OGH 9ObA287/92

OGH9ObA287/9227.1.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Dr.Alfred Mayer und Helmut Mojescick als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Gottfried M*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Georg Grießer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Berner Gesellschaft mbH,***** vertreten durch Dr.Florian Lackner, Rechtsanwalt in Braunau, wegen S 809.492,56 brutto sA, infolge Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.Juli 1992, GZ 31 Ra 58/92-27, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 27.November 1991, GZ 6 Cga 2095/90-21, zum Teil bestätigt und zum Teil abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie insgesamt zu lauten haben:

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger S 809.492,56 brutto zuzüglich 4 % Zinsen ab 2.5.1991 sowie aus S 400.948,63 brutto vom 2.8.1990 bis 31.12.1990, aus S 609.837,36 brutto vom 1.1.1991 bis 3.4.1991 und aus S 759.578,76 brutto vom 4.4.1991 bis 1.5.1991 binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 148.010,24 (darin S 22.935,04 Umsatzsteuer und S 10.400 Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, die mit S 50.271 (darin S 6.778,50 Umsatzsteuer und S 9.600 Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 43.906,20 (darin S 3.317,70 Umsatzsteuer und S 24.000 Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war vom 1.August 1970 bis 1.August 1990 bei der Beklagten vorerst als Vertreter und zuletzt als Gebietsverkaufsleiter für den Bereich der Bundesländer Wien, Niederösterreich und Burgenland beschäftigt. Sein Dienstverhältnis endete durch vorzeitigen Austritt.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger S 809.492,56 brutto sA an restlichem Gehalt, Verdienstentgang, Kündigungsentschädigung, Urlaubsentschädigung und Abfertigung. Die Beklagte habe rückwirkend und einseitig seine Provision gekürzt und ihn in der Folge vom Gebietsverkaufsleiter in disqualifizierender Weise zu einem sogenannten "Springer" degradiert, so daß er zu Recht vorzeitig ausgetreten sei.

Die Beklagte beantragte, das der Höhe nach außer Streit gestellte Klagebegehren abzuweisen. Der Kläger sei ungerechtfertigt ausgetreten; jedenfalls treffe ihn aber an der vorzeitigen Lösung des Dienstverhältnisses ein Mitverschulden. Er habe sich geweigert, eine dienstvertraglich zulässige und betriebswirtschaftlich notwendige Maßnahme, nämlich eine Umstellung des Verkaufsprogramms von Großprodukten auf das sonstige Verkaufsprogramm, die voraussichtlich zu keiner Einkommensminderung geführt hätte, mitzuvollziehen. Da der Kläger überdies ständig opponiert und sich über diese Maßnahmen gegenüber Mitarbeitern und Kunden negativ geäußert habe, sei seine Enthebung von der Position eines Verkaufsleiters erforderlich geworden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit S 607.119,42 brutto sA statt und wies das Mehrbegehren von S 202.373,14 brutto sA ab. Es stellte im wesentlichen fest:

Nach § 3 des Dienstvertrages vom 22.Dezember 1975/8. April 1976 behielt sich die Beklagte vor, dem Kläger das Reisegebiet jeweils zuzuteilen und dieses nach den jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnissen zu ändern, zu erweitern oder zu beschränken. Der Kläger war zuletzt Gebietsverkaufsleiter und hatte als solcher die Aufgabe, die ihm zugeordneten Vertreter durch Führung, Schulung und Unterstützung zu betreuen. Weiters oblag ihm eine selbständige Tätigkeit im Bereich der Großkunden/Großgeräte. Dafür erhielt er neben einem monatlichen Fixum eine Erfolgsprovision aus seinem Eigengebiet, eine Subprovision aus den Umsätzen der ihm zugewiesenen Gebiete (seiner Subvertreter) und eine einmalige Umsatzprämie.

Die Beklagte schloß in der Regel mit den Gebietsleitern jährlich neue Vereinbarungen über deren Bezüge, die sich an der Umsatzplanung und Verkaufspolitik orientierten. Dabei kam es vor, daß sich der Provisionssatz verringerte, wodurch aber insgesamt keine Einkommenseinbuße eintrat, da zugleich entsprechende Maßnahmen, wie etwa die Aufstockung der Zahl der Vertreter, ergriffen wurden. Auch mit dem Kläger wurden regelmäßig solche Vereinbarungen getroffen, die als Änderung des ursprünglichen Dienstvertrages konzipiert waren. So vereinbarte die Beklagte im Jahre 1987 mit dem Kläger erstmals, daß er neben der Subprovision eine Erfolgsprovision aus dem Eigenumsatz Großgeräte erhalten sollte. 1988 wurden die Bezüge des Klägers einvernehmlich mit einem monatlichen Fixum von S 25.365 brutto (14mal jährlich), einer Erfolgsprovision aus seinem Eigengebiet in Höhe von 2 %, einer Subprovision aus den Umsätzen in seinem Betreuungsbereich von 0,5 % sowie einer nach den Umsätzen gestaffelten Prämie festgelegt.

Aus betriebswirtschaftlichen und verkaufspolitischen Gründen wurden in der Folge innerbetriebliche Umstrukturierungen erforderlich. Die Beklagte gliederte einen Teil von Oberösterreich (mit einem Vertreter), den der Kläger bisher mitbetreut hatte, aus seinem Aufgabenbereich aus; der Kläger sollte nur mehr für den Bereich Wien, Niederösterreich und Burgenland zuständig sein. Der Umsatz von Großgeräten sollte zugunsten des Vertriebs von Verbrauchsartikeln zurückgedrängt werden, für die zusätzliche Vertreter vorgesehen waren. Die Gebietsverkaufsleiter sollten sich mehr der Führung ihrer Vertreter und nicht so sehr der selbständigen Verkaufstätigkeit widmen. Die dadurch entfallenden Einnahmen aus Erfolgsprovisionen für Großgeräte sollten durch höhere Einnahmen aus Subprovisionen wettgemacht werden. In diesem Sinn bot die Beklagte dem Kläger neben der Ausgliederung eines Teiles von Oberösterreich mit Wirkung vom 1. April 1990 eine Vertragsänderung dahin an, daß er ein monatliches Fixum von S 27.170 brutto (14mal jährlich), eine Subprovision von 0,5 % aus den Umsätzen der ihm übertragenen Betreuungsbereiche sowie aus seinem Eigengebiet Großgeräte und eine gestaffelte einmalige Prämie erhalten sollte. Hingegen sollte die Erfolgsprämie für Großgeräte von bisher 2 % entfallen. Der Kläger war mit dieser ihm Anfang Mai 1990 schriftlich vorgelegten Vertragsänderung nicht einverstanden, da er finanzielle Einbußen befürchtete. Die Beklagte konnte diese Befürchtungen auch durch die mündliche Zusicherung des Geschäftsführers, es werde die Zahl der Vertreter erhöht und die dem Kläger nach einem Jahr allenfalls entstandene Einkommenseinbuße ausgeglichen, nicht zerstreuen. Nach der Vertragsänderung hätte sich aber über einen Zeitraum von einem Jahr tatsächlich ein höheres Einkommen ergeben.

