OGH 6Ob574/93

OGH6Ob574/9322.9.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner Dr.Schiemer und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anna G*****, vertreten durch Dr.Maximilian Ganzert, Rechtsanwalt in Wels, wider die beklagte Partei Manfred G*****, vertreten durch Dr.Christian Slana und Dr.Günter Tews, Rechtsanwälte in Linz, wegen Rückübertragung (Streitwert S 69.000), infolge der Revisionen beider Streitteile gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 25.Februar 1993, GZ 13 R 58/92-37, womit infolge der Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 22.Juli 1992, GZ 1 Cg 88/90-29, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Beide Revisionen werden zurückgewiesen.

Die Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Streitteile haben am 29.4.1978 geheiratet. Mit Übergabsvertrag vom 20.12.1978 übertrugen die Eltern der Klägerin die EZ 39 KG S***** mit einem landwirtschaftlichem Betrieb. Die Eheleute, die übereingekommen waren, diesen als Nebenerwerbslandwirtschaft zu führen, errichteten am selben Tag mit Notariatsakt (Ehevertrag und Testament) eine besondere schon unter Lebenden wirksame Gütergemeinschaft, in welche die Klägerin die Liegenschaft einbrachte und dem Beklagten das Hälfteeigentum übertrug. Der Beklagte hatte S 304.000 in die Ehe eingebracht, die für Investitionen in den Betrieb verwendet wurden. In den folgenden Jahren tätigten die Eheleute darüber hinaus umfangreiche Investitionen - Neu- und Umbauten, Neuanschaffungen und Ersatz landwirtschaftlicher Geräte -, die aus dem Arbeitseinkommen des Beklagten, durch dessen persönliche Mitarbeit sowie jener seiner in der Landwirtschaft tätigen Frau und durch Unterstützung auch der Eltern der Klägerin finanziert wurden. Am 14.12.1987 schlossen die Streitteile einen Ehevertragsauflösungs- und Pachtvertrag, in welchem die errichtete besondere Gütergemeinschaft aufgehoben und vereinbart wurde, daß das bisher gütergemeinschaftliche Vermögen von nun an in gütergemeinschaftsfreiem ideellem Miteigentum stehe. Die übrigen Bestimmungen des Ehevertrages, insbesondere die letztwilligen Verfügungen, blieben aufrecht. Der Beklagte verpachtete seiner Frau die ihm gehörige Liegenschaftshälfte. Diese Konstruktion wurde nur deshalb gewählt, weil der Beklagte, der in den Wintermonaten regelmäßig arbeitslos war, bei Aufrechterhaltung des Ehevertrages und ohne Abschluß eines Pachtvertrages keine Arbeitslosenunterstützung erhalten hätte.

Am 10.11.1989 wurde die Ehe der Streitteile aus dem Alleinverschulden des Beklagten geschieden. Im Zuge des nachehelichen Aufteilungsverfahrens wurde ein Vergleich über das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse abgeschlossen und hinsichtlich der Ehewohnung, die im Rahmen des Vierkanthofes nach der Eheschließung ausgebaut worden war, vereinbart, daß diese der Klägerin unentgeltlich zur weiteren Benützung längstens bis zur Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft verbleibe. Beide Teile erklärten ausdrücklich, auf keine weiteren Rechte aus der Miteigentumsgemeinschaft zu verzichten.

Die Klägerin begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, der Übertragung des Hälfteeigentumes des auf der EZ 39 KG S***** geführten landwirtschaftlichen Betriebes an sie zuzustimmen und die Einwilligung zur Einverleibung des Hälfteeigentumes zu ihren Gunsten zu erteilen. Die Schenkung der Hälfte des landwirtschaftlichen Gutes sei unter der Voraussetzung des Aufrechtbleibens der Ehe und der Mitarbeit des Beklagten in der Landwirtschaft erfolgt. Die Investitionen im Betrieb hätten der Klägerin keinen Nutzen erbracht, weil keine Produktivitätssteigerung eingetreten sei. Hinsichtlich der Investitionen für die Ehewohnung liege Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges vor; diese seien vom Vergleich im Aufteilungsverfahren erfaßt.

Der Beklagte wandte ein, die Übertragung der Hälfte des landwirtschaftlichen Betriebes sei nicht schenkungsweise erfolgt, sondern für den Einsatz seiner in die Ehe eingebrachten Ersparnisse und die von ihm erbrachten und in Zukunft zu erbringenden Arbeitsleistungen. Wegen seiner (im einzelnen bezifferten) umfangreichen Aufwendungen und Arbeitsleistungen für die Liegenschaft stehe ihm jedenfalls ein Zurückbehaltungsrecht zu, das, sollte das Klagebegehren nicht gänzlich abgewiesen werden, nur zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung führen könne.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren Zug um Zug gegen Zahlung eines Betrages von S 727.935,10 unter Zugrundelegung des § 1266 ABGB statt.

Das Berufungsgericht verwarf die Berufung der Klägerin wegen Nichtigkeit (Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges), gab der Berufung des Beklagten teilweise Folge und änderte die Zug-um-Zug-Leistung auf einen Betrag von S 879.935,10 ab. Es führte zusammengefaßt rechtlich aus, auch wenn die Gütergemeinschaft vor der Ehescheidung mit Auflösungsvertrag aufgehoben worden sei, müssen dem Willen der Parteien entsprechend § 1266 ABGB analog angewendet werden. Der Schuldlose habe bei Scheidung der Ehe danach das Wahlrecht auf Aufhebung der Ehepakte; der andere Teile könne seine Ansprüche Zug um Zug und so das Rückbehaltungsrecht geltend machen. Bei Aufhebung der Ehepakte könne jeder die von ihm eingebrachten noch vorhandenen Sachen zurückverlangen. Der unabhängig vom Eingebrachten entstandene Gewinn werde entsprechend der vereinbarten Quote, in der Regel also zur Hälfte, verteilt. Wertänderungen am Eingebrachten infolge außergewöhnlicher Investitionen seien nach der ursprünglich vereinbarten Quote, also in der Regel halbteilig, zuzuweisen, und zwar bei Wertzuwachs an eingebrachten Gütern durch Geldausgleich. Wertsteigerungen, die auf gemeinsame Arbeit und Investitionen zurückzuführen seien, sollten jedem Ehegatten zur Hälfte zukommen. Durch die während der Ehe errichteten Bauwerke sei eine Werterhöhung im Umfang des Bauzeitwertes zum Zeitpunkt der Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft eingetreten, die jedem der vormaligen Ehepartner zur Hälfte anzurechnen seien. Gleiches gelte auch für den gegenüber dem Eingehen der Gütergemeinschaft neu angeschafften oder verbesserten Maschinenpark. Die Ansprüche des Beklagten führten, soweit sie als berechtigt festgestellt seien, nach § 471 ABGB zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes (halber Einheitswert gemäß § 60 Abs 2 JN) S 50.000 übersteige und die Revision zulässig sei, weil den behandelten Rechtsfragen - Zulässigkeit des streitigen Verfahrens, analoge Anwendung des § 1266 ABGB und Bemessung des Ausgleichsanspruches bei Aufhebung von Ehepakten - erhebliche Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes sind die Revisionen beider Streitteile nicht zulässig.

Das Berufungsgericht hat mit Beschluß die Berufung der klagenden Partei wegen Nichtigkeit verworfen, weil es ebenso wie das Erstgericht den Einwand der Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges für nicht berechtigt erachtete. Dieser Beschluß ist gemäß § 519 ZPO nicht anfechtbar, sodaß wegen eingetretener Rechtskraft eine Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht mehr möglich ist.

Den umfangreichen, durch Zitate belegten Ausführungen des Berufungsgerichtes zur analogen Anwendung des § 1266 ABGB (als der gegenüber der Irrtumsanfechtung, dem Wegfall der Geschäftsgrundlage und § 1435 ABGB spezielleren Regelung) auf eheliche Zuwendungen, soweit ihr Zweck dem von Ehepakten vergleichbar ist, ist ebenso beizupflichten wie den auf den Einzelfall angewendeten Aufteilungsgrundsätzen.

Der Oberste Gerichtshof hat in seiner jüngeren Judikatur mehrfach ausgesprochen, daß § 1266 ABGB analog anzuwenden ist, wenn der Zweck von Schenkungen dem von Ehepakten vergleichbar ist, einer Schenkung also ebenso wie dem Ehepakt die Erwartung zugrunde gelegen sein muß, die Ehe werde Bestand haben (SZ 48/9; 1 Ob 596/78; SZ 58/63; 4 Ob 503,504/86; 2 Ob 501/88). Er steht damit auch im Einklang mit der Lehre (Rummel, Schenkungen unter Ehegatten und Scheidung, JBl 1976, 626; derselbe: Wegfall des Rechtsgrundes und Zweckverfehlung als Gründe der Kondiktion nach § 1435 ABGB, JBl 1978, 449; Petrasch in Rummel ABGB2 Rz 1 zu § 1246; Koziol-Welser Grundriß9 I 351 und II 226 ua). Viel mehr noch als bei einer "bloßen Schenkung" unter Eheleuten mit einem Ehepakten vergleichbaren Zweck ist § 1266 ABGB anzuwenden, wenn, wie hier, ohnedies ein Ehepakt geschlossen und dieser nur deshalb noch vor der Scheidung wieder aufgelöst und schlichtes Miteigentum begründet wurde, weil die Eheleute daraus einen Vorteil gegenüber der öffentlichen Hand erwarteten, ohne aber die Zweckbestimmung ändern zu wollen.

Das Vorliegen eines Verfahrensmangels durch Verurteilung Zug um Zug (§ 405 ZPO) wurde schon vom Berufungsgericht verneint und kann daher in der Revision nicht mehr mit Erfolg aufgegriffen werden.

Da das Berufungsgericht auch die von Rechtsprechung und Lehre entwickelten Aufteilungsgrundsätze (vgl hiezu Petrasch aaO Rz 3 zu § 1266 mwN und Rummel, Zur Auswirkung der Ehescheidung auf die Gütergemeinschaft unter Lebenden, JBl 1968, 406 mwN) ausführlich dargelegt und zutreffend auf den vorliegenden Einzelfall angewendet hat, waren die Revisionen beider Streitteile, die im wesentlichen nur die schon vom Berufungsgericht widerlegten Argumente in ihren Berufungen wiederholen, zurückzuweisen.

Mangels eines Hinweises auf die Unzulässigkeit der Revision des Gegners in der jeweiligen Revisionsbeantwortung besteht auch kein Anspruch auf Ersatz ihrer Kosten (§§ 40 und 50 ZPO).

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