Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
K***** S***** ist die eheliche Tochter der M***** S***** und des L***** S*****, deren Ehe mit Urteil des Landesgerichtes St.Pölten vom 28.10.1985, GZ 6 Cg 169/85-6 rechtskräftig geschieden wurde. Die Obsorge für die Minderjährige kommt der Mutter zu, in deren Haushalt sie betreut wird. Der Vater, der nur für die mj K***** sorgepflichtig ist, ist aufgrund des Beschlusses des Bezirksgerichtes Krems/Donau vom 13.2.1987 (in der vom Landesgericht Krems/Donau mit Beschluß vom 11.6.1987 abgeänderten Fassung) zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages von 500 S verpflichtet. Dieser Entscheidung lag ein monatliches durchschnittliches Nettoeinkommen des Vaters von 3.900 S zugrunde. Nunmehr verfügt der Vater über ein durchschnittliches monatliches Einkommen von 5.000 S (4.305 S Monatslohn zuzüglich aliquoter Sonderzahlungen). Aus gesundheittlichen Gründen ist er nicht in der Lage, ein höheres Einkommen zu erzielen. Daß der Vater für die Unterhaltsbemessung über relevantes Vermögen verfügte, wurde weder behauptet noch ergeben sich hiefür Anhaltspunkte aus dem Akt.
Am 22.9.1992 beantragte der Unterhaltssachwalter, den Vater beginnend ab 1.9.1992 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 2.720 S zu verpflichten. Im weiteren wurde das Begehren auf Leistung eines monatlichen Unterhaltes von 905 S eingeschränkt. Im Hinblick auf das nunmehrige Nettoeinkommen des Vaters sei er zur Leistung des begehrten Betrages in der Lage. Ein Unterhaltsbetrag in dieser Höhe liege im übrigen noch erheblich unter den Bedürfnissen des Kindes.
Der Vater sprach sich gegen die Erhöhung der Unterhaltsleistung aus. Sein Einkommen erlaube ihm nicht, einen höheren als den derzeitigen Unterhaltsbetrag zu erbringen.
Das Erstgericht sprach aus. daß der Vater anstelle eines Unterhaltsbetrages von 500 S ab 1.9.1992 einen solchen von monatlich 700 S zu leisten habe und wies das übersteigende Begehren (weitere Unterhaltsleistung von 205 S monatlich) ab. Nach der Rechtsprechung habe die Minderjährige grundsätzlich Anspruch auf eine Unterhaltsleistung von 18 % des Einkommens des Vaters. Die Ausschöpfung dieses Prozentsatzes sei aber bei sehr geringerem Einkommen nicht voll möglich. Da das Einkommen des Vaters weit unter dem Durchschnitt liege, müsse auch der auf das Kind entfallende Unterhalt unter dem Durchschnitt bleiben. Im Hinblick auf die seit der letzten Unterhaltsbemessung eingetretene Einkommenssteigerung sei eine Erhöhung der Unterhaltsleistung um 200 S angemessen.
Das Rekursgericht wies über Rekurs des Vaters das Erhöhungsbegehren ab. Das Gesetz gebe keinen konkreten Hinweis darauf, wie weit das Einkommen des Unterhaltspflichtigen bei unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen mit Unterhaltsleistungen belastbar sei. Die Richtsätze des § 293 Abs 1 ASVG könnten nicht herangezogen werden, weil dann das Einkommen des Unterhaltspflichtigen überhaupt nicht mehr belastet werden könnte, wenn es unter dem Richtsatz liege. Andererseits müsse dem Unterhaltspflichtigen von seinem Einkommen so viel verbleiben, daß er seine notwendigen Lebensbedürfnisse decken könne. Er erscheine gerechtfertigt, jenen Teil des durchschnittlichen Nettoeinkommens des Unterhaltspflichtigen, der ihm auch im Falle der exekutiven Durchsetzung des Unterhaltstitels verbleiben müsse, von der Bemessung auszunehmen und damit bloß den der Pfändung unterworfenen Bezugsteil entsprechend dem festgestellten Bedarf der oder den Unterhaltsberechtigten zuzuweisen. Berücksichtige man einerseits, daß den Eltern die Einrede, daß durch die Unterhaltsleistung der eigene angemessene Unterhalt gefährdet wäre, nicht zustehe, andererseits aber auch, daß der Unterhaltsschuldner nicht über Gebühr in Anspruch genommen werden dürfe, weil er sonst in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet wäre, erscheine es angemessen, im Bereich der vom Gesetz absolut normierten Grenze der Pfändbarkeit gemäß § 291 a Abs 1 EO in Verbindung mit § 291 b Abs 1 und 2 EO auch die Grenze der Belastbarkeit zu ziehen. Zwar sei durch die EO-Novelle 1991 eine wesentliche Erhöhung dieser unpfändbaren Beträge erfolgt, doch erscheine eine Belastung des Vaters in einer Höhe, die ihm im Monatsdurchschnitt weniger als 4.500 S belasse, nicht zulässig. Dieser Betrag, der bereits unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen ermittelt worden sei, liege jedenfalls nur geringfügig unter dem für das Jahr 1992 nach § 291 a Abs 1 EO in Verbindung mit § 291 b Abs 2 EO zu ermittelnden unpfändbaren Freibetrag. In der Entscheidung EFSlg 62.381 sei im Jahr 1990 auch bei einem Monatseinkommen von 4.300 S die Verpflichtung zu einer Unterhaltsleistung von der Rechtsprechung abgelehnt worden. Eine Erhöhung der bestehenden Unterhaltsverpflichtung sei daher nicht möglich.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Unterhaltssachwalters mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wieder hergestellt werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Daß durch eine monatliche Leistung von 500 S die Bedürfnisse des unterhaltsberechtigten Kindes nicht annähernd gedeckt werden können, bedarf keiner weiteren Begründung. Das Rekursgericht hat seine Entscheidung auch ausschließlich damit begründet, daß eine Erhöhung der Unterhaltsleistung die Leistungsfähigkeit des Vaters übersteigen würde.
Der Oberste Gerichtshof hat sich mit der Frage, bis zu welcher betragsmäßigen Grenze der Unterhaltsschuldner belastet werden darf, in der vor Inkrafttreten der EO-Nov 1991, BGBl 1991/628 ergangenen Entscheidung SZ 63/88 = ÖA 1991, 101 auseinandergesetzt. Er gelangte dabei zu dem Ergebnis, daß es gerechtfertigt sei, jenen Teil des durchschnittlichen Nettoeinkommens des Unterhaltspflichtigen, der dem Unterhaltsschuldner auch im Fall der exekutiven Durchsetzung des Unterhaltstitels (§ 6 LPfG) verbleiben müsse, von der Bemessung auszunehmen und damit bloß den der Pfändung unterworfenen Bezugsteil entsprechend dem Bedarf der Unterhaltsberechtigten auf die miteinander konkurrierenden Unterhaltsberechtigten aufzuteilen. Die am Lohnpfändungsgesetz orientierte Belastbarkeit bilde jedenfalls die Grenze, die bei der Unterhaltsbemessung zu Lasten des Unterhaltsschuldners im Interesse beider Teile nicht überschritten werden dürfe; der Unterhaltsschuldner dürfe nicht über Gebühr in Anspruch genommen werden, weil er sonst in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet wäre.
Durch die EO-Nov 1991 wurden die bis dahin im Lohnpfändungsgesetz enthaltenen Regelungen über die Exekution auf Arbeitseinkommen neu gefaßt und in die Exekutionsordnung aufgenommen. Die unpfändbaren Freibeträge wurden erheblich erhöht. Dem § 6 LPfG, der die Sonderregelung für Exekutionen wegen Unterhaltsansprüchen enthielt, entspricht nunmehr § 291 b EO. Nach dieser Bestimmung hat dem Verpflichteten bei einer Exekution wegen eines gesetzlichen Unterhaltsanspruches 75 % des unpfändbaren Freibetrages nach § 291 a EO zu verbleiben, wobei dem Verpflichteten für jene Personen, die die Unterhaltsexekution führen, ein Unterhaltsgrund- und ein Unterhaltssteigerungsbetrag nicht gebührt. Gemäß § 291 a Abs 1 hat dem Verpflichteten bei monatlicher Lohnzahlung ein Betrag von monatlich 6.500 S zu verbleiben (allgemeiner Grundbetrag). Der allgemeine Grundbetrag erhöht sich auf 7.000 S monatlich, wenn der Verpflichtete im Rahmen des der gefährdeten Forderung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses Leistungen nach § 290 b (Sonderzahlungen) erhält, die nicht die Höhe der monatlichen Leistung übersteigen. Die Gesetzesmaterialien (181 BlgNR 18.GP, 30) heben die Anlehnung der Höhe der unpfändbaren Freibeträge an den Ausgleichszulagenrichtsatz hervor und führen aus, im Gegensatz zur früheren Regelung solle auch bei Exekutionen zugunsten von Unterhaltsforderungen ein unpfändbarer Freibetrag konkret und nicht wie bisher durch unbestimmte Gesetzesbegriffe festgelegt werden.
Auch die Neufassung der Bestimmung geht davon aus, daß dem Unterhaltsschuldner von seinem Einkommen soviel verbleiben muß, als er für seinen notwendigen Unterhalt bedarf, wobei dieser Betrag im Gesetz nunmehr ziffernmäßig festgelegt ist. Aus § 291 b EO iVm § 291 a EO ergibt sich der unpfändbare Freibetrag bei Exekutionen wegen Unterhaltsansprüchen für Fälle, in denen der Unterhaltsverpflichtete, wie im vorliegenden Fall, Leistungen nach § 290 b EO erhält, die die Höhe der monatlichen Leistung nicht übersteigen, mit monatlich 5.250 S. Dieser Betrag liegt bedeutend über dem, der nach der früheren Rechtslage allgemein der Exekution entzogen war. Es handelt sich dabei jedoch nicht um eine starre Grenze. § 292 b EO bestimmt, daß das Exekutionsgericht auf Antrag ua den für Forderungen nach § 291 b Abs 1 geltenden Freibetrag angemessen herabzusetzen hat, wenn laufende gesetzliche Unterhaltsforderungen durch die Exekution nicht zur Gänze hereingebracht werden können. Der Gesetzgeber sah, worauf auch in der Regierungsvorlage hingewiesen wird, die Möglichkeit einer im Einzelfall notwendigen Korrektur der starren Regelung des § 291 b EO vor.
Die Bestimmungen der Exekutionsordnung können, wie in der oben zitierten Entscheidung ausgeführt wurde, als Orientierungshilfe bei der Ermittlung der Belastungsgrenze im Rahmen der Unterhaltsbemessung dienen. Dabei ist jedoch § 291 b EO im Zusammenhang mit § 292 b EO zu sehen. Das Gesetz sieht vor, daß Unterhaltsschuldner auch auf Beträge beschränkt werden können, die unter denen liegen, die sich aus § 291 b EO ergeben. Die Grenze des § 291 b EO kann daher schon aus diesem Grund nicht als Untergrenze der Belastung des Unterhaltsschuldners bei der Unterhaltsbemessung herangezogen werden. Die Unterhaltsbemessung kann vielmehr darüber hinausgehen, doch ist zu berücksichtigen, daß der Unterhaltspflichtige nicht so weit belastet wird, daß er in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet wäre.
Hier steht fest, daß der Unterhaltsverpflichtete über ein Einkommen von durchschnittlich monatlich 5.000 S verfügt. Bei einer moantlichen Unterhaltsleistung von 500 S, die der Vater derzeit zu erbringen hat, verbleibt ihm im Jahresdurchschnitt (einschließlich der Sonderzahlungen) für seine Bedürfnisse ein monatlicher Betrag von
4.500 S. Bei derart geringem Einkommen können die sonst üblichen, an bestimmten Prozentsätzen orientierten Regeln der Unterhaltsbemessung nicht herangezogen werden. Ausgehend vom festgestellten Einkommen kann der Vater nicht mit einer 500 S übersteigenden Unterhaltsverpflichtung belastet werden. Er trägt durch diese Leistung im Rahmen seiner Möglichkeiten zum Unterhalt des Kindes bei. Durch eine höhere Unterhaltsverpflichtung wären seine existenziellen Bedürfnisse in unzumutbarer Weise gefährdet. Das Rekursgericht hat den Erhöhungsantrag im Ergebnis zutreffend abgewiesen.
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