Obwohl sich der Kläger geweigert hatte, der Vertragsänderung zuzustimmen, setzte die Beklagte am 8.Mai 1990 die neue Vertragsvariante rückwirkend mit 1.April 1990 einseitig in Kraft. Dadurch erlitt der Kläger für April und Mai einen Provisionsverlust von insgesamt S 9.607,01, dem jedoch ein um monatlich S 1.805 höheres Fixum gegenüberstand. Auch weitere Gespräche des Geschäftsführers und des Verkaufsleiters der Beklagten, in denen dem Kläger zugesichert wurde, daß es zu keiner finanziellen Schlechterstellung kommen solle, konnten ihn nicht umstimmen. Der Kläger meinte, daß er ohnehin nur noch wegen der Abfertigung bei der Beklagten bleibe, da er dort nun fast 20 Jahre beschäftigt sei. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 15. Juli 1990 die Nachzahlung des bisherigen Provisionsausfalls von S 9.607,01 verlangt hatte, teilte ihm die Beklagte mit Schreiben vom 25. Juli 1990 mit, daß er als Gebietsleiter nicht mehr tragbar sei, weshalb er ab 1.September 1990 die Tätigkeit als "Außendienstmitarbeiter für besondere Aufgaben" in der Funktion eines "Springers" wahrzunehmen habe. Er habe zunächst einen ihm bisher unterstellten und wegen Krankheit ausgefallenen Vertreter zu vertreten; weitere Aufgaben würden ihm rechtzeitig mitgeteilt. Die zukünftige Einkommensregelung werde vorbehalten.

Gleichzeitig richtete die Beklagte an ihre Mitarbeiter ein Schreiben, in dem sie diesen bekanntgab, daß der Kläger wegen seiner Einstellung und Motivation nicht mehr geeignet sei, die Außendienstmitarbeiter positiv zu führen; die Beklagte habe sich daher entschlossen, den Kläger mit 1.September 1990 von seiner Funktion als Gebietsleiter zu entheben. Daraufhin erklärte der Kläger mit Schreiben vom 31.Juli 1990, das der Beklagten am 1.August 1990 zukam, seinen vorzeitigen Austritt aus dem Dienstverhältnis. Er führte darin aus, daß die Beklagte das gekürzte Entgelt nicht nachgezahlt und auf sein Forderungsschreiben lediglich mit einer "Degradierung" reagiert habe.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß sich der Änderungsvorbehalt im ursprünglichen Dienstvertrag nur auf das Reisegebiet des Klägers beziehe. Aus dem Umstand, daß "in der Regel" für jedes Wirtschaftsjahr an der Unternehmenspolitik orientierte Bezugsregelungen getroffen worden seien, die ohne Einkommenseinbuße auch eine Verminderung des Provisionssatzes beinhaltet hätten, sei jedoch eine zumindest schlüssige Zustimmung des Klägers zur einseitigen Bezügeänderung abzuleiten. Überdies hatte der Kläger schon auf Grund seiner Treuepflicht im Rahmen des Zumutbaren gewisse Änderungen und Modifikationen seines Dienstvertrages hinnehmen müssen, um dadurch wirtschaftlich notwendige Maßnahmen mitzutragen. Da die kurzfristig eingetretene Einkommensverschlechterung nur geringfügig gewesen sei, sei auch eine einseitige Änderung des Dienstvertrages durch die Beklagte zulässig gewesen.

Die Beklagte habe aber den Dienstvertrag in der Folge dadurch "abgeändert", daß sie dem früher in leitender Stellung tätigen beschäftigten Kläger eine untergeordnete Tätigkeit zugewiesen habe; er sei auf die Tätigkeit eines ihm ehemals unterstellten Vertreters mit ungewisser Einkommenssituation verwiesen worden, so daß sich seine berufliche Situation erheblich verschlechtert hätte. Damit habe die Beklagte eine wesentliche Vertragsbestimmung verletzt, sodaß der Kläger zum vorzeitigen Austritt gemäß § 26 Z 2 AngG berechtigt gewesen sei. Den Kläger treffe aber an der vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses ein Mitverschulden im Sinne des § 32 AngG. Er habe durch seine beharrliche Weigerung, die Bezügeänderung und somit auch die Unternehmenspolitik mitzutragen, gegen seine Treuepflicht gegenüber der Beklagten verstoßen. Da seine Uneinsichtigkeit in kausalem Zusammenhang mit der unzulässigen Änderung des Tätigkeitsbereiches des Klägers stehe, sei das Verschulden der Parteien an der vorzeitigen Lösung des Dienstverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beklagten im Verhältnis 1 : 3 zu teilen, so daß die Aussprüche des Klägers sich aus dem berechtigten Austritt Ansprüche nach diesem Verhältnis zu mäßigen seien; zu der zugesicherten Angleichung der erlittenen Einkommenseinbuße sei es nicht mehr gekommen.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es das Klagebegehren zur Gänze abwies. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichts als unbedenklich und vertrat die Rechtsauffassung, daß der Kläger schon wegen des Änderungsvorbehalts des Dienstvertrages, der auch eine Beschränkung des Reisegebietes vorgesehen habe, verpflichtet gewesen sei, eine damit verbundene Einkommenseinbuße hinzunehmen. Dazu komme, daß die Beklagte dem Kläger zugesichert habe, daß er keine Einkommenseinbuße erleiden werde. Der Kläger hätte daher der Vertragsänderung zustimmen müssen. Durch die beharrliche Weigerung, den vertragskonformen dienstlichen Anordnungen der Beklagten Folge zu leisten, habe er den Entlassungstatbestand des § 27 Z 4 AngG verwirklicht.

Soweit die Beklagte aber berechtigt gewesen wäre, den Kläger zu entlassen, habe sie auch das gelindere Mittel einer den Kläger benachteiligenden Versetzung anwenden dürfen. Der Kläger könne sich durch diese Vorgangsweise nicht beschwert erachten, da er dadurch noch bessergestellt gewesen sei als durch eine Entlassung. Sein vorzeitiger Austritt sei daher allein auf sein eigenes vertragswidriges Verhalten zurückzuführen. Selbst wenn § 32 AngG zur Anwendung käme, hätte der Kläger seinen Austritt mit einem so hohen Anteil verschuldet, daß ein allfälliges Mitverschulden der Beklagten nicht ins Gewicht falle und demnach zu vernachlässigen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 26 Z 2 AngG ist es insbesondere als ein wichtiger Grund anzusehen, der den Angestellten zum vorzeitigen Austritt berechtigt, wenn der Arbeitgeber das dem Angestellten zukommende Entgelt ungebührlich schmälert oder vorenthält oder andere wesentliche Vertragsbestimmungen verletzt. Im Rahmen der synnalagmatischen Beziehung zwischen Arbeitsleistung und Entgelt ist der wichtigste Anspruch des Arbeitnehmers jener auf das Entgelt. Wurde zwischen den Parteien eines Arbeitsvertrages ein bestimmtes Entgelt vereinbart, kann es vom Arbeitgeber nicht einseitig gekürzt werden. Eine einseitige Kürzung widerspräche dem rechtsstaatlichen Prinzip der Vertragstreue (301 BlgNR 10.GP 69; DRdA 1989/30 ua). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes enthält der lediglich das Reisegebiet des Klägers betreffende Änderungsvorbehalt im Dienstvertrag kein korrespondierendes Recht der Beklagten auf eine davon unabhängige Provisionskürzung. Ob die Beklagte im Hinblick auf die Ergänzungen zum Dienstvertrag überhaupt noch zu einer wesentlichen Beschränkung des dem Kläger zugewiesenen Betreuungsbereiches berechtigt gewesen wäre, ist unerheblich, da es durch die von ihr angebotene Vertragsänderung ohnehin nicht zu einer wesentlichen Gebietsbeschränkung gekommen wäre.

Die von Fall zu Fall vorgenommenen Änderungen der Höhe des Provisionssatzes erfolgten stets einvernehmlich, ohne daß sich der Kläger jemals der Fremdbestimmung durch die Beklagte in bezug auf sein Einkommen unterworfen hätte. Er konnte daher mit Recht davon ausgehen, daß auch zukünftige Provisionssatzänderungen seiner Zustimmung bedürfen. Da sich der Kläger im vorliegenden Fall ausdrücklich geweigert hatte, einer Kürzung seiner Provision für die Verkaufsvermittlung von Großgeräten von 2 % auf 0,5 % zuzustimmen, kann keine Rede davon sein, daß er mit der einseitigen Änderung seiner Bezüge "zumindest schlüssig einverstanden" gewesen sei. Soweit sich die Vorinstanzen darauf berufen, daß der Kläger schon auf Grund seiner Treuepflicht verpflichtet gewesen wäre, die sich aus der Änderung der Verkaufspolitik der Beklagten ergebenden entgeltrechtlichen Konsequenzen mitzutragen, ist ihnen entgegenzuhalten, daß die Treuepflicht des Arbeitnehmers keine umfassende Interessenwahrungspflicht sein kann. Sie beinhaltet im wesentlichen zwar die Respektierung des unternehmerischen Tätigkeitsbereiches, ändert aber nichts daran, daß sich der Arbeitnehmer im wesentlichen nur zur Leistung bestimmter Arbeiten verpflichtet hat (vgl Mayer-Maly/Marhold, Österreichisches Arbeitsrecht I 106 f; Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4, 226 f; Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht3 I 145 f ua). Eine verbindliche Mitwirkung an unternehmerischen Dispositionen durch Einkommensverzicht oder eine Beteiligung des Arbeitnehmers am Unternehmerrisiko ist davon nicht umfaßt. Der Beklagten wäre es andererseits zumutbar gewesen, die sofort einsetzende Einkommensverminderung durch einen entsprechenden Vorgriff auf den künftigen Einkommensausgleich aufzufangen.

Selbst wenn sich die Beklagte an die festgestellte mündliche Zusicherung eines Einkommensausgleichs - eine diesbezügliche Prozeßbehauptung fehlt - nach einem Jahr gehalten hätte, wäre der Kläger in diesem Zeitraum finanziell beeinträchtigt gewesen. Die Parteien stellten außer Streit (S 4 und 9 des Aktes), daß dem Kläger durch die mit Rückwirkung auf den 1.April 1990 verfügte Provisionskürzung von April bis Juli 1990 im Bereich Großkunden Provisionen von S 10.765,59 und durch das Einbehalten der Subprovisionen für die Gebietsleitertätigkeit weitere S 8.083,40 entgangen sind. Damit wurden dem Kläger aber nicht nur bereits verdiente Provisionen aus dem Bereich Großkunden rückwirkend (April) aberkannt, sondern ihm auch die - nach den Vertragsänderungsvorschlägen der Beklagten an sich weiterzuzahlenden Subprovisionen aus seiner Gebietsleitertätigkeit vorenthalten. Wenn der Kläger angesichts dieses einseitigen Vorgehens der Beklagten finanzielle Einbußen, deren Höhe in diesem Zeitpunkt noch nicht absehbar war, befürchtete, kann ihm dies nicht als Verschulden an der mangelnden Zustimmung zur Vertragsänderung angelastet werden. Ob er zufolge der bereits eingetretenen Zahlungsverzögerungen schon früher zum vorzeitigen Austritt berechtigt gewesen wäre, ist nicht zu prüfen, da es die Beklagte nicht bei diesen Maßnahmen beließ.

Die Beklagte nahm die Weigerung des Klägers, einer Provisionskürzung zuzustimmen, vielmehr zum Anlaß, ihn von seiner Funktion als Gebietsleiter zu entheben und zu einem sogenannten "Springer" zu degradieren. Sie behielt sich sowohl das weitere Aufgabengebiet des Klägers als auch dessen zukünftige Einkommensregelung vor. Die Beklagte verstieß durch diese in jeder Hinsicht verschlechternde, bereits verbindlich angeordnete und im Mitarbeiterkreis bekanntgemachte Versetzung (vgl § 101 ArbVG) in krasser Weise gegen den mit dem Kläger geschlossenen Dienstvertrag (vgl Martinek-M.Schwarz-W.Schwarz, AngG7 § 26 Erl 24 f). Es bedarf keiner weiteren Erörterung, daß der Austritt des Klägers aus dem Dienstverhältnis auf Grund dieser Vertragsverletzung zu Recht erfolgte. Für eine Anwendung des § 32 AngG bleibt bei diesem Sachverhalt kein Raum.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte