OGH 1Ob15/93(1Ob1009/93)

OGH1Ob15/93(1Ob1009/93)25.8.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser, Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Parteien 1. Ing.Gerhard S*****, und 2. Annemarie S*****, vertreten durch Dr.Karl G.Aschaber, Dr.Andreas König und Dr.Andreas Ermacora, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Parteien 1. Ing.Helmut H*****, und 2. Herbert G*****, beide vertreten durch Dr.Paul Ladurner, Dr.Michael Leuprecht und Dr.Markus Zoller, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Wiederherstellung (Streitwert im Provisorialverfahren S 80.000,--), infolge Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 23.März 1993, GZ 2 R 67-69/93-17, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 13.Jänner 1993, GZ 9 Cg 1169/92f-10, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien (Gegner der gefährdeten Parteien) haben die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Kläger und gefährdeten Parteien (in der Folge kurz Kläger genannt) stellten folgendes Klagebegehren:

"1. Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, den vorigen Zustand der Wasserleitung wiederherzustellen, indem sie den Anschluß ihrer Wasserleitung am Wasserschieber der Kläger an die Gemeindeleitung am O*****weg abtrennen, die Leitung der Kläger wieder an diesen Wasserschieber anschließen und am Servitutsweg auf Höhe des Hauses der Kläger die Leitung der Kläger wieder an den Wasserschieber der Kläger anschließen, dies alles fachgerecht binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution.

2. Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den Servitutsweg vom O*****weg bis zur nördlichen Grundgrenze der Kläger wieder in seinen vorigen Zustand zu versetzen, indem die erfolgte Abtragung wieder aufgefüllt wird, sodaß eine einwandfreie Zufahrt zur Garage der Kläger mit Fahrzeugen möglich ist.

3. Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den gesamten Servitutsweg vom O*****weg bis zur nördlichen Grundgrenze der Kläger fachgerecht zu asphaltieren, dies binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution.

4. Die beklagten Parteien sind zur ungeteilen Hand schuldig, den Klägern die Prozeßkosten zu ersetzen, dies ebenfalls binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution."

Sie beantragten zur Sicherung ihres Anspruches wider die Beklagten und Gegner der gefährdeten Parteien (in der Folge kurz: die Beklagten) die Erlassung folgender einstweiliger Verfügung:

"Zur Sicherung des Anspruchs der Kläger auf gefahrloses Zufahren zur Garage des Hauses O*****weg *****, sowie auf frostsichere Lager der Wasserleitung am Servitutsweg zwischen dem O*****weg und dem Haus der Kläger wird den Beklagten verboten, eine Abtragung des Servitutsweges vorzunehmen.

Diese einstweilige Verfügung wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die zu 9 Cg 1169/92f eingebrachte Klage bewilligt".

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung ohne Anhörung der Beklagten antragsgemäß.

Das Erstgericht wies den von den Beklagten erhobenen Widerspruch gegen diese einstweilige Verfügung ab und hielt die einstweilige Verfügung aufrecht (ON 10), darüber hinaus gab es dem Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung nicht statt (ON 9).

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Beklagten, soweit er sich gegen die Nichtstattgebung des Antrags auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung richtete (ON 9), nicht Folge, die Entscheidung hinsichtlich der Abweisung des Widerspruchs und der Aufrechterhaltung der einstweiligen Verfügung (ON 10) wurde hingegen dahin abgeändert, daß die einstweilige Verfügung infolge des von den Beklagten dagegen erhobenen Widerspruchs ersatzlos aufgehoben und der oben bereits wiedergegebene Provisorialantrag der Kläger abgewiesen wurde. Den ordentlichen Revisionsrekurs hinsichtlich der zuletzt genannten Rekursentscheidung (über den Beschluß ON 10) erklärte es für zulässig. Es begründete die Entscheidung im wesentlichen damit, daß das von den Klägern gestellte Provisorialbegehren, den Beklagten zu verbieten, "eine Abtragung des Servitutsweges vorzunehmen", zu weit und zu unbestimmt gefaßt sei, ohne daß es dem Rekursgericht möglich wäre, dieses Begehren etwa im Sinne einer Ermächtigung der Kläger, den vorigen Zustand selbst durch Aufschütten wiederherzustellen, umzudeuten, da darin gegenüber den vorliegenden Begehren (Klage- und Provisorialbegehren) ein aliud zu erblicken wäre. Die Kläger wollten durch ihren Provisorialantrag nicht den klagsweise geltend gemachten Anspruch auf Wiederherstellung des vorigen Zustandes durch die Beklagten sichern, sondern das von ihnen faktisch in Anspruch genommene Recht, die für sie negativen Abgrabungen am Servitutsweg im Wege der Selbsthilfe teilweise rückgängig zu machen. Hiezu käme, daß die von den Klägern behauptete Gefahr einer Wiederholung des Abtragens einer von den Klägern vorgenommenen Aufschüttung erst dann konkret gegeben sein werde, wenn eine solche Aufschüttung tatsächlich vorgenommen wurde; das sei nach der Aktenlage nicht der Fall.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Kläger ist unzulässig.

Vorweg ist klarzustellen, daß der Beschluß des Rekursgerichtes vom 23.3.1993, insoweit dem Rekurs der Beklagten gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 13.1.1993, GZ 9 Cg 1169/92f-9, nicht Folge gegeben wurde, nicht in Beschwerde gezogen ist. Im Revisionsrekurs der Kläger wird zwar in der Anfechtungserklärung ausgeführt, daß der Beschluß des Rekursgerichtes ON 16 (gemeint: ON 17) "seinem gesamten Inhalt und Umfang nach" bekämpft wird; in seinen Ausführungen nimmt der Revisionsrekurs auf den soeben zitierten Beschlußteil nicht Bezug, der Rechtsmittelantrag ist eindeutig so gefaßt, daß der angefochtene Beschluß im Sinne einer völligen Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes, GZ 9 Cg 1169/92f-10, abgeändert werden möge, ein Rechtsmittelantrag bezüglich des vom Rekursgericht bestätigten Beschlusses des Erstgerichtes vom 13.1.1993, GZ 9 Cg 1169/92f-9, liegt nicht vor. Der Revisionsrekurs richtet sich sohin nur gegen den Beschluß des Rekursgerichtes, mit welchem der Beschluß des Erstgerichtes ON 10 eine Abänderung erfahren hat.

Gemäß § 528 Abs.1 ZPO, der gemäß § 78 EO auch im Exekutionsverfahren Anwendung zu finden hat, ist gegen einen Beschluß des Rekursgerichtes der Revisionsrekurs nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Bei der Prüfung der Zulässigkeit des Rekurses ist der Oberste Gerichtshof gemäß §§ 78 EO, 526 Abs.2 ZPO an die Beurteilung des Gerichtes zweiter Instanz über das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nicht gebunden. Tatsächlich ist im vorliegenden Fall keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zu lösen.

Auch die Revisionsrekurswerber gestehen zu, daß sich die während eines Rechtsstreites beantragte einstweilige Verfügung immer im Rahmen des mit der Klage erhobenen Anspruches zu halten hat, und daß Maßnahmen, auf die ein Kläger selbst bei siegreicher Durchsetzung des Hauptanspruches kein Recht hätte, auch im Provisorialverfahren nicht bewilligt werden dürfen (SZ 47/109; EvBl 1976/114, 214; MietSlg 33.709/12; JBl 1987, 728), wobei bei Prüfung dieser Frage nicht engherzig vorzugehen ist (SZ 42/80 = MietSlg 21.916; JBl 1987, 728). Nun hat das Rekursgericht in durchaus vertretbarer und keineswegs engherziger Betrachtung des Klagebegehrens einerseits und des Provisorialbegehrens andererseits die Ansicht ausgesprochen, daß die Kläger mit ihrem Provisorialantrag nicht den klagsweise geltend gemachten Anspruch auf Wiederherstellung des vorigen Zustandes durch die Beklagten sichern wollten, sondern das von ihnen faktisch in Anspruch genommene Recht, Abgrabungen (im Wege der Selbsthilfe) teilweise rückgängig zu machen. Es kommt nicht auf das von den Klägern mit ihrem Provisorialantrag angestrebte Ziel an, sondern darauf, ob sich das Provisorialbegehren im Rahmen des mit der Klage erhobenen Anspruchs bewegt. Das Rekursgericht ist sohin bei der Beurteilung der hier maßgeblichen Rechtsfrage nicht von der einheitlichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen, weshalb eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht zu lösen ist, denn die Frage, ob sich das Provisorialbegehren im vorliegenden Einzelfall im Rahmen des Klagebegehrens hält, wurde vom Rekursgericht - wie schon ausgeführt - in durchaus vertretbarer Weise gelöst.

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

In der Revisionsrekursbeantwortung haben die Beklagten den Zurückweisungsgrund nicht geltend gemacht; es gebühren ihnen für die Rechtsmittelbeantwortung daher keine Kosten (EFSlg. 66.933 uva).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte