OGH 13Os123/92

OGH13Os123/9214.7.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Juli 1993 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes, Dr. Reisenleitner, Dr. Schindler, Mag. Strieder und Dr. Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hatvagner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Josef P* wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs 1 und Abs 2, zweiter Fall, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems a.d.Donau als Schöffengericht vom 7. Mai 1992, GZ 14 Vr 272/91‑20, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Raunig, des Angeklagten Josef P* und seines Verteidigers Dr. Wielander zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:E34413

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird verworfen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 2 (zwei) Jahre erhöht.

Der Berufung des Angeklagten wird dahin Folge gegeben, daß gemäß dem § 43 a Abs 3 StGB ein Teil dieser Strafe, nämlich von 16 (sechszehn) Monaten, unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen wird.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Josef P* des Verbrechens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs 1 und 2, zweiter Fall, StGB schuldig erkannt, weil er sich in der Zeit vom 28. Oktober 1987 bis 6. April 1988 in G* und H* einen ihm anvertrauten Bargeldbetrag von 863.694 S zuzüglich Zinsen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zueignete, indem er den Geldbetrag in mehreren Teilen vom Sparbuch der P* mit der Kontonummer *, welches er an Josef T* aushändigen hätte sollen, abhob, davon der Gastwirtin Elfriede S* ein Darlehen von 730.000,‑‑ S gewährte und den Rest für sich selbst verwendete.

 

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5 a und 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die jedoch unbegründet ist.

Das Erstgericht stellte im wesentlichen fest, daß der Angeklagte neben seiner Tätigkeit als freier Mitarbeiter der Bausparkasse Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot (im folgenden kurz: BSK Wüstenrot) für Leopoldine E*, die in W* zwei verbaute Liegenschaften (EZ 6 und 7 des Grundbuches W*) besaß, sich aber in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand, verschiedene Behördenwege erledigte. Zur Abwendung eines der bereits kreditunwürdigen Leopoldine E* drohenden Insolvenzverfahrens sollte über Vermittlung des Angeklagten deren Schwager Josef T* bei der BSK Wüstenrot ein Bauspardarlehen aufnehmen. Der nach Abzug der im Kreditweg aufzubringenden Ansparsumme verbleibende Darlehensbetrag sollte jedoch Leopoldine E* zukommen.

Nach Zurückweisung eines von dieser eingebrachten Ausgleichsantrages bestand weder für sie noch für Josef T* ein unmittelbarer Geldbedarf. T* ließ jedoch seinen Darlehensantrag aufrecht und forderte schließlich (nach Bewilligung des Zwischendarlehens und grundbücherlicher Einverleibung des Pfandrechtes der BSK Wüstenrot über einen Betrag von 1,050.000 S auf der zwischenzeitig von ihm erworbenen Liegenschaft EZ 7 des Grundbuches W*) mit schriftlicher Geldanforderung von der BSK Wüstenrot am 19. Oktober 1987 die Überweisung eines Geldbetrages von 863.694 S auf das Postsparkassenkonto Nr. *. Hiebei handelte es sich um ein Privatsparbuch der PSK im Besitz des Angeklagten mit einem Einlagenstand von nur einem Schilling, das dieser gemäß den internen Vorschriften der BSK Wüstenrot nach Überweisung des über seine Vermittlung zustande gekommenen Bauspardarlehens an den Darlehensnehmer auszufolgen gehabt hätte. Der Angeklagte behielt nach der am 28. Oktober 1987 erfolgten Überweisung einer Einlage in der Höhe der Geldanforderung das Sparbuch jedoch bei sich. Ohne von Josef T* oder Leopoldine E* ermächtigt zu sein, nahm er in der Folge ohne deren Wissen von diesem Sparbuch verschiedene Abhebungen vor, sodaß darauf zuletzt nur mehr ein Betrag von 21,67 S verblieb. Einen Teil des Geldes verbrauchte er für sich, an Lebensversicherungsprämien für Leopoldine E* und deren Lebensgefährten Robert T* bezahlte er 12.984 S und gewährte schließlich Elfriede S* zwecks Ankaufs eines Gasthauses mit Behebung verschieden hoher Beträge zwischen 2. Dezember 1987 und 9. Februar 1988 ein Darlehen in der Höhe von insgesamt 730.000 S. Das vom Angeklagten eigenmächtig gewährte Darlehen sollte dieser bis zur Auszahlung eines entsprechenden Bankkredites unbefristet als Zwischenfinanzierung dienen.

Die Vorgangsweise des Angeklagten wurde nach Anfrage des Josef T*, der von der Überweisung des Bauspardarlehens auf das Postsparbuch trotz wiederholter Anfragen beim Angeklagten und dem zuständigen Gebietsleiter der BSK Wüstenrot keine Kenntnis hatte, erst im Juni 1988 in der Zentrale der Bausparkasse bekannt. Obwohl Elfriede S* in der Folge ein anderes Darlehen erhielt, wurde auf das nunmehr vom Angeklagten an Josef T* ausgefolgte Privatsparbuch der PSK nur ein Betrag von 613.021,67 S refundiert.

Die Verfahrensrüge (Z 4), die sich gegen die Abweisung des Antrages auf Vernehmung der Darlehensnehmerin Elfriede S* als Zeugin (AS 373) wendet, übersieht, daß ‑ soweit sich dies nicht schon aus der Sachlage ergibt ‑ im Beweisantrag neben Beweisthema und Beweismittel auch noch anzuführen ist, aus welchem Grunde erwartet werden kann, daß die Durchführung des beantragten Beweises auch tatsächlich das vom Antragsteller behauptete Ergebnis bringen werde (Mayerhofer‑Rieder, StPO3, ENr 19 zu § 281 Z 4).

Der Angeklagte hat diesen Beweisantrag damit begründet, daß im Zeitpunkt der Darlehensgewährung die kurzfristige Rückzahlung des der Elfriede S* von ihm gewährten Darlehens gesichert war und er auch von dessen Rückzahlung bis Ende Februar 1988 ausgehen konnte. Ferner sollte dadurch nachgewiesen werden, daß die Zeugin darüber informiert war, daß die Darlehensgewährung nur kurzfristig sein konnte, weil der hiefür zur Verfügung gestellte Geldbetrag zur Erfüllung eines Zwangsausgleiches im Konkurs der Leopoldine E* bestimmt gewesen wäre.

Unmittelbar nach Stellung dieses Beweisantrages wurde die von Elfriede S* im Verfahren zu AZ 1 Cg 105/90 des Landesgerichtes Salzburg (Josef T* gegen BSK Wüstenrot wegen 250.672 S) abgelegte Zeugenaussage vom 26. Februar 1991 (dort ON 12) verlesen. Die Zeugin hatte damals keinerlei Angaben über die vom Angeklagten behauptete Kenntnis einer Zweckbindung des Bauspardarlehens für Leopoldine E* gemacht, sondern im Gegenteil deponiert, sämtliche Vereinbarungen zwecks Aufnahme des Privatdarlehens seien zwischen ihrem Gatten und dem Angeklagten getroffen worden, ohne daß sie selbst von diesem über die Herkunft des Geldbetrages informiert worden wäre. Der Angeklagte gab nach der von ihm nicht widersprochenen Verlesung dieser Aussage keine Begründung dafür, weshalb von der Zeugin bei ihrer Vernehmung im vorliegenden Verfahren nunmehr eine gegenteilige Aussage erwartet werden könnte. Das Erstgericht konnte somit den Beweisantrag ohne Verletzung von Verteidigungsrechten des Angeklagten mit der Begründung abweisen, daß "die beantragte Zeugin bei keinen Gesprächen direkt dabei war, bei denen es um verfahrensgegenständliche Absprachen oder Vereinbarungen ging und daher aus eigener Wahrnehmung keine Angaben machen" könnte (AS 374). Dem Rückzahlungszeitpunkt kommt auch deshalb keine entscheidende Bedeutung zu, weil ‑ wie zur Rechtsrüge noch auszuführen sein wird ‑ eine Zueignung im Sinn des § 133 StGB dauernde Herrschaft über die Sache nicht begründen muß.

Dem Ersturteil haftet auch kein Begründungsmangel (Z 5) an. Die entscheidungswesentliche Festellung, daß weder Josef T* noch Leopoldine E* dem Angeklagten die Verfügungsgewalt über den Darlehensbetrag eingeräumt haben (US 10), konnte das Erstgericht unter Ablehnung der leugnenden Verantwortung des Angeklagten auf die in diesem Punkt immer gleichbleibenden und für glaubwürdig erachteten (US 19) Angaben dieser Zeugen stützen (Josef T* AS 71 f, 190, 277 ff und 324 ff; Leopoldine E* AS 113 ff und 291 ff).

Dieser Urteilsfeststellung steht auch nicht die (vom Erstgericht tatsächlich nicht näher erörterte) Aussage des Josef W* vom 1. Februar 1991 entgegen, die dieser in dem oben angeführten Zivilrechtsstreit als Zeuge abgelegt hatte (ON 11 im Akt des Landesgerichtes Salzburg). Josef W* gab damals zwar an, Josef T* habe im Herbst 1987 in Gegenwart von Leopoldine E*, Robert T*, dem Angeklagten und ihm selbst erklärt, daß "Josef P* als Verwalter des Sparbuches eingesetzt sei", aber noch in derselben Zeugenvernehmung über Vorhalt, die Überlassung des Sparbuches an Josef P* zur Verwaltung widerspräche dem Zweck der Darlehensaufnahme, eingeräumt, er habe keine Kenntnis davon, "was zwischen dem Kläger (Josef T*) und Josef P* vereinbart wurde".

Im vorliegenden Strafverfahren gab dieser Zeuge noch vor der zitierten Zeugenaussage anläßlich seiner Vernehmung am 29. November 1990 bei der Gendarmerie (AS 85 f) an, er habe erst im Frühjahr 1988, nachdem bei ihm als zuständigem Organisationsleiter der BSK Wüstenrot wegen "Schwierigkeiten bei Übergabe eines Darlehens an einen Kunden unseres Mitarbeiters P*" interveniert worden war, von diesem gehört, Josef T* habe ihn zum Verwalter des Sparbuches eingesetzt und mit der bestmöglichen Anlegung des Geldes beauftragt. Bei seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung vom 19. Dezember 1991 blieb er vorerst bei dieser Angabe (AS 252), räumte unmittelbar darauf aber (AS 268 ff) ebenso wie in der Hauptverhandlung vom 16. November 1992 (AS 312 ff) bloß die Möglichkeit ein, schon vorher von Josef T* selbst erfahren zu haben, daß er den Angeklagten mit der Verwaltung des Sparbuches beauftragt habe, ohne jedoch hiezu eine konkrete Erinnerung an eine derartige Mitteilung zu behaupten.

Unter vollständiger Berücksichtigung aller dieser Angaben des Zeugen Johann W* wird somit die Annahme des Erstgerichtes bestätigt, daß der in die Erwägungen des Erstgerichtes einbezogene Zeuge über keine Wahrnehmungen berichten kann, denenzufolge Josef T* irgend jemanden, sei es den Angeklagten, sei es Leopoldine E*, ausdrücklich und konkret ermächtigt hätte, über das Bauspardarlehen zu verfügen (US 19 f).

Wegen der vom Zeugen W* im Zivilrechtsstreit selbst zugestandenen mangelnden Kenntnis des Inhaltes einer allfälligen, das Bauspardarlehen betreffenden Vereinbarung zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen Josef T* war das Erstgericht insbesondere auch nicht zu einer Erörterung jener für die Lösung der Schuldfrage nicht weiter bedeutsamen Aussage verpflichtet.

Auf Grund der mängelfrei begründeten Urteilsfeststellung, dem Angeklagten sei weder von Josef T* noch von Leopoldine E* jemals eine Verfügungsgewalt über das Bauspardarlehen eingeräumt worden, war es nicht entscheidungswesentlich, ob Josef T* auch nach der am 11. Mai 1987 erfolgten Zurückweisung des Ausgleichsantrages der Leopoldine E* weiterhin von einer ‑ bei der vorangegangenen Antragstellung des Josef T* auf Gewährung eines Bauspardarlehens bestehenden ‑ Zweckwidmung des erst im Herbst 1987 überwiesenen restlichen Bauspardarlehens (und zwar nunmehr zwecks Finanzierung eines Zwangsausgleiches in dem von Leopoldine E* selbst beantragten Konkursverfahren) ausgegangen ist. Ebensowenig war relevant, ob Leopoldine E* in der Folge bis September 1988 noch an das mit familiärer Unterstützung mögliche Zustandekommen eines Zwangsausgleiches glaubte. Von einer ‑ in der Mängelrüge in diesem Zusammenhang behaupteten ‑ entscheidende Tatsachen berührenden Undeutlichkeit über den Zeitraum der Kenntnis des Zeugen T* von der beschriebenen Zweckbestimmung des Bauspardarlehens und einer Unvollständigkeit des Ersturteils, die der Beschwerdeführer in bezug auf das Streben der Leopoldine E* nach dem Zustandekommen eines Zwangsausgleiches in der unzureichenden Erörterung des Inhaltes des Konkursaktes S 21/87 des Kreisgerichtes Krems und der Zeugenaussage des Rechtsanwaltes Dr. Schlosser erblickt, kann daher nicht gesprochen werden.

Auch der weitere Beschwerdeeinwand geht fehl, die in den Entscheidungsgründen nicht näher erörterte Aussage der Zeugin Gertrude T* (AS 359 ff) widerspreche der Urteilsfeststellung, daß sie das ihrer Schwester Leopoldine E* gehörende Haus Nr 6 in W* ersteigern wollte, weshalb ihr Gatte Josef T* das Bauspardarlehen dringend im Lauf des Versteigerungsverfahrens benötigt hätte (US 11, 17). Aus dieser Aussage geht jedenfalls zweifelsfrei hervor, daß Gertrude T* das Haus ihrer Schwester Leopoldine E* "bei der Versteigerung schon kaufen wollte", hiefür aber nicht über ausreichende Geldmittel verfügte (AS 360) und im übrigen alles Nähere ihrem Gatten überließ (AS 362, 364). Somit ist irrelevant, ob die Zeugin vom Versteigerungstermin konkret Kenntnis hatte, weswegen auch ein unlösbarer und deshalb erörterungsbedürftiger Widerspruch dieser Zeugenaussage zur oben dargestellten Feststellung entgegen der Mängelrüge nicht vorliegt.

Die in der Rechtsrüge behauptete Aktenwidrigkeit, dem Angeklagten sei nach den Entscheidungsgründen entgegen dem Urteilsspruch ein Bargeldbetrag von 863.694 S nicht übergeben worden, liegt nicht vor. Der Urteilsspruch konstatiert keineswegs eine körperliche Übergabe dieses Geldbetrages. Ein Gut gilt immer dann als anvertraut, wenn die Verfügungsgewalt hierüber aufgrund eines Vertrages oder vertragsähnlichen Rechtsverhältnisses erlangt wurde, und zwar unabhängig davon, ob es von Hand zu Hand oder nur mittelbar (etwa durch Überweisung eines Geldbetrages auf ein Kontokorrentkonto des Angeklagten, wodurch er ebenfalls Verfügungsmacht über das Bankgeld im Sinn des Gewahrsamsbegriffes hat) übergeben wurde (vgl Mayerhofer‑Rieder, StGB3, ENr 14 und 17 b zu § 133). Soweit in den Entscheidungsgründen somit eine Übergabe dieses Geldbetrages durch Überweisung auf das in Händen des Angeklagten befindliche und zur Ausfolgung an den berechtigten Bauspardarlehensnehmer bestimmte Sparbuch der PSK (einem Inhabersparbuch, wie in der Stellungnahme zur Rechtsrüge des Angeklagten noch zu erläutern sein wird) festgestellt ist (US 8), stellt dies keineswegs den vom Angeklagten (sachlich) behaupteten inneren Widerspruch der Feststellungen des Urteilsspruchs zu jenen seiner Begründung dar.

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) wiederholt im wesentlichen die Ausführungen zur Verfahrens‑ und Mängelrüge, vermag damit aber weder schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustandegekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen noch auf aktenkundige Beweisergebnisse hinzuweisen, die nach den Denkgesetzen oder nach der allgemeinen menschlichen Erfahrung erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der erstgerichtlichen Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Fragen aufkommen ließen.

Auch aus dem Inhalt der (undatierten) von Elfriede S* unterfertigten Schuldurkunde und dem an diese Darlehensnehmerin gerichteten späteren Anbot auf Verlängerung des Privatdarlehens vom 1. März 1988 (AS 25 und 27) können solche Bedenken nicht abgeleitet werden. Daß sich der Beschwerdeführer in diesen Urkunden gegenüber dieser Darlehensnehmerin (somit einer vom Berechtigten T* verschiedenen Person) als "Verwalter des Geldes von Herrn Josef T*" (AS 25) bzw als "Bevollmächtigter der Frau E* (Josef T*)" (AS 27) bezeichnete, kann an der gegenteiligen Urteilsfeststellung, derartige Geldvollmachtsverhältnisse zwischen dem Angeklagten und T* bzw. E* wären tatsächlich nicht vorgelegen, keine begründeten Zweifel erwecken. Aus Dritten gegenüber abgegebenen Erklärungen über behauptete Geldverwaltungsbefugnisse kann ein zwingender Rückschluß auf die tatsächlich im Innenverhältnis zwischen dem Angeklagten und dem Bauspardarlehensnehmer bestehenden Rechtsverhältnisse nicht gezogen werden.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist teils nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, teils unbegründet.

Obwohl das Privatsparbuch der PSK im Zeitpunkt seiner zur Jahresmitte 1988 erfolgten Ausfolgung an Josef T* durch Losungswort vinkuliert war (AS 53 und 69), konnte das Erstgericht zu Recht davon ausgehen, daß es sich in dem die für Erlangung der tatsächlichen Verfügungsgewalt des Angeklagten entscheidenden Zeitpunkt der Überweisung des Bauspardarlehens um ein nicht vinkuliertes Überbringersparbuch handelte (US 20). Anlaß für eine Feststellung, daß das Sparbuch bereits zum Zeitpunkt der Überweisung des Bauspardarlehens vinkuliert war, bestand nach dem Akteninhalt nicht. Nach der Zeugenaussage des zuständigen Organisationsleiters der BSK Wüstenrot, Johann W*, sind die im Besitz der Mitarbeiter dieser Bausparkasse befindlichen, vorerst nur ein Guthaben von einem Schilling aufweisenden Inhabersparbücher nach Überweisung des Bauspardarlehens an die Kunden auszufolgen, wonach bei jedem Postamt vom Kunden die Vinkulierung durch Losungswort beantragt werden kann (AS 251). Auch der Angeklagte selbst gab an, daß die Vinkulierung des Sparbuches erst nach Überweisung des Bauspardarlehens auf dieses Sparbuch durch ihn selbst erfolgt ist (AS 143).

Anvertraut ist eine fremde Sache, wenn aufgrund eines Rechtsgeschäftes oder eines vertragsähnlichen Rechtsverhältnisses alleiniger Gewahrsam daran erlangt wird, jedoch verbunden mit der Verpflichtung, die Sache im Interesse eines anderen zu verwenden, zu verwahren, zurückzustellen oder an einen Dritten weiterzugeben (Leukauf‑Steininger, Komm3, RN 3 zu § 133 StGB). Vorliegend wurde der Darlehensbetrag von 863.694 S am 28. Oktober 1987 dem Angeklagten durch Überweisung auf das in seinem Besitz befindliche Inhabersparbuch anvertraut. Zu diesem Zeitpunkt war das Privatsparbuch somit selbständiger Wertträger, dessen Veruntreuung durch den Verwahrer rechtlich möglich ist (Kienapfel, BT II2, RN 39 b zu § 133 StGB).

Es bestand auch kein Anlaß zur Feststellung, der Angeklagte selbst habe in der Folge die Vinkulierung des Privatsparbuches vorgenommen, weil sich auch durch eine spätere Vinkulierung an seiner tatsächlich bestehenden unbeschränkten Verfügungsgewalt über dieses Sparbuch und dessen Guthaben nichts geändert hat.

Nach den Urteilsfeststellungen kam das Bauspardarlehen des Josef T* über Vermittlung des Angeklagten als freier Mitarbeiter der BSK Wüstenrot zustande. Das Beschwerdeargument, zwischen dem Angeklagten und Josef T* sei kein Rechtsgeschäft oder vertragsähnlicher Zustand vorgelegen, der Grundlage für das Anvertrauen des Bauspardarlehens sein könnte, ist deshalb nicht nachvollziehbar. Entgegen dieser Rechtsmeinung muß das Anvertrauen des Gutes im Sinn des § 133 Abs 1 StGB im übrigen nicht vom Berechtigten selbst erfolgen; dies kann vielmehr auch von einem Dritten für den Berechtigten vorgenommen werden (hier BSK Wüstenrot; vgl Leukauf‑Steininger, aaO). Wenn die Beschwerde in diesem Zusammenhang behauptet, daß im Zeitpunkt der Überweisung des Bauspardarlehens auf das PSK‑Privatsparbuch das Bestehen eines Rechtsgeschäftes oder vertragsähnlichen Zustandes zwischen dem Angeklagten und der Bausparkasse nicht festgestellt sei, geht sie nicht von den Urteilsannahmen aus. Das Erstgericht konstatierte nämlich (aktengetreu, AS 385) im Gesamtzusammenhang seiner Feststellungen, daß der Angeklagte nicht nur im Herbst 1986 (US 4) und zur Zeit der Darlehensvergabe an Elfriede S* (Dezember 1987 bis Februar 1988, US 16), sondern auch im dazwischen liegenden Zeitpunkt der Überweisung des Bauspardarlehens auf das PSK‑Privatsparkonto (28. Oktober 1987) freier Mitarbeiter der BSK Wüstenrot war, weshalb er überhaupt erst in den Besitz des an den Bausparer Josef T* auszufolgenden PSK‑Privatsparbuches gelangen konnte (US 8).

Die Tathandlung der Veruntreuung nach § 133 StGB besteht im Zueignen des anvertrauten Gutes für sich oder einen Dritten. Zueignen ist die Überführung eines Gutes bzw des in ihm verkörperten Wertes in das eigene freie Vermögen (oder das eines Dritten). Sie muß nicht eine dauernde Herrschaft über die Sache begründen; es genügt eine widerrechtliche Verfügung, welche die Sicherheit des Berechtigten, je wieder zur Sache zu gelangen, ernsthaft in Zweifel stellt, ihn also der Möglichkeit ihres endgültigen Verlustes preisgibt. Da sich im Falle einer Veruntreuung das Gut bereits im Gewahrsam des Täters befindet, setzt Zueignung die Betätigung des Zueignungswillens in objektiv erkennbarer Weise voraus. Bloßes "Bei‑sich‑Liegenlassen" über die vereinbarte Rückgabefrist hinaus genügt mithin nicht, es muß sich stets um ein aktives Tun handeln (Leukauf‑Steininger, aaO, RN 14 und 15).

Das Erstgericht geht entgegen den darauf zielenden Beschwerdeausführungen, die sich auf die nur unvollständige und aus dem Zusammenhang gelöste Wiedergabe der Urteilsfeststellung, wonach der Angeklagte das Sparbuch bei sich behielt (US 8), stützt, keineswegs davon aus, der Angeklagte habe sich das Sparbuch als solches durch bloßes Beisichbehalten zugeeignet. Festgestellt wird vielmehr, daß er von dem in seinem Gewahrsam befindlichen Sparbuch Behebungen bis auf einen Restbetrag von 21,67 S ohne Zustimmung und Wissen der Berechtigten, somit widerrechtlich, vorgenommen hat (US 8 f). Damit eignete sich der Angeklagte das Privatsparbuch bzw das darauf befindliche Guthaben, (der Restbetrag von 21,67 S kann in diesem Zusammenhang vernachlässigt werden) durch aktives Tun zu.

Daß im Zusammenhang mit dem aus Mitteln des Bauspardarlehens gewährten Privatdarlehen an Elfriede S* die Gefahr des Verlustes des Geldbetrages von 730.000 S bestand, hat das Erstgericht (im Rahmen der rechtlichen Urteilsausführungen) konstatiert. Somit lagen bei dem zu beurteilenden Sachverhalt sämtliche objektiven Tatbestandsmerkmale vor, und zwar auch jenes, daß durch die Überführung des anvertrauten Gutes in das eigene oder das eines Dritten freie Vermögen die Möglichkeit des Berechtigten, wieder in den Besitz der Sache zu kommen, in Frage gestellt wurde (US 20 f).

Diese (im Rahmen der Rechtsausführungen ergänzte) Feststellung des Erstgerichts ist in bezug auf den in Rede stehenden Geldbetrag von 730.000 S auch unbedenklich. Anders als bei dem vom Angeklagten zitierten Fall des bloßen Verleihens selbst entliehener landwirtschaftlicher Ackergeräte (EvBl 1961/109) ist bei Gewährung eines nicht unerheblichen Privatdarlehens an eine Person, die nicht rechtzeitig einen entsprechenden Bankkredit erhalten konnte (US 9), im Regelfall nämlich von der Möglichkeit des Verlustes des Privatdarlehens auszugehen. Die Entscheidung darüber, ob eine Sache der Gefahr eines solch endgültigen Verlustes ausgesetzt werden darf, kann jedoch nur der über sie uneingeschränkt Verfügungsberechtigte selbst treffen, niemals aber jener, dem sie lediglich anvertraut ist (SSt 30/102).

Der Beschwerde zuwider muß der (auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtete erweiterte) Zueignungsvorsatz nicht bereits im Zeitpunkt des Anvertrauens des fremden Gutes (hier: Überweisung des Bauspardarlehens auf das PSK‑Privatsparbuch), sondern erst im Zueignungszeitpunkt (hier: unrechtmäßige Behebung vom Sparbuch) gegeben sein (Leukauf‑Steininger, aaO, RN 21 a).

Die vom Beschwerdeführer vermißten Feststellungen zur subjektiven Tatseite der vom Erstgericht angenommenen Veruntreuung im Zusammenhang mit der den größten Teil des Bauspardarlehens betreffenden Gewährung eines Privatdarlehens von 730.000 S an Elfriede S* wurden von diesem getroffen (US 21). Die Annahme des unrechtmäßigen Bereicherungsvorsatzes des Angeklagten wurde darauf gestützt, daß dieser nicht einmal über Teile des Bauspardarlehens verfügungsberechtigt war, gegenüber dem Berechtigten Josef T* keine fällige aufrechte oder auch nur vermeintliche Gegenforderung hatte und auch nicht über einen präsenten Deckungsfonds verfügte, dennoch aber ohne einen von der Rechtsordnung gebilligten Grund den Betrag von 730.000 S in das Vermögen der Elfriede S* überführte.

Aber auch die weitere Urteilsfeststellung, der Angeklagte habe zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung an Elfriede S* auf rechtzeitige Rückzahlung gehofft (US 16 und 18), steht dem auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Zueignungsvorsatz nicht entgegen. Unabhängig von einer bestehenden Rückzahlungsverpflichtung kommt es durch Gewährung eines Darlehens immer zu einer Vermögensvermehrung des Darlehensnehmers. Zur subjektiven Tatseite ist hiefür nicht erforderlich, daß der Bereicherungsvorsatz im Sinn des § 133 StGB auf dauernde Überführung des Gutes in das eigene Vermögen (oder das eines Dritten) abzielt. Es genügt vielmehr, daß es tatplangemäß zumindest zeitweilig eine Vermögensvermehrung bewirken soll (Leukauf‑Steininger, aaO, RN 21 a). Ein Schädigungsvorsatz ist hingegen, wie der Beschwerdeführer selbst einräumt, anders als bei den Tatbeständen des Betruges und der Untreue, nicht subjektives Tatbestandsmerkmal einer Veruntreuung.

Auch das weitere Vorbringen der Beschwerde, ein auf Zueignung eines 500.000 S übersteigenden Betrages gerichteter unrechtmäßiger Bereicherungsvorsatz sei schon deshalb nicht vorgelegen, weil der Angeklagte das Darlehen an Elfriede S* nur als Verwalter des Josef T* eingeräumt habe, dem durch die gegenüber dem Eckzinsfuß von 3,75 % des PSK‑Sparbuches um 0,25 % höhere Verzinsung des Privatdarlehens aus dieser Darlehensgewährung auch kein Schaden erwachsen sollte, ist feststellungsfremd. Das Erstgericht hat nämlich das Bestehen einer derartigen Verwaltungsvollmacht ausdrücklich verneint (US 10). Da dem Angeklagten zu keiner Zeit ein präsenter Deckungsfonds zur Verfügung stand (US 12), objektiv damit die Möglichkeit des Berechtigten Josef T*, wieder in den Besitz der veruntreuten  500.000 S weit übersteigenden Geldbeträge zu kommen, in Frage gestellt wurde und dies auch vom bedingten Veruntreuungsvorsatz des Angeklagten mitumfaßt war (vgl US 21), hat das Erstgericht trotz späterer im Rahmen der Strafzumessung als mildernd gewerteter Rückgabe des Privatsparbuches an Josef T* mit einem Einlagestand von allerdings nur 613.021,67 S auch mit Recht die Wertqualifikation nach dem zweiten Fall des § 133 Abs 2 StGB angenommen.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) erschöpft sich unter bloßem Hinweis auf das Vorbringen zur Rechtsrüge in der Behauptung, die Urteilsfeststellungen ließen unter Ausschaltung des auf das Darlehen S* entfallenden Geldbetrages, für den angeblich weder eine objektive Bereicherung der Darlehensnehmerin noch ein darauf gerichteter unrechtmäßiger Bereicherungsvorsatz des Angeklagten festgestellt sei, nur eine Subsumtion der Tat als Vergehen der (Anschluß‑)Unterschlagung nach dem § 134 Abs 2 und Abs 3, erster Fall, StGB zu. Die Tatrichter haben demgegenüber jedoch sämtliche objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des Verbrechens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs 1 und Abs 2, zweiter Fall, StGB festgestellt. Jene Fälle, in denen der Täter den Gewahrsam an fremdem Gut zwar mit seinem Zutun, aber einvernehmlich mit dem Berechtigten erlangt hat, sind, soferne nicht Betrug vorliegt, durch § 133 StGB abschließend geregelt. Eine Ahndung als Anschlußunterschlagung kommt insoweit demgemäß nicht in Betracht (Leukauf‑Steininger, aaO, RN 32 zu § 133 und RN 22 zu § 134).

Die zur Gänze unbegründete (teils auch nicht dem Gesetz gemäß ausgeführte) Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem zweiten Strafsatz des § 133 Abs 2 StGB eine Freiheitsstrafe von einem Jahr. Dabei wertete es einschlägige Vorstrafen als erschwerend, wobei besonders gravierend die Verurteilung des Angeklagten vom 28. April 1986 wegen Untreue und Urkundenunterdrückung ins Gewicht fiel, mit der er zu zwei Jahren bedingter Freiheitsstrafe mit dreijähriger Probezeit verurteilt wurde. Die ihm nunmehr zur Last liegenden Taten habe er etwa in der Mitte dieser Probezeit begangen, die Strafdrohung dieses Urteils habe also nicht nachhaltig gewirkt. Der Widerruf dieser bedingten Nachsicht sei nur deshalb nicht erfolgt, weil die Anzeige im vorliegenden Verfahren erst nach endgültiger Strafnachsicht erstattet wurde. Als mildernd wurde die teilweise Schadensgutmachung gewertet, zu der allerdings der Angeklagte nicht sehr viel beigetragen habe.

Den Strafausspruch bekämpfen sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft mit Berufung, wobei diese Straferhöhung, jener die Gewährung bedingter Nachsicht der ganzen Strafe oder zumindest eines Teiles derselben anstrebt.

Die Berufung der Anklagebehörde ist berechtigt.

Der Angeklagte mußte nunmehr neuerlich wegen einer schweren gegen fremdes Vermögen gerichteten Straftat verurteilt werden. Angesichts seiner einschlägigen Vorbelastung und der daraus und aus seiner nunmehrigen Verhaltensweise hervorgehenden Neigung zu leichtfertigem Umgang mit ihm anvertrauten Vermögenswerten (§ 32 Abs 1 und 2 StGB) kann mit der vom Schöffengericht verhängten Mindeststrafe das Auslangen nicht mehr gefunden werden. Sie war deshalb auf das im Spruch angeführte Ausmaß zu erhöhen.

Aber auch der Berufung des Angeklagten kann Berechtigung nicht zur Gänze abgesprochen werden.

Zwar kommt eine bedingte Nachsicht der ganzen Strafe im Hinblick darauf, daß der Rechtsmittelwerber die aktuelle Straftat trotz einer empfindlichen, bedingt nachgesehenen Strafe ‑ und während deren Probezeit ‑ begangen hat, nicht in Betracht; doch ist die bedingte Nachsicht eines Teiles der verhängten Freiheitsstrafe deshalb vertretbar, da die Folgetat immerhin bereits 5 Jahre zurückliegt, sich der Angeklagte seither wohlverhalten, das Strafübel der Freiheitsstrafe noch nicht verspürt hat und deshalb angenommen werden kann, daß der Vollzug eines Teiles der Strafe in Verbindung mit der Androhung des Vollzuges des Strafrestes ausreicht, um ihn von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten.

Es war daher seiner Berufung wie im Spruch ersichtlich Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung findet ihre Begründung in der angeführten Gesetzesstelle.

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