. Gerhard K*****, der nach Maßgabe seiner Möglichkeiten in der Landwirtschaft immer mitgeholfen hatte, hatte trotz des abgeschlossenen Übergabsvertrages seinen Beruf als Vertreter beim Raiffeisenverband nicht aufgegeben und beabsichtigte, die Landwirtschaft zumindest in der ersten Zeit nebenbei zu führen.

Die Frage der Hofübergabe wurde im Familienverband - die Kläger hatten drei Töchter und zwei Söhne - ausführlich erörtert. Da der zweite Sohn lieber sein Studium abschließen wollte und Friederike K*****, die immer in der Landwirtschaft ihrer Eltern tätig war, unverheiratet war und keine Kinder hatte und daher die spätere Weiterführung des landwirtschaftlichen Betriebes innerhalb der Familie gefährdet gewesen wäre, entschlossen sich die Kläger im Einvernehmen mit allen Kindern, den Hof Gerhard K***** zu übergeben. Es muß als Vertragsgrundlage festgestellt werden, daß die Kläger die Gegenleistungen durch Gerhard K***** persönlich, soweit dieser dazu in der Lage sei, erbringen lassen wollten. Die Übergeber waren der Meinung, daß ihr Sohn seine Frau schon dazu verhalten werde, für sie zu kochen; die übrigen Leistungen erwarteten sie von ihrem Sohn persönlich. Daher wurde im Übergabsvertrag mit Friederike K***** diese zur Erbringung der Gegenleistungen für den Fall verpflichtet, daß Gerhard K***** hiezu nicht in der Lage sei. Die Gegenleistungen, insbesondere Pflege und Wartung, hätten die Übergeber von ihrer Schwiegertochter nicht erwartet und auch nicht angenommen, weil es immer wieder zu Streitigkeiten mit ihr gekommen war. Gerhard K***** erklärte seinem Vater noch eine Woche vor seinem Tod, daß er auf den Hof übersiedeln werde, aber noch einige Schwierigkeiten mit seiner Frau habe, weil diese nicht recht wollte. Der endgültige Bruch mit der Schwiegertochter trat nach dem erklärten Vertragsrücktritt im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens ein. Zu diesem entschlossen sich die Kläger, weil ihnen zum einen zu Ohren gekommen war, daß die Mutter ihrer Schwiegertochter erklärt hatte, sollten Gegenleistungen aus dem Übergabsvertrag erforderlich sein, gebe es ja noch ein Altersheim und weil durch den Tod des Übernehmers die Gegenleistungen durch diesen nicht mehr erfüllt werden konnten. An ein Zusammenwohnen mit der Schwiegertochter, die auch ihre Kinder gegen die Großeltern beeinflußt und sich weigert, den Hof zu betreten, ist wegen der bestehenden Meinungsverschiedenheiten nicht zu denken. Ein Anbot der Kläger, die Kinder des Verstorbenen mit einem Grundstück und einer Geldsumme abzufinden und einem der Kinder nach erreichter Großjährigkeit die Hofübernahme anzubieten, lehnte deren Mutter ab. Die beiden Kläger haben sich in ihren Erwartungen geirrt und die Übergabe der Liegenschaft nur unter der Bedingung abgeschlossen, daß ihr Sohn persönlich ihr Nachfolger in der Landwirtschaft wird, diese auch persönlich führt und die Gegenleistungen soweit wie möglich unter Beihilfe seiner Frau erbringt. Gerhard K***** hatte die Bedingungen der Übernehmer, nämlich die persönliche Bewirtschaftung und persönliche Erbringung der Gegenleistungen, akzeptiert.

Mit Genehmigung des Pflegschaftsgerichtes wurde am 3.11.1991 ein Pachtvertrag abgeschlossen. Wegen der Weigerung der Kläger, den Pächter zu akzeptieren, wurde mit dem Pächter für das Jahr 1992 eine Einigung dahin erzielt, daß dieser lediglich einen Acker von 7,22 ha bewirtschaftet, während die übrige Liegenschaft von den Klägern weiter bewirtschaftet wird.

Der gesamte Erbhof hat ohne Belastungen und Schulden einen Verkehrswert von S 6,607.500.

Der Ertragswert errechnet sich mit S 2,111.250,--

der Wert des derzeit landwirtschaftlich

genutzten Baulandes beträgt S 380.000,--

an Barmitteln und frei verfügbarem

schlagbarem Holz sind 300 fm vorhanden,

deren Wert beträgt S 173.400,--

S 2,664.650,--

die Ausgedingeleistungen sind zu be-

werten mit S 832.900,--

die Holzschlägerungsverpflichtung

mit S 57.800,--

die Schulden betragen S 615.065,--

S 1,505.765,--

der Übernahmspreis der Liegenschaft

beträgt demnach S 1,158.885,--

Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Kläger seien beim Abschluß des Übergabsvertrages einem Motivirrtum unterlegen, der es ihnen nach § 901 ABGB wegen Überwiegens des Schenkungsteiles gegenüber den entgeltlichen Gegenleistungen ermögliche, den Vertrag anzufechten. Es sei davon auszugehen, daß die Übergeber bei Vertragsabschluß davon ausgegangen seien, ihr Sohn werde, wenn auch unter teilweiser Einbindung seiner Frau (was das Kochen anlange) die landwirtschaftlichen Arbeiten und die Gegenleistungen laut Vertrag persönlich erbringen. Dies sei Vertragsgrundlage gewesen. Durch die zweifache Absicherung der Gegenleistungen in den beiden Übergabsverträgen stehe auch fest, daß die Übergeber ihre Schwiegertochter von der Erbringung der Gegenleistungen ausschließen wollten und den Hof ihrem Sohn niemals übergeben hätten, hätten sie gewußt oder daran gedacht, daß dieser vorversterbe. Der Beweggrund könne auch konkludent zur Bedingung gemacht werden und Gerhard K***** habe die Bedingung der Übernehmer, nämlich die persönliche Bewirtschaftung und persönliche Erbringung der Gegenleistungen, akzeptiert. Überdies habe Isabella K***** zu erkennen gegeben, daß sie zur Erfüllung des Übergabevertrages nicht bereits sei, nicht auf den Hof ziehen und die Gegenleistungen nicht erfüllen werde. Sie sei damit mit der Erfüllung ihrer Verpflichtungen in Verzug geraten. Der Vertrag könne auch wegen der Unsicherheit der Erfüllung angefochten werden (§ 1052 ABGB), weil er von den Rechtsnachfolgern des Übernehmers nicht erfüllt werde.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das Ersturteil im Sinne einer Klageabweisung ab. Die von den Berufungswerbern als unrichtig gerügten, durch den Sachverständigen ermittelten Werte des Erbhofes und auch der vereinbarten Gegenleistungen seien für die Beurteilung der Rechtssache nicht entscheidend. Es komme vielmehr nur darauf an, ob Isabella K***** und ihre drei minderjährigen Kinder als Rechtsnachfolger im Sinne des Punktes 4. des Übergabsvertrages anzusehen seien. Die Feststellungen des Erstgerichtes besagten, daß zwar die Kläger die Erbringung der Gegenleistungen durch ihren Sohn persönlich erwartet hätten. Damit sei aber nicht erwiesen, daß der Wille beider Vertragsparteien die Nichteinbeziehung der Isabella K***** umfaßt habe. Ein bäuerlicher Übergabsvertrag könne wegen seiner Natur und seines Zweckes, soweit nichts anderes vereinbart sei, auch aus wichtigen Gründen nicht aufgelöst werden. Ein Rücktrittsrecht gemäß § 918 ABGB komme nach bücherlicher Durchführung des Vertrages nach ständiger Rechtsprechung nicht in Betracht, soferne nicht ein Rücktrittsvorbehalt in den Vertrag aufgenommen worden sei. Die individuellen Voraussetzungen, deren Wegfall als Geschäftsgrundlage in § 901 ABGB geregelt seien, seien nur insoweit bedeutsam, als die Parteien durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung die Wirkungen des Geschäftes vom Vorhandensein der vorausgesetzten Sachlage abhängig gemacht hätten. Die Kläger hätten nicht behauptet, daß ausdrücklich die persönliche Bewirtschaftung der Landwirtschaft und die persönliche Erbringung der Gegenleistungen durch ihren Sohn vereinbart worden sei, sondern bloß vorgebracht, dies sei ihr Wunsch und ihre Erwartung gewesen. Aus dem notariellen Übergabsvertrag gehe unmißverständlich hervor, daß sich der Übernehmer auf Anweisung der Übergeber verpflichtet habe, mit Rechtswirksamkeit auch für seine Rechtsnachfolger im Eigentum des übergebenen Betriebes ab dem Tage des Eigentumsüberganges den Übergebern die in Punkt 4. festgehaltenen Rechte einzuräumen und Verpflichtungen zu übernehmen. Selbst wenn die Kläger den Wunsch oder das Motiv gehabt haben sollten, daß ihr Sohn den Betrieb persönlich führen und ihnen die Gegenleistungen persönlich erbringen solle, spreche der Wortsinn der Vereinbarung dafür, daß sie diesen Wunsch oder Beweggrund nicht zum Ausdruck gebracht hätten. Die dem Übernehmer erkennbare Absicht der Kläger sei dahin gegangen, daß auch Rechtsnachfolger die Auszugsleistungen erbringen könnten. Diese "einfache" Vertragsauslegung führe zu dem eindeutigen Ergebnis, daß der Wille der Parteien - die dem Übernehmer erkennbare Absicht der Eltern - dahin gegangen sei, auch Rechtsnachfolger des Übernehmers in den Vertrag einzubeziehen. Dafür spreche auch die Aussage des vertragserrichtenden Notars. Von einem Verzug auf Seiten der Isabella K***** und ihrer drei Kinder könne keine Rede sein, weil bisher weder eine Übergabe des Gutes durch Besitzüberlassung noch eine Verbücherung der Eigentumsrechte erfolgt sei. Im übrigen hätten die Genannten bisher nur eine bedingte Erbserklärung abgegeben. Eine Einantwortung sei noch nicht erfolgt, sodaß Verpflichtungen derzeit nur die Verlassenschaft treffen könnten.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000 übersteigt und die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil dem Berufungsgericht eine erhebliche Verletzung von Verfahrensvorschriften, die der Wahrung der Rechtssicherheit dienen, unterlaufen ist und auch seine rechtliche Beurteilung nicht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entspricht. Die Revision ist auch im Sinne des gestellten Antrages auf Aufhebung des Berufungsurteiles berechtigt.

Das Berufungsgericht ist ohne Beweiswiederholung und in Verletzung des § 488 Abs 4 ZPO von den Feststellungen des Erstgerichtes abgewichen. Zunächst trifft es nicht zu, daß die Kläger nicht vorgebracht hätten, die persönliche Führung der Landwirtschaft und die persönliche Erbringung der Ausgedingeleistungen durch ihren Sohn sei vereinbart worden (vgl hiezu nur den vorbereitenden Schriftsatz der Kläger ON 24). Das Erstgericht hat nicht festgestellt, daß diese Umstände nur ein Motiv der Kläger gewesen, sondern daß sie dem Übergabsvertrag zugrunde gelegt worden seien und daß Gerhard K***** die Bedingung der Übergeber, nämlich die persönliche Bewirtschaftung und die persönliche Erbringung der Gegenleistungen, akzeptiert habe (S 37 des Ersturteiles). Das Erstgericht hat seine Feststellungen zum Parteiwillen nicht nur durch Auslegung der beiden schriftlichen Übergabsverträge, sondern vor allem aufgrund der Aussagen einer Vielzahl unmittelbar vernommener Zeugen und der Kläger getroffen. Es geht daher nicht an, daß das Berufungsgericht ohne Beweiswiederholung und in Verletzung des § 488 Abs 4 ZPO lediglich durch "einfache Vertragsauslegung", in welche nicht einmal der zweite Übergabsvertrag der Kläger mit ihrer Tochter Friederike einbezogen wurde, und durch das wahllose Herausgreifen nur eines Teiles der Aussage eines einzigen Zeugen von einem Sachverhalt ausgeht, der von den Feststellungen des Erstgerichtes über den Parteiwillen abweicht. Mit der Feststellung, daß dem Vertrag nicht nur die persönliche Erbringung der Ausgedingeleistungen, sondern auch die persönliche Führung der Landwirtschaft (also doch wohl unter Ausschluß einer vollständigen Verpachtung, zu der die Rechtsnachfolger des Übernehmers gezwungen wären) zugrunde gelegen sei, hat sich das Berufungsgericht überhaupt nicht auseinandergesetzt.

