OGH 4Ob112/92

OGH4Ob112/9215.12.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stefan W*****, vertreten durch Dr.Ulrich Polley, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei S***** Verlagsanstalt, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Gewolf, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und Schadenersatz (Gesamtstreitwert S 450.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 18.August 1992, GZ 4 b R 7/92-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 25. November 1991, GZ 21 Cg 257/91-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden teilweise, und zwar dahin abgeändert, daß die Entscheidung - einschließlich des bestätigten Ausspruches - insgesamt wie folgt zu lauten hat:

"Die Beklagte ist schuldig, ab sofort jede Veröffentlichung des Bildnisses des Klägers, das in der Ausgabe der periodischen Druckschrift 'K*****' vom 3.August 1991 auf Seite 8 im Rahmen des Artikels 'Austria-Boß klagt Pornojäger' und der Glosse 'Geld stinkt nicht, oder?' sowie neben der Visitenkarte des Klägers veröffentlicht wurde, zu unterlassen, wenn diese Veröffentlichung geeignet ist, die berechtigten Interessen des Klägers zu verletzen, wenn nämlich im Zusammenhang mit der Veröffentlichung behauptet wird, es sei unwahrscheinlich, daß der Kläger nichts davon gewußt habe, wie bedauernswerte ausländische Mädchen in Abhängigkeit gehalten wurden, und daß der Kläger als 'Kärntner Filialleiter' der österreichischen Szene gelte, sowie wenn im Zusammenhang mit der Bildnisveröffentlichung die Telefonnummern des Klägers veröffentlicht werden."

Hingegen wird das Mehrbegehren,

1. die Beklagte sei schuldig, dem Kläger S 20.000 samt 4 % Zinsen seit dem Tag der Klagezustellung zu zahlen, sowie

2. dem Kläger werde die Ermächtigung erteilt, den Spruch des über das Unterlassungsbegehren ergehenden Urteils auf Kosten der Beklagten im redaktionellen Teil der Tageszeitung "K*****" in der Form des § 13 MedG, bezogen auf die im Unterlassungsausspruch genannte Veröffentlichung "Austria-Boß klagt Pornojäger", binnen sechs Monaten nach Rechtskraft des Urteils zu veröffentlichen, wird abgewiesen.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger den mit S 76.650,78 bestimmten Anteil an den Prozeßkosten des Verfahrens aller drei Instanzen (darin S 9.301,06 Umsatzsteuer und S 20.844,44 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist Medieninhaberin und Verlegerin der in Klagenfurt erscheinenden Tageszeitung "K*****". Der Kläger ist Obmann des traditionsreichen Fußballklubs "Austria Klagenfurt" und somit ein prominenter Sportfunktionär. Er ist auch Nachtclub- und Bordellbesitzer; ua gehört ihm das Etablissement "M*****" in O*****.

In der "K***** Zeitung" vom 3.8.1991 erschien auf den Seiten 8 und 9 folgender Artikel:

Der Kläger ist vor rund 1 1/2 Jahren Obmann des Fußballklubs "Austria Klagenfurt" geworden und steht seither im Interesse der Öffentlichkeit. Die "Austria Klagenfurt" erhielt früher von der Stadt Klagenfurt und dem Land Kärnten Förderungen in der Höhe von insgesamt S 150.000 jährlich; seit 1.1.1991 wurde dieser Betrag auf S 500.000 erhöht. Auch der Kläger selbst sponsert jetzt den Klub. Der Verein hat viele Anhänger, unter denen sich viele sportbegeisterte Jugendliche befinden. Schon vor dem Artikel in der "K*****Zeitung" war der Kläger in den Medien wiederholt im Zusammenhang mit seiner Funktionärstätigkeit für die "Austria Klagenfurt" als Nachtclubbesitzer bezeichnet worden. Er ist Mieter eines Hauses in O*****, in welchem ein Bordellbetrieb geführt wird. Diesen hat der Kläger an seine Lebensgefährtin als Konzessionsinhaberin und an Johann K***** als Geschäftsführer verpachtet.

Kurz vor dem vorher wiedergegebenen Artikel in der "K***** Zeitung" war Johann K***** ua wegen des Verdachtes des Menschenhandels in U-Haft genommen worden. Später war beim Landesgericht Klagenfurt gegen den Kläger die Voruntersuchung ua wegen desselben Verdachtes eingeleitet worden; das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Auf Grund der Veröffentlichung seiner Visitenkarte mit den Telefonnummern in der "K***** Zeitung" wurde der Kläger durch anonyme Telefonanrufe belästigt.

Mit der Behauptung, daß die Veröffentlichung seines Bildnisses im Zusammenhang mit dem Zeitungsartikel, welcher wahrheitswidrig schwere Vorwürfe gegen ihn erhebe, seine Interessen beeinträchtige und jede Abwägung seiner Interessen mit denen der Beklagten auf Information zu seinen Gunsten ausfallen müsse, begehrt der Kläger, die Beklagte schuldig zu erkennen

1. ab sofort jede Veröffentlichung des Bildnisses des Klägers, das in der Ausgabe der periodischen Druckschrift "K***** Zeitung" vom 3.8.1991 auf Seite 8 im Rahmen des Artikels "Austria-Boß klagt Pornojäger" und der Glosse "Geld stinkt nicht, oder?" sowie neben der Visitenkarte des Klägers veröffentlicht wurde, zu unterlassen, wenn diese Veröffentlichung geeignet ist, die berechtigten Interessen des Klägers zu verletzen, nämlich wenn im Zusammenhang mit der Veröffentlichung behauptet wird, es sei unwahrscheinlich, daß der Kläger nichts davon wußte, wie bedauernswerte ausländische Mädchen in Abhängigkeit gehalten wurden, und, daß der Kläger als "Kärntner Filialleiter" der österreichischen Szene gelte, und wenn im Zusammenhang mit der Bildnisveröffentlichung die Telefonnummern des Klägers veröffentlicht werden;

2. dem Kläger S 20.000 samt 4 % Zinsen seit dem Tag der Klagezustellung zu zahlen und

3. dem Kläger die Ermächtigung zu erteilen, den Spruch des verurteilenden Urteils, das über den Unterlassungsanspruch ergeht, auf Kosten der Beklagten im redaktionellen Teil der "K***** Zeitung" in der Form des § 13 MedG, bezogen auf die in Punkt 1. des Klagebegehrens genannte Veröffentlichung "Austria-Boß klagt Pornojäger", binnen sechs Monaten nach Rechtskraft des Urteils zu veröffentlichen.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Der Inhalt des Artikels sei richtig. Der Kläger habe weder ein Entgegnungsbegehren gestellt noch sonst eine Korrektur begehrt. Er sei im Zusammenhang mit seiner Wahl zum Obmann der "Austria Klagenfurt" und auch danach selbst äußerst interessiert daran gewesen, daß er und sein Verein im Blickpunkt der Öffentlichkeit standen und für entsprechende Schlagzeilen sorgten. Dieses verstärkte Interesse an der Öffentlichkeitswirkung beziehe sich auch auf die Veröffentlichung ihn darstellender Lichtbilder. Die "Austria Klagenfurt" genieße verstärktes Interesse der Öffentlichkeit; das gelte auch für den Kläger als ihren Obmann. Die beanstandete Veröffentlichung sei nicht geeignet, den Kläger ins Zwielicht zu rücken und in seiner Umgebung Mißtrauen gegen ihn zu erwecken. Da er aus seiner Eigenschaft als Nachtclub- und Bordellbesitzer selbst nie ein Geheimnis gemacht habe, könne er sich nicht darüber beschwert erachten, daß die öffentliche Diskussion über diesen seinen Geschäftsbereich geführt wird. Die Veröffentlichung des Bildnisses des Klägers diene nicht der Befriedigung des Sensationsbedürfnisses des Leserpublikums, sondern nur dem öffentlichen Interesse, das an der Person, Funktion und Profession des Klägers bestehe. Eine tendenziöse Berichterstattung liege nicht vor. Auch für den Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz fehlten die rechtlichen Voraussetzungen, zumal die Beklagte kein Verschulden an der Veröffentlichung des Lichtbildnisses treffe; dem Kläger sei auch kein immaterieller Schaden erwachsen. Die Voraussetzungen für eine Urteilsveröffentlichung lägen nicht vor.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Zusätzlich zu dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt traf es noch die (negative) Feststellung, es könne nicht festgestellt werden, daß der Kläger nur auf Grund der beanstandeten Veröffentlichung seines Bildes von Leuten, die ihn vorher noch nie gesehen hatten, angesprochen wurde, wobei ihm Menschenhandel vorgeworfen wurde. Ein solcher Nachteil des Klägers allein auf Grund der Veröffentlichung seines Bildes stehe daher nicht fest.

Rechtlich meinte das Erstgericht, es bestehe, da der Kläger als prominenter Obmann eines mit öffentlichen Geldern geförderten Fußballklubs im Lichte der Öffentlichkeit stehe, ein öffentliches Interesse daran, über seine Verhältnisse zu informieren. Das Bild einer solchen Person im Rahmen einer Berichterstattung und Kommentierung zu veröffentlichen, sei nicht rechtswidrig. Einen immateriellen Schaden habe der Kläger nicht erlitten.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm die vom Erstgericht getroffene, oben wiedergegebene negative Feststellung und führte rechtlich folgendes aus:

Betrachte man die Veröffentlichung der Abbildung des Klägers im Zusammenhang mit dem Umfeld, so könne zunächst nicht von der Hand gewiesen werden, daß hiedurch der Eindruck verstärkt werde, der Kläger stehe mit den beschriebenen Praktiken des Menschenhandels und der Zuhälterei in Verbindung, zumal er in einer Haltung abgebildet sei, welche den Schluß nahelege, er gebe durch die Geste seines linken Arms zu verstehen, die gegen ihn erhobenen, seinem Ansehen abträglichen Vorwürfe seien haltlos. Durch diese Bildnisveröffentlichung seien daher schutzwürdige Interessen des Klägers verletzt worden. Dem stehe jedoch das Interesse der Beklagten an der Veröffentlichung des Bildes gegenüber. Die demnach gebotene Interessenabwägung führe hier dazu, daß dem öffentlichen Informationsinteresse der Vorrang vor den schutzwürdigen Interessen des Klägers einzuräumen sei. Es bestehe ein legitimes Interesse des Leserpublikums, das Bildnis einer derart im öffentlichen Leben stehenden Person, wie es der Kläger ist, zu sehen. Zwar sei offenkundig, daß der Kläger zur Veröffentlichung seines Bildnisses im Rahmen des Artikels und der Glosse keine Zustimmung gegeben habe, doch bestehe ein erhebliches, nicht bloß auf Sensationslust beruhendes Interesse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung des Bildnisses im Rahmen der Wiedergabe dieser aktuellen Geschehnisse. Je enger der Zusammenhang zu Tatsachen des öffentlichen Lebens sei, umso eher werde ein derartiges Interesse bejaht werden müssen. Der Kläger, der als Obmann des größten Kärntner Fußballvereins gewollt im Mittelpunkt öffentlichen Interesses steht, müsse im Rahmen einer aktuellen Berichterstattung die Veröffentlichung seines Archivbildes in Kauf nehmen, sofern es sich nicht um ein bloßstellendes, die Würde des Klägers verletzendes Lichtbild aus der Privatsphäre handle; ein solches Bild sei hier aber nicht veröffentlicht worden. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß der Kläger in sportlicher Freizeitkleidung abgebildet ist. Soweit der Kläger ausführt, daß durch die Wiedergabe der auf seiner Visitenkarte vermerkten Telefonnummern der Eingriff in seine Privatsphäre verstärkt werde, sei zu bemerken, daß die Veröffentlichung der Visitenkarte offenbar dem Zweck gedient habe, die Nahebeziehung des Klägers zur M*****-Bar darzulegen und dem Leserpublikum die Möglichkeit zu geben, sich zu seinen Ausführungen ein eigenes Bild zu machen. An dem legitimen Bedürfnis nach Information über das Aussehen des Klägers könne dies nichts ändern.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben wird; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Nach § 78 Abs 1 UrhG dürfen Bildnisse von Personen weder öffentlich ausgestellt noch auf eine Art, wodurch sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, verbreitet werden, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden. Damit soll - wie schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat - jedermann gegen einen Mißbrauch seiner Abbildung in der Öffentlichkeit geschützt werden, also namentlich dagegen, daß er durch die Verbreitung seines Bildnisses bloßgestellt, daß dadurch sein Privatleben der Öffentlichkeit preisgegeben oder sein Bildnis auf eine Art benützt wird, die zu Mißdeutungen Anlaß geben kann oder entwürdigend oder herabsetzend wirkt (EB z UrhG, abgedruckt bei Peter, UrhRecht 617). Das Gesetz legt den Begriff der "berechtigten Interessen" nicht näher fest, weil es bewußt einen Spielraum offenlassen wollte, um den Verhältnissen des Einzelfalles gerecht werden zu können (SZ 60/188; SZ 63/75; MR 1989, 52; MR 1990, 58; MR 1990, 226; ÖBl 1992, 84 und 87; zuletzt etwa 4 Ob 100/92 uva). Die Beurteilung, ob berechtigte Interessen verletzt wurden, ist darauf abzustellen, ob Interessen des Abgebildeten bei objektiver Prüfung als schutzwürdig anzusehen sind; dabei ist auch der mit dem veröffentlichten Bild zusammenhängende Text zu berücksichtigen (SZ 60/188; SZ 63/75; ÖBl 1992, 84 und 87; 4 Ob 100/92 ua).

Wird das Interesse des Abgebildeten an der Verhinderung einer Verbreitung seines Bildnisses als schutzwürdig erkannt, dann ist die Verbreitung grundsätzlich unzulässig; behauptet aber auch derjenige, der das Bildnis verbreitet, ein Interesse an dieser Verbreitung, dann müssen nach ständiger Rechtsprechung die beiderseitigen Interessen gegeneinander abgewogen werden (SZ 60/188; MR 1990, 58; MR 1990, 224; ÖBl 1982, 84; 4 Ob 100/92; Rehm, Das Recht am eigenen Bild, JBl 1962, 1 ff; Dittrich, Der Schutz der Persönlichkeit nach österreichischem UrhRecht, ÖJZ 1970, 533 f; Buchner, Das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten, FS 50 Jahre UrhG 21 ff [26 f]).

Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß die beanstandete Bildnisveröffentlichung im Hinblick auf den Text des Artikels "Austria-Boß klagt Pornojäger" und der daneben abgedruckten Glosse "Geld stinkt nicht, oder?" den Interessen des Klägers im höchsten Maße abträglich ist, wird er doch dort als Pächter des Bordells "M*****-Bar" in Verbindung mit der näher geschilderten menschenunwürdigen Behandlung junger, aus der Dominikanischen Republik stammender Frauen gebracht, welche unter falschen Vorspiegelungen nach Österreich gelockt und hier zur Prostitution gezwungen worden seien. Vor allem die Glosse - welche entgegen der Meinung der Beklagten im Hinblick auf ihre räumliche Nähe zu der beanstandeten Bildnisveröffentlichung sehr wohl in die Beurteilung, ob Interessen des Klägers beeinträchtigt wurden, einzubeziehen ist - enthält schwerste Angriffe gegen den Kläger, weil darin ausdrücklich gesagt wird, es sei unwahrscheinlich, daß er von der menschenunwürdigen Behandlung der ausländischen Mädchen nichts gewußt habe, und daß er "Kärntner Filialleiter" der österreichischen Szene sei. Daß der Kläger etwa nicht nur Pächter des Bordells in O***** ist, der die dortigen Verhältnisse aus eigener Anschauung vielleicht gar nicht kennt, sollte auch durch die Wiedergabe seiner Visitenkarte belegt werden, aus der sich ergibt, daß er offenbar unter der Telefonnummer des "M*****" erreichbar ist.

