OGH 2Ob505/93

OGH2Ob505/9321.1.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Graf, Dr.Schinko und Dr.Tittel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria R*****, vertreten durch Dr.Josef List, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Sophie P*****, vertreten durch Dr.Georg Hoffmann, Rechtsanwalt in Graz, wegen Aufhebung eines Notariatsaktes (Streitwert 180.000,-- S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 8.Juli 1992, GZ 3 R 60/92-64, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 8.Februar 1992, GZ 23 Cg 115/89-58, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben.

Die Rechtssache wird an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten zweiter Instanz.

Text

Begründung

Franz R***** und die Klägerin waren bis 1982 je zur Hälfte Miteigentümer des aus den Liegenschaften EZ 113, 374 und 500 je KG Fernitz bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes vulgo "Mayer-Hiasl" in Fernitz, Vorstadt Nr.18. Mit Notariatsakt vom 29.7.1982 übergaben die Eheleute R***** der nunmehrigen Beklagten mit Wirkung unter Lebenden "einen ideellen 1/3-Miteigentumsanteil an den drei genannten Liegenschaften und auf den Todesfall die den Übergebern verbliebenen je 1/3-Miteigentumsanteilen" an denselben Liegenschaften. Franz R***** ist am 31.8.1988 verstorben. Sein Nachlaß wurde der Klägerin als testamentarischer Alleinerbin zur Gänze eingeantwortet.

Mit der am 12.11.1986 gegen die Beklagte eingebrachten Klage begehren die Eheleute R***** nach Modifizierung des Klagebegehrens (AS 220 f)

1. die Aufhebung des Notariatsaktes vom 29.7.1982 als ungültig und 2. die Beklagte schuldig zu erkennen, ihnen die ihr gehörigen ideellen je 2/3-Miteigentumsanteile an den im Notariatsakt genannten Liegenschaften herauszugeben und in die Einverleibung des Eigentumsrechtes an diesen ideellen Eigentumsanteilen für die klagenden Parteien einzuwilligen. Der Notariatsakt sei zwar als Übergabsvertrag bezeichnet worden, beinhalte aber eine Schenkung, da der Wert der versprochenen Leistungen im krassen Mißverhältnis zum Übernahmswert der Liegenschaften stehe. Der Vertrag sei als gemischte Schenkung unter Lebenden und auf den Todesfall zu werten. Die Streitteile seien sich bei der Unterzeichnung des Vertrages des doppelten Charakters - teilweise entgeltlich, teilweise unentgeltlich - bewußt gewesen; beide Teile hätten dies gewollt, zumindest schlüssig zum Ausdruck gebracht. Die Beklagte sei nicht Landwirtin und bedürfe nicht der streitgegenständlichen Liegenschaften zur Ausübung ihres Berufes; die zwischen den Streitteilen geschlossene Vereinbarung diene nur dem Vermögenszuwachs der Beklagten und könne nicht als bäuerlicher Übergabsvertrag angesehen werden. Sowohl die gemischte Schenkung unter Lebenden als auch jene auf den Todesfall würden nunmehr wegen groben Undanks der Beklagten und Geschenknehmerin widerrufen, weil sich das Verhalten der Beklagten, die sie auch adoptiert hätten, ihnen gegenüber kurz nach Abschluß des Notariatsaktes drastisch verschlechtert habe; die Beklagte habe sie zu wiederholten Malen aufs Unflätigste mit vulgären Ausdrücken beschimpft und sei ihnen gegenüber auch tätlich geworden. Im übrigen seien die Übergeber zur Zeit des Abschlusses des Notariatsaktes nicht mehr zurechnungsfähig gewesen.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Notariatsakt sei als bäuerlicher Übergabsvertrag anzusehen. Es sei beabsichtigt gewesen, daß die Beklagte ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellt und nach den Weisungen der Kläger die Wirtschaft zu führen hat. Sie habe keine Handlungen gesetzt, die einen Widerruf wegen groben Undanks rechtfertigen würden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch folgende - für das Revisionsverfahren wesentliche - Feststellungen:

Als Gegenleistung für die Übergabe der im Notariatsakt beschriebenen Liegenschaften wurde vereinbart, daß sich die Beklagte zur Bewirtschaftung des gesamten Bauernhofes auf eigene Kosten verpflichtete, den Übergebern jedoch zwei Drittel des laufenden Ertrages gebühre. Zur Zeit der Unterfertigung des Übergabsvertrages bzw. der Schenkung waren die Eheleute R***** im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte. Sie kannten den Inhalt der von ihnen unterfertigten Verträge und deren rechtliche Konsequenzen waren ihnen zumindest in groben Umrissen bewußt, sodaß sie sich dieser laienhaften Vorstellung gemäß auch vertraglich verpflichten wollten.

Vor Abschluß des Notariatsaktes hat sich die Beklagte um die Eheleute R***** gekümmert; auch einige Zeit danach war das Verhältnis zwischen den Vertragsteilen noch als durchaus in Ordnung zu bezeichnen. Am 5.8.1982 schlossen die Eheleute R***** mit der Beklagten einen Pachtvertrag über die im Notariatsakt genannten Liegenschaften. Zum 31.12.1985 kündigte die Beklagte das Pachtverhältnis mittels eingeschriebenen Briefes auf. Bald nach Abschluß der entsprechenden Verträge kam es zu den ersten Schwierigkeiten zwischen den Eheleuten und der Beklagten. Seit dem Jahr 1986 kümmerte sich eine andere Frau um die Eheleute R***** und versorgte diese mit Lebensmitteln, obwohl nach dem Notariatsakt die Beklagte dazu verpflichtet war. Das Verhältnis zwischen den Eheleuten R***** und der Beklagten verschlechterte sich weiter. Es gab auch Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Bewirtschaftung der erwähnten Liegenschaften. Im Zuge dieser Meinungsverschiedenheiten kam es zu heftigen Beschimpfungen zwischen dem verstorbenen Mann der Klägerin und der Beklagten, in deren Verlaufe die Beklagte den Mann der Klägerin als "Säufer", "geilen Bock" und ähnliches bezeichnete. Die Klägerin wurde von der Beklagten mit Schimpfworten wie "frechschneidige Alte", "buckelige Alte", "Trinkerin", "Hexe" und "Giftmischerin" bedacht. Die Streitigkeiten arteten auch in Tätlichkeiten aus.

Das Erstgericht traf in der Folge noch eingehende Feststellungen über verschiedene Vorfälle, die dazu führten, daß die Klägerin sich von der Beklagten fürchtet.

Schließlich stellte das Erstgericht noch fest, daß sich die Beklagte nicht mehr ordnungsgemäß um das Vieh gekümmert hat, sodaß die Klägerin gezwungen war, dieses 1987 zu verkaufen und die Beklagte die Klägerin auch nicht mehr mit den nötigen Lebensmitteln versorgte, sodaß diese genötigt war, sich von einer anderen Familie versorgen zu lassen. Lediglich am Tag vor und am Tag der Streitverhandlung vom 10.5.1990 hat die Beklagte der Klägerin warmes Essen gebracht.

Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß ein Vertrag, mit welchem eine Sache jemandem unentgeltlich überlassen wird, eine Schenkung darstelle. Eine gemischte Schenkung liege dann vor, wenn die Sache teils entgeltlich, teils unentgeltlich überlassen wurde. Dabei komme es auf den Willen der Vertragsteile zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses an. Dieser Wille müsse bei Vertragsabschluß auf den Schenkungscharakter des Vertrages gerichtet sein. Da die Beklagte vertraglich keinerlei Verpflichtungen übernommen habe, welche über die Aufwendungen für die Eigentumsübertragung der Liegenschaften bzw deren Erhaltung hinausgehen, sei der Vertrag vom 29.7.1982 als Schenkung zu qualifizieren. Da sich die Beklagte gegen ihre Vertragspartner (ihre "Wohltäter" im Sinn des § 948 ABGB) groben Undankes schuldig gemacht habe, sei dem Klagebegehren stattzugeben gewesen.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der Beklagten Folge und änderte das erstinstanzliche Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies, wobei es aussprach, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes, über den es entschieden habe, 50.000,-- S übersteigt und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

In Erledigung der in der Berufung erhobenen Rechtsrüge - die Feststellungs- und Beweisrüge ließ es aus rechtlichen Gründen dahingestellt - ging das Berufungsgericht, das eingangs seiner Entscheidungsgründe den Inhalt des gegenständlichen Notariatsaktes in den wesentlichen Punkten wörtlich wiedergab, davon aus, daß der angefochtene Notariatsakt vom 29.7.1982 ausdrücklich als Übergabsvertrag - also nicht als Schenkungsvertrag - bezeichnet sei und außerdem im Punkt 2. des Vertrages die Beklagte "nach bäuerlicher Lebensordnung" 1/3-Miteigentumsanteile an den Liegenschaften in ihr Eigentum übernommen habe. Im Punkt 3. werde völlig klar von einer Übergabe auf den Todesfall gesprochen. Auch die weitere Formulierung "sollte diese Übergabe auf den Todesfall auch eine Schenkung auf den Todesfall beinhalten, ...." weise darauf hin, daß eine Schenkung gar nicht beabsichtigt gewesen sei. Würden auch die von der Beklagten zu erbringenden Gegenleistungen (Punkt 8. des Vertrages) beachtet - das Erstgericht führe zwar eingangs seines Urteiles aus, daß Gegenleistungen zu erbringen gewesen seien, stelle dann aber im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung fest, die Beklagte habe keine Leistungen, die über die Aufwendungen der Eigentumsübertragung der Liegenschaften bzw deren Erhaltung verbunden seien, zu erbringen - , so müsse bei objektiver Betrachtung des Vertrages davon ausgegangen werden, daß keine Schenkung vorliege. Das Erstgericht stelle unbekämpft fest, daß die Übergeber den Inhalt des von ihnen unterzeichneten Vertrages gekannt hätten und sich der daraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen bewußt gewesen seien. Im Vertrag, der ausdrücklich als Übergabsvertrag bezeichnet sei, werde angeführt, daß die Beklagte "nach bäuerlicher Lebensordnung" übernimmt. Im Punkt 8. verpflichte sich die Beklagte, den gesamten Bauernhof nach bäuerlichen Grundsätzen ordentlich zu bewirtschaften. Solche Vertragspunkte wiesen deutlich auf einen bäuerlichen Übergabsvertrag hin; als solcher sei er nach Auffassung des Berufungsgerichtes anzusehen. Dazu komme noch, daß die Übergeber mit einem Vertrag vom selben Tag die Beklagte an Kindes Statt angenommen, den Vertrag daher nicht mit einer "fremden Person", sondern mit ihrem Wahlkind geschlossen hätten. Leibrenten-(Ausgedings-)versprechen bildeten vielfach ein aus einem entgeltlichen und unentgeltlichen Teil zusammengesetztes Rechtsgeschäft ("gemischte Schenkung"; JBl 1976, 425). Bei Bestehen eines erheblichen - nicht unbedingt unterhalb der Hälftegrenze liegenden (SZ 44/30; SZ 49/43) - Mißverhältnisses werde, insbesondere bei Transaktionen zwischen nahen Angehörigen, ein Schenkungswille bezüglich des gegenleistungsfreien Wertteiles anzunehmen sein (SZ 53/167 ua). Auf den Nachweis dieser subjektiven Komponente werde vor allem in jüngeren Entscheidungen verstärktes Gewicht gelegt. Die Parteien müßten den Willen zur teilweisen Unentgeltlichkeit des Übereignungsvorganges erkennbar zum Ausdruck gebracht haben (Binder in Schwimann, ABGB-Praxiskommentar, Rz 36 zu § 938 ABGB). Es wäre Sache der Klägerin gewesen, den Nachweis dafür zu erbringen, daß die Übergabe habe teilweise unentgeltlich erfolgen sollen. In der Klage sei vorgebracht worden, daß Gegenleistungen vereinbart worden seien - dies spreche gegen eine Schenkung - , nicht aber, was diesen Gegenleistungen als Leistung habe gegenüberstehen sollen und was als geschenkt anzusehen sei. Entgegen dem Klagsvorbringen, dem Punkt 3. des Vertrages sei zu entnehmen, daß ein Teil der Leistung als geschenkt angesehen werden könne, sei dort ausdrücklich von einer "Übergabe auf den Todesfall" an die "Übernehmerin" die Rede. Wie bereits dargelegt, weise die Formulierung "sollte diese Übergabe auf den Todesfall auch eine Schenkung auf den Todesfall beinhalten" klar darauf hin, daß eine Schenkung nicht beabsichtigt gewesen sei. Selbst bei Vorliegen eines krassen Mißverhältnisses der beiderseitigen Leistungen könnte daraus nicht der Schenkungswille geschlossen werden. Wenn vorgebracht worden sei, die Streitteile seien sich bei der Unterzeichnung des Vertrages des doppelten Charakters der Leistungen bewußt gewesen; beide hätten die teilweise Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes gewollt und dies ausdrücklich, zumindest schlüssig, zum Ausdruck gebracht, so sei damit keineswegs behauptet worden, aus welchen Umständen der Schenkungswille erschlossen werden könnte. Das Verfahren habe keinen Beweis dafür erbracht, daß die Übergeber der Übernehmerin zumindest einen Teil "schenken" wollten. Der Text des Notariatsaktes spreche gegen einen Schenkungswillen. Selbst die Klägerin, die anläßlich ihrer Parteienvernehmung am 10.5.1990 (AS 133 bis 136) angegeben habe, sie sei der Meinung gewesen, "die Liegenschaft wäre nur verpachtet", erwähne mit keinem Wort, daß der Beklagten etwas geschenkt worden wäre. Aus ihrer Aussage gehe nicht hervor, daß die Übergeber hätten "schenken" wollen. Dagegen gebe die Beklagte an (AS 136), "Ausgangspunkt" für den Abschluß der Verträge (Übergabsvertrag und Adoptionsvertrag) sei die Bitte des Franz R***** gewesen, auf ihn und Maria R***** entsprechend zu schauen. Diese Aussage werde durch den Inhalt des Vertrages bestätigt. Dazu komme noch, daß bei bäuerlichen Übergabsverträgen darüberhinaus zu berücksichtigen sei, daß es nicht auf den Schätzwert der übergebenen Liegenschaft ankomme, sondern auf einen der bäuerlichen Lebensordnung entsprechenden "geringeren Wert", bei dem der Übernehmer wirtschaftlich bestehen könne (SZ 44/30 ua). Ein entscheidender Orientierungspuntk sei dabei der Ertragswert (SZ 45/40). Die von der Beklagten übernommenen Verpflichtungen seien so gehalten, daß von einem "wirtschaftlichen Bestehenkönnen" kaum mehr gesprochen werden könne, da sich einerseits die Übergeber das Wirtschaftsführungsrecht und das Verwaltungsrecht bezüglich sämtlicher Liegenschaften - also auch hinsichtlich des Anteiles der Beklagten - vorbehalten hätten, die Beklagte aber verpflichtet worden sei, die verlangten Arbeiten zeitgerecht und ordentlich vorzunehmen und den Übergebern zwei Drittel des laufenden Ertrages auszufolgen. Überdies sei die Beklagte verpflichtet, auf eigene Kosten und Leistungen die Bewirtschaftung des gesamten Bauernhofes zu leisten und zu finanzieren. Bei diesen weitgehenden Verpflichtungen der Beklagten könne von einem diese Leistungen übersteigenden Ertragswert wohl kaum die Rede sein. Erwähnenswert sei noch, daß es der Übergabe auf den Todesfall - bei dem damals vorhandenen Willen der Übergeber, der Beklagten letztlich die gesamten Liegenschaften zukommen zu lassen - gar nicht bedurft hätte, da die Übergeber mit Vertrag vom selben Tag die Beklagte an Kindes Statt annahmen, weshalb diese auch als gesetzliche Erbin Eigentümerin der weiteren zwei Drittel der Liegenschaften nach dem Tode ihrer Wahleltern geworden wäre. Auch unter diesem Gesichtspunkt sei die Behauptung einer "Schenkung" der Anteile auf den Todesfall zu sehen. Das Berufungsgericht gelange somit zum Ergebnis, daß eine Schenkung nicht vorliege bzw nicht bewiesen sei; ein Widerruf des Geschäftes wegen groben Undankes sei daher nicht möglich, weshalb der Berufung Folge zu geben und das Urteil des Erstgerichtes im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern gewesen sei.

Den Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß es über keine qualifizierte Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs.1 ZPO entschieden habe.

Gegen dieses Urteil des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die auf die Anfechtungsgründe des § 503 Z 2 und 4 ZPO gestützte außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte machte von dem ihr eingeräumten Recht, eine Rechtsmittelgegenschrift einzubringen, Gebrauch und beantragte darin, die Revision als unzulässig zurückzuweisen und hilfsweise, ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus nachfolgenden Gründen zulässig und im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Zu Unrecht macht die Revisionswerberin vorerst dem Berufungsgericht die Unterlassung der urteilsmäßigen Absprache über das in der Klage gestellte Eventualbegehren zum Vorwurf. Sie übersieht nämlich, daß sie das Eventualbegehren ausdrücklich "fallen gelassen" hat (vgl AS 221 iVm dem mündlichen Vortrag in der Tagsatzung ON 57).

Der in der Revision weiters noch erhobenen Rüge, das Berufungsgericht habe unter Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes vom Ersturteil abweichende Feststellungen getroffen, kommt hingegen Berechtigung zu.

Bei der rechtlichen Beurteilung des geltend gemachten Klagsanspruches sind beide Vorinstanzen grundsätzlich zutreffend davon ausgegangen, daß die Frage, ob der von einer Vermögensverschiebung betroffene Wert zur Gänze oder - bei der gemischten Schenkung - teilweise Gegenstand einer Schenkung war, nicht allein danach beurteilt werden kann, daß der Empfänger des Vermögenswertes mangels Erbringung einer Gegenleistung objektiv in seinem Vermögen bereichert ist, vielmehr auch das Einverständnis der Vertragspartner über die Unentgeltlichkeit der Vermögensverschiebung vorhanden sein muß, welches ausdrücklich oder schlüssig erklärt worden sein muß (SZ 49/43 = JBl 1976, 425; EFSlg 33.707; SZ 54/20; RdW 1984, 43 ua). In diesem Sinn wurde in der Klage auch nicht bloß behauptet, es liege eine Schenkung vor, weil der Wert der versprochenen Leistung in krassem Mißverhältnis zum Übergabswert der streitgegenständlichen Liegenschaft stehe, die versprochenen, gar nicht erbrachten Leistungen seien jedenfalls geringfügig zu bewerten, sodaß der Notariatsakt einerseits als gemischte Schenkung unter Lebenden, anderseits als gemischte Schenkung auf den Todesfall anzusehen sei, es wurde vielmehr auch behauptet, die Streitteile seien sich bei Unterzeichnung des Notariatsaktes des doppelten Charakters der Leistung als teilweise entgeltlich, teilweise unentgeltlich, bewußt gewesen und hätten beide die teilweise Unentgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes gewollt und ausdrücklich, zumindest schlüssig zum Ausdruck gebracht. Zum Beweis der Richtigkeit dieses Vorbringens wurde in der Klage ua Parteienvernehmung angeboten.

Das Erstgericht stellte nach Einvernahme der nunmehrigen Klägerin sowie der Beklagten als Partei und Einsichtnahme in ein gerichtliches Sachverständigengutachten lediglich fest, daß die Eheleute R***** zur Zeit der Unterfertigung des Übergabsvertrages bzw der Schenkung am 29.3.1982(?) im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte waren, den Inhalt der von ihnen unterfertigten Verträge kannten und deren rechtliche Konsequenzen ihnen zumindest in groben Umrissen bewußt waren, sodaß sie sich dieser laienhaften Vorstellung gemäß auch vertraglich verpflichten wollten. Die vom Erstgericht über den Inhalt des Notariatsaktes vom 29.7.1982 getroffenen Feststellungen entsprechen - von sinnstörenden Fehlern abgesehen - dem in der Klagebeantwortung außer Streit gestellten Vorbringen in der Klage (Punkt 2 und 3 der Klage; Punkt 2 der Klagebeantwortung). Darüber hinaus stellte es noch fest, daß die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, die nunmehrige Klägerin und ihren verstorbenen Mann (früher Erstkläger) mit Lebensmitteln zu versorgen (vgl Ersturteil S 12). Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung brachte es noch zum Ausdruck, daß die Beklagte "durch den Abschluß des Übergabsvertrages bzw Schenkung auf den Todesfall keinerlei Verpflichtung übernommen hat, welche über die Aufwendungen für die Eigentumsübertragung an den eingangs näher bezeichneten Liegenschaften bzw deren Erhaltung verbunden ist", woraus es den Schluß zog, daß der "Übergabsvertrag bzw die Schenkung auf den Todesfall vom 29.Juli 1982" als Schenkung zu qualifizieren sei.

Das Berufungsgericht hingegen legte seinen Ausführungen zu der in der Berufung erhobenen Rechtsrüge aber nicht bloß diese Feststellungen des Erstgerichtes, sondern den nahezu wörtlich wiedergegebenen Inhalt des Notariatsaktes zugrunde. Es hob dabei durch Unterstreichung des Vertragstextes die Bezeichnung des Vertrages als Übergabsvertrag, die Eigenschaft der Beklagten als Wahltochter und den Umstand hervor, daß die Übergabe und Überlassung der Liegenschaftsanteile nach bäuerlicher Lebensordnung erfolgte. Darüber hinaus stellte es noch fest, daß am selben Tag der Adoptionsvertrag abgeschlossen wurde (Berufungsurteil S 4 bis 6).

Bei der rechtlichen Beurteilung der Rechtssache ging es sodann im Sinne der zusätzlich getroffenen Feststellungen davon aus, daß der Notariatsakt ausdrücklich als Übergabsvertrag und nicht als Schenkungsvertrag bezeichnet sei, die Beklagte die Liegenschaftsanteile "nach bäuerlicher Lebensordnung" übernommen habe, und die weitere Formulierung "sollte diese Übergabe auf den Todesfall auch eine Schenkung auf den Todesfall beinhalten" darauf hinweise, daß eine Schenkung nicht beabsichtigt gewesen sei. Unter Bedachtnahme auf die im Vertrag festgehaltenen Gegenleistungen der Beklagten und den Umstand, daß das Erstgericht entgegen der vorerst getroffenen Feststellung im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung "festgestellt" habe, daß die Beklagte keine Gegenleistungen zu erbringen gehabt habe, gelangte das Berufungsgericht zu der Ansicht, daß keine Schenkung vorliege, wobei es noch mitberücksichtigte, daß die Beklagte verpflichtet gewesen sei, den gesamten Bauernhof "nach bäuerlicher Lebensordnung" zu bewirtschaften und die Beklagte keine fremde Person, sondern das Wahlkind der Übergeber gewesen sei. In der Folge brachte das Berufungsgericht auch unter neuerlichem Hinweis auf all diese bereits angeführten Umstände zum Ausdruck, daß eine Schenkung "nicht beabsichtigt" gewesen sei und nicht auf den "Schenkungswillen" geschlossen werden könne. Das Verfahren habe keinen Beweis dafür erbracht, daß die Übergeber der Übernehmerin zumindest einen Teil "schenken" wollten. Schließlich verwies das Berufungsgericht zur Stützung seiner Ansicht auch noch auf die Parteienaussage der Klägerin sowie der Beklagten und - im Hinblick auf einen aus einem krassen Mißverhältnis der beiderseitigen Leistungen allenfalls ableitbaren Schenkungswillen - auch noch auf den Umstand, daß es nicht auf den Schätzwert der übernommenen Liegenschaft, sondern auf einen der bäuerlichen Lebensordnung entsprechenden "geringen Wert", bei dem der Übernehmer wirtschaftlich bestehen könne, ankomme. Schließlich meinte das Berufungsgericht noch, daß bei den Verpflichtungen der Beklagten von einem diese Leistungen übersteigenden Ertragswert wohl kaum die Rede sein könnte.

Nach der nun schon ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fällt die Frage, ob die subjektiven Voraussetzungen einer Schenkung oder gemischten Schenkung im Einzelfall vorliegen, in das Gebiet der Tatsachenfeststellungen (vgl JBl 1976, 425; NZ 1983, 184; RdW 1984, 43; NZ 1989/98; 2 Ob 583/91 uva), und ist überhaupt der Schluß des Gerichtes von bestimmten Tatsachen auf die Absicht der Parteien als tatsächliche Feststellung zu werten (EvBl 1951/356; RZ 1974/54; JBl 1976/425 ua). Es entspricht weiters der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, daß ergänzende Feststellungen des Berufungsgerichtes im Hinblick auf den im Zivilprozeß geltenden Unmittelbarkeitsgrundsatz nur nach entsprechender Beweiswiederholung oder Beweisergänzung zulässig sind (2 Ob 39/91 ua).

Da das Berufungsgericht die ergänzenden Feststellungen über den Vertragsinhalt und die daraus auf den mangelnden Schenkungswillen der Vertragsteile gezogenen Schlüsse ohne zumindest teilweiser Beweiswiederholung oder Beweisergänzung, durch Vernehmung beider Streitteile als Parteien und Verlesung des Notariatsaktes getroffen bzw gezogen hat - vom Berufungsgericht wurde zusätzlich ja nur zur Klärung der Aktivlegitimation der beizuschaffende Verlassenschaftsakt betreffend Franz R***** berücksichtigt - liegt hier eine erhebliche Verletzung einer Rechtsvorschrift des Verfahrensrechtes vor, die der Wahrung der Rechtssicherheit dient (vgl etwa 7 Ob 658/85) und im Hinblick auf ihre Erheblichkeit im vorliegenden Fall zur Aufhebung der Entscheidung des Berufungsgerichtes und zur Rückverweisung der Rechtssache an dieses führt (vgl 5 Ob 254/74).

Damit erweist sich die Revision als berechtigt, weshalb ihr Folge zu geben und die Rechtssache unter Aufhebung der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz an dieses zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

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