OGH 9ObA221/93

OGH9ObA221/938.9.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie durch die fachkundigen Laienrichter Mag.Friedrich Hötzl und Leopold Smrcka als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Josef M*****, Arbeiter, ***** vertreten durch Dr.Christian Kleinszig und Dr.Christian Puswald, Rechtsanwälte in St.Veit an der Glan, wider die beklagte Partei ***** Holzindustrie Gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Ernst Maiditsch und andere, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen S 82.808,72 brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13.Mai 1993, GZ 7 Ra 5/93-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 16.November 1992, GZ 34 Cga 174/92-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 5.433,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 905,60 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Der geltend gemachte Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Im übrigen hat das Berufungsgericht die Frage, ob der Kläger zu Recht entlassen wurde, zutreffend verneint. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin, daß der Kläger am 27.8.1992 unbegründet vorzeitig ausgetreten (?), jedenfalls aber seine Entlassung zufolge der Verweigerung der Überstundenleistung trotz eines betrieblichen "Notfalls" gerechtfertigt ausgesprochen worden sei, entgegenzuhalten, daß sie damit nicht vom maßgeblichen Sachverhalt ausgeht.

Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen bestand zwischen den Parteien keine Vereinbarung zur Leistung von Überstunden. Der Oberschichtführer und Betriebsleiterstellvertreter Alfred M*****, der Vorgesetzter des Klägers war, forderte diesen am Donnerstag, den 27.8.1992, kurz nach 15 Uhr auf, am Samstag, den 29.8.1992, Überstunden zu machen, um eine reparaturbedürftige Maschine zu reparieren. Der Kläger, der bereits am Samstag der Vorwoche von 3 bis 7 Uhr Überstundenarbeit verrichtet hatte, erwiderte, daß er diesen Samstag keine Zeit habe, da er mit seiner Frau einkaufen gehen müsse. Der Oberschichtführer erwiderte dem Kläger in erregtem Ton, daß er kommen müsse; wenn er nicht komme, dann könne er gleich verschwinden und brauche nicht mehr zu kommen. Daraufhin entfernte sich der Kläger. Der Oberschichtführer rief dem weggehenden Kläger noch nach: "Verschwind Dich außi, wir brauchen Dich nix, Du taugst zu nix!".

Bei diesem Sachverhalt kann dahingestellt bleiben, ob der Oberschichtführer zur Entlassung des Klägers berechtigt war oder ob die Entlassung erst mit dem Schreiben der Betriebsleitung vom selben Tag wirksam wurde. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin beendete der Kläger sein Arbeitsverhältnis jedenfalls nicht durch freiwilligen vorzeitigen Austritt, sondern aufgrund des eindeutigen Erklärungsverhaltens seines Vorgesetzten, der ihn zum "Verschwinden" aufgefordert hat. Wie die Vorinstanzen richtig erkannten, erfolgte die Entlassung auch ungerechtfertigt.

Nach Lehre und Rechtsprechung ist aus § 6 Abs 2 AZG keine Pflicht zur Überstundenleistung abzuleiten. Der Arbeitnehmer ist mangels entsprechender und zulässiger Vereinbarung aufgrund seiner Treuepflicht vielmehr nur ausnahmsweise etwa bei Vorliegen eines Betriebsnotstands im Sinne des § 20 AZG, zur Leistung einseitig angeordneter Überstunden verpflichtet. Diese Pflicht besteht daher nicht schon bei jeder betrieblichen Notwendigkeit, etwa weil der Arbeitgeber sonst die von ihm übernommenen Aufträge nicht rechtzeitig erfüllen könnte oder etwa wie hier, weil lediglich eine reparaturbedürftige Maschine zu reparieren gewesen wäre (vgl Grillberger, AZG § 6 Erl 5 ff; Cerny, Arbeitszeitrecht2, 73 ff, 133; Arb 8050, 10.427, 10.449, 10.563, infas 1992 A 50; 9 ObA 122/93 uva). Da der Vorgesetzte des Klägers schon arbeitsvertraglich nicht zur einseitigen Anordnung von Überstundenarbeit berechtigt war, erübrigt sich eine Interessenabwägung im Sinne des § 6 Abs 2 AZG.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

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