Spruch:
Der Antrag der klagenden Partei auf Delegation wird abgewiesen.
Text
Begründung
Der in Innsbruck wohnhafte Kläger brachte gegen die beklagte Kreditunternehmung, die ihren Sitz in Wien hat, beim BG Innsbruck eine auf Schadenersatz und Gewährleistung gestützte Leistungsklage im Zusammenhang mit einer behaupteten Prospekthaftung ein; er habe im Vertrauen auf den von der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei herausgegebenen Prospekt, der unvollständige und unrichtige Angaben enthalten habe, Aktien der Tiroler Loden AG, die nunmehr in Konkurs gegangen sei, erworben.
Infolge der Unzuständigkeitseinrede der beklagten Partei und dem Überweisungsantrag des Klägers wurde die Rechtssache an das Bezirksgericht für Handelssachen Wien überwiesen.
Nunmehr begehrt der Kläger, die Rechtssache möge an das Bezirksgericht Innsbruck überwiesen werden, weil der Kläger dort wohne, ein von ihm namhaft gemachter, in Telfs wohnender Zeuge leichter dorthin anreisen könne und der die Tiroler Loden AG betreffende Konkursakt und der dessen Organe betreffende Strafakt ebenfalls in Innsbruck geführt würden; diese Verfahren seien noch nicht abgeschlossen, sodaß eine Übersendung der Akten nach Wien schwierig sei, während in Innsbruck leicht in diese Akten Einsicht genommen werden könne; der im Strafverfahren tätige Sachverständige könnte auch in diesem Verfahren bestellt werden; überdies seien noch drei weitere Verfahren aus dem Titel "Prospekthaftung" beim Bezirksgericht Innsbruck anhängig.
Die beklagte Partei spricht sich gegen die Delegierung aus. Alle mit der Prospekterstellung befaßten Personen wohnten in Wien. Aus dem gesamten Bundesgebiet hätten ca. 200 Kläger gegen die beklagte Partei aus demselben Rechtsgrund Klagen in Wien eingebracht. Zum Teil seien diese Kläger durch dieselben Anwälte vertreten; die Klagen seien nach Anwälten geordnet beim Bezirksgericht für Handelssachen Wien sowie beim Handelsgericht Wien verbunden worden. Aus Gründen der Verfahrensökonomie sei in Aussicht genommen, alle bei den jeweiligen Gerichten anhängigen Verfahren zu verbinden, um sodann anschließend ein einziges Sachverständigengutachten einzuholen. Zwar seien beim Bezirksgericht Innsbruck noch vier weitere miteinander verbundene Verfahren anhängig, jedoch sei in diesen Verfahren über den Zuständigkeitsstreit noch nicht entschieden worden.
Das Erstgericht hielt im Ergebnis die Delegierung für zweckmäßig. Zwar seien bei ihm derzeit sieben Verfahren mit 159 Klägern anhängig, die verbunden wurden, und in denen ein Sachverständigengutachten erstellt werden solle; es sprächen jedoch prozeßökonomische Gründe nicht gegen die Delegierung, weil eine Konzentration aller gleichgelagerten Verfahren vor einem einzigen Gericht ohnedies nicht erreicht werden könne, da auch beim Handelsgericht Wien zahlreiche derartige Verfahren anhängig seien. Wegen der großen Zahl der Kläger und des Einschreitens von zwei Anwälten auf Klagsseite, sei ein größerer Prozeßaufwand erforderlich.
Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Eine Delegierung ist immer dann zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, Erleichterung des Gerichtszuganges und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreites beitragen kann. Zweckmäßigkeitsgründe sind zB der Wohnsitz einer oder beider Parteien in einem anderen Sprengel, die Lage des Unfalls- oder Augenscheinsortes, oder der Wohnort der Mehrzahl der Zeugen (Fasching, ZPR2 Rz 209).
Im Vordergrund dieses Verfahrens und auch aller anderen beim Erstgericht oder beim Handelsgericht Wien oder sonstwo anhängig gemachte Verfahren steht die Prüfung der Frage, ob der Börseprospekt der beklagten Partei auf der Grundlage des Informationsstandes zum Emmissionszeitpunkt richtig und vollständig war; hiezu wird ein Sachverständigengutachten notwendig sein. Mehrere gleichartige Gutachten einzuholen, ist schon wegen der damit verbundenen wesentlichen Verteuerung jedes einzelnen Rechtsstreites unzweckmäßig. Da beim Erstgericht bereits mehrere Verfahren mit insgesamt 159 Klägern anhängig sind, ist es - auch wenn streitwertbedingt jedenfalls auch noch ein Gerichtshof erster Instanz mit derartigen Klagen befaßt werden muß - zweckmäßig, auch weitere, den gleiche angeblich irreführende Prospekt betreffende Klagen bei diesem Gericht zu führen und mit den bereits verbundenen Verfahren zu verbinden. Daß das Verfahren in Wien auch wegen der Vielzahl der Kläger aufwendig sein wird, rechtfertigt nicht, einzelne Verfahren noch dadurch wesentlich zu verteuern, daß gleichartige Prozesse mit jeweils einem eigenen Sachverständigengutachten bei verschiedenen Bezirksgerichten geführt werden.
Der Antrag ist daher wegen Unzweckmäßigkeit abzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)