OGH 4Ob5/93

OGH4Ob5/9323.2.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Erwin Bajc und Dr.Peter Zach, Rechtsanwälte in Bruck an der Mur, wider die beklagte Partei A*****gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Dieter Böhmdorfer und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert S 500.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 25.Juni 1992, GZ 4 a R 20/92-27, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 27.Dezember 1991, GZ 22 Cg 192/91-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie wie folgt zu lauten haben:

"Die beklagte Partei ist schuldig, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr als Vermittler mit Personen zusammenzuarbeiten oder eine sonstige, die Ausübung des Gewerbes der Immobilienmakler betreffende Verbindung einzugehen, wenn sie weiß oder wissen müßte, daß diese Personen das Gewerbe der Immobilienmakler ohne entsprechende Konzession ausüben.

Das Mehrbegehren, die Beklagte sei schuldig, sich darüber hinaus ganz allgemein beim Abschluß von Vermittlungsaufträgen der Mitwirkung von Personen zu bedienen, die nicht berechtigt sind, das konzessionierte Gewerbe des Immobilienmaklers auszuüben, wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S

102.101 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin S 15.883,50 Umsatzsteuer und S 6.800 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die beklagte Partei ist ferner schuldig, der klagenden Partei die mit S 45.090,20 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin S 6.181,70 Umsatzsteuer und S 8.000 Barauslagen) und die mit S 29.069,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 3.178,20 Umsatzsteuer und S 10.000 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile üben das konzessionierte Gewerbe eines Immobilienmaklers aus. Die Klägerin hat ihren Sitz in Schladming, die Beklagte ihren Sitz in Graz. Am 27.7.1989 schloß die Beklagte mit Alfred M***** eine Vereinbarung, in der es dieser übernahm, "nach Beendigung seiner Tätigkeit als Immobilienmakler seine Aktivitäten im Rahmen der AVB als Konsulent" wahrzunehmen (./ G). Alfred M***** war als Immobilienmakler in Schladming tätig gewesen.

Am 24.3.1990 nahm Alfred M***** für die Beklagte einen Börsenalleinauftrag über die Vermittlung eines Interessenten für ein Mehrfamilienwohnhaus in Rohrmoos/Untertal entgegen (./ A).

Die Klägerin begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, sich im geschäftlichen Verkehr bei Abschluß von Vermittlungsaufträgen der Mitwirkung von Personen zu bedienen, die nicht berechtigt sind, das konzessionierte Gewerbe eines Immobilienmaklers auszuüben. Die Beklagte habe zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt. Sie habe wissen müssen, daß Alfred M***** keine Immobilienmaklerkonzession besitze; ihre Zusammenarbeit mit Alfred M***** verstoße daher gegen § 5 Z 2 ImmMV, sei sie doch geeignet, den Absatz der Beklagten auf Kosten der Mitbewerber zu fördern.

Alfred M***** habe für die Beklagte Tätigkeiten ausgeübt, die konzessionierten Immobilienmaklern vorbehalten seien. Die Beklagte hafte gemäß § 18 UWG, da die Handlungen in ihrem Unternehmen erfolgt seien.

Der Unterlassungsanspruch sei nicht verjährt. Die Klägerin habe erst am 4.12.1990 von dem Sachverhalt erfahren.

Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Der behauptete Tatbestand sei der Klägerin schon seit mehr als sechs Monaten bekannt; der Anspruch sei daher verjährt.

Die Klägerin habe ihre Tätigkeit im März 1990 in Schladming ohne Konzession ausgeübt; die Klage sei daher sittenwidrig und rechtsmißbräuchlich.

§ 5 Z 2 ImmMV regle die Zusammenarbeit mehrerer selbständiger Makler bei der Bearbeitung eines Auftrages, und zwar insbesondere die Weitergabe eines Auftrages an einen selbständigen Untermakler. Alfred M***** sei für die Beklagte als Konsulent tätig gewesen. Diese Form der vereinbarten Tätigkeit könne schon ihrer Natur nach nicht unter § 5 ImmMV fallen, müßte doch sonst jeder (freie) Mitarbeiter, Konsulent usw. eines Immobilienmaklerunternehmens über eine eigene Konzession verfügen.

Alfred M***** habe sich vereinbarungswidrig verhalten. Für sein allenfalls standeswidriges Verhalten habe die Beklagte nicht einzustehen.

Alfred M***** hätte vereinbarungsgemäß im Namen und auf Rechnung der Beklagten tätig werden sollen. Er sei in das Unternehmen der Beklagten eingegliedert gewesen, sei weisungsgebunden gewesen und habe nur im Auftrag und auf Rechnung der Beklagten handeln dürfen. Seine Stellung sei der eines weisungsgebundenen Dienstnehmers gleich gewesen.

Die Beklagte verkündete Alfred M***** den Streit (ON 3); dieser trat aber dem Verfahren nicht als Nebenintervenient bei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil die Beklagte im Raum Schladming derzeit keine geschäftliche Tätigkeit ausübe. Der Anspruch sei auch verjährt, weil der behauptete Tatbestand der Klägerin seit mehr als sechs Monaten bekannt gewesen sei.

Der Berufung der Klägerin gab das Berufungsgericht nicht Folge; es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.

Nach Ansicht des Berufungsgerichtes sei das Klagebegehren zu weit gefaßt, erfasse es doch die Beschäftigung aller Arbeitnehmer sowie die Tätigkeit von geschäftsführenden Gesellschaftern und Prokuristen der Beklagten. Das Klagebegehren könne nicht umformuliert werden; bei einer Unterlassungsklage auf Grund des UWG dürfe das Gericht den Sachverhalt keinem anderen Tatbestand als dem unterstellen, von dem die Klage ausgegangen sei.

Sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG sei auch die Mißachtung einer einheitlich gefestigten Standesauffassung; sie sei wie eine Gesetzesverletzung zu werten. Die Immobilienmaklerverordnung enthalte auch Richtlinien für den Verkehr mit Berufskollegen. Bei der Berufung auf § 5 Z 2 ImmMV übersehe die Berufungswerberin, daß diese Bestimmung die Beziehung zwischen selbständigen Immobilienmaklern und solchen Personen regle, die, ohne Immobilienmakler zu sein, nach außen hin als solche auftreten. Alfred M***** und Günther P***** seien aber in das Betriebsgefüge der Beklagten eingebunden und ihr gegenüber weisungsgebunden gewesen; sie hätten ausschließlich im Namen und für Rechnung der Beklagten tätig werden dürfen. Gegenüber potentiellen Kunden hätten sie immer zum Ausdruck bringen müssen, für die Beklagte tätig zu sein. § 5 Z 2 ImmMV sei auf solche Personen nicht anzuwenden. Das gehe auch aus dem Zusammenhang dieser Bestimmung mit § 7 Abs 1 ImmMV hervor, wonach Immobilienmakler der zuständigen Landesinnung der Immobilien- und Vermögenstreuhänder die Aufnahme und die Beendigung der Tätigkeit ihrer Arbeitnehmer und sonstigen Mitarbeitern mitzuteilen hätten. "Sonstige Mitarbeiter" sei eine besondere Kategorie neben den konzessionierten Immobilienmaklern, den "Personen" im Sinne des § 5 Z 2 ImmMV und den "Arbeitnehmern" im Sinne des § 7 Abs 1 ImmMV; dazu gehörten "Konsulenten", "dienstnehmerähnliche" und "freie" Mitarbeiter. Die Mitwirkung solcher Personen beim Abschluß von Vermittlungsaufträgen stehe im Einklang mit den Standesregeln und sei nicht sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Die Revisionswerberin beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerberin bekämpft die Auffassung des Berufungsgerichtes, Alfred M***** sei "sonstiger Mitarbeiter" im Sinne des § 7 Abs 1 ImmMV, nicht aber eine "Person" im Sinne des § 5 Z 2 ImmMV. "Sonstiger Mitarbeiter" sei nur jemand, der, einem Arbeitnehmer vergleichbar, in die Betriebsstruktur eingegliedert und wirtschaftlich und persönlich abhängig ist. Das treffe für Gesellschafter einer OHG, Komplementäre, geschäftsführende Gesellschafter einer GmbH, Prokuristen sowie Vorstandsmitglieder einer AG zu. Alfred M***** sei nicht in den Betrieb der Beklagten eingebunden gewesen; er habe seine Arbeitszeit frei bestimmt und keine dienstlichen Anweisungen erhalten, und er sei abhängig von den von ihm hereingebrachten Vermittlungsverträgen entlohnt worden.

Die Klägerin stützt ihren Unterlassungsanspruch auf § 1 UWG. Sie macht geltend, daß die Beklagte gegen § 5 Z 2 ImmMV verstoßen und damit sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG gehandelt habe.

Die Verordnung vom 13.7.1978, BGBl 1978/323 idF BGBl 1983/69, BGBl 1984/69, BGBl 1992/814 (ImmMV) enthält (auch) Standesrecht der Immobilienmakler (siehe ÖBl 1986, 22 - "kostenlose Abwicklung"; siehe auch Jabornegg, HVG 579 ff). Eine dieser standsrechtlichen Normen ist die Bestimmung des § 5 Z 2 ImmMV. Danach verhalten sich Immobilienmakler bei Ausübung ihres Gewerbes anderen Berufsangehörigen gegenüber standeswidrig, wenn sie mit Personen zusammenarbeiten oder eine sonstige die Ausübung des Gewerbes der Immobilienmakler betreffende Verbindung eingehen, obwohl sie wissen oder bei Anwendung der ihnen obliegenden Sorgfalt (§ 2: Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes) wissen könnten, daß diese Personen das Gewerbe der Immobilienmakler oder das Gewerbe der Immobilienverwaltung ohne entsprechende Konzession oder ein sonstiges Gewerbe ohne entsprechende Gewerbeberechtigung ausüben. § 7 Abs 1 ImmMV verpflichtet die Immobilienmakler, der zuständigen Landesinnung die Aufnahme und die Beendigung der Tätigkeit ihrer Arbeitnehmer und sonstigen Mitarbeiter mitzuteilen.

Aus § 7 Abs 1 ImmMV ist, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, zu schließen, daß die Mitwirkung "sonstiger Mitarbeiter" nicht standeswidrig ist. Da sie neben den Arbeitnehmern des Immobilienmaklers genannt werden, sind darunter Personen zu verstehen, die, ähnlich den Arbeitnehmern, für den Immobilienmakler Dienstleistungen erbringen. § 5 ImmMV regelt hingegen die Zusammenarbeit von Immobilienmaklern (siehe Jabornegg aaO 584; vgl SZ 56/122; MietSlg 36.703). Nach § 5 Z 2 ImmMV ist es standeswidrig, wenn der Immobilienmakler mit Personen zusammenarbeitet, von denen er weiß oder bei gehöriger Sorgfalt hätte wissen können, daß sie nicht über die erforderliche Konzession verfügen. Diese Bestimmung erfaßt demnach die Zusammenarbeit mit Personen die wie selbständige Immobilienmakler arbeiten und nicht in die Betriebsorganisation des Immobilienmaklers eingegliedert sind.

Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes mußte Alfred M***** keine fixen Arbeitszeiten einhalten; er benötigte keine dienstlichen Anweisungen der Beklagten, weil er schon lange als Makler tätig gewesen war. Die Beziehungen zwischen ihm und der Beklagten wurden durch die Vereinbarung vom 27.7.1989 geregelt (./G). Darin ist festgehalten, daß Alfred M***** nach Beendigung seiner Tätigkeit als Immobilienmakler seine Aktivitäten im Rahmen der Beklagten als Konsulent wahrnimmt. Für die Vermittlung des Verkaufs/der Vermietung von Objekten und das Hereinbringen von Verkaufs-/Vermietungs-Alleinvermittlungsaufträgen werden Provisionssätze festgelegt. Die Vereinbarung verpflichtet Alfred M***** zur Verschwiegenheit in Geschäftsangelegenheiten und enthält auch eine Konkurrenzklausel.

Die Vereinbarung verpflichtet Alfred Meixner jedoch nicht zu persönlicher Arbeitsleistung; sie schreibt ihm nicht vor, wie er seine Tätigkeit zu gestalten hat, und sie enthält keine Anhaltspunkte, die auf seine Einordnung in die Unternehmensorganisation der Beklagten schließen ließen. Auch wenn daher Alfred M*****, wie das Erstgericht feststellt, ein weisungsgebundener Mitarbeiter der Beklagten war - der allerdings, wie ebenfalls festgestellt, keine Weisungen nötig hatte -, überwiegen doch jene Elemente, die für das Vorliegen eines Werkvertrages sprechen (siehe Krejci in Rummel2, § 1151 ABGB Rz 93). Die gegenteiligen Ausführungen des Berufungsgerichtes, wonach Alfred M***** in das Betriebsgefüge der Beklagten eingebunden gewesen sei, sind durch die erstgerichtlichen Feststellungen nicht gedeckt.

Nach dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachv erhalt wurde Alfred M***** wie ein Immobilienmakler tätig, ohne über die notwendige Konzession zu verfügen. Der Beklagten war dies, wie die Vereinbarung vom 27.7.1989 (./G) zeigt, bekannt; ihre Zusammenarbeit mit Alfred M***** war somit standeswidrig im Sinne des § 5 Z 2 ImmMV.

Ein dem Beklagten subjektiv vorwerfbarer Gesetzesverstoß ist ein Verstoß gegen § 1 UWG, wenn er in der Absicht begangen wurde, im Wettbewerb einen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen (MuR 1990, 236 mwN). Standeswidriges Verhalten ist in der Regel einem Gesetzesverstoß gleichzuhalten (ÖBl 1961, 68; vgl auch 4 Ob 118/91). Die Beklagte hat sich durch die Zusammenarbeit mit Alfred M***** einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor ihren gesetzestreuen Mitbewerbern verschafft; sie konnte ihre Tätigkeit in Schladming mit wesentlich geringeren Kosten ausüben, als dies der Fall gewesen wäre, hätte sie einen Dienstnehmer beschäftigt. Mit ihrem Verstoß gegen § 5 Z 2 ImmMV hat daher die Beklagte auch sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG gehandelt.

Das Berufungsgericht hat aber zu Recht beanstandet, daß das Unterlassungsbegehren zu weit gefaßt ist. Die Klägerin begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, "sich im geschäftlichen Verkehr bei Abschluß von Vermittlungsaufträgen der Mitwirkung von Personen zu bedienen, welche nicht berechtigt sind, das konzessionierte Gewerbe des Immobilienmaklers auszuüben." Danach wäre die Beklagte verpflichtet, auch auf die Mitwirkung von Personen zu verzichten, die nicht gleich selbständigen Immobilienmaklern tätig sind und von denen sie nicht weiß oder wissen muß, daß sie keine Konzession besitzen. Eine solche Unterlassungsverpflichtung ginge über das hinaus, wozu die Beklagte nach materiellem Recht verpflichtet ist; sie wäre auch nicht durch das Vorbringen der Klägerin gedeckt. Die Unterlassungsverpflichtung war daher auf das wettbewerbswidrige Verhalten der Beklagten einzuschränken (siehe WBl 1991, 264); damit wird - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes und der Revisionsgegnerin - der Klägerin kein aliud, sondern ein minus zugesprochen (ÖBl 1975 , 110; ÖBl 1972, 152).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 43 Abs 2, erster Fall, § 50 ZPO.

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