Es entspricht zwar der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß ein Vertragsrücktritt bei einem bäuerlichen Übergabsvertrag nach der Übergabe der Liegenschaft an den Übernehmer nicht mehr möglich ist und die Möglichkeit eines Rücktrittes vom Vertrag gemäß § 918 ABGB nicht erst mit der bücherlichen Durchführung, sondern bereits mit dem Zeitpunkt der Besitzübertragung an den Übernehmer endet, es sei denn, im Vertrag wäre etwas anderes vereinbart worden und daß eine solche Vereinbarung nicht ausdrücklich getroffen werden muß, sondern sich auch schlüssig aus dem Inhalt der Vereinbarung in ihrer Gesamtheit ergeben kann (SZ 50/166 mwN; JBl 1988, 108 ua). Das Berufungsgericht hat aber nicht beachtet, daß im vorliegenden Fall nicht nur die Einverleibung des Eigentumsrechtes zu Gunsten des Übernehmers, sondern auch die Besitzübertragung zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung noch nicht erfolgt ist. In einem solchen Fall ist bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 918 ABGB auch bei bäuerlichen Übergabsverträgen ein Vertragsrücktritt möglich.

Selbst wenn sich im fortgesetzten Verfahren ergeben sollte, daß die persönliche Führung der Landwirtschaft und die persönliche Erbringung der Gegenleistungen nicht gemeinsame Vertragsgrundlage sowohl der Übergeber als auch des Übernehmers gewesen sein sollte - hier wird auch zu beachten sein, daß sich eine solche Vereinbarung nicht nur ausdrücklich, sondern auch schlüssig aus dem Inhalt der Vereinbarungen in ihrer Gesamtheit und dem Verhalten der Parteien ergeben kann (§ 863 ABGB) -, sondern nur dem Übernehmer nicht erkennbares Motiv der Kläger, ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes der Wert der gegenseitig vereinbarten Leistungen entscheidend: Auch ein bäuerlicher Übergabsvertrag, bei welchem nicht der Verkehrswert, sondern der Wohlbestehenswert als Wert des zu übergebenen Gutes anzusetzen ist, kann eine gemischte Schenkung darstellen und ist dem für Schenkung geltenden Recht zu unterstellen, somit auch der Beachtlichkeit des Motivirrtumes (vgl hiezu ausführlich SZ 48/9), wenn der Schenkungsteil gegenüber den vereinbarten Gegenleistungen deutlich überwiegt (Schubert in Rummel ABGB2 Rz 9 und 9 a zu § 938 mwN). Die Beklagte hat in ihrer Berufung die Bewertung der Liegenschaft ebenso bekämpft wie die Kläger den Wert der Gegenleistung in der Revision. (Dies ist zulässig, weil sie in erster Instanz obsiegt haben.) Das Berufungsgericht wird im fortgesetzten Verfahren daher auch die Mängel- und Beweisrügen hiezu zu behandeln haben, sollte sich nicht ohnedies herausstellen, daß die persönliche Führung der Landwirtschaft und die persönliche Erbringung der Gegenleistungen gemeinsame Vertragsgrundlage waren.

Der Revision war daher im Sinne des gestellten Aufhebungsantrages Folge zu geben.

Der Ausspruch über den Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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