OGH 6Ob631/92

OGH6Ob631/9221.1.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr. Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bruno D*****, vertreten durch DDr.Jörg Christian Horwath, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Franz O*****, vertreten durch Dr.Markus Komarek, Rechtsanwalt in Hall, wegen S 163.674,60 sA, infolge der Revisionen beider Streitteile gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 1.Oktober 1992, GZ 2 R 213/92-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 27.Mai 1992, GZ 18 Cg 34/91-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

1. Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 7.471,80 (darin S 1.245,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

2. Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 2.175,36 (darin S 362,56 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger führte in den Jahren 1987 bis 1989 im Auftrag des Beklagten Natursteinplattenverlegungsarbeiten durch und stellte hiefür insgesamt S 299.524,80 in Rechnung. Der Beklagte leistete Teilzahlungen von S 190.000,--. Der angemessene Werklohn für alle vom Kläger geleisteten Arbeiten beträgt S 268.764,67. Die Leistungen des Klägers sind jedoch mit behebbaren Mängeln, für die der Kläger wegen Verletzung seiner Aufklärungspflicht einzustehen hat, behaftet; die Mängelbehebung würde einen Aufwand von S 27.702,-- erfordern.

Im Herbst 1988 erteilte der Beklagte dem Kläger den Auftrag, im Bereich einer Treppe Cottoplatten zu verlegen. Der Kläger kaufte das hiefür benötigte Material um S 35.906,60. In diesem Betrag waren S 5.984,40 Umsatzsteuer enthalten. Im Frühjahr 1989 teilte der Beklagte dem Kläger mit, daß er die Cottoplatten nicht verlegt haben wolle. Der Kläger holte daraufhin das bereits in das Haus des Beklagten gelieferte Material ab. Er könnte die Standardplatten um S 15.000 bis S 18.000 verkaufen; die ebenfalls gelieferten Eckplatten sind hingegen unverkäufliche Sonderanfertigungen. Die ihm beim Einkauf verrechnete Umsatzsteuer erhielt der Kläger mittlerweile im Wege des Vorsteuerabzuges rückvergütet. Eine Stornogebühr wurde nicht vereinbart.

Der Kläger begehrt insgesamt die Zahlung von S 163.674,60 samt Anhang mit dem Vorbringen, der Beklagte schulde ihm für die ordnungsgemäß durchgeführten Leistungen den restlichen Werklohn. Als Folge der Stornierung des Auftrages zur Verlegung von Cottoplatten müsse der Beklagte ihm den Einkaufspreis für die vom Kläger bestellte Ware in der Höhe von S 35.906,60 sowie 20 % Stornogebühr, berechnet vom gesamten Auftragsumfang von S 90.000, somit S 18.000, ersetzen.

Der Beklagte wandte ein, der begehrte Werklohn sei überhöht und wegen noch nicht behobener Mängel nicht fällig. Die Verlegung von Cottoplatten habe er nicht bestellt; jedenfalls müsse der Kläger die nicht verlegten Platten einer anderen Verwendung zuführen. Eine weiters eingewendete Gegenforderung ist nicht mehr Gegenstand des Verfahrens.

Das Erstgericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung von S 15.555,20 samt Anhang und wies das Mehrbegehren ab.

Rechtlich sei der Kläger wegen Verletzung seiner Warnpflicht für die noch nicht behobenen Mängel verantwortlich; es stehe ihm daher bis zur Durchführung der Verbesserung der noch aushaftende Werklohn nicht zu. Der Beklagte müsse ihm allerdings die Kosten der Anschaffung der letztlich nicht verwendeten Cottoplatten ersetzen, allerdings ohne Umsatzsteuer, die der Kläger mittlerweile refundiert erhalten habe. Darüber hinaus sei jener Betrag abzuziehen, den der Kläger durch Verkauf der Standardplatten erzielen könne. Durch den Rücktritt vom Vertrag sei dem Kläger, da eine Stornogebühr nicht vereinbart worden sei, ein tatsächlicher Schaden von S 15.555,20 entstanden (Einkaufspreis ohne Umsatzsteuer abzüglich der unverkäuflichen Platten und des erzielbaren Erlöses für die Standardplatten).

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge, erkannte den Beklagten schuldig, S 20.906,60 samt Anhang zu zahlen und wies das Mehrbegehren ab.

Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß der Kläger seine Warnpflicht verletzt und deshalb für die Mängel einzustehen habe und mangels Behebung der Mängel der Werklohn für die geleisteten Arbeiten noch nicht fällig sei.

Die im Zusammenhang mit der frustrierten Materialanschaffung bezahlte Umsatzsteuer stehe dem Kläger jedoch insoweit zu, als ein Ersatzanspruch gegeben sei. Dem Unternehmer gebühre bei Vereitelung der Ausführung durch den Besteller das vereinbarte Entgelt. Dieses hätte jedenfalls auch den Kaufpreis für das bereits angeschaffte Material umfaßt und zwar einschließlich der Umsatzsteuer. Wäre das Werk zur Ausführung gelangt, hätte sich der Beklagte zweifellos nicht darauf berufen können, daß der Kläger als Unternehmer die von ihm beim Einkauf des Materials entrichtete Umsatzsteuer im Wege des Vorsteuerabzuges zurückerstattet erhalten habe. Vielmehr sei die Umsatzsteuer ein Teil des vom Besteller geschuldeten Entgeltes. Zum gleichen Ergebnis gelange man, wenn der Anspruch des Klägers als reiner Schadenersatzanspruch aufgefaßt werde, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die Frage der Berechtigung des Geschädigten zum Vorsteuerabzug nicht im Schadenersatzprozeß geklärt werden solle, dies auch dann nicht, wenn die Möglichkeit des Vorsteuerabzuges bereits eingetreten sei. Das müsse auch dann gelten, wenn bereits unbestritten feststehe, daß der Vorsteuerabzug in Anspruch genommen worden sei. Der berechtigte Ersatzanspruch des Klägers errechne sich daher auf der Basis des geltendgemachten Rechnungsbetrages einschließlich Umsatzsteuzer abzüglich des möglichen Verwertungserlöses, somit in Höhe des zuerkannten Betrages.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil der Oberste Gerichtshof, soweit ersichtlich, noch nicht ausdrücklich dazu Stellung genommen habe, ob die Frage des Vorsteuerabzuges auch dann im Schadenersatzprozeß zu klären sei, wenn die Rückerstattung der Vorsteuer bereits erfolgt sei und außer Streit stehe. Insoweit liege eine erhebliche Rechtsfrage vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist unzulässig, jene des Beklagten nicht berechtigt.

Der Kläger wendet sich in seiner Revision, soweit er überhaupt von den Feststellungen der Vorinstanzen ausgeht, lediglich gegen deren Rechtsansicht, er habe seine Warnpflicht gemäß § 1168a ABGB verletzt und sei deshalb für die aufgetretenen Mängel verantwortlich, ohne aufzuzeigen, inwieweit hier eine erhebliche Rechtsfrage, insbesondere eine Abweichung des Berufungsgerichtes von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege. Die Vorinstanzen haben die vom Obersten Gerichtshof zum Umfang der Aufklärungspflicht des Unternehmers nach § 1168a ABGB entwickelten Grundsätze (vgl uva SZ 63/20) richtig auf den vorliegenden Einzelfall angewendet, sodaß die Revision des Klägers mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO gemäß § 508a Abs 2 ZPO zurückzuweisen war. Da die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit ausdrücklich hingewiesen hat, waren ihr die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung zuzusprechen.

Die Revision des Beklagten ist zwar zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zur hier zu beurteilenden umsatzsteuerrechtlichen Frage noch nicht ausdrücklich Stellung genommen hat; sie ist aber nicht berechtigt.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes ist die Lösung der Frage, ob ein Vorsteuerabzug im Schadenersatzprozeß auch dann nicht zu klären ist, wenn die Rückerstattung der Vorsteuer bereits erfolgt ist und außer Streit steht, zur rechtlichen Beurteilung des vorliegenden Rechtsstreites nicht relevant. Der Kläger hat die Kosten der von ihm für den Beklagten zur Verarbeitung eingekauften Platten unter Darlegung des Sachverhaltes begehrt, ohne eine rechtliche Subsumtion vorzunehmen. Unterbleibt die Ausführung des Werkes, so gebührt dem Unternehmer nach § 1168 ABGB gleichwohl das vereinbarte Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seiten des Bestellers liegen, daran verhindert worden ist; er muß sich jedoch anrechnen, was er infolge Unterbleibens der Arbeit erspart und durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben verabsäumt hat. Von dieser Bestimmung ist das Berufungsgericht auch zutreffend ausgegangen und hat den Anspruch des Klägers als Entgeltanspruch nach § 1168 ABGB qualifiziert. Die Untergrenze des Entgeltanspruches des Klägers bei Ausführung des Werkes für das beigestellte Material war aber, ohne daß es hiezu eines besonderen Beweisverfahrens bedurft hätte, wohl mit dem vom Kläger selbst bezahlten Einkaufspreis anzunehmen. Es liegt im Wesen des Umsatzsteuergesetzes, daß die Umsatzsteuer beim Unternehmer nur eine Durchlaufpost darstellt und endgültig vom Letztverbraucher zu tragen ist. Die diesem in Rechnung gestellte Umsatzsteuer stellt daher einen Teil des geschuldeten und von ihm zu zahlenden Entgeltes dar. Der Unternehmer wiederum hat das dem Auftraggeber in Rechnung gestellte - oder wie hier zuerkannte - Entgelt der Umsatzsteuer zu unterziehen, weil hier ein Leistungsaustausch im Sinne des § 1 UStG und nicht ein sogenannter "echter Schadenersatz" vorliegt, denn Leistung und Entgelt stehen im Verhältnis der Wechselbeziehung in einem inneren Zusammenhang und in gegenseitiger Abhängigkeit (vgl auch Kranich-Siegl-Waba, Mehrwertsteuerhandbuch, 32).

Die Revision des Beklagten mußte daher schon aus diesem Grund erfolglos bleiben.

Der Ausspruch über die Revisionskosten beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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