OGH 9ObA95/93

OGH9ObA95/9319.5.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Vera Kremslehner und Mag.Gabriele Jarosch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Friedrich ***** M*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Peter Schmautzer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. G*****-Werke ***** OHG, ***** 2. B***** OHG, ***** 3. Verwaltungsgesellschaft B***** KG, ***** vertreten durch Dr.Karl Schleinzer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 92.176 brutto sA, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16.Dezember 1992, GZ 31 Ra 125/92-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 20.Mai 1992, GZ 16 Cga 630/91-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagten sind schuldig, dem Kläger die mit S 5.858,10 (darin S 976,35 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens und zwar die Erstbeklagte und die Zweitbeklagte je zur Hälfte und jeweils zur ungeteilten Hand mit der Drittbeklagten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob dem Kläger die begehrten Sonderzahlungen und Fahrtkostenersätze zustehen, zutreffend bejaht. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerber, daß der Kläger kein Arbeitnehmer, sondern ein selbständiger Unternehmer gewesen sei und die begehrten Leistungen als "Nebenkosten" anzusehen seien, die vertraglich abbedungen wurden, entgegenzuhalten:

Die für den Grund der Ansprüche entscheidende Frage, ob der Kläger Arbeitnehmer der Erst- und Zweitbeklagten war, wurde bereits in dem zwischen denselben Parteien geführten Vorverfahren 16 Cga 568/90 des Erstgerichts, in dem dem Kläger die Urlaubsentschädigung und die Abfertigung rechtskräftig zugesprochen wurden, bejaht (9 Ob A 171/91). Auch im vorliegenden Verfahren kommt es im wesentlichen nur darauf an, ob der Kläger Arbeitnehmer der Erstbeklagten und Zweitbeklagten war. Wie das Berufungsgericht richtig erkannte, stehen daher die beiden Verfahren in einem so engen inhaltlichen Zusammenhang, daß die Gebote der Rechtssicherheit und der Entscheidungsharmonie eine widersprechende Beantwortung derselben in beiden Prozessen entscheidenden Rechtsfrage - noch dazu bei gleichem Sachverhalt - nicht gestatten. Die Vorfragenbeurteilung im Folgeprozeß darf demnach nicht von der rechtskräftigen Entscheidung im Vorprozeß abweichen (vgl Fasching, ZPR**2 Rz 1501; RZ 1980/31; JBl 1980, 541 je mwH ua). Auf die die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers verneinende Rechtsrüge ist daher nicht weiter einzugehen.

Ist der Kläger aber Arbeitnehmer der Erst- und Zweitbeklagten gewesen, stehen ihm auch die kollektivvertraglichen Ansprüche auf Sonderzahlungen zu. Daß diese im vereinbarten Entgelt nicht enthalten waren, hat bereits das Berufungsgericht zutreffend aufgezeigt, zumal unter "Nebenkosten" insbesondere Sonderzahlungen nicht verstanden werden können, da diese Entgelt und keine Kosten sind. Selbst wenn aus dem Schreiben des Klägers vom 20.Juli 1989 ein Verzicht auf Sonderzahlungen abgeleitet werden könnte, wäre dieser unbeachtlich, da ein Verzicht auf unabdingbare Ansprüche während des aufrechten Arbeitsverhältnisses unwirksam ist (vgl Floretta-Spielbüchler-Strasser, ArbR**n I 84 f; Schwarz-Löschnigg, ArbR4, 277 f mwH; Jud 26 = SZ 9/80 = Arb 3725; Arb 9699). Zum Teil war der Anspruch im Zeitpunkt der Erklärung des Klägers noch gar nicht entstanden (Weihnachtsremuneration). Auch aus der Geltendmachung der Ansprüche erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann kein schlüssiger Verzicht abgeleitet werden. Die Fahrtkostenzuschüsse stehen dem Kläger schon deshalb zu, da alle Arbeitnehmer der Erstbeklagten solche Zuschüsse erhalten haben und diese daher nicht berechtigt war, den Kläger willkürlich schlechter zu behandeln als die übrigen Arbeitnehmer. Die sogenannte Gleichbehandlungspflicht erstreckte sich entgegen der Ansicht der Revisionswerber auch auf vertragliche Ansprüche (vgl Schwarz-Löschnigg aaO 270 ff, 271 mwH; Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, ArbR3 I 239 ff mwH).

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen verrichtete der Kläger auf Grund der "Werkverträge" vom 18.August 1983 im wesentlichen dieselben Tätigkeiten wie vorher als Angestellter. Auch in seiner Weisungsunterworfenheit bestand kein Unterschied zu früher. Soweit die Initiative zum Abschluß der "Werkverträge" (zur beabsichtigten sog. "Flucht aus dem Arbeitsrecht") sohin von den Beklagten selbst ausging, können sie dem Kläger nicht anlasten, er habe sie über die rechtliche Qualifikation des Vertragsverhältnisses listig in Irrtum geführt.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41, 46 und 50 ZPO begründet.

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