OGH 9ObS15/93

OGH9ObS15/9317.3.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Steinbauer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Othmar Roniger und Wilhelm Hackl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Zivorad I*****, vertreten durch Dr.Gustav Teicht und Dr.Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Arbeitsamt Versicherungsdienste Wien 4., Schwindgasse 5, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen S 30.128,60 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 31.August 1992, GZ 34 Rs 44/92-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 14.Jänner 1992, GZ 2 Cgs 502/91-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.623,04 (hievon S 603,84 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 19.7.1988 wurde über das Vermögen der ehemaligen Dienstgeberin des Klägers, Vogel & Hofner Gesellschaft mbH & Co KG der Ausgleich eröffnet. Der Kläger hatte Anspruch auf Abfertigung in der Höhe von S

30.128.60 netto. Er meldete diese Forderung im Ausgleich an, stellte aber erst am 8.11.1990 bei der Beklagten den Antrag auf Insolvenzausfallgeld, der mit Bescheid vom 1.3.1991 wegen Verspätung abgewiesen wurde. Nach Aufhebung des Ausgleichsverfahrens am 11.1.1989 gemäß § 57 Abs 2 AO und Anordnung der Überwachung der Ausgleichserfüllung durch einen Sachwalter der Gläubiger wurde mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 21.2.1991 nach Anzeige des Sachwalters, daß die Überwachung durch die Gläubiger nicht zur Ausgleichserfüllung führen kann, die Überwachung der Erfüllung des Ausgleiches gemäß § 64 Abs 2 Z 3 AO eingestellt und ausgesprochen, daß über die Konkurseröffnung gesondert entschieden wird. Mit Beschluß vom 22.2.1991 wurde der Konkurs über das Vermögen des ehemaligen Dienstgebers des Klägers eröffnet. Im April 1991 stellte der Kläger, gemäß § 6 Abs 1 Z 2 IESG neuerlich einen Antrag auf Insolvenzausfallgeld, weil infolge der Beschlüsse des Handelsgerichtes vom 21.2. und 22.2.1991 die Frist des § 6 Abs 1 IESG neuerlich zu laufen begonnen habe. Das Ausgleichsverfahren sei nach § 69 Abs 1 AO eingestellt worden. Mit Bescheid vom 11.11.1991 wies die Beklagte den Antrag des Klägers ab.

Der Kläger begehrt von der Beklagten Zahlung von S 30.128,60 netto; der Fristenlauf des § 6 Abs 1 IESG sei durch die Einstellung der Überwachung gemäß § 64 Abs 2 Z 3 AO neuerlich in Gang gesetzt worden.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil der Gesetzgeber mit § 6 Abs 1 Z 1 und Z 2 IESG ausschließlich die Fälle im Auge gehabt habe, bei denen ein Ausgleichsverfahren gescheitert ist. Die Einstellung des Liquidationsausgleiches bzw des fortgesetzten Verfahrens habe der Gesetzgeber nicht als Tatbestand normiert; da die fristverlängernden Tatbestände in § 6 Abs 1 IESG taxativ aufgezählt seien, komme eine ausdehnende Anwendung auf nicht im Gesetz ausdrücklich geregelte Tatbestände nicht in Betracht.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß § 6 Abs 1 Z 2 IESG unter Berücksichtigung des Schutzzweckes des IESG auch auf den im Gesetz nicht geregelten Fall der Einstellung der Überwachung der Ausgleichserfüllung anzuwenden sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil in der Hauptsache und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Es traf auf Grund des im Verwaltungsakt des beklagten Arbeitsamtes erliegenden Beschlusses des Handelsgerichtes Wien vom 16.12.1988, 5 Sa 13/88-45, die Feststellung, daß die Ausgleichsschuldnerin (ehemalige Dienstgeberin des Klägers) dem Sachwalter ihr gesamtes Vermögen zur gänzlichen Verwertung und Ausschüttung des Erlöses an die Gläubiger übergab. Es liege daher ein sog Liquidationsausgleich (dazu ausführlich Hubertus Schumacher, Der Liquidationsausgleich in der Praxis, JBl 1990, 5 ff) vor, der durch drei Merkmale, nämlich (a) die Vereinbarung, daß das gesamte oder doch wesentliche Vermögen des Ausgleichsschuldners verwertet wird, (b) der Schuldner dem Sachwalter der Gläubiger hiezu eine unwiderrufliche Verwertungsvollmacht ausstelle und (c) die Abrede, daß der nicht durch die Verwertung des Vermögens gedeckte Teil der Forderungen (mit Ausnahme des auf die angebotene Quote fehlenden Betrages) erlassen wird, charakterisiert sei.

Nach der Zielsetzung des IESG, die Ansprüche der Arbeitnehmer eines insolventen Arbeitgebers zu sichern, lasse sich kein Grund dafür finden, warum die Antragsfrist zwar im Falle des Scheiterns eines Ausgleichsverfahrens unter Eröffnung eines Anschlußkonkurses neu zu laufen beginnen sollte, nicht aber im Falle des Scheiterns eines Liquidationsausgleiches mit anschließender Konkurseröffnung. Es liege eine planwidrige Regelungslücke vor, die durch Analogie zu schließen sei. § 6 Abs 1 Z 1 IESG sei daher nicht nur bei Eröffnung des Anschlußkonkurses, sondern auch bei Eröffnung des Konkurses nach Einstellung der Überwachung des Ausgleichsverfahrens anzuwenden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Klageabweisung abzuändern.

Der Kläger beantragt, der Revision der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

In der Stammfassung (BGBl 1977/324) enthielt § 6 Abs 1 Satz 2 IESG nur zwei Gründe, aus denen die Frist von vier Monaten für den Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld (§ 6 Abs 1 Satz 1 IESG) neuerlich zu laufen begann, nämlich, wenn der Anschlußkonkurs eröffnet oder das Ausgleichsverfahren nach § 56 Abs 6 AO aF eingestellt wurde. Der erste Ausnahmetatbestand wurde in den Materialien (464 BlgNR 14.GP 9) damit begründet, daß mit der Eröffnung des Anschlußkonkurses ein neuer Fristenablauf verbunden werden müsse, weil der Ausgleich uU länger gedauert hat (vgl § 56 a AO aF) als die ursprüngliche 90-Tage-Frist. Von Bedeutung könnte auch gewesen sein, daß sich Arbeitnehmer in der Hoffnung auf das Weiterbestehen des Unternehmens und wegen ihrer damals im Ausgleichsverfahren noch bevorrechteten Forderungen (§ 23 AO aF) zunächst überhaupt nicht an den Fond gewendet haben. Zur ratio des zweiten Ausnahmetatbestandes enthalten die Materialien zu § 6 IESG keinen Hinweis.

Eine verwandte Ausnahmeregelung enthält allerdings § 3 Abs 1 IESG schon seit seiner Stammfassung. Nach dieser Bestimmung gebührt Insolvenz-Ausfallgeld grundsätzlich nur für alle gesicherten Ansprüche, die bis zum Ende des dritten Monates entstanden sind, der auf die Eröffnung des Konkurses oder eines anderen Insolvenzverfahrens folgt. Wird aber der Anschlußkonkurs eröffnet oder das Ausgleichsverfahren nach § 69 Abs 2 AO (in der Stammfassung: § 56 Abs 6 AO aF) eingestellt, so ist das Ende des hierauf folgenden dritten Monates maßgebend.

Dazu wurde schon in den Materialien zum Stammgesetz (464 BlgNR 14.GP 8) ausgeführt, daß zur Wahrung des Einklangs mit den Schutzprinzipien des Insolvenzrechts für den Fall der Eröffnung des Anschlußkonkurses oder der Einstellung des Ausgleichsverfahrens eine Verlegung des Fristbeginns vorgesehen werden mußte, damit Arbeitnehmer, die bei einer schließlich doch gescheiterten Betriebsfortführung mitgewirkt haben, keinen Nachteil erleiden. Arbeitnehmer, die während eines Ausgleichsverfahrens oder eines Vorverfahrens im Betrieb geblieben sind und auf dessen Sanierung gehofft haben, wären benachteiligt, wenn kein neuer Fristenlauf vorgesehen wäre (Schwarz-Holler-Holzer, Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz2, 131). Ähnliche Überlegungen treffen auch für § 6 Abs 1 Z 1 und 2 IESG zu. Durch die fristverlängernden (oder -erneuernden) Tatbestände des Anschlußkonkurses und der Einstellung des Ausgleichsverfahrens sollten die Nachteile des Scheiterns einer Betriebsfortführung für die Arbeiter beseitigt werden.

Die Verweisung auf den Tatbestand der Einstellung des Ausgleichsverfahrens "nach § 56 Abs 6 AO aF" war allerdings undeutlich. § 56 Abs 6 AO aF bestimmt nämlich, daß der Beschluß, womit das Verfahren eingestellt wird, wenn nicht zugleich der Konkurs eröffnet wird, nach Rechtskraft öffentlich bekanntzumachen ist. Die Einstellungsgründe selbst waren in § 56 Abs 1 bis 3 AO aF geregelt, was darauf schließen läßt, daß Einstellungsbeschlüsse nach diesen Bestimmungen den neuen Fristenlauf auslösen sollten. Soweit aber aufgrund solcher Einstellungsbeschlüsse gemäß § 56 Abs 5 AO aF von Amts wegen darüber zu entscheiden war, ob das Konkursverfahren zu eröffnen ist und tatsächlich in diesem Sinn entschieden wurde, kam ohnehin (auch) der erste Ausnahmefall des § 6 Abs 1 Z 1 IESG in Betracht, so weit der eröffnete Konkurs ein Anschlußkonkurs im Sinne des § 2 Abs 2 und 3 KO aF war.

Mit der IESG-Nov BGBl 1980/580 wurde die Liste der Ausnahmetatbestände um zwei weitere - hier nicht interessierende - Fälle (lit c und d = nunmehr § 6 Abs 1 Z 5 und 6 IESG) erweitert. Das Insolvenzrechtsänderungsgesetz (IRÄG) BGBl 1982/370 änderte das IESG nicht unmittelbar ab. Nach Art I § 8 Abs 1 IRÄG erhält jedoch, "soweit in Gesetzen oder Verordnungen auf Bestimmungen verwiesen ist, die durch dieses Bundesgesetz geändert oder aufgehoben werden, die Verweisung ihren Inhalt aus den entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes". Aufgrund dieser Transformationsklausel trat die Stelle der Verweisung auf § 56 Abs 6 AO aF die Verweisung auf § 69 Abs 2 AO (vgl den Text in Schwarz-Holler-Holzer, aaO, 155), wonach dann, wenn der (Anschluß-)Konkurs eröffnet wird, der Einstellungsbeschluß oder der Versagungsbeschluß gemeinsam mit dem Konkursedikt öffentlich bekanntzumachen ist. Da das IRÄG nur durch diese Transformationsklausel auf das IESG einwirkte, wurde zwangsläufig wiederum auf die Bestimmung verwiesen, die die öffentliche Bekanntmachung des Einstellungsbeschlusses und der allenfalls folgenden Konkurseröffnung nicht aber die Einstellungsgründe selbst betraf, die seit dem IRÄG in § 67 Abs 1 AO geregelt sind.

Die heutige Fassung erhielt § 6 Abs 1 Satz 2 IESG durch die Nov BGBl 1986/395. Darnach beginnt die Frist des § 6 Abs 1 IESG neuerlich zu laufen, wenn

1. der Anschlußkonkurs eröffnet wird;

2. das Ausgleichsverfahren nach § 69 Abs 1 AO eingestellt wird;

3. das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Frist nach dem ersten Satz endet mit dessen Ende;

4. hinsichtlich von Ansprüchen nach § 1 Abs 2 ein Gerichtsverfahren bis längstens zum Ablauf der Frist nach dem ersten Satz anhängig gemacht wird, mit der rechtskräftigen Beendigung dieses Verfahrens;

Die Z 2 verweist damit nunmehr auf § 69 Abs 1 AO, wonach bei Eintritt der Rechtskraft eines Einstellungsbeschlusses nach § 67 oder eines Beschlusses, mit dem dem Ausgleich die Bestätigung versagt wird, das Ausgleichsgericht von Amts wegen darüber zu entscheiden hat, ob der Konkurs zu eröffnen ist. Die Gründe für diese Änderung gehen aus den Materialien (993 BlgNR 16.GP) nicht hervor.

Auf den ersten Blick könnte diese Zitierung als bloßes Redaktionsversehen gedeutet werden, weil die Gesetzesverfasser in den Materialien die alte Fassung mit "§ 56 Abs 6 AO" (also ohne Berücksichtigung der Transformationsklausel nach Art XI § 8 Abs 1 IRÄG) zitiert und ihr in der neuen Fassung das Zitat "§ 69 Abs 1 AO" gegenübergestellt haben. Gegen ein bloßes Redaktionsversehen spricht aber die Zielsetzung dieser Novelle, eine weitere Verbesserung des Anspruches auf Insolvenzausfallgeld unter anderem durch Einbeziehen weiterer Insolvenztatbestände und Vermeidung von Härten bei der Antragstellung herbeizuführen. Dazu kommt, daß auch die ursprüngliche Verweisung nicht aussagekräftig war, weil sie sich nicht unmittelbar auf die Einstellungsfälle, sondern auf die öffentliche Bekanntmachung bezog und ein Bedürfnis für den Beginn einer neuen Antragsfrist nur dann besteht, wenn aufgrund des Einstellungsbeschlusses nach § 69 AO ein weiterer Beschluß ergeht, daß das Konkursverfahren nicht eröffnet wird. Es ist daher anzunehmen, daß der Gesetzgeber die bisher unklare Verweisung verdeutlichen wollte.

Eine Einstellung des Ausgleichsverfahrens fand schon vor dem IRÄG immer dann statt, wenn das Ausgleichsverfahren mißlungen ist, sei es daß es zu keiner Ausgleichsbestätigung kommt oder daß im Nachverfahren die Überwachung nach Verfahrensaufhebung und Bestätigung des Ausgleichs nicht zur Ausgleichserfüllung geführt hat (Bartsch-Pollak3 II 451 f). Nunmehr regelt § 69 Abs 1 AO iVm § 67 AO (und §§ 50, 51 AO die Folgen eines mißlungenen Ausgleichs. Um einen mißlungenen Ausgleich geht es aber auch im Fall des § 64 Abs 2 Z 3 AO, wenn sich herausstellt, daß die Überwachung nicht zu einer Beendigung des Ausgleichsverfahrens führen wird. Diese Neuregelung umfaßt auch den schon in der Regierungsvorlage zum IRÄG (3 BlgNR 15. GP 8, 44) vorgeschlagenen Einstellungsgrund der nicht zu einer Beendigung des Ausgleichs führenden (erfolglosen) Überwachung durch den Sachwalter (1147 BlgNR 15.GP 15), der insbesondere im Fall eines mißlungenen Liquidationsausgleichs von Bedeutung ist. Auch im Fall der Einstellung der Überwachung durch den Sachwalter hat das Ausgleichsgericht von Amts wegen darüber zu entscheiden, ob der Konkurs zu eröffnen ist. Auf einen solchen Beschluß ist gemäß § 64 Abs 5 AO § 69 Abs 1 bis 4 AO anzuwenden. Das Gesetz stellt sohin diesen Einstellungsfall in den § 67 AO angeführten Einstellungsfällen gleich.

Die Einstellung des Ausgleichsverfahrens ist zwar von der Einstellung

der Überwachung verschieden (3 BlgNR 15.GP 44), weil hier der

Ausgleich bereits gemäß § 57 Abs 2 AO aufgehoben wurde. Entgegen der

Meinung des Verwaltungsgerichtshofes (Erk 27.9.1988, Zl 87/11/0147 =

ZfVB 1989/3/897), wonach die Frist des § 6 Abs 1 IESG bei der

Einstellung der Überwachung gemäß § 64 Abs 2 Z 3 IESG infolge der

taxativen Aufzählung der Gründe (Schwarz-Holler-Holzer aaO 157) nicht

neuerlich zu laufen beginnt, weil diese Gründe eine Ausnahme von der

grundsätzlichen Regel des ersten Satzes bilden, die eine Ausdehnung

des Anwendungsbereiches verbietet (ZfVB 1982/2/516; 9 Ob S 5/90), ist

§ 6 Abs 1 Z 2 IESG auch auf diesen Fall anzuwenden. Eine "logische"

oder "echte" Gesetzeslücke liegt zwar nicht vor, weil das Gesetz alle

jene Gründe taxativ aufzählt, die einen neuerlichen Fristenlauf

auslösen sollten. Das schließt aber das Vorliegen einer

"teleologischen" oder "unechten" Lücke, bei der der Gesetzeszweck in

Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz die Erstreckung der

Rechtsfolgenanordnung einer gesetzlichen Norm auf den gesetzlichen

nicht unmittelbar geregelten Fall fordert (Bydlinski in Rummel, ABGB2

Rz 2 zu § 7; JBl 1953, 129) nicht unter allen Umständen aus. Analogie

ist vielmehr auch bei einer taxativen Aufzählung möglich und geboten,

wenn der nicht besonders angeführte Fall alle motivierenden Merkmale

der geregelten Fälle enthält und das Prinzip der Norm auch in einem

ihren Tatbestand ähnlichen Fall Beachtung fordert (Wolff in Klang2

I/1, 97 f; Arb 9738; SZ 59/177 = Arb 10.560 = DRdA 1987, 428 [Cerny];

auch SZ 62/184 = EvBl 1990/96).

Ein solcher Fall liegt hier vor:

Auch das Nachverfahren bis zur Einstellung der Überwachung bzw der Beendigung der Überwachung wegen Erfüllung des Ausgleichs ist noch ein Teil des Ausgleichsverfahrens. Die Verfügungsbeschränkungen nach § 3 Abs 2, § 8 Abs 2 und 3 AO dauern gemäß § 59 Abs 2 AO fort. Die Überwachung ist in den öffentlichen Büchern und Registern angemerkt. Das Ausgleichsverfahren ist nicht beendet, auch wenn der Ausgleich formell bestätigt und das Ausgleichsverfahren aufgehoben worden ist. Die Einstellung der Überwachung nach § 64 Abs 2 Z 3 AO gründet sich praktisch auf gleichartige Voraussetzungen wie die Einstellung des Verfahrens nach § 67 Abs 1 Z 9 AO ("wenn die Erfüllung des Ausgleichs voraussichtlich nicht möglich sein wird"). Der Zweck der IESG-Nov 1986/395, eine weitere Verbesserung des Anspruchs auf Insolvenzausfallgeld herbeizuführen und Härten bei der Antragstellung zu vermeiden, sowie die Gleichstellung der Einstellungsbeschlüsse nach § 67 AO und nach § 64 Abs 2 Z 3 AO hinsichtlich der Rechtsfolgen (§ 64 Abs 5 AO; § 69 Abs 1 AO) rechtfertigen es zur Vermeidung eines Wertungswiderspruches, auch im Fall des § 64 Abs 2 Z 3 AO, insbesondere bei Vorliegen eines mißlungenen Liquidationsausgleiches, den Fristenlauf des § 6 Abs 1 IESG neuerlich beginnen zu lassen.

Dabei ist es unerheblich, daß dieser anläßlich der Einstellung eröffnete Konkurs kein Anschlußkonkurs nach § 2 Abs 2 KO, sondern ein Folgekonkurs ist (Buchegger, Der Folgekonkurs, Beitr ZPR II 1 ff).

Gemäß § 69 Abs 2 AO ist im Fall der Eröffnung des Konkurses der Einstellungsbeschluß gemeinsam mit dem Konkursedikt, wenn aber aus Anlaß der Einstellung der Konkurs nicht eröffnet wird, abgesondert öffentlich bekanntzumachen (Bartsch-Heil, Grundriß des Insolvenzrechts4 Rz 180). Der neuerliche Fristenlauf nach § 6 Abs 1 IESG wird daher bereits mit der Bekanntmachung des Einstellungsbeschlusses ausgelöst. Die Frist des § 6 Abs 1 IESG ist eine materiellrechtliche Ausschlußfrist (W.Schwarz-Holler-Holzer aaO 159), deren Versäumung den Verlust des Anspruches nach sich zieht (Koziol-Welser9 I 191). Die neuerliche Eröffnung eines Insolvenzverfahrens eröffnet daher dem Anspruchsberechtigten nicht die Möglichkeit, sich auf einen Anspruchserwerb nach § 1 Abs 1 IESG zu berufen, weil die ursprünglichen gesicherten Ansprüche durch Verfall untergegangen sind. Für den neuerlichen Anspruchserwerb bedurfte es daher einer ausdrücklichen Ausnahmeregelung, die aber nur an die besonderen Tatbestände des § 6 Abs 1 Z 1 - 6 IESG anknüpft, die Fälle des § 1 Abs 1 IESG aber nicht erfaßt. Der Ansicht des Berufungsgerichtes, daß jede neuerliche Konkurseröffnung zur Geltendmachung der bereits verfristeten Ansprüche berechtigt, ist daher nicht zu folgen.

Da aber der Kläger den Antrag innerhalb der Frist des - hier sinngemäß anzuwendenden - § 6 Abs 1 Z 2 IESG eingebracht hat, besteht sein Anspruch zu Recht.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG.

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