OGH 5Ob57/93

OGH5Ob57/9322.9.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller

1.) Mag.Felix Z*****, AHS-Lehrer, und 2.) Prof.Dr.Angelika Z*****, AHS-Lehrerin, beide ***** beide vertreten durch Dr.Olaf Borodajkewycz, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1.) Johann M*****, 2.) Dr.Susanne A*****, Ärztin, ***** die Zweitantragsgegnerin vertreten durch Dr.Walter Lichal, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 13 Abs 2 WEG, infolge Revisionsrekurses der Zweitantragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 12.Jänner 1993, GZ 41 R 689/91-50, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 30.April 1991, GZ 4 Msch 41/88-30, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Sachbeschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß der Sachbeschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Text

Begründung

Die Parteien sind Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** mit der Grundstücksanschrift *****. Mit den Miteigentumsanteilen des Erstantragstellers ist Wohnungseigentum an der im 2.Stock gelegenen Wohnung Nr.3, dem Keller mit der Bezeichnung 4 und der Sauna verbunden, mit Miteigentumsanteilen der Zweitantragstellerin das Wohnungseigentum an der Wohnung Nr.4 im Dachgeschoß sowie mit dem Keller mit der Bezeichnung 1, mit Miteigentumsanteilen des Erstantragsgegners das Wohnungseigentum an der Wohnung Nr.1 und dem Keller mit der Bezeichnung 3 sowie schließlich mit Miteigentumsanteilen der Zweitantragsgegnerin das Wohnungseigentum an der Wohnung Nr.2, dem Keller mit der Bezeichnung 2 und an einem Gymnastikraum. Die Zweitantragstellerin sowie die Antragsgegner sind darüber hinaus auch schlichte Miteigentümer dieser Liegenschaft.

Die Antragsteller begehren die Entscheidung, die Antragsgegner seien schuldig, den Deckendurchbruch zwischen den Wohnungen Nr.3 und Nr.4 entsprechend einem näher bezeichneten und vorgelegten Einreichplan zwecks Einbaues einer internen Stiege zu dulden sowie diesem Einreichplan die Zustimmung durch Unterfertigung der für die Behörde bestimmten Parien als Miteigentümer zu erteilen.

Die Antragsteller begründeten ihr Begehren damit, daß durch die beabsichtigte Änderung weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der übrigen Miteigentümer, insbesondere auch keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses noch eine Gefahr für die Sicherheit von Personen des Hauses oder anderen Sachen zu befürchten sei. Schließlich würden keine gemeinsamen Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen (ON 1).

Im Zuge des Verfahrens stützten die Antragsteller ihr Begehren auch darauf, daß die begehrten Änderungen einem wichtigen Interesse der Antragsteller dienten (§ 13 Abs 2 Z 2 WEG), weil die beiden Wohnungen nicht nur der Unterbringung der Antragsteller, sondern auch deren beider minderjähriger Kinder und des pflegebedürftigen 88-jährigen Vaters des Erstantragstellers dienten. Eine Kommunikation zwischen den Wohnungen über das allgemein zugängliche Stiegenhaus sei den minderjährigen Kindern und dem alten Großvater nicht zumutbar, weil eine akustische Kommunikation gar nicht möglich sei. Gerade diese Kommunikationsmöglichkeit würde durch den beantragten Deckendurchbruch geschaffen (ON 20).

Die Antragsgegner beantragten Abweisung des Antrages der Antragsteller. Durch den begehrten Deckendurchbruch, bei dem allgemeine Teile des Hauses in Anspruch genommen würden, seien schutzwürdige Interessen der Antragsgegner wegen Beeinträchtigung der Festigkeit des Hauses, größerer Feuergefahr und der Gefahr größerer Lärmentwicklung gegeben. Überdies seien die Wohnungen Nr.3 und Nr.4 ohnedies durch eine nur von den Antragstellern benützte Stiege zwischen den beiden Geschoßen verbunden (ON 4 und 18).

Bei Durchführung des geplanten Durchbruches würde aus bisher zwei selbständigen Wohnungen im Sinne des § 1 WEG nunmehr eine selbständige Großwohnung (Maisonette) entstehen und jede der bisher selbständigen Wohnungen Nr.3 und 4 den Charakter der Selbständigkeit verlieren. Es sei aber nicht zulässig, daß eine Wohnung im Miteigentum mehrerer Personen mit verschiedenen Anteilen stehe (ON 18).

Schließlich wendeten die Antragsgegner auch die Unzulässigkeit des Verfahrens außer Streitsachen mit der Begründung ein, daß § 3 der Hausordnung die Zulässigkeit baulicher Änderungen regle, sodaß eine vertragliche Benützungsregelung vorliege (ON 14). § 3 der Hausordnung sehe vor, daß der Wohnungseigentümer zur Vornahme baulicher Änderungen innerhalb jeder einzelnen Wohnungseinheit nur dann berechtigt sei, wenn es sich um geringfügige Änderungen im Sinne der Bauordnung handle (Beilage 1).

Das Erstgericht wies den Antrag der Antragsteller ab.

Den Antragstellern sei zu konzedieren, daß die beabsichtigten baulichen Veränderungen sowohl durch die Baubehörde genehmigt werden könnten als auch aus statischer und technischer Sicht ohne Gefahr für die Substanz und die äußere Erscheinung des Hauses sowie die Sicherheit von Personen und anderen Sachen durchführbar wäre. Es sei auch keine wesentliche Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer zu befürchten. Der beabsichtigte Deckendurchbruch stelle jedoch eine Inanspruchnahme gemeinsamer Teile der Liegenschaft dar. Die weitergehenden Voraussetzungen des § 13 Abs 2 Z 2 WEG seien aber nicht gegeben. Der Durchbruch einer Zwischendecke und die Verbindung übereinanderliegender Wohnungen durch eine wohnungsinterne Treppe sei nicht verkehrsüblich. In der von den Antragstellern dargelegten Motivation zur Vornahme einer solchen atypischen und weitreichenden baulichen Veränderung könne auch kein wichtiges Interesse im Sinne des § 13 Abs 2 Z 2 WEG erblickt werden. Der Erstantragsteller gestehe selbst zu, daß das Stiegenhaus ab dem ersten Stock praktisch ausschließlich von den Antragstellern benützt werde. Die Wohnung top Nr.4 (Dachgeschoß) stehe derzeit leer. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Nutzung der Wohnung top Nr.4 unter Verwendung der vorhandenen, praktisch der alleinigen Nutzung durch die Antragsteller bzw. deren Angehörige (13-jährige Kinder; gegebenenfalls 78-jähriger pflegebedürftiger Vater des Erstantragstellers) freistehenden Stiegenhaustreppe in unzumutbarer Weise erschwert sein sollte. Die von den Antragstellern behaupteten Kommunikationsschwierigkeiten zwischen diesen beiden Wohnungen könnten ohne besondere Schwierigkeiten durch ein Haustelefon beseitigt werden.

Eine inhaltliche Prüfung der Bestimmung des § 3 der Hausordnung, die auf die Rechtsnachfolger überbunden wurde, könne unterbleiben, weil es sich bei den beabsichtigten baulichen Veränderungen um die Inanspruchnahme gemeinsamer Teile der Liegenschaft und nicht bloß um Veränderungen innerhalb einer im Wohnungseigentum stehenden Wohnung handle.

Das Rekursgericht änderte den Sachbeschluß des Erstgerichtes in antragsstattgebendem Sinn ab und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Auch das Rekursgericht erachtete den Einwand der Unzulässigkeit des Verfahrens außer Streitsachen nicht für gerechtfertigt, weil in § 3 der Hausordnung ausdrücklich nur die Vornahme baulicher Änderungen innerhalb jeder einzelnen Wohnungseinheit behandelt werde.

In der Sache selbst begründete das Rekursgericht seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt:

Ebenso wie die Außenseite der Wand von im Wohnungseigentum stehenden Räumlichkeiten (SZ 49/52) stelle eine zwischen zwei Geschoßen eingezogene Zwischendecke einen allgemeinen Teil des Hauses dar, weil der nicht im Inneren des einzelnen WE-Objekts liegende Teil der Zwischendecke schon rein örtlich zu den allgemeinen Teilen des Hauses zähle.

Für die Zulässigkeit der beabsichtigten Änderung sei daher nicht nur erforderlich, daß sie keine Schädigung des Hauses oder Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Miteigentümer zur Folge hat, sondern auch, daß sie entweder der Übung des Verkehrs entspricht oder einem wichtigen Interesse der Antragsteller dient. Der in erster Instanz erhobene Einwand, daß mit dem Deckendurchbruch eine Schädigung des Hauses oder eine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder von anderen Sachen verbunden wäre, habe sich im Verfahren nicht erwiesen.

Allerdings könne eine wesentliche Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der übrigen Wohnungs- und Miteigentümer der Liegenschaft auch darin bestehen, daß rechtliche Probleme im Zusammenhang mit der beabsichtigten Veränderung erwachsen.

Taugliche Objekte zur Begründung selbständigen Wohnungseigentums seien nach § 1 Abs 1 WEG "selbständige Wohnungen" und sonstige selbständige Räumlichkeiten. Von der festgelegten Widmung hänge die Zulässigkeit späteren Gebrauchs ab (Würth in Rummel, ABGB2, Rz 3 zu § 1 WEG). Das bedeute, daß in Häusern, an denen Wohnungseigentum bereits begründet sei, auch nicht nachträglich durch bauliche Veränderungen ein Zustand geschaffen werden dürfe, der mit den Grundsätzen des WEG nicht vereinbar ist. Es könne nämlich den übrigen Wohnungseigentümern das Interesse daran nicht abgesprochen werden, daß die Benützungssituation der Liegenschaft den rechtlichen Vorschriften entspricht. Das wäre etwa dann nicht der Fall, wenn durch die Zusammenlegung zweier Wohnungen die technische und rechtliche Selbständigkeit jeder einzelnen Wohnung verloren ginge und dadurch in der Realität das vom Gesetzgeber abgelehnte Stockwerkseigentum an einzelnen Wohnungsteilen begründet würde, was dann der Fall wäre, wenn zwei verschiedene Rechtssubjekte (die nicht Ehegattenwohnungseigentum begründet haben) Wohnungseigentümer zu verschiedenen Anteilen an der zusammengelegten einzigen Wohnung würden. Allerdings liege dieser Fall nicht vor:

Die Sonderrechtsfähigkeit der Wohnungen Nr.3 und 4 sei nach den in § 1 WEG aufgestellten Kriterien nämlich auch nach Durchführung des beabsichtigten Deckendurchbruches weiterhin gegeben. Der Begriff der "selbständigen Wohnung" gem. § 1 Abs 1 WEG sei im Gesetz selbst nicht definiert. Nach der Judikatur des VwGH (MietSlg 31.926, 31.930/10 jeweils mwN) werde "Wohnung" als ein selbständiger und abgeschlossener Teil eines Gebäudes definiert, der geeignet ist, der Befriedigung des individuellen Wohnbedürfnisses einer einzelnen Person oder einer durch enge Bande zusammengefügten Gemeinschaft auf Dauer zu dienen. Wesentlich hervorgehoben werde die objektive Eigenschaft, eine Wohnung zu sein. Nach Faistenberger-Barta-Call (Rz 14 zu § 1 WEG) zielt das Kriterium der Selbständigkeit im Sinne des § 1 Abs 1 WEG in die Richtung Funktionstauglichkeit, und zwar bezogen auf die Benützbarkeit, die sowohl eine unmittelbare Zugänglichkeit als auch deutliche Abgrenzung erfordert. Es bedeute jedoch nicht unbedingt, daß das WE-Ojekt baulich in sich abgeschlossen ist. Auch Feil (Wohnungseigentum, S 46, Rz 3) gehe davon aus, daß § 1 WEG nur besagt, daß es sich um unmittelbar zugängliche (Zugang durch oder über nicht im Wohnungseigentum stehende Teile der Liegenschaft) und gegenüber den anderen Wohnungen, Geschäftsräumen und dergleichen deutlich abgegrenzte, abgeschlossene Räume handeln muß.

Nach Auffassung des Rekursgerichtes sei dadurch, daß auch nach Durchführung des geplanten Deckendurchbruches eine unmittelbare Zugänglichkeit beider Objekte durch allgemeine Teile des Hauses weiterhin gewahrt sei, das Kriterium der Selbständigkeit erfüllt, weil durch die allgemeine Zugänglichkeit beider Objekte einerseits und die deutliche Abgrenzung voneinander durch die Innenstiege andererseits eine Funktionstauglichkeit sowohl der Wohnung Tür Nr.3 als auch der Wohnung Tür Nr.4 gewahrt bleibe.

Entgegen der Auffassung des Erstgerichtes könne den Antragstellern ein wichtiges Interesse an der Herstellung des Deckendurchbruches nicht abgesprochen werden, entspreche es doch allgemeiner Lebenserfahrung und bedürfe keiner näheren Begründung, daß die Nutzung zweier übereinanderliegender Wohnungen bei Vorhandensein einer Verbindungsinnenstiege eine wesentliche Vereinfachung gegenüber jenem Zustand darstelle, bei welchem ein Erreichen der Wohnungen jeweils nur durch das allgemein zugängliche Stiegenhaus möglich sei.

Zu dem von der Zweitantragsgegnerin in erster Instanz gestellten Antrag (ON 14), daß eine Sicherstellung im Sinne der §§ 834, 835 ABGB iVm § 14 WEG zugunsten der Zweitantragsgegnerin in Höhe von zwei Millionen Schilling aufzuerlegen sei, wenn dem Antrag stattgegeben werde, sei auszuführen, daß nach neuerer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (WoBl 1991/119 mit zustimmender Anmerkung von Call) das Änderungsrecht des Wohnungseigentümers nach § 13 WEG eine Maßnahme der ausschließlichen Verfügung und nicht eine solche der Verwaltung durch die Gemeinschaft der Miteigentümer gem. §§ 833-835 ABGB darstellt, weshalb schon aus diesem Grund die beantragte Sicherstellung nicht aufzuerlegen wäre.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob die Verbindung einer Wohnung mit der Nachbarwohnung die Selbständigkeit der Wohnungen im Sinne des § 1 Abs 1 WEG aufhebt, nicht bestehe.

Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Zweitantragsgegnerin mit dem Antrag, den Sachbeschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Antragsteller begehren, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist aus den in der Entscheidung des Rekursgerichtes genannten Gründen zulässig; er ist auch berechtigt.

Da die Zulässigkeit des Verfahrens außer Streitsachen nach § 26 WEG von den Vorinstanzen übereinstimmend bejaht wurde, hat sich der Oberste Gerichtshof mit dieser Frage nicht mehr zu befassen; die Einrede der Unzulässigkeit des Verfahrens außer Streitsachen wurde rechtskräftig verworfen (§ 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 16-18 MRG und § 528 Abs 2 Z 2 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 13 Abs 2 Z 1 WEG ist der Wohnungseigentümer zur Änderung an der im Wohnungseigentum stehenden Wohnung oder sonstigen Räumlichkeit ua nur dann berechtigt, wenn die Änderung keine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Miteigentümer - von anderen Voraussetzungen abgesehen - zur Folge hat. Dies gilt in allen Fällen, daher insbesondere auch dann, wenn - wie hier - gemeinsame Teile der Liegenschaft, nämlich die Geschoßdecke zwischen den beiden Wohnungen der Antragsteller, in Anspruch genommen werden. Zutreffend führte das Rekursgericht aus, daß die zwischen zwei Geschoßen eingezogene Decke ebenso (auch) einen allgemeinen Teil des Hauses darstellt wie eine Außenmauer (SZ 49/52).

Zutreffend ist auch die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Miteigentümer darin bestehen kann, daß rechtliche Probleme mit der beabsichtigten Veränderung erwachsen und daß dies der Fall wäre, wenn durch nachträgliche bauliche Veränderungen ein mit den Grundsätzen des WEG unvereinbarer Zustand - zB durch Aufhebung der Selbständigkeit der betroffenen Wohnungen - geschaffen würde.

Maßgebend für die Entscheidung dieser Rechtssache ist daher, ob durch die beabsichtigte Verbindung der Wohnungen der Antragsteller mittels einer durch die Geschoßdecke führenden Stiege die Selbständigkeit beider Wohnungen verloren geht. Bejahendenfalls ist mit dem Verlust der Selbständigkeit der Wohnungen eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Miteigentümer schon deshalb gegeben, weil zB im Fall einer später notwendig werdenden Aufnahme eines Reparaturdarlehens wegen der mit der beabsichtigten Verbindung der beiden Wohnungen verbundenen offenkundigen Entwertung jeder von ihnen für sich allein die Gefahr bestünde, daß ein Darlehen mit bloßer Haftung der Miteigentümer entsprechend ihrem Anteil - oder schon die Annahme eines Reparaturauftrages unter diesen Bedingungen - gemäß der sonst geltenden Regel (Gamerith in Rummel, ABGB2, Rz 4 zu § 891) - nicht möglich wäre, sodaß sich die anderen Miteigentümer zur Übernahme einer weitergehenden Haftung verstehen müßten.

Durch die Herstellung der Stiege zwischen den beiden Wohnungen werden die von dieser Stiege verbundenen Räume wegen der damit verbundenen dauernden Öffnung zu einer Einheit verschmolzen: Der Fußboden der unteren Wohnung ist zum Teil untere Begrenzung der oberen, die Decke der oberen im gleichen Ausmaß obere Begrenzung der unteren Wohnung. Diese beiden Räume umfassen einen gemeinsamen Luftraum, wodurch Geruch und Schall sich ungehindert in beiden Wohnungen fortpflanzen können, was die Antragsteller bezüglich des Schalles geradezu anstreben. Ferner wäre es keinem der beiden Wohnungseigentümer ohne Zustimmung des anderen mehr ohne weiteres möglich, die eine Wohnung gegenüber der anderen abgeschlossen zu halten.

Durch die beabsichtigte Änderung wären die beiden Wohnungen nicht nur baulich nicht abgeschlossen, was nach einem Teil der Lehre (Krzizek, System des österreichischen Baurechts I 16; Meinhart, Wohnungseigentumsgesetz 1975, 59; Würth in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 1 WEG; Feil, Wohnungseigentum 46) und Rechtsprechung (WoBl 1993, 115/79 mwN) nach der Verkehrsauffassung dem Wohnungsbegriff innewohnt, sondern nicht einmal deutlich abgegrenzt, also weniger als baulich abgeschlossen, wie es ein Teil der Lehre (Faistenberger-Barta-Call, Kommentar zum WEG, Rz 14 zu § 1) genügen läßt. Die Stiege zwischen den beiden Wohnungen stellt nämlich keine deutliche Abgrenzung dar, sondern bewirkt gerade das Gegenteil. Diese mangelnde Abgrenzung wird von den Antragstellern angestrebt, wollen sie doch die Räume beider derzeit selbständigen Wohnungen wie eine einzige benützen, nämlich die oberen Räume als Schlafräume für die Kinder und den betagten Vater. Im Ergebnis streben also die Antragsteller den vom WEG verpönten Erfolg an, daß an einer real bestehenden Wohnung Miteigentum verschiedener Personen mit verschiedenen Anteilen, wenn auch unter grundbuchsmäßiger Aufrechterhaltung der Zuordnung bestimmter Räume zu diesen Miteigentumsanteilen, besteht. Nur Ehegatten gestattet das Wohnungseigentumsgesetz den Erwerb gemeinsamen Wohnungseigentums unter den in § 9 WEG genannten Bedingungen. Nur unter den in dieser Gesetzesstelle genannten Voraussetzungen und den weiteren Voraussetzungen des § 13 Abs 2 Z 1 und 2 WEG wäre die Begründung von Ehegattenwohnungseigentum an der aus den beiden Wohnungen der Antragsteller entstehenden gemeinsamen Wohnung zulässig. Darauf ist aber bei Entscheidung dieser Rechtssache nicht weiter einzugehen, weil die Antragsteller derartiges nicht anstreben.

Wegen der oben dargestellten Aufhebung der Selbständigkeit der Wohnungen der Antragsteller durch die beabsichtigte Baumaßnahme kann ihrem Antrag kein Erfolg beschieden sein. Es war daher der Sachbeschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

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