Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen und der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen - noch zwei weitere Angeklagte betreffenden - Urteil wurden der am 14.März 1960 geborene Wolfgang Franz T***** des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1, vierter Fall, und Abs. 3 Z 3 SGG (Punkt I A des Urteilssatzes) und des Vergehens nach dem § 16 Abs. 1, fünfter Fall, SGG (Punkt II A), der am 11.Mai 1961 geborene Josef L***** der Verbrechen nach dem § 12 Abs. 1 SGG (Punkt I C) und der versuchten schweren Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 3 StGB (Punkt IV) schuldig erkannt.
Darnach haben sie, und zwar
Wolfgang Franz T***** jeweils in Bregenz
(zu I A) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen, zumindest das 25-fache der im § 12 Abs. 1 SGG angeführten Menge ausmachenden Menge in Verkehr gesetzt, nämlich
1. im Dezember 1991 100 Gramm Heroin;
2. Ende 1991/Anfang 1992 100 Gramm Heroin jeweils an Mario G***** verkauft;
3. im Winter 1992 1 Gramm Heroin an Mario G***** übergeben;
4. im August 1991 1 Gramm Kokain an Nehmet M***** verkauft;
(zu II A) außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift besessen, und zwar im August 1991 gemeinsam mit Mario G***** Kokain konsumiert;
Josef L*****
(zu I C) in Götzis den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr gesetzt, indem er
a) im August 1991 dem Wolfgang T***** 30 Gramm Kokain kommissionsweise verkaufte;
b) Ende 1991/Anfang 1992 dem Mario G***** 20 Gramm Heroin und 50 Gramm Kokain verkaufte;
(zu IV) am 24.August 1992 in Nenzing Margit A***** durch die Äußerung, sie solle sich für die Hauptverhandlung etwas einfallen lassen, jedenfalls aber die Anzeige zurückziehen und ihre Aussagen ändern, ansonsten "die Bregenzer einmal zu ihr heraufkämen", sohin durch gefährliche Drohung, zu einer Handlung zu nötigen versucht, die angesichts dessen, daß A***** sich demnach des Verbrechens der Verleumdung nach dem § 297 Abs. 1, zweiter Strafsatz, StGB bezichtigen hätte müssen, besonders wichtige Interessen der Genötigten verletzt hätte.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte L***** bekämpft inhaltlich seines Rechtsmittels nur den Schuldspruch wegen des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung (Punkt IV des Urteilssatzes) mit einer auf die Gründe der Z 5, 5 a, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Mit der Tatsachenrüge (Z 5 a) versucht der Beschwerdeführer die mangelnde Glaubwürdigkeit der (Mit-)Angeklagten Margit A***** darzulegen. Erhebliche, sich aus den Akten ergebende Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen vermag er jedoch mit seinen Ausführungen nicht zu erwecken.
Begründungsmängel im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO werden gleichfalls nicht dargetan. Ob der Vorfall vom 24.August 1992 in Nenzing im Gastlokal "Z*****" oder im Cafe "A*****" stattfand, stellt keine für die rechtliche Beurteilung entscheidende Tatsache dar, genausowenig wie der Umstand, ob der Beschwerdeführer die drohenden Worte der Angeklagten A***** zugeraunt (so US 10) oder in normalem Ton geäußert hat. Für eine amtswegige Ladung des Chefs der Angeklagten Margit A***** als Zeugen bestand kein Anlaß. Der Ausnahmefall, der bei einer unvollständigen Ausschöpfung möglicher Beweisquellen die Annahme eines Nichtigkeitsgrundes der Z 5 a rechtfertigen könnte (vgl. EvBl. 1988/108), ist nicht gegeben, weil es an einem Vorbringen in der Hauptverhandlung dahin mangelte, daß der Genannte die Äußerungen des Beschwerdeführers wahrgenommen hätte, die Angeklagte A***** in der Hauptverhandlung vielmehr angab, daß ihr Chef nur kurz an den Tisch gekommen und gleich darauf wieder gegangen sei (siehe Gerichtsakt S 208). Die bezüglichen Beschwerdeausführungen erschöpfen sich somit ihrem Inhalt und ihrer Zielsetzung nach in einer Anfechtung der Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung, die gegen Entscheidungen von Kollegialgerichten nicht zulässig ist.
In Ausführung seiner Rechtsrüge (Z 9 lit. a) behauptet der Beschwerdeführer, daß seine vom Erstgericht festgestellte Bedrohung der Angeklagten Margit A***** bloß als eine "milieubedingte Unmutsäußerung", nicht aber als gefährliche Drohung iS des § 74 Z 5 StGB zu werten sei.
Das Erstgericht ging bei der rechtlichen Beurteilung jedoch mit Recht davon aus, daß die Drohung geeignet war, Margit A***** begründete Besorgnisse einzuflößen (vgl. US 14), weil die mit den Gepflogenheiten des Zuhälter- und Dirnenmilieus, dem der Beschwerdeführer selbst angehört, vertraute A***** nach Art und Inhalt dieser Äußerungen den Eindruck haben mußte, daß der Angeklagte in der Lage und willens sei, sie durch Angehörige des Bregenzer Zuhältermilieus zumindest erheblich körperlich mißhandeln zu lassen, sollte sie sich nicht zu dem geforderten Tun verstehen (US 10 und 14).
Mit seiner Subsumtionsrüge (Z 10) strebt der Beschwerdeführer die Ausschaltung der Qualifikation nach dem § 106 Abs. 1 Z 3 StGB an; er bringt dazu vor, daß die Nötigung der Margit A*****, ihre Aussage abzuändern, den Fällen der Z 1 und Z 2 des § 106 Abs. 1 StGB nicht gleichwertig sei und damit keine besonders wichtigen Interessen iS der Z 3 der genannten Gesetzesstelle verletzt wurden. Auch insoweit ist er nicht im Recht: Als qualifiziertes Nötigungsziel im Sinne des § 106 Abs. 1 Z 3 StGB stellte das Erstgericht - die (unrichtige) Selbstbezichtigung des Opfers hinsichtlich des Verbrechens der Verleumdung nach dem § 297 Abs. 1, zweiter Fall, StGB fest (US 5, 10). Da dieses Delikt mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bedroht ist, stellt die Selbstbezichtigung seiner Begehung einen solchen schweren Nachteil dar, der den die Nötigung nach dem § 106 Abs. 1 Z 1 und 2 StGB qualifizierenden Umständen gleichwertig ist. Somit war die vom Beschwerdeführer versuchte Nötigung sehr wohl auf eine Handlung gerichtet, die besonders wichtige Interessen der Genötigten verletzen sollte.
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten Josef L***** nach dem § 106 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren, den Angeklagten Wolfgang T***** nach dem § 12 Abs. 3 SGG zu einer solchen von drei Jahren. Gleichzeitig faßte es nach dem § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO den Beschluß auf Widerruf der dem Josef L***** mit dem Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 21.Juni 1990, 8 Bs 198/90 (23 E Vr 872/89 des Landesgerichtes Feldkirch), gewährten bedingten Nachsicht der mit diesem Urteil verhängten Freiheitsstrafe von einem Jahr. Bei der Strafbemessung war bei beiden Angeklagten die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen verschiedener Art, erschwerend, hingegen mildernd beim Angeklagten T***** das volle Geständnis, das wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat, beim Angeklagten L***** der Umstand, daß die Tat zum Faktum IV beim Versuch geblieben ist.
Den Berufungen, mit welchen die Angeklagten eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe anstreben, kommt keine Berechtigung zu.
Beide Berufungswerber vermögen keine Milderungsgründe aufzuzeigen, die unberücksichtigt geblieben wären. Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig festgestellt und in deren Würdigung Strafen verhängt, die - auch bei entsprechender Bedachtnahme auf das vom Angeklagten Wolfgang T***** in seiner Berufungsschrift hervorgehobene Geständnis - im Hinblick auf die personale Tatschuld der Angeklagten im Verein mit dem objektiven Gewicht der verschuldeten Rechtsgutverletzungen nicht überhöht sind. Für eine Strafermäßigung bestand daher kein Anlaß.
Schließlich war auch der Beschwerde des Angeklagten L***** ein Erfolg zu versagen.
Der Widerruf der bedingten Strafnachsicht ist gemäß dem § 53 Abs. 1 StGB geboten. Der Angeklagte ist wegen während der Probezeit begangener strafbarer Handlungen verurteilt worden. Im Hinblick auf seine Persönlichkeit und seine sich aus den Taten ergebende gleichgültige Einstellung gegenüber den rechtlich geschützten Werten ist der Vollzug der Strafe zusätzlich zu der neuerlichen Verurteilung geboten, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.
Der Kostenausspruch gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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