OGH 12Os108/92

OGH12Os108/9217.12.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Dezember 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Müller als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak, Dr.Massauer, Dr.Markel und Dr.Schindler als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag.Röder als Schriftführer in der Strafsache gegen Michael Peter S***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 22.Mai 1992, GZ 31 Vr 387/91-251, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Michael Peter S***** des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB schuldig erkannt, weil er im Dezember 1990/Jänner 1991 Markus B***** bzw Laszlo S*****, beide Geschäftsführer der B*****GesmbH, durch die Vorspiegelung, 1000 bzw 352 Stück Personenkraftwagen Lada Samara liefern zu werden, mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, insgesamt 2,693.600 DM (= ca 18,855.200 S) betrügerisch herausgelockt und dadurch einen Vermögensschaden in dieser Höhe zugefügt hat.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5, 5 a und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Sie ist nicht berechtigt.

Die Verfahrensrüge (Z 4) releviert die Abweisung des Antrages auf Einholung eines weiteren Schriftsachverständigengutachtens zum Nachweis der Echtheit der Unterschrift des Markus B***** auf der vom Beschwerdeführer vorgelegten Zahlungsbestätigung (S 307/III), weil Befund und Gutachten des im Verfahren beigezogenen Sachverständigen Dr.Wolfgang C***** dunkel, unbestimmt, widersprüchlich und unvollständig geblieben wären.

Die Ablehnung dieser Beweisaufnahme hat, wie das Erstgericht in seiner (in den Urteilsgründen, S 513/V, nachgeholten) Begründung der Abweisung des darauf abzielenden Antrages richtig erkannte, Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigt. Die Beschwerde vermochte nicht in den §§ 125, 126 Abs. 1 StPO für die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen vorausgesetzte Mängel des erstatteten Gutachtens aufzuzeigen. Sowohl in der schriftlichen Expertise (ON 47/III) als auch in deren mündlicher Erörterung in der Hauptverhandlung (S 373 ff/IV) hat der Sachverständige in ausführlicher und nachvollziehbarer Argumentation mit Bestimmtheit Markus B***** als Urheber der strittigen Unterschrift - mit hoher Wahrscheinlichkeit auch mit von ihm verstellter Schrift hergestellt - ausgeschlossen und den Angeklagten selbst mit Wahrscheinlichkeit als jenen bezeichnet, der die Unterschrift geleistet hat. Dabei hat der Sachverständige in der Hauptverhandlung auch die Merkmale der Unterschrift im sogenannten Anhang (Annex) VIII (insbesondere im Hinblick auf die Gestaltung der "L-Schlaufe" in der Unterschrift des Markus B*****) in seine Erörterungen einbezogen, sie jedoch wegen anderer Merkmale (Mangel der Verzitterung) als die Schlüsse seines Gutachtens nicht beeinträchtigend bezeichnet (S 378 f/IV). Dabei fällt immerhin auf, daß die Ablichtung der in der Hauptverhandlung als Fotokopie des Anhanges VIII vorgelegten Beilage hinsichtlich der Unterschrift des Markus B***** andere Schriftbilder aufweist als das Original dieses Anhanges (S 391, 393/I; siehe insbesondere Mangel einer "L-Schlaufe", S 391/I).

Aus der Gesamtheit der Gutachtenserörterung in der Hauptverhandlung, bei der der Sachverständige jene Schlüsse, zu denen er im schriftlichen Gutachten gelangte, wiederholte und präzisierte, geht hervor, daß das von der Beschwerde hervorgehobene Aktenzitat (S 153/VI) durch einen offensichtlichen Protokollierungsfehler entstanden ist. Der Sachverständige hat insbesondere auf Grund gezielter Fragestellung allenfalls vorhandene Widersprüche in seiner mündlichen Gutachtenserörterung in jeder Hinsicht beseitigt und volle Klarheit hergestellt (vgl insbesonder S 380/IV).

Der Sachverständige ist, den diesbezüglichen Beschwerdeausführungen zuwider, auch keineswegs davon ausgegangen, der Angeklagte habe die Unterschrift auf der Zahlungsbestätigung gefälscht, sondern hat zunächst die Unterschriftenherstellung durch einen angeworbenen, unbeteiligten Dritten angenommen (S 377/IV).

Wenn der Beschwerdeführer aus dem vorliegenden Beweismaterial und den gutächtlichen Ausführungen andere, für ihn günstigere Schlußfolgerungen anstrebt, reicht dies nicht aus, die behauptete Mangelhaftigkeit des Gutachtens darzutun. Eine besondere Schwierigkeit der Begutachtung hat lediglich der Vertreter der Anklagebehörde behauptet, sie ist jedoch, objektiv gesehen, auch unter Berücksichtigung des diesbezüglichen Beschwerdevorbringens im gegenständlichen Falle nicht gegeben, weshalb kein Grund für die Beiziehung eines zweiten Schriftsachverständigen vorlag.

Die Mängelrüge (Z 5) wendet sich zunächst, Unvollständigkeit der Urteilsbegründung behauptend, mit dem Einwand gegen die Urteilsannahme, es sei am Autobahnparkplatz Irschenberg zu einer Geldübergabe zwischen dem Beschwerdeführer und Markus B***** gekommen. Die sich aus einer Bestätigung des ADAC ergebende Fahrzeit Salzburg-Stuttgart von vier Stunden sei vom Erstgericht bei seinen diesbezüglichen Erwägungen unberücksichtigt geblieben. Dem Beschwerdevorbringen zuwider hat das Schöffengericht indes diesem Umstand bei der Rekonstruktion der Geschehnisse am 4.Februar 1991 aus der Sicht des Markus B***** durchaus Rechnung getragen. Die in diesem Zusammenhang (an sich nicht stichhältigen) Einwände übergehen aber insbesondere den Absendezeitpunkt (19,33 Uhr) eines an die Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos Salzburg per Fax übermittelten Schriftstücks, welcher Umstand nach den Erwägungen des Schöffengerichtes für die Anwesenheit des Markus B***** in Deggingen bei Stuttgart und nicht in der Nähe der deutsch-österreichischen Grenze spricht (S 509/V).

Die weiteren Beschwerdeausführungen zur Ankunfts- und Abfahrtszeit des Markus B***** in Deggingen betreffen ausschließlich die Beweiswürdigung der Tatrichter und sind schon deshalb in Darstellung einer Mängelrüge nicht zielführend.

Dem Schöffengericht ist, entgegen der weiteren Beschwerdeeinwendung, auch keine Unvollständigkeit unterlaufen, weil es nicht zur näheren Erörterung der Aussage des Zeugen Laszlo S***** gehalten war, wonach auf Grund der Verfälschung seiner Unterschrift das bei der Bank deponierte Geld von Markus B***** behoben wurde, weil der Empfang des Geldes durch den Angeklagten unbestritten feststeht. Die im übrigen in der Beschwerde enthaltenen Verdächtigungen gegen Markus B***** sind bei der gegebenen Sachlage für eine Entlastung des Angeklagten ungeeignet, weswegen damit kein relevanter Begründungsmangel aufgezeigt wird.

Die als Aktenwidrigkeit geltend gemachte, nach den Beschwerdeausführungen mit einem falschen Kurswert durchgeführte Umrechnung von Forintbeträgen betreffen deswegen keinen verfahrenswesentlichen Umstand, weil im Hinblick auf die vorliegende Schadenshöhe einer etwaigen Kursdifferenz keine entscheidende Bedeutung zukommt (S 435/V). Dies betrifft ebenso einen allenfalls unrichtig angeführten Enthaftungszeitpunkt (S 439/V). Daß der Angeklagte die von ihm geforderten Beträge "cash" (= in Bargeld) erhalten und nicht in Form eines Akkreditivs zur Verfügung gestellt wünschte, hat das Erstgericht im Einklang mit den Verfahrensergebnissen festgestellt (S 449/V). Die vom Beschwerdeführer daran geknüpften Behauptung, er habe aus dem Geschäft "aussteigen wollen", widerspricht aber eindeutig seinem Folgeverhalten.

Der Einwand einer fehlenden Nachtragsauslieferung mit der Behauptung, der Angeklagte wäre als paraguayischer Staatsbürger ausgeliefert worden, ist aktenwidrig, weil seine Auslieferung aus der Bundesrepublik Deutschland in Wahrheit als österreichischer Staatsbürger erfolgte (S 405/II). Die Behauptung, es mangle deswegen an einer fehlenden Nachtragsauslieferung, ist somit haltlos (siehe auch den Aktenvermerk vom 23.August 1991, S 1 s f des Antrags- und Verfügungsbogens).

Die Feststellung, daß der Angeklagte österreichischer und nicht paraguayischer Staatsbürger ist (S 433, 437, 467/V), erweist sich auch im Zusammenhalt und den diesbezüglichen gesamten Beweisergebnisse des Verfahrens als aktengetreu und denkrichtig (siehe auch Schreiben der österreichischen Botschaft in Argentinien, S 149/IV).

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) vermag insgesamt keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen hervorzurufen. Sie richtet sich schwergewichtig gegen die nach Meinung der Beschwerde einseitige und verfehlte Beweiswürdigung des Erstgerichtes, das jedoch seine Feststellungen überwiegend auf die für unbedenklich erachteten Aussagen des Zeugen Markus B***** stützen konnte. Der Beschwerdeführer vermag weder schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitserforschung zustande gekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen, noch auf aktenkundige Beweisergebnisse hinzuweisen, die nach den Denkgesetzen oder nach der allgemeinen menschlichen Erfahrung, also intersubjektiv, erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Fragen aufkommen ließen. Eine für die Anfechtung erforderliche, an die Aktenlage gebundene Geltendmachung von Bedenken gegen die Annahme entscheidender Tatsachen kann keineswegs in dem Vorbringen bestehen, daß das Erstgericht Beweisergebnisse bedenklich gewürdigt habe. Auch unter dem Gesichtspunkt der Tatsachenrüge ist die Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung nicht gestattet (Mayerhofer-Rieder3, ENr 2 und 4 zu § 281 Z 5 a StPO). Weder die auf Grund einzelner Aktenunterlagen in der Beschwerde behaupteten Geldflüsse noch die zu den Umständen der vom Angeklagten behaupteten, von den Tatrichtern jedoch nicht angenommenen Geldübergabe an Markus B***** am Autobahnparkplatz Irschenberg angestellten Vermutungen können Bedenken gegen die entscheidenden Tatsachenfeststellungen von jener Qualität hervorrufen, die Nichtigkeit des Verfahrens im Sinne der Tatsachenrüge begründen könnten.

Soweit der Beschwerdeführer aus einzelnen, isoliert betrachteten Verfahrensergebnissen für ihn günstigere Schlüsse zu ziehen sucht, zeigt er keine erheblichen Bedenken auf, sondern bekämpft lediglich in unzulässiger Weise die tatrichterliche Beweiswürdigung. Im übrigen würde selbst nach der Beschwerdeversion, Markus B***** hätte die Firma B***** GesmbH, deren Teilhaber er ist, betrügerisch geschädigt, an der Strafbarkeit des Verhaltens des Angeklagten durch Entgegennahme von Geldbeträgen bei mangelnder Fähigkeit und fehlendem Willen zur Lieferung des Kaufgegenstandes (S 459 f/V) nichts ändern.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) geht mit ihrer Behauptung, der Angeklagte sei fähig und willens gewesen, die von ihm im Zuge seines betrügerischen Vorhabens angebotenen Personenkraftfahrzeuge auch zu liefern, zur Gänze an den schöffengerichtlichen Urteilsfeststellungen vorbei. Wurde vom Schöffengericht doch konstatiert, "daß der Angeklagte in Wahrheit gar nicht vorhatte, auch nur ein einziges Fahrzeug zu liefern", dementsprechend auch mit keiner einzigen Lieferfirma konkrete Vereinbarungen traf und deswegen nicht in die Lage kam, seiner Verpflichtung auch nachkommen zu können (S 459 f, 469 ff/V).

Wenn die Beschwerde in diesem Zusammenhang auf eine Pönalezahlung von 50.000 DM verweist, so sei ihr lediglich der Vollständigkeit halber erwidert, daß diese keineswegs gegen den dem Angeklagten angelasteten vorgefaßten Betrugsvorsatz spricht, sondern ersichtlich bloß der Realisierung des sorgfältig geplanten Betrugsvorhabens diente.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war mithin teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt (§§ 285 d Abs. 1 Z 1 und Z 2, 285 a Z 2 StPO) bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Über die Berufungen des Angeklagten (wegen Strafe und gegen den Privatbeteiligtenzuspruch) und der Staatsanwaltschaft (wegen Strafe) wird demnach der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz abzusprechen haben (§ 285 i StPO).

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