Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben; dem Rekursgericht wird eine neuerliche Entscheidung über den Rekurs der klagenden Partei aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekurses sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Mit der Behauptung, daß die Beklagten den Artikel "Natur pur - bei Merkur" im "Kurier" vom 18.3.1990 gegen Entgelt eingeschaltet, dies aber nicht in einer in § 26 MedG vorgeschriebenen Weise gekennzeichnet und damit gleichzeitig gegen die guten Sitten im geschäftlichen Verkehr (§ 1 UWG) verstoßen hätten, um sich einen Vorsprung gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen, begehrte die Klägerin zunächst, die Beklagten schuldig zu erkennen, ab sofort die Veröffentlichung von Ankündigungen, Empfehlungen sowie sonstigen Beiträgen und Berichten im "Kurier" zu unterlassen, wenn für die Veröffentlichung ein Entgelt geleistet wird und
a) die Veröffentlichung nicht als "Anzeige", "entgeltliche Einschaltung" oder "Werbung" gekennzeichnet ist und/oder
b) die Kennzeichnung nicht in mindestens gleich großem Druck wie der laufende Text erfolgt und/oder
c) die Kennzeichnung bei der einzelnen Veröffentlichung nur durch ein Schlagwort oder Symbol erfolgt, das erst an anderer Stelle der Zeitung dahin erläutert wird, daß es sich um eine entgeltliche Veröffentlichung handelt.
Ferner stellte die Klägerin ein Begehren auf Ermächtigung zur Veröffentlichung des Urteils je einmal in einer Samstag-Ausgabe der "Neuen Kronen-Zeitung" und des "Kuriers" sowie in einer Ausgabe der Wochenzeitung "Die ganze Woche".
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 19.2.1992 brachte die Beklagten vor, daß sie der Klägerin mit Schreiben vom 16.1.1992 einen gerichtlichen Vergleich angeboten hätten, der sowohl die Unterlassung als auch die volle Urteilsveröffentlichung und den vollen Kostenersatz enthalten habe; diesen Vergleich habe die Klägerin mit Brief vom 17.1.1992 vorbehaltlos angenommen. Die Beklagten stünden zu ihrem Anbot und seien außerdem bemüht, die im Vergleich übernommene Verpflichtung auch einzuhalten.
Die Klägerin erwiderte darauf, daß das Vergleichsangebot der Beklagten nicht ernst gemeint gewesen sei und die Wiederholungsgefahr nicht beseitigt habe. Die Beklagten hätten ihre wettbewerbswidrige Tätigkeit durch Veröffentlichung entgeltlicher Einschaltungen, ohne diese entsprechend zu kennzeichnen, insbesondere in acht im einzelnen aufgezählten Fällen von Veröffentlichungen in Beilagen zum "Kurier" fortgesetzt. Entgeltlichkeit liege auch darin, daß die Beklagten den Inserenten bei Einschaltung eines bezahlten Inserates die unentgeltliche Verfassung eines PR-Artikels zusagten. Unter Berufung auf alle behaupteten Verstöße änderte die Klägerin ihr Urteilsbegehren dahin ab, daß es zu lauten habe:
"1. Die beklagten Parteien sind schuldig, ab sofort bei Exekution die Veröffentlichung von Ankündigungen, Empfehlungen sowie sonstigen Beiträgen und Berichten im "KURIER" zu unterlassen, wenn für die Veröffentlichung ein Entgelt geleistet wird, insbesondere wenn von der Einschaltung eines bezahlten Inserats eine den Inserenten betreffende Veröffentlichung abhängig gemacht wird und
a) die Veröffentlichung nicht als "Anzeige", "entgeltliche Einschaltung" oder "Werbung gekennzeichnet ist und/oder
b) die Kennzeichnung nur in unauffälligem Kleinstdruck erfolgt und/oder
c) die Kennzeichnung bei der einzelnen Veröffentlichung nur durch ein Schlagwort oder ein Symbol erfolgt, das erst an anderer Stelle der Zeitung dahin erläutert wird, daß es sich um eine entgeltliche Einschaltung handelt.
2. Der klagenden Partei wird die Befugnis zuerkannt, den Spruch dieses Urteils auf Kosten der hiefür zur ungeteilten Hand haftenden beklagten Parteien je einmal in je einer der Beilagen/Rubriken
SHOPPING IN WIEN, AKTIV SPEZIAL, WOHNEN SPEZIAL, TV/HIFI/VIDEO,
FAMILIE spezial und LERNEN SPEZIAL des "KURIER", wenn aber eine oder mehrere dieser Beilagen/Rubriken nicht binnen 4 Wochen nach erstmaliger Stellung des Veröffentlichungsbegehrens erscheinen, in jeweils der gleichen Anzahl im redaktionellen Teil des "KURIER" in der üblichen Form zu veröffentlichen."
Nach dem Vortrag des Klägers und der Verlesung der von ihm vorgelegten Urkunden erklärte der Beklagtenvertreter - nach dem Protokoll über die Tagsatzung, das gemäß § 215 ZPO über Verlauf und Inhalt der Verhandlung vollen Beweis liefert - er bestreite das gesamte Vorbringen des Klagevertreters und führe aus, daß das Vorbringen der klagenden Partei über angebliche Wettbewerbsverstöße nach Abschluß der Willenseinigung zwischen den Streitteilen bzw ihren Vertretern erstattet worden sei; es müßte daher in Wirklichkeit Gegenstand einer neuen Klage sein, da der hier geltend gemachte Klageanspruch restlos erledigt sei.
Das Erstgericht faßte - zugleich mit dem Urteil auf Abweisung des Klagebegehrens - den Beschluß, daß die Klageänderung nicht zugelassen werde. Mit der Annahme des am 16.1.1992 von den Beklagten gestellten Vergleichsangebotes durch die Klägerin seien die dem Verfahren zugrunde liegenden Ansprüche verglichen worden. Anspruchsgrundlage sei daher nicht mehr der Wettbewerbsverstoß, sondern der abgeschlossene Vergleich; auf diesen habe jedoch die Klägerin ihren Anspruch nicht gestützt. Da eine "Modifikation" eines bereits erloschenen Anspruches nicht möglich sei, sei auch eine "Modifikation" des ausdrücklich auf Wettbewerbsverstöße der Beklagten gestützten Urteilsbegehrens nicht zuzulassen.
Das Gericht zweiter Instanz hob - als Rekursgericht - diesen Beschluß ersatzlos auf und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Zugleich hob es - als Berufungsgericht - das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Schon das bloße Bestreiten des geänderten Klagebegehrens bedeute ein Verhandeln über die geänderte Klage und damit eine Einwilligung zur Klageänderung nach § 235 Abs 2 ZPO. Mit ihrem Vorbringen hätten sich die Beklagten nicht ausdrücklich gegen die Zulassung einer Klageänderung ausgesprochen.
Da der von den Beklagten angebotene gerichtliche Vergleich mangels Einhaltung der dafür vorgesehenen Formvorschriften nicht zustande gekommen sei, liege noch keine Spruchreife vor. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht Feststellungen über die geltend gemachten Wettbewerbsverstöße zu treffen haben.
Gegen den die Klageänderung betreffenden Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil die angefochtene Entscheidung nicht mit den Grundsätzen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 235 Abs 2 ZPO im Einklang steht; er ist - im Sinne des im Abänderungsantrag enthaltenen (EvBl 1955/188 ua; Fasching IV 64) - Aufhebungsantrages berechtigt.
Nach § 235 Abs 2 ZPO bedarf eine Klageänderung nach Eintritt der Streitanhängigkeit grundsätzlich der Einwilligung des Gegners. Diese Einwilligung ist als vorhanden anzunehmen, wenn der Gegner, ohne gegen die Änderung eine Einwendung zu erheben, über die geänderte Klage verhandelt (§ 235 Abs 2, letzter Satz, ZPO). Damit statuiert das Gesetz eine unwiderlegbare Rechtsvermutung (Fasching III 121; derselbe LB2 Rz 1233 und 1239). Dem Beklagten ist somit nur ein zeitlich begrenztes Widerspruchsrecht eingeräumt, welches er verwirkt, sobald er über die abgeänderte Klage "verhandelt". Das trifft (ua) dann zu, wenn er Erklärungen zum Tatsachenvorbringen des Klägers abgibt; auch das bloße Bestreiten des Vorbringens der Gegenseite ist ein Tatsachenvorbringen in diesem Sinn (SZ 49/25 mwN; Ind 1978 H. 3, 15; JBl 1989, 796; 8 Ob 502, 503/76; 8 Ob 580/88 uva).
Der Meinung des Rekursgerichtes, die Beklagten hätten hier mit ihrer Erwiderung auf den Vortrag der Klägerin der Klageänderung zugestimmt, kann nicht gefolgt werden. Wohl haben die Beklagten ihre Prozeßerklärung damit eingeleitet, daß sie das gesamte Vorbringen der Klägerin "bestritten"; zugleich haben sie aber darauf hingewiesen, daß das (neue) Vorbringen der Klägerin - und zwar weil es nach dem behaupteten Vergleichsabschluß erstattet wurde - "in Wirklichkeit Gegenstand einer neuen Klage sein" müßte. Dieser Hinweis ist nach seinem objektiven Erklärungswert nur dahin zu verstehen, daß dieses Vorbringen nicht Gegenstand des laufenden Verfahrens sein dürfe; damit haben aber die Beklagten eindeutig gegen die Klageänderung - die ja vor allem darin bestanden hatte, daß angebliche neue Wettbewerbsverstöße der Beklagten vorgebracht wurden, also in einer Änderung des "Rechtsgrundes" gelegen war (Fasching III 117) - Einwendungen erhoben. Erwidert ein Beklagter auf eine Klageänderung mit den Worten, daß er das Vorbringen des Klägers bestreite und sich gegen die Klageänderung ausspreche, dann kann ihm nicht entgegengehalten werden, er habe bereits durch den Gebrauch des Wortes "Bestreiten" sein Widerspruchsrecht verwirkt. Der Oberste Gerichthsof hat bereits mehrmals ausgesprochen, daß die in einem Satz bei Beginn der Streitverhandlung vorgebrachte Erklärung des Beklagten, daß er "das Klagebegehren bestreite und Unzuständigkeit einwende" nicht wegen der Reihung der Satzteile als Präklusion der Unzuständigkeit des Gerichtes infolge verspäteten Vorbringens der Unzuständigkeitseinrede auszulegen sei (AnwBl 1955, 81; JBl 1992, 331). Das gleiche muß auch dann gelten, wenn - wie hier - gleichzeitig mit der Bestreitung des gegnerischen Vorbringens die Zulässigkeit der Klageänderung verneint wird, kann doch in einem solchen Fall nicht gesagt werden, der Beklagte habe, ohne gegen die Änderung der Klage eine Einwendung zu erheben, über die geänderte Klage verhandelt. Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes liegt daher hier nicht der Fall vor, daß infolge des (vermuteten) Einverständnisses der Beklagten die Klageänderung "ipso facto" zugelassen sei, ohne daß das Gericht darüber einen Beschluß zu fassen hätte (Ind 1978 H. 3, 15; 4 Ob 142/85; 7 Ob 543/88 uva). Über die Zulässigkeit der Klageänderung ist daher - wie es das Erstgericht getan hat - ein Beschluß gemäß § 235 Abs 3 ZPO zu fassen.
Da sich das Rekursgericht auf Grund seiner vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten Rechtsauffassung auf die infolge Rekurses der Klägerin erforderliche, ihm obliegende Überprüfung des erstinstanzlichen Beschlusses dahin, ob die Voraussetzungen des § 235 Abs 3 ZPO vorliegen, nicht eingelassen hat, war der angefochtene Beschluß aufzuheben und dem Gericht zweiter Instanz eine neuerliche Entscheidung aufzutragen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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