Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:
"Es wird festgestellt, daß der jeweils zwischen den Klägern einerseits und der beklagten Partei andererseits im Rahmen der jeweiligen Dienstverhältnisse vertraglich vereinbarte Ruhegenuß auch im Zeitraum vom 1.April 1989 bis 31.Dezember 1990 der jeweils vertraglich vereinbarten Wertsicherungsklausel (Vereinbarung der Wertbeständigkeit des Ruhegenusses) unterliegt.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 161.495,49 S bestimmten Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz (darin enthalten 16.896,04 S USt und 160 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."
Die beklagte Partei ist weiter schuldig, den klagenden Parteien die mit 79.556,39 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 13.246,05 S USt und 80 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger waren leitende Angestellte der Beklagten. Sie beziehen seit dem Übertritt in den Ruhestand von der Beklagten aufgrund privatrechtlicher Pensionsverträge einen - mit 80 % des letzten Bruttobezuges begrenzten - Ruhebezug, der nach dem vom Österreichischen Statistischen Zentralamt monatlich verlautbarten Verbraucherpreisindex für einen städtischen Arbeitnehmerhaushalt durchschnittlicher Größe und durschnittlichen Einkommens wertgesichert ist. Jeweilige Schwankungen der Indexzahl nach oben oder unten bis ausschließlich 5 % bleiben unberücksichtigt. Der Ruhebezug gebührt 14 mal jährlich. Die den Ruhegenußberechtigten zufließende ASVG-Pension ist auf den Ruhegenuß voll anzurechnen.
Mit Schreiben vom 29.3.1989 teilte die Beklagte den Klägern mit, daß die angespannte wirtschaftliche Lage des Unternehmens dazu geführt habe, daß es (als Gesellschaft des ÖIAG-Konzerns) Mittelzuführungen im Sinne des ÖIAG-Finanzierungsgesetzes 1987 (BGBl 1987/298) in Anspruch habe nehmen müssen. Gemäß Art I § 7 Abs 1 dieses Gesetzes seien in diesem Fall in betrieblichen oder einzelvertraglichen Vereinbarungen über Zusatzpensionen enthaltene Wertanpassungsklauseln bis zum 31.12.1990 nicht anzuwenden. Der Vorstand der Beklagten sei daher aufgrund dieser Gesetzeslage und der Auflagen des Eigentümers gezwungen, in der Zeit vom 1.April 1989 bis 31.Dezember 1990 keine Wertanpassungen der einzelvertraglichen Ruhebezüge vorzunehmen.
Die Kläger begehren die Feststellung, daß ihr vertraglich vereinbarter Ruhebezug auch in diesem Zeitraum der jeweils vertraglich vereinbarten Wertsicherung unterliege. Art I § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG sei auf Pensionsansprüche der Kläger nicht anzuwenden, weil ihre vertraglichen Ruhegenüsse keine Zusatzpensionen im Sinne dieses Gesetzes seien. Im übrigen sei aber die gesetzliche Regelung verfassungswidrig. Sie widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz, verstoße gegen das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums und lege den Klägern gegenüber (anderen) Beziehern von Zusatzpensionen ein unangemessenes Sonderopfer auf.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie setzte dem Begehren der Kläger Art I § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG entgegen, dessen Regelung auf den Fall der Kläger anzuwenden sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Vorliegens der Voraussetzungen des Art I § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG ab.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger nicht Folge. Gegen Art I § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG bestünden aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit keine Bedenken.
Rechtliche Beurteilung
Da der Oberste Gerichtshof Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung hatte, stellte er mit Beschluß vom 16.1.1991, 9 Ob A 311/90 gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 Abs 1 B-VG) an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, Art I § 7 Abs 1 ÖIAG-Finanzierungsgesetz 1987, BGBl 1987/298 als verfassungswidrig aufzuheben.
Mit Erkenntnis vom 30.Juni 1993, G 87/91-21, G 88/91-18 hob der Verfassungsgerichtshof im Sinne dieses Antrages Art I § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG 1987, BGBl 298 als verfassungswidrig auf und sprach aus, daß diese Gesetzesbestimmung nicht mehr anzuwenden ist und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten.
An diesen Spruch des Verfassungsgerichtshofes sind nach Art 140 Abs 7 Satz 1 B-VG alle Gerichte und Verwaltungsbehörden gebunden. Die Beklagte hat ihren Antrag auf Abweisung der Klage aussschließlich auf Art I § 7 Abs 1 ÖIAG-FinanzierungsG gegründet. Diese Bestimmung ist aber zufolge des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes bei Entscheidung über die vorliegende Klage nicht mehr anzuwenden. Damit erweist sich das Begehren der Kläger als berechtigt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Gemäß § 16 Z 1 lit a GGG beträgt die Bemessungsgrundlage für arbeitsrechtliche Streitigkeiten, soweit nicht ein Geldbetrag verlangt wird, 7.000 S. Gemäß TP 1 Z 8 GGG sind arbeitsrechtliche Streitigkeiten bei einem Wert des Streitgegenstandes bis 15.000 S gebührenfrei. Für die vorliegende Feststellungsklage waren daher in keiner Instanz Pauschalgebühren zu entrichten. Die in der Kostennote verzeichneten Gebühren, die die Kläger nach der Aktenlage auch tatsächlich entrichteten, waren daher nicht zuzusprechen.
Nach Beendigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof legten die Kläger eine ergänzende Kostennote und verzeichneten für ihre Beteiligung an diesem Verfahren (auf der Basis der AHR) Kosten im Betrag von 242.044,10 S. Ein Ersatz dieser Verfahrenskosten findet (im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof) nach § 27 Satz 1 VfGG nicht statt, weil dies in diesem Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Nur dann, wenn das Gesetzesprüfungsverfahren auf Antrag des Klägers eingeleitet worden wäre, wären ihm nach § 65 a VfGG im Falle des Obsiegens die erwachsenen Prozeßkosten vom Bund zu ersetzen. In Fällen, in denen jedoch das Gesetzesprüfungsverfahren - wie hier - auf Antrag eines Gerichtes eingeleitet wurde, vertrat der Verfassungsgerichtshof den Standpunkt, es werde Aufgabe des antragstelllenden Gerichtes sein, über einen allfälligen Kostenersatzanspruch nach den für sein Verfahren geltenden Vorschriften (zB § 41 ZPO) zu erkennen (VFSlg 7380, 8572, 8646, 8703; so auch Machacek, Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof 52).
Nach Fasching (Komm II 312) können Ansprüche auf Ersatz von Kosten, die in Verfahren vor anderen ordentlichen Gerichten oder Sondergerichten aufgelaufen sind, nur vor diesen Gerichten angesprochen werden, es sei denn, diese Gerichte seien nur aus Anlaß des gerichtlichen Verfahrens tätig geworden und ihre Tätigkeit sei zur zweckmäßigen Rechtsverfolgung des zivilrechtlichen Hauptanspruches erforderlich, so zB die Tätigkeit des Verfassungsgerichtshofes bei Entscheidung eines Kompentenzkonfliktes. Auch in ZPR2 Rz 461 zählt Fasching ua die Kosten des Verfahrens zur Entscheidung eines Kompetenzkonfliktes zu den im Verfahren über die Hauptsache wie Prozeßkosten zu behandelnden, also in das Kostenverzeichnis aufzunehmenden und nach den allgemeinen Regeln über den Prozeßkostenersatz zu ersetzenden Prozeßkosten. In der Entscheidung SSV-NF 5/2 sprach der Oberste Gerichtshof unter Berufung auf diese Rechtsprechung und Lehre aus, daß über die Kosten der Beteiligung an einem Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof über einen Gesetzesprüfungsantrag des Obersten Gerichtshofes anläßlich der Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens abzusprechen sei. Die obsiegenden Kläger haber daher gegenüber der Beklagten auch Anspruch auf Ersatz der durch die Prozeßführung verursachten, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten der Beteiligung ihres Rechtsanwaltes am Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof.
Welche Kosten als notwendig anzusehen sind, hat das Gericht nach § 41 Abs 1 ZPO bei Feststellung des Kostenbetrages ohne Zulassung eines Beweisverfahrens nach seinem unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände geleiteten Ermessen zu bestimmen. Nach Abs 2 dieser Bestimmung hat die Feststellung des Kostenbetrages, soweit das Maß der Entlohnung des Rechtsanwaltes oder sonst die Höhe der Kosten durch Tarife geregelt ist, nach diesen Tarifen zu erfolgen. Die ziffernmäßige Festlegung des Kostenbetrages liegt daher im Ermessen des gerichtes, das allerdings durch die Abs 2 und 3 ZPO eingeschränkt ist (Fasching, Komm II 324 f).
Für die Entlohnung des Rechtsanwaltes in Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof gibt es keine solche tarifliche Regelung. § 8 Abs 1 der Autonomen Honorar-Richtlinien, der das Honorar für anwaltliche Vertretung vor dem Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof festsetzt, ist kein Tarif im Sinne des § 41 Abs 2 ZPO, sondern nur eine Empfehlung der Rechtsanwaltskammern Österreichs sowie eine Richtlinie für die Prüfung der Angemessenheit verrechneter Honorare im Falle einer Begutachtung. Wegen der vergleichbaren Verhältnisse erscheint es angemessen, von dem Betrag auszugehen, der einer Person, die unmittelbar durch die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, im Falle ihres Obsiegens in einem auf ihren Antrag eingeleiteten Gesetzesprüfungsantrag nach § 65 a VfGG vom Bund bzw Land zu ersetzen ist (SSV-NF 5/2).
Seit 1.1.1989 spricht der Verfassungsgerichtshof für eine mündliche Verhandlung einen Pauschalbetrag von 12.500 S zuzüglich Umsatzsteuer und allfälligem Streitgenossenzuschlag nach § 15 RATG zu. Für Schriftsätze (abgesehen von der Beschwerde) werden Kosten in pauschaler Höhe von 1.250 S nur dann zuerkannt, wenn der Schriftsatz vom VfGH aufgetragen wurde. Der von den Klägern bevollmächtigte Rechtsanwalt vertragt in den mündlichen Verhandlungen vom 18.12.1992 und vom 18.3.1993. Vor der letzten Verhandlung erstattete er einen Schriftsatz; daß dem ein entsprechender Auftrag des Verfassungsgerichtshofes zugrunde gelegen wäre, ist nicht bescheinigt. Anspruch besteht daher nur auf Ersatz der Kosten für die Vertretung in den mündlichen Verhandlungen im Gesamtbetrag von 25.000 S zuzüglich 50 % Streitgenossenzuschlag und 20 % Umsatzsteuer sowie der Barauslagen für die Fahrt von 80 S.
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