OGH 8Ob598/92

OGH8Ob598/924.6.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.E.Huber, Dr.Jelinek, Dr.Rohrer und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des ***** Johann S*****, vertreten durch Dr.Reinhard Schachner, Rechtsanwalt in Steyr, infolge Revisionsrekurses des Dr.Christoph H***** als Sachwalter des Betroffenen, gegen den Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten als Rekursgerichtes vom 18.12.1991, GZ R 690/91-85, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes St.Peter/Au vom 23. Juli 1991, GZ SW 62/84-65, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluß vom 13.5.1985 (ON 10) bestellte das Sachwalterschaftsgericht für den Betroffenen Johann S***** den Rechtsanwalt Dr.Christoph H***** zum Sachwalter gemäß § 273 Abs 3 Z 2 ABGB und beauftragte diesen mit der Führung eines bestimmten Gerichtsverfahrens sowie der Vermögensverwaltung, insbesondere der Überwachung und Erfüllung der Verbindlichkeiten des Betroffenen. Es sprach aus, daß innerhalb dieses Wirkungsbereiches des bestellten Sachwalters im Sinne des § 273 a Abs 1 ABGB keine freie Verfügungs- oder Verpflichtungsfähigkeit des Betroffenen bestehe.

Der Sachwalter Dr.Christoph H***** schloß im Rahmen der Vermögensverwaltung für den Betroffenen mit Christine H***** als Käuferin einen Kaufvertrag betreffend mehrere Grundstücke des Betroffenen zum Gesamtkaufpreis von S 750.000,-. Dieser Kaufvertrag wurde vom Sachwalterschaftsgericht mit Beschluß vom 23.7.1991 genehmigt.

Das von dem durch Rechtsanwalt Dr.Reinhard Schachner vertretenen Betroffenen angerufene Rekursgericht gab dessen Rekurs Folge, hob den Genehmigungsbeschluß auf und trug dem Sachwalterschaftsgericht die Verfahrensergänzung und neuerliche Entscheidung auf. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt und daß der Revisionsrekurs zulässig sei.

In seiner Entscheidungsbegründung bejahte das Rekursgericht die Rechtsmittellegitimation des Betroffenen, weil nach der ständigen Rechtsprechung beschränkt Geschäftsfähigen im Außerstreitverfahren das Recht zustehe, selbständig Anträge zu stellen und Rechtsmittel zu erheben, um sich gegen Maßnahmen des gesetzlichen Vertreters oder des Pflegschaftsgerichtes zur Wehr zu setzen. Hinsichtlich einer, wie hier, vom Betroffenen erfolgten Vollmachtserteilung sei Voraussetzung, daß der Betroffene fähig sei, den Zweck dieser Vollmachtserteilung zu erkennen. Bei offenkundiger Unfähigkeit, dies zu erkennen, sei im Sinne der Entscheidung 2 Ob 573/89 die Bevollmächtigung unwirksam. Im vorliegenden Falle sei der Rekurs des Betroffenen daher zulässig. Aus folgenden Gründen komme ihm auch Berechtigung zu:

Nach einhelliger Rechtsprechung sei in der Frage eines gemäß den §§ 154 Abs 3, 228, 282 ABGB im Sachwalterschaftsverfahren zu genehmigenden Vertrages das Wohl des Betroffenen entscheidend. Diese Frage könne hier auf der erstgerichtlichen Sachverhaltsgrundlage noch nicht abschließend beurteilt werden. Der Betroffene habe erhebliche Verbindlichkeiten, insbesondere eine Zahlungsverpflichtung über 1,7 Millionen S aus einem Vergleich sowie hinsichtlich der vom Sachwalter geltend gemachten Kostenersatz- und Entlohnungsansprüche in der Höhe von insgesamt S 1,234.036,15, zu dessen teilweiser Abdeckung der Sachwalter den Kaufpreis aus dem zu genehmigenden Kaufvertrag von S 750.000,- verwenden wolle. Die Kostenforderung von S 1,186.852,19 gegenüber dem Betroffenen stamme zu einem erheblichen Teil noch aus der Zeit vor der Einleitung der Sachwalterschaft, sodaß eine diesbezügliche Überprüfungsmöglichkeit des Sachwalterschaftsgerichtes nicht bestehe. Da der Betroffene insoweit auch nicht vom Sachwalter vertreten werden könne, sei hinsichtlich dieser Kostenforderung im weiteren Verfahren zumindest ein Kollisionssachwalter zu bestellen. Zur Abstattung aller Verbindlichkeiten sei ein Gesamtkonzept zu entwickeln, der bisher eingeschlagene Weg, durch - auch geplante weitere - Teilabverkäufe von Liegenschaften Geld zu erlangen, sei nicht zielführend, wenn er sich nicht in einen größeren Gesamtrahmen und in eine Strategie eingliedern lasse, nach der eine endgültige und abschließende Tilgung der Schulden des Betroffenen erkennbar sei. Aus diesem Grunde erscheine es nicht zweckmäßig und sinnvoll und nicht im Wohle des Betroffenen gelegen, zunächst den gegenständlichen Kaufvertrag und etwa auch den weiteren mit Josef und Leopoldine W***** geplanten Kaufvertrag zu genehmigen, mögen diese Verträge bei isolierter Betrachtung und Gegenüberstellung des geringeren Schätzwertes als des Kaufpreises auch günstig erscheinen. Im übrigen sei im weiteren Verfahren auf die Bestimmung des § 232 ABGB Bedacht zu nehmen, wonach ein unbewegliches Gut in der Regel nur mittels öffentlicher Versteigerung veräußert, aus wichtigen Gründen aber auch eine Veräußerung aus freier Hand bewilligt werden könne.

Den Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses gründete das Rekursgericht darauf, daß die Frage der Vollmachtserteilung und des Vorliegens einer Kollision Rechtsfragen im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG darstellten.

Gegen den rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschluß erhebt der Sachwalter Revisionsrekurs mit dem Antrag, in dessen Abänderung die seinem Genehmigungsantrag stattgebende erstgerichtliche Entscheidung wiederherzustellen. Für die Zulässigkeit seines Rechtsmittels führt der Sachwalter keinerlei Gründe an, vielmehr bekämpft er unter dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung unter Darlegung seines Standpunktes die rekursgerichtliche Rechtsansicht betreffend die Notwendigkeit einer Verfahrensergänzung, weil nach den Umständen des Falles die vom Sachwalter geplanten Einzelverkäufe von Liegenschaften des Betroffenen als zweckmäßigste Maßnahme zur Abtragung der Schulden erschienen und weil der Betroffene auch selbst Teilverkäufe - wenngleich anderer Grundstücke - und nicht die öffentliche Versteigerung wünsche; die Bestellung eines Kollisionskurators hält der Rekurswerber nicht für erforderlich und verneint im Hinblick auf den Inhalt des Bestellungsbeschlusses ON 10 auch die Rekurslegitimation des Betroffenen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist entgegen den den Obersten Gerichtshof gemäß § 16 Abs 3 AußStrG, § 508 a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG nicht zulässig und war daher zurückzuweisen:

Das Rekursgericht verwies in der von ihm im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG als erheblich bezeichneten Rechtsfrage der Vollmachtserteilung selbst auf die ständige Rechtsprechung, der zufolge auch nach dem Sachwalterschaftsgesetz für die Erteilung einer wirksamen Vollmacht durch den Betroffenen an einen von ihm gewählten Vertreter die Fähigkeit gefordert wird, den Zweck der Vollmachtserteilung zu erkennen. Bei offenkundiger Unfähigkeit, dies zu erkennen, ist die Bevollmächtigung unwirksam (7 Ob 607 - 609/86; 8 Ob 550/87; 4 Ob 574/89; 2 Ob 573/89 ua).

Gleich dem Erstgericht legte das Rekursgericht hier nach dem maßgeblichen Akteninhalt (so 4 Ob 574/89; 2 Ob 573/89; 8 Ob 640, 641/89; 8 Ob 550/87 ua) eine solche offenkundige Unfähigkeit des Betroffenen, den Zweck seiner Vollmachtserteilung zu erkennen, nicht zugrunde. Die rekursgerichtliche Entscheidung entspricht somit insoweit voll der Rechtsprechung. Auch auf das dem Betroffenen als einem durch die gemäß § 273 Abs 3 Z 2 ABGB erfolgte Sachwalterbestellung beschränkt Geschäftsfähigen zustehende Recht zur selbständigen Einbringung von Rechtsmitteln hat das Rekursgericht durch Zitierung der in 2 Ob 597/90 (und weiteren Entscheidungen) vom Obersten Gerichtshof ausgesprochenen Rechtsansicht zutreffend verwiesen.

Die Frage, ob hinsichtlich der aus der Zeit vor der Einleitung des Sachwalterschaftsverfahrens stammenden und daher nicht der Prüfung durch das Sachwalterschaftsgericht unterliegenden Kostenersatzforderung des nunmehrigen Sachwalters Dr.H***** widerstreitende Interessen vorliegen, sodaß jedenfalls insoweit ein Kollisionssachwalter zum gesetzlichen Vertreter des Betroffenen zu bestellen sei, steht mit dem diesem Rechtsmittelverfahren allein zugrundeliegenden Verfahrensgegenstand der Genehmigung eines Kaufvertrages - entgegenstehende Behauptungen oder Feststellungen liegen nicht vor - in keinerlei Zusammenhang und ist auf die diesbezügliche Entscheidung ohne jeden Einfluß. Demgemäß fehlt es aber auch insoweit an einer im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG entscheidungserheblichen Rechtsfrage.

In der Sache selbst hat das Rekursgericht die Frage der Genehmigung des gegenständlichen Kaufvertrages im Sinne des Gesetzes und der einschlägigen Rechtsprechung zutreffend davon abhängig gemacht, ob eine solche Genehmigung dem Wohle des Betroffenen entspricht (4 Ob 589/89; 2 Ob 597/90 ua). Seine diesbezügliche Beurteilung - es hielt hiezu eine Verfahrensergänzung für erforderlich - hängt von den Umständen des Einzelfalles ab und ist daher nicht von der für die Rechtsmittelzulässigkeit gemäß § 14 Abs 1 AußStrG geforderten allgemeinen Bedeutung.

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