Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Mit dem Schreiben vom 16.12.1991 gab das Ö***** bekannt, daß es für den am 1.12.1991 Verstorbenen zwei Konten führe, und zwar das Konto Nr. 453.203-860 mit einem Saldo zum Todestag von minus S 10.379,09 (im folgenden als Gehaltskonto bezeichnet) und das Konto Nr. 453.203-860/061 mit einem Saldo zum Todestag von minus S 180.660,-- (im folgenden als Kreditkonto bezeichnet). Das Ö***** ersuchte in diesem Schreiben, seine Forderungen in der Verlassenschaft zu berücksichtigen.
Mit dem Schreiben vom 21.1.1992 teilte die D***** Versicherung mit, daß sie aus drei Lebensversicherungen des Verstorbenen folgende Überweisungen durchgeführt habe:
Aus der zugunsten der Ö***** vinkulierten Polizzennummer 0,561.204-7 zugunsten der Bezugsberechtigten Sieglinde G***** S 138.895,-- an das Ö*****, aus Polizzennummer 2,592.843-J S 22.470,-- an die Bezugsberechtigte Sieglinde G***** und aus der zugunsten der Ö***** vinkulierten Polizzennummer 0,579.295-8 S 50.344,-- an das Ö*****. Bezugsberechtigt hiefür ist der Überbringer der Polizze.
Mit dem Schreiben vom 13.3.1992 teilte das Ö***** dem Gerichtskommissär Notar Dr.Bruno N***** mit, daß sich auf dem Kreditkonto durch Eingänge seitens der D*****-Versicherung und auf dem Gehaltskonto durch Gehaltseingänge Guthaben von insgesamt rund S 16.000,-- ergeben hätten, die den ausgewiesenen Erben zur Verfügung stünden. Zu weiteren Auskünften über Kontobewegungen nach dem Todestag sei das Ö***** leider nicht berechtigt.
Das Erstgericht trug dem Ö***** auf, dem Gerichtskommissär sämtliche Auskünfte hinsichtlich der Konten Nr. 453-203-860 und 453-203.860/61, und zwar auch nach dem Todestag des Verstorbenen, zu erteilen.
Rechtliche Beurteilung
Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Ö***** nicht Folge, sprach aus, daß der Entscheidungsgegenstand S 50.000,-- übersteige und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu. Es führte - zusammengefaßt dargestellt - aus:
Nach § 23 Abs 2 Z 2 KWG bestehe die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses nicht im Falle einer Verlassenschaftsabhandlung gegenüber dem Abhandlungsgericht und dem Notar als Gerichtskommissär. Gemäß § 97 Abs 1 AußStrG habe das Inventar ein genaues und volständiges Verzeichnis alles beweglichen und unbeweglichen Vermögens, in dessen Besitz sich der Erblasser zur Zeit seines Todes befunden hat, zu enthalten und den damaligen Wert und Betrag desselben klar anzuzeigen. Gemäß § 98 Abs 1 AußStrG seien die Gerichtsabgeordneten verpflichtet, sich über den Zustand des Vermögens durch Untersuchung der Verlassenschaftsschriften und der vorhandenen Urkunden, durch eigene Besichtigung der Güter und Fahrnisse, Vernehmung der Erben, Verwandten und Hausgenossen, Benützung der öffentlichen Bücher und Gerichtsakten, und durch andere schickliche Mittel vollständige Aufklärung zu verschaffen.
Die Kreditinstitute seien dann verpflichtet, dem Abhandlungsgericht Auskunft zu geben, wenn ausreichende Anhaltspunkte dafür sprechen, daß der Erblasser Inhaber des betreffenden Kontos war. Das Abhandlungsgericht dürfe nicht von Personen, die der Verlassenschaft fern stehen, Auskünfte über irgendwelche Vermögenswerte verlangen, hinsichtlich deren entweder überhaupt kein Anhaltspunkt dafür gegeben ist, daß sie zu dem im Besitz des Erblassers befindlichen Vermögen gehören, oder hinsichtlich deren mit einer für diese Erhebungen hinreichenden Sicherheit schon feststeht, daß sie kein solches Vermögen sind (Edlbacher, Verfahren außer Streitsachen, E 7 zu § 98; Avancini, NZ 1985, 21).
Im vorliegenden Fall stehe fest, daß beide Konten, hinsichtlich derer vom Gericht der Auftrag zur Auskunftserteilung gegeben wurde, im Todeszeitpunkt im Besitz des Verstorbenen waren. Dies ergebe sich schon allein aus der unaufgefordert erfolgten Mitteilung des Ö***** vom 16.12.1991. Es sei daher grundsätzlich davon auszugehen, daß sämtliche Kontobewegungen, die sich nach dem Tod des Erblassers auf diesem Konto sowohl aktiv als auch passiv noch ereigneten, einen Einfluß auf den Stand der Aktiven und Passiven im Todeszeitpunkt haben können. Das Abhandlungsgericht müsse daher die Möglichkeit haben, selbst zu überprüfen, ob sich Beträge, die nach dem Todeszeitpunkt auf den Konten einlangten oder von diesen weggingen, sich nicht im Nachhinein als bereits zum Todeszeitpunkt bestehende Aktiven und Passiven der Verlassenschaft darstellen. Der Abhandlungsrichter könne daher Aufklärung über solche eindeutig dem Verstorbenen zuzuordnende Konten auch zu Kontobewegungen nach dem Tod verlangen, da diese Aufklärung mit der konkreten Verlassenschaft unmittelbar im Zusammenhang stehe (vgl dazu Jabornegg-Strasser-Floretta, Das Bankgeheimnis, 126). In einem solchen Fall könne daher die Bank die Auskunftserteilung grundsätzlich nicht verweigern.
Das Schicksal von Lebensversicherungen im Abhandlungsverfahren sei differenziert zu sehen. Ansprüche aus Lebensversicherungsverträgen seien dann vererblich, wenn der Erblasser selbst begünstigt ist. Andernfalls stehen sie kraft Versicherungsvertragsrecht den Begünstigten zu, zB dem als Bezugsberechtigten bezeichneten gesetzlichen Erben, und gehören nicht zum Nachlaß (Welser in Rummel, ABGB, Rz 10 zu § 531).
Im vorliegenden Fall liege einerseits eine nicht vinkulierte Lebensversicherung unmittelbar zugunsten der Witwe vor. Diese sei jedenfalls nicht in das Inventar aufzunehmen. Von den beiden vinkulierten Lebensversicherungsverträgen enthalte einer ebenfalls die Witwe als begünstigte Person, der andere laute auf Überbringer. In beiden Fällen sei jedoch die Vinkulierung des Lebensversicherungsvertrages zugunsten des Ö***** als Verfügung über den Anspruch durch den Verstorbenen unter der Bedingung anzusehen, daß die Versicherungssumme zur Abdeckung des Kredites des Verstorbenen beim Ö***** benötigt werde. Die Vinkulierung habe zur Folge, daß dem Pfandgläubiger ein Vorrecht vor dem Bezugsberechtigten eingeräumt wird. Der Bezugsberechtigte erhalte also nur das, was nach Befriedigung der Forderung des Pfandgläubigers allenfalls verblieben ist. Nach der Pfandreife sei der Pfandgläubiger zur Einziehung der Versicherungsleistung berechtigt und könne vom Versicherer die Auszahlung der Versicherungssumme soweit verlangen, als es zu seiner Befriedigung erforderlich ist (RdW 1986, 371). Daraus folge, daß das Abhandlungsgericht bzw der Gerichtskommissär zur Feststellung, ob im Todeszeitpunkt Kreditverpflichtungen des Verstorbenen gegenüber dem Ö***** bestanden haben, Auskünfte über Zahlungen von Versicherungsunternehmungen zur Kreditabdeckung auch dann einholen könne, wenn Begünstigte aus diesen Lebensversicherungen dritte Personen sind. Umsomehr gelte dies für Auskünfte aus Versicherungsverträgen, die als begünstigte Person den Inhaber oder Überbringer der Versicherungspolizze nennen, da diesfalls der Betrag, der vom Vinkulargläubiger nicht in Anspruch genommen würde, in die Erbmasse fiele. Das Erstgericht habe daher zu Recht der Ö***** aufgetragen, sämtliche Auskünfte über die beiden Konten auch nach dem Todestag zu erteilen, weil dies zur Aufklärung des Zustandes des Vermögens des Verstorbenen zur Zeit seines Todes notwendig war (vgl dazu Avancini-Iro-Koziol, Österr Bankvertragsrecht I, 2/101).
Der dagegen von der Ö***** erhobene Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt. Vielmehr erweist sich die damit bekämpfte Begründung des Rekursgerichtes, die die dargestellten Grundsätze auf die bezogene Literatur und Judikatur stützte und daraus letztlich den Schluß zog, daß das Ö***** verpflichtet ist, dem Gerichtskommissär Auskunft zu erteilen, wie hoch der Aktiv- oder Passivstand der Konten des Verstorbenen nach Berücksichtigung der Eingänge aus den vinkulierten Lebensversicherungen ist, als zutreffend (§§ 528a, 510 Abs 3 ZPO).
Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.
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