OGH 4Ob114/92(4Ob115/92)

OGH4Ob114/92(4Ob115/92)6.4.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Richard M*****, vertreten durch Dr.Christa Unzeitig, Rechtsanwältin in Graz, wider die beklagte Partei Gerold H*****, vertreten durch Dr.Werner Bachlechner und Dr.Klaus Herunter, Rechtsanwälte in Köflach, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren S 30.000) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 6.Oktober 1992, GZ 6 R 125, 174/92-16, womit der Beschluß des Landesgerichts für ZRS Graz vom 29.April 1992, GZ 23 Cg 112/92-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen; die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger stellt im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes ein Destillat aus Schilchertrauben her und bringt es unter der Bezeichnung "Schilcher-Traubencocktail exklusiv bei Fam.R.u.M.Mandl" in den Verkehr. Der Kläger ist Inhaber der österreichischen Wort-Bild-Marke Nr.140 887, welche mit der Priorität vom 2.1.1992 für die Warenklasse 33 (alkoholische Getränke [ausgenommen Biere] unter Verwendung von Schilchertrauben hergestellt) eingetragen ist:

Der Beklagte betreibt eine Destillerie und stellt - ebenfalls aus Schilchertrauben - ein Destillat her, welches er unter der Bezeichnung "Schilcher-Traubencocktail Destillerie Hochstrasser" vertreibt.

Zur Sicherung des mit der Klage verfolgten Anspruches, im geschäftlichen Verkehr den Vertrieb des Produktes "mit der Bezeichnung 'Schilcher-Traubencocktail' mit dem Zusatz 'Destillerie Hochstrasser'" zu unterlassen, beantragt der Kläger, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr dieses Produkt mit der Bezeichnung "Schilcher-Traubencocktail" zu vertreiben. Mit dem beanstandeten Vorgehen habe der Beklagte gegen die einschlägigen Bestimmungen des MSchG, wegen der sklavischen Nachahmung der Marke bzw des Etitketts auch gegen § 1 UWG verstoßen.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrages. Er betreibe eine Großdestillerie, wogegen der Kläger mit Rücksicht auf die finanzrechtlichen Bestimmungen maximal ca 14 l seines Schilcher-Traubencocktails im Jahr erzeugen dürfe; zwischen den Streitteilen bestehe daher kein Wettbewerbsverhältnis. Die Aufmachung der Produkte der Parteien sei nicht verwechselbar ähnlich. Die vom Kläger erwirkte Marke genieße keinen wettbewerbsrechtlichen Schutz, weil an der Wortkombination "Schilcher-Traubencocktail" als allgemein gebräuchlicher Bezeichnung für derartige Produkte ein allgemeines Freihaltebedürfnis bestehe; im übrigen enthalte dieses Kennzeichen auch nur beschreibende Angaben. Der Beklagte habe diese Bezeichnung für sein Produkt schon vor dem Prioritätszeitpunkt der Marke des Klägers benützt.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt. Der Kläger habe durch die Vorlage der Registrierungsbestätigung bescheinigt, daß die Voraussetzungen für die Markenregistrierung gegeben waren. Mit der Bezeichnung seines Produktes greife der Beklagte in das Markenrecht des Klägers ein, so daß der Unterlassungsanspruch durch § 9 UWG begründet sei.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Absolut schutzunfähig nach Wettbewerbsrecht seien Wörter, die zur Bezeichnung bestimmter Gattungen von Waren im Verkehr gebräuchlich sind. Die rein beschreibende Wortverbindung "Schilcher-Traubencocktail" sei die für Destillate aus Schilchertrauben im geschäftlichen Verkehr übliche Bezeichnung. Auf eine Verkehrsgeltung komme es dabei nicht an, weil auch sie die absolute Schutzunfähigkeit nicht beseitigen könne.

"Gegen diesen Beschluß" (formell "gegen seinen gesamten Inhalt", inhaltlich aber nur gegen den den Sicherungsantrag betreffenden Teil) richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung des Erstgerichts wiederherzustellen.

Der Beklagte beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Den Ausführungen des Klägers, wonach die Wortverbindung "Schilcher-Traubencocktail" als Kennzeichen wettbewerbsrechtlichen Schutz genieße und der Beklagte dadurch, daß er sich des Kennzeichens des Klägers "bemächtigt" habe, auch gegen § 1 UWG verstoßen habe, kann nicht beigepflichtet werden.

Bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung eines auf § 9 Abs 3 UWG gegründeten Unterlassungsanspruches sind die Gerichte, soweit es um Rechtsfragen geht, an die Beurteilung der Markenbehörde nicht gebunden; sie haben vielmehr die Verwendung der Marke unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsrechtes selbständig zu beurteilen und können daher einer Marke den Schutz nach § 9 Abs 3 UWG dann versagen, wenn sie im Gegensatz zur Markenbehörde ein (absolutes) Eintragungshindernis annehmen (SZ 52/192; ÖBl 1991, 254 uva). Für die Abgrenzung zwischen Bezeichnungen, die absolut schutzunfähig sind, und solchen, denen bei Verkehrsgeltung ein Schutz nach § 9 Abs 3 UWG zukommt, müssen - jedenfalls soweit es um die Bezeichnung von Waren und Dienstleistungen geht - dieselben Kriterien herangezogen werden, die nach § 4 Abs 1 Z 2 und 3 MSchG iVm § 4 Abs 2 MSchG für die Frage entscheidend sind, in welchen Fällen bei Verkehrsgeltung eine Registrierung als Marke möglich ist (SZ 54/1; ÖBl 1983, 44 und 48; ÖBl 1985, 11; ÖBl 1987, 24; ÖBl 1991, 251). Absolut schutzunfähig sind daher auch nach Wettbewerbsrecht Zeichen, die zur Bezeichnung bestimmter Gattungen von Waren oder Dienstleistungen im Verkehr allgemein gebräuchlich sind; hingegen können Wörter, die zwar - für sich gesehen - keine Unterscheidungskraft haben, sondern ausschließlich Angaben iS des § 4 Abs 1 Z 2 MSchG enthalten, bei entsprechender Verkehrsgeltung Schutz erlangen (ÖBl 1991, 96 und 251). Die Registrierung einer Marke durch das Patentamt schafft in solchen Fällen nur dann einen Beweis (eine Bescheinigung) für die Verkehrsgeltung eines Zeichens, das nur auf Grund eines Verkehrsgeltungsnachweises eingetragen werden kann, wenn ein solcher Nachweis tatsächlich Grundlage der Eintragung war (ÖBl 1982, 160; ÖBl 1986, 7; ÖBl 1991, 254).

Ob an der Bezeichnung "Schilcher-Traubencocktail" zur Kennzeichnung für Produkte, die aus Destillaten der Schilchertraube hergestellt sind, ein allgemeines Freihaltebedürfnis besteht oder ob diese - jedenfalls auch nur beschreibende Angaben enthaltende - Wortverbindung unter der Voraussetzung ihrer Verkehrsgeltung schutzfähig ist, braucht im vorliegenden Fall nicht im einzelnen geprüft zu werden, weil sich der Kläger mit keinem Wort auf eine Verkehrsgeltung dieses Kennzeichens für sein Unternehmen oder seine Waren berufen hat, und die Registrierungsbestätigung für seine Wort-Bild-Marke, welche schon im Hinblick auf den Bildteil als schutzfähig anzusehen ist, keinerlei Hinweise auf eine Prüfung der Verkehrsgeltung des Wortbestandteils "Schilcher-Traubencocktail" für den Kläger im Markeneintragungsverfahren enthält. Durch die Verbindung der Wörter "Schilcher", "Trauben" und "Cocktail" ist aber auch keine eigenartige sprachliche Neubildung entstanden, in welcher die sonst gebräuchliche Bedeutung der einzelnen Bestandteile so in den Hintergrund tritt, daß sie geeignet wäre, auf ein bestimmtes Unternehmen hinzuweisen und dieses von anderen zu unterscheiden (vgl dazu ÖBl 1976, 77; ÖBl 1979, 47 und 77; ÖBl 1981, 104; ÖBl 1986, 72; ÖBl 1989, 52; ÖBl 1991, 96). Schon aus diesem Grund sind die Voraussetzungen für den wettbewerbsrechtlichen Kennzeichnungsschutz der mehrfach erwähnten Wortfolge nicht gegeben. Eine konkrete Übereinstimmung des vom Beklagten verwendeten Etiketts mit dem Bildteil seiner Marke hat der Kläger ebenfalls nicht behauptet. Dem Kläger ist daher der kennzeichenrechtliche Schutz des § 9 Abs 3 UWG zu versagen.

Worin sonst eine - vom kennzeichenrechtlichen Schutz nicht erfaßte - "sklavische Nachahmung" oder sonstige sittenwidrige Verwendung des Kennzeichens des Klägers durch den Beklagten liegen soll (vgl dazu SZ 7/280; ÖBl 1953, 52; ÖBl 1960, 34; ÖBl 1965, 93), wurde ebenfalls nicht behauptet. Damit kann der Unterlassungsanspruch aber auch in § 1 UWG keine Stütze finden.

Dem Revisionsrekurs war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Klägers im Revisionsrekursverfahren gründet sich auf § 393 Abs 1 EO, jene über die des Beklagten auf §§ 78, 402 EO, §§ 40, 50 und 52 Abs 1 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte