OGH 2Ob595/92

OGH2Ob595/9216.12.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber, Dr.Kropfitsch, Dr.Zehetner und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** Sparkasse AG, ***** vertreten durch Dr.Gert Paulsen und Dr.Herbert Felsberger, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagten Parteien 1) Ing.Gerd S*****, 2) Ulrike S***** und 3) Edda S*****, alle vertreten durch Dr.Peter Krassnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Auflösung eines Mietvertrages, infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 10.September 1992, GZ 5 R 157/92-20, womit die Berufung der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 23.April 1992, GZ 20 Cg 311/91-12, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das Erstgericht legte den Akt dem Berufungsgericht mit der am 2.6.1992 eingelangten Berufung der Beklagten und der Berufungsbeantwortung der Klägerin am 8.7.1992 vor. Am 16.7.1992 stellte das Berufungsgericht den Akt dem Erstgericht mit der Weisung zurück, den Rückschein über die Zustellung des Urteils an den Beklagtenvertreter anzuschließen. Daraufhin richtete das Erstgericht mit GeoForm 36 eine Anfrage an das Postamt. Mit Schreiben vom 30.7.1992 berichtete der Leiter des Postamtes, daß der Empfänger (Übernahmsberechtigte) den Erhalt des RSb-Briefes bestätigt habe (ON 17). Angeschlossen war ein Rückschein, der die Stampiglie des Beklagtenvertreters sowie eine Unterschrift trägt. Weiters ist auf dem Rückschein das Datum handschriftlich vermerkt. Die Ziffern sind etwas flüchtig geschrieben, doch ist deutlich zu erkennen, daß es "4.5.1992" lauten soll. Vor allem die Ziffer 4 ist eindeutig.

Das Berufungsgericht stellte den ihm neuerlich vorgelegten Akt am 12.8.1992 abermals an das Erstgericht zurück und zwar mit der Weisung, "angesichts des nur schwer leserlichen Datums auf dem Rückschein ON 17 aufzuklären, an welchem Tag das angefochtene Urteil ON 12 dem Beklagtenvertreter Dr.Peter Krassnig zugestellt worden ist." Auf der am 17.8.1992 beim Erstgericht eingelangten Note des Berufungsgerichtes wurde folgender Amtsvermerk angebracht und unterfertigt: "Dr.Krassnig erklärt, das Urteil am 4.Mai 1992 erhalten zu haben. 31.August 1992".

Das Erstgericht legte den Akt dem Berufungsgericht mit der Mitteilung vor, der Beklagtenvertreter Dr.Krassnig habe dem Gericht erklärt, daß er das Urteil am 4.5. 1992 zugestellt bekommen habe.

Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten zurück. Es führte aus, das Urteil sei dem Beklagtenvertreter am Montag, dem 4.5.1992 zugestellt worden (Rückschein ON 17, Amtsvermerk vom 31.8.1992, ON 19), die Berufungsfrist habe daher am Montag, dem 1.6.1992, geendet. Die am 2.6.1992 eingelangte Berufung sei daher verspätet.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes erhobene Rekurs ist gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Rekurswerber führen aus, aus dem Handakt ihres Vertreters ergebe sich einwandfrei, daß die Zustellung der Berufung (gemeint offenbar des Urteils) am 5.5.1992 erfolgte. Das Oberlandesgericht Graz führe keine Umstände an, welche eine frühere Zustellung nachweisen würden. Die Feststellung des Berufungsgerichtes sei daher aktenwidrig. Auch für den Fall, daß das Urteil am 4.5.1992 zugestellt worden wäre, sei anzunehmen, daß die Berufung am 1.6.1992 zur Post gegeben worden sei, sodaß die Berufung rechtzeitig sei, wenn auch kein Nachweis für die rechtzeitige Aufgabe vorhanden sei.

Nach ständiger Rechtsprechung hat ein Rechtsmittel bis zur sicheren Widerlegung von Zweifeln die Vermutung der Rechtzeitigkeit für sich (SZ 46/86; 8 Ob 615/89; 3 Ob 1522/90 uva). Dieser Rechtssatz kann aber nicht auf Fälle angewendet werden, in denen bereits eine öffentliche Urkunde, wie etwa ein Rückschein, vorliegt, die zunächst vollen Beweis macht. In solchen Fällen muß der Rechtsmittelwerber den Gegenbeweis führen (RZ 1977/26; 6 Ob 595/83; 5 Ob 541/81 uva).

Im vorliegenden Fall trägt der Rückschein das Datum 4.5.1992. Außerdem findet sich ein Amtsvermerk im Akt, nach welchem der Beklagtenvertreter erklärte, das Urteil an diesem Tag erhalten zu haben. Das Berufungsgericht hat in seiner Entscheidung eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß es aufgrund des Rückscheines und des Amtsvermerkes davon ausging, das Urteil sei am 4.5.1992 zugestellt worden. Um eine nochmalige Prüfung des Zustelldatums zu veranlassen, wäre es erforderlich gewesen, daß die Beklagten in ihrem Rekurs ausführen und Beweise dafür anbieten, daß das Datum auf dem Rückschein unrichtig ist, worauf dies zurückzuführen ist und daß der Amtsvermerk nicht den Tatsachen entspricht. Derartiges wird im Rekurs aber nicht ausgeführt. Den Amtsvermerk erwähnen die Beklagten überhaupt nicht. Spätestens durch die Zustellung der Entscheidung des Berufungsgerichtes wurde den Beklagten bekannt, daß sich im Akt ein Amtsvermerk über das Zustelldatum befindet. Es wäre ihre Sache gewesen, sich durch Einsicht in den Akt vom Inhalt des Amtsvermerkes zu überzeugen und, falls dieser nicht den Tatsachen entsprechen sollte, dies im Rekurs darzutun. Da sie dies nicht getan haben, ist aufgrund des Rückscheines und des Amtsvermerkes davon auszugehen, daß die Zustellung des Urteiles am 4.5.1992 erfolgte, die Berufungsfrist endete daher am 1.6.1992. Dafür, daß die Berufung dem Gericht mit der Post übersendet wurde, besteht keinerlei Anhaltspunkt, die Rekursausführungen, es sei anzunehmen, daß die Berufung am 1.6.1992 zur Post gegeben worden sei, wenn dafür auch kein Nachweis vorhanden sei, sind daher verfehlt.

Aus diesen Gründen war dem Rekurs ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.

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