Richtig haben die Vorinstanzen erkannt, daß der Beklagten im Hinblick auf die Stellung des Klägers, der als Obmann des Fußballvereins "Austria Klagenfurt" in die Öffentlichkeit getreten ist, das Recht auf Information der Öffentlichkeit über die gegen den Kläger und seinen Geschäftsführer Johann K***** vorliegenden Verdachtsgründe - welche auch zur Einleitung einer gerichtlichen Voruntersuchung geführt haben - nicht abgesprochen werden kann. Geht es aber um eine Bildnisveröffentlichung im Zusammenhang mit einer Darstellung von Unregelmäßigkeiten oder gar - wie hier - von Straftaten, dann hängt die gebotene Interessenabwägung vor allem davon ab, ob die Umstände des konkreten Falles ein Interesse der Öffentlichkeit nicht nur an der Bekanntgabe der Tatsachen, sondern auch an der Veröffentlichung des Bildes des Betroffenen rechtfertigen, und ob diesem Interesse der Öffentlichkeit ein höheres Maß an Berechtigung zukommt als dem begreiflichen Interesse des Abgebildeten am Unterbleiben einer solchen bildlichen Anprangerung (SZ 48/73; MR 1990, 224; Rehm aaO 8). Insoweit gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit des Eingriffes (Buchner aaO 36); auch das echte Informationsbedürfnis darf nicht weiter als unbedingt notwendig gehen, so daß nicht in allen Fällen, in denen die Öffentlichkeit Anlaß hat, sich mit einer Einzelperson zu befassen, auch ein echtes Bedürfnis danach bejaht werden kann, ein Bild dieser Einzelperson zu sehen (MR 1990, 224; Rehm aaO 15). Ob das im Einzelfall zutrifft, ist nach objektiven Kriterien zu prüfen (MR 1990, 224; Rehm aaO). Dabei ist der Umstand, daß der Abgebildete im öffentlichen Leben steht, im Auge zu behalten. Der Kläger ist ja gewiß keine unbekannte Privatperson; er ist vielmehr weiten Kreisen der Öffentlichkeit, und zwar jenen, die - vor allem in Kärnten - am Fußballsport interessiert sind, bekannt. Das Interesse an der Veröffentlichung des Lichtbildes einer im öffentlichen Leben stehenden Person kann dann gegeben sein, wenn das Lichtbild im Zusammenhang mit der öffentlichen Tätigkeit des Abgebildeten steht und damit selbst einen Nachrichtenwert hat. Bei der Berichterstattung über aktuelles Geschehen kann ein erhebliches Interesse auch an der Veröffentlichung eines mit dem aktuellen Geschehen nicht unmittelbar im Zusammenhang stehenden Lichtbildes einer am öffentlichen Leben teilnehmenden Person bestehen, sofern dazu nicht bloßstellende Bilder aus der Privatsphäre verwendet werden oder die Veröffentlichung nur der Befriedigung von Neugierde und Senationslust dient (Buchner aaO 35 f; SZ 48/73; SZ 50/22; ÖBl 1992, 84; 4 Ob 100/92); das ist aber bei der Veröffentlichung des Lichtbildes einer bekannten Persönlichkeit nicht ohne weiteres anzunehmen. In ÖBl 1992, 84 hat der Oberste Gerichtshof dem Interesse der beklagten Medieninhaberin an der Verbreitung des Bildnisses einer im öffentlichen Leben stehenden Person ("Betriebsratskaiser") deshalb den Vorrang vor dem Interesse des Abgebildeten an der Verhinderung der Verbreitung des Bildnisses eingeräumt, weil die gegen den dortigen Kläger erhobenen Vorwürfe nicht besonders gravierend waren, zwar leichtere Verfehlungen, aber kein unehrenhaftes oder gesetzwidriges Verhalten des Klägers aufgezeigt hatten, während andererseits ein starkes Interesse bestanden hatte, aus Anlaß einer aktuellen Berichterstattung über die öffentliche Kritik eines Landeshauptmannes an der Amtsführung des Klägers die Öffentlichkeit über die Person des Klägers, welcher als politischer Interessenvertreter im Blickpunkt des lokalen öffentlichen Lebens seines Bundeslandes stand, auch durch ein - mit seiner öffentlichen Tätigkeit im Zusammenhang stehendes - Lichtbild zu informieren.

Die hier gegen den Kläger im Zusammenhang mit der beanstandeten Veröffentlichung seines Bildnisses erhobenen Vorwürfe beeinträchtigen aber seine Interessen zweifellos viel schwerer. Im Hinblick auf das Gewicht der gegen den Kläger erhobenen Anschuldigungen, sind an das Informationsinteresse der Beklagten wesentlich höhere Anforderungen zu stellen (4 Ob 100/92). Die Frage, ob die Abbildung allgemein bekannter Personen in jedem Fall ohne Rücksicht auf den Inhalt des Begleittextes zulässig ist, braucht hier nicht untersucht zu werden. Bei Personen - wie etwa Künstlern, Landespolitikern, Sportlern oder Sportfunktionäre udgl. -, deren Aussehen nur einem beschränkten Teil der hiefür interessierten Öffentlichkeit bekannt ist, ist der mit dem Bild zusammenhängende Text zu berücksichtigen, wird doch in diesen Fällen - so wie bei unbekannten Privatpersonen - die Verletzung durch die Beigabe des Bildes noch verschärft und eine "Prangerwirkung" erzielt, weil die Person des Angegriffenen erst damit einer breiten Öffentlichkeit auch optisch kenntlich gemacht wird (ÖBl 1992, 87 mwN; 4 Ob 100/92).

Die Abbildung des Klägers im Zusammenhang mit dem Artikel Hubert P***** und der Glosse des Redakteurs J***** war durchaus entbehrlich; sie hat jedenfalls keinen so hohen Nachrichtenwert, daß dieser das Interesse des Klägers am Schutz vor der Herabsetzung seines Ansehens in der Öffentlichkeit überwiegen könnte. Daß die Abbildung des Klägers einen besonderen Informationswert hätte - etwa dazu dienen könnte, irgendjemanden vor dem Kläger zu warnen -, hat die Beklagte nicht einmal behauptet. Ist somit das Veröffentlichungsinteresse der Beklagten nach dessen Gegenüberstellung mit den Interessen des Klägers zu verneinen, dann kommt es nicht mehr darauf an, ob die Berichterstattung der Beklagten in diesem Zusammenhang insofern der Wahrheit entsprochen hat, als der Kläger als "Kärntner Filialleiter der Szene" bezeichnet und die Unkenntnis des Klägers von den angeblichen Vorfällen in seinem Bordell als unwahrscheinlich bezeichnet wurde (MR 1990, 224).

Aus diesen Erwägungen ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu bejahen. Daß der Kläger die Veröffentlichung seines Bildes nicht schlechthin, sondern nur unter bestimmten, näher beschriebenen Voraussetzungen, welche seine berechtigten Interessen beeinträchtigen könnten, verboten wissen will, entspricht der Rechtslage und läßt daher entgegen den Ausführungen der Beklagten in der Revisionsbeantwortung (S. 97) keinen Schluß auf die mangelnde Schutzwürdigkeit des Klägers zu. Daß er seinen Unterlassungsanspruch ua an das gleichzeitige Veröffentlichen seiner Telefonnummer geknüpft hat, kann ihm nicht schaden. Von einer mangelnden Vollstreckbarkeit des Unterlassungsgebotes kann keine Rede sein. Ob der Kläger seine Visitenkarte selbst einem Redakteur der "K*****Zeitung" überlassen hat, ist ohne Bedeutung, geht es doch hier nicht um ein Verbot, die Visitenkarte zu veröffentlichen, sondern nur um jenes der Veröffentlichung des Bildes.

Der geltend gemachte Schadenersatzanspruch und das Veröffentlichungsbegehren sind hingegen nicht berechtigt.

Wer durch eine Zuwiderhandlung gegen das Urheberrechtsgesetz - also auch gegen § 78 Abs 1 UrhG - einen anderen schuldhaft schädigt, hat dem Verletzten auf dessen Verlangen eine angemessene Entschädigung für die in keinem Vermögensschaden bestehenden Nachteile, die er durch die Handlung erlitten hat, zu leisten (§ 87 Abs 2 UrhG). Nach der Rechtsprechung ist ein solcher immaterieller Schaden (nur) dann zu ersetzen, wenn die Beeinträchtigung den mit jeder Urheberrechtsverletzung (oder Bildnisveröffentlichung) verbundenen Ärger übersteigt (SZ 45/102; SZ 55/25 ua); es muß sich um eine ganz empfindliche Kränkung handeln (ÖBl 1970, 157 ua). Dazu muß der Kläger konkrete Behauptungen aufstellen (SZ 55/25; ÖBl 1990, 91; SZ 63/75). Der Kläger hat hier einen solchen Schaden ausschließlich damit begründet, daß das Publikum durch die Veröffentlichung der Telefonnummern des Klägers geradezu aufgefordert werde, ihn mit anonymen Telefonanrufen zu belästigen; ferner werde "großflächig der Zusammenhang mit der Funktion des Klägers als Sportfunktionär dargestellt", bedürfe es doch keiner Erörterung, daß der Kläger bei Wahrheit der gegen ihn erhobenen Vorwürfe als Obmann des Sportclubs "Austria Klagenfurt" kaum tragbar wäre (S. 5 f). Die - auch festgestellten - Belästigungen des Klägers durch anonyme Telefonanrufe stehen aber ebensowenig im Zusammenhang mit der Veröffentlichung seines Bildnisses, wie die Gefahr, daß der Kläger als Sportfunktionär untragbar wird; vielmehr sind sie ausschließlich auf die in der "K***** Zeitung" behaupteten Umstände und das Abdrucken der Visitenkarte des Klägers zurückzuführen. Das ist aber nicht Gegenstand des Unterlassungsanspruches nach § 78 UrhG. Schon aus diesem Grunde ist der geltend gemachte Schadenersatzanspruch, ohne daß es einer Erörterung der Schuldfrage bedurft hätte, zu verneinen.

Nach § 85 Abs 1 UrhG hat das Gericht dann, wenn ua auf Unterlassung geklagt wird, der obsiegenden Partei, welche daran ein berechtigtes Interesse hat, auf Antrag die Befugnis zuzusprechen, das Urteil innerhalb bestimmter Frist auf Kosten des Gegners zu veröffentlichen, wobei die Art der Veröffentlichung im Urteil zu bestimmen ist. Der Kläger begehrt - obwohl er sich auf § 85 UrhG berufen hat (S.5) - die Ermächtigung, den Unterlassungsausspruch im redaktionellen Teil der "K***** Zeitung" "in der Form des § 13 MedG", bezogen auf die Veröffentlichung "Austria-Boß klagt Pornojäger". § 13 MedG regelt neben dem Zeitpunkt (Abs 1) auch die Form der Veröffentlichung (Abs 3 bis 6). Mit dem Hinweis auf die Form des § 13 MedG hat der Kläger offenbar nicht auf dessen Abs 4 verweisen wollen, wonach - entsprechend dem in Abs 3 enthaltenen Grundsatz, daß die Entgegnung oder nachträgliche Mitteilung so zu veröffentlichen ist, daß ihre Wiedergabe den gleichen Veröffentlichungswert hat wie die Veröffentlichung, auf die sie sich bezieht - die Entgegnung bei Veröffentlichung in einem periodischen Druckwerk im selben Teil und in der gleichen Schrift wie die Tatsachenmitteilung wiederzugeben ist, hat er doch ohnehin ausdrücklich die Veröffentlichung im redaktionellen Teil der "K***** Zeitung" verlangt. § 13 Abs 5 MedG bezieht sich nur auf Veröffentlichungen im Rundfunk oder vergleichbaren Medien. Daß der Kläger eine Entgegnung in der Form eines Standbildes gewünscht hätte (§ 13 Abs 6 MedG), kann wohl nicht erwartet werden, weil das zweifellos seinen Interessen nicht entsprechen könnte. Hatte aber der Kläger demnach nur § 13 Abs 2 MedG vor Augen, wonach die Veröffentlichung als "Entgegnung" oder "nachträgliche Mitteilung" zu bezeichnen ist und den Namen des Betroffenen sowie einen Hinweis darauf zu enthalten hat, auf welche Nummer oder Sendung sie sich bezieht, dann fehlt diesem Anspruch die rechtliche Grundlage. Eine Entgegnung im Sinne des Mediengesetzes besteht in der Darstellung, daß und wie weit die Tatsachenmitteilung unrichtig oder in irreführender Weise unvollständig sei und woraus sich dies ergebe, sowie in der Behauptung der Tatsachen, die im Gegensatz zur Tatsachenmitteilung richtig seien oder letztere in einem erheblichen Punkt ergänzten (§ 9 Abs 3 MedG). Über einen solchen Entgegnungsanspruch ist aber nicht in einem Rechtsstreit nach § 78 UrhG abzusprechen.

Für den Kläger wäre aber auch dann nichts zu gewinnen, hätte er die Veröffentlichung des Unterlassungsgebotes nach § 85 Abs 2 UrhG verlangt. Auch im Anwendungsbereich des § 85 Abs 1 UrhG hat nämlich die Urteilsveröffentlichung nicht den Charakter einer Strafe; ihr Ziel ist vielmehr auch hier allein die Aufklärung der Öffentlichkeit über einen bestimmten Gesetzesverstoß, dessen Publizität auch in Zukunft noch nachteilige Folgen befürchten läßt (SZ 47/145; MR 1988, 125). Ein berechtigtes Interesse der siegreichen Partei an einer solchen Ermächtigung ist somit nur dann anzuerkennen, wenn die Veröffentlichung ein geeignetes Mittel zur Beseitigung jener Nachteile ist, die eine Verletzung der im Urheberrechtsgesetz geregelten Ausschließlichkeitsrechte für diese Partei mit sich gebracht hat oder doch noch mit sich bringen könnte (SZ 26/131; SZ 44/104; MR 1988, 125). Die Veröffentlichung eines Urteilsspruches aber, welcher der Beklagten jede weitere Veröffentlichung des Bildnisses des Klägers untersagt, wie es in der "K***** Zeitung" im Zusammenhang mit bestimmten Textstellen abgedruckt wurde, könnte das interessierte Publikum nur darüber aufklären, daß diese Veröffentlichung widerrechtlich - also insbesondere ohne Zustimmung des Abgebildeten oder ohne sonstigen gesetzlichen Rechtfertigungsgrund - geschehen war; sie wäre aber nicht geeignet, den durch die beanstandete Veröffentlichung hervorgerufenen Eindruck eines Zusammenhanges des Klägers mit bestimmten strafrechtswidrigen Handlungen zu beseitigen. Nur an einer Richtigstellung dieses - für ihn nachteiligen - Eindrucks könnte aber dem Kläger ein berechtigtes Interesse zuerkannt werden; mit der bloßen Information der Öffentlichkeit über die Widerrechtlichkeit der Veröffentlichung seines Bildnisses wäre hingegen für ihn nichts erreicht (MR 1988, 125). Walter hält diese in MR 1988, 125 vertretene Rechtsauffassung zwar für unbefriedigend, räumt aber selbst ein, daß die Veröffentlichung eines abstrakten Unterlassungstitels wenig relevante Informationen vermittelt; sein Hinweis, daß dies jedoch im System des § 85 UrhG begründet sei (MR 1988, 129), vermag nicht zu überzeugen. Wird einem der in § 85 UrhG aufgezählten Begehren stattgegeben, dann ergibt sich daraus noch nicht zwingend die Berechtigung der Urteilsveröffentlichung; vielmehr ist in jedem Einzelfall das berechtigte Interesse des Klägers daran zu prüfen. Ein solches Interesse ist aber hier nach dem oben Gesagten zu verneinen.

Der Revision war somit nur insoweit stattzugeben, als in Abänderung der Urteile der Vorinstanzen dem Unterlassungsbegehren stattgegeben wird; im übrigen war das angefochtene Urteil zu bestätigen.

Der Ausspruch über die Kosten des Verfahrens erster Instanz gründet sich auf § 43 Abs 1 ZPO, jener über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf dieselbe Gesetzesstelle iVm § 50 ZPO. Da der Kläger zu acