OGH 9NdA4/93

OGH9NdA4/9310.8.1993

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Steinbauer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der Klägerin Christine H*****, Wirtschafterin, ***** vertreten durch Mag.Walter Medosch, Angestellter der Kammer für Arbeiter und Angestellte in der Land- und Forstwirtschaft, Wien 1, Marko d' Aviano-Gasse 1, wider den Beklagten Franz B*****, Landwirt, ***** vertreten durch Prof.Dr.Alfred Haslinger, ua Rechtsanwälte in Linz, wegen S 16.152,78 brutto sA, über den Delegierungsantrag des Beklagten in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Antrag des Beklagten, anstelle des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgericht das Landesgericht St.Pölten als Arbeits- und Sozialgericht zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichtes für ZRS Graz hat, begehrt vom Beklagten als ehemaligen Arbeitgeber auf Grund der ihrer Ansicht nach ungerechtfertigten Entlassung Kündigungsentschädigung einschließlich anteiliger Sonderzahlungen.

Der Beklagte, der Landwirt ist, hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichtes St.Pölten. Die Klägerin war als Wirtschafterin beim Beklagten in diesem Sprengel beschäftigt. Er beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Außerdem stellt er den Antrag, die Arbeitsrechtssache dem Landesgericht St.Pölten als Arbeits- und Sozialgericht zuzuweisen, da er und drei der von ihm namhaft gemachten vier Zeugen im Sprengel dieses Gerichtes wohnten. Die Zureise zum erkennenden Gericht wäre, weil die Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln schlecht sei und Übernachtungen erfordere, mit erheblichen Beschwerlichkeiten verbunden. Eine Einvernahme im Rechtshilfeweg wäre wegen des für die Beweiswürdigung maßgeblichen persönlichen Eindruckes untunlich und würde zu einer Versendung des Aktes an mehrere Rechtshilfegerichte führen.

Die Klägerin sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus;

besondere Beschwerlichkeiten seien mit der Anreise nicht verbunden;

bei üblichen Verhandlungsterminen könne eine Übernachtung ausgeschlossen werden. Der Anreiseweg der Klägerin würde bei Stattgebung des Antrages mehr als verdreifacht. Im übrigen sei keiner der vom Beklagten angeführten Zeugen bei der Entlassung anwesend gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.

Der durch das ASGG neugeschaffene Gerichtsstand des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes gemäß § 4 Abs 1 Z 1 lit a ASGG ist auf den Arbeitnehmer beschränkt und soll es ihm ermöglichen, seine Ansprüche leichter durchsetzen zu können (Kuderna, ASGG Erl 4 zu § 4). Es würde daher den Intentionen des Gesetzgebers widersprechen, in einer Arbeitsrechtssache, die vom Arbeitnehmer anhängig gemacht worden ist und für die er diesen Aktivgerichtsstand in Anspruch nimmt, auf Antrag des Arbeitgebers die ausschließlich in dessen Interesse gelegene Delegierung des Wohnsitzgerichtes des Arbeitsgebers zu verfügen (9 Nd A 4/88, 9 Nd A 1/91, 9 Nd A 5/92 ua).

Eine Verschiebung der Zuständigkeit entgegen dem gerade für Arbeitnehmer geschaffenen Gerichtsstand ist daher nur zu bewilligen, wenn die Zweckmäßigkeit dieser Maßnahme eindeutig zugunsten beider Parteien beantwortet werden kann. Da dies nicht der Fall ist, ist der Delegierungsantrag des Beklagten abzuweisen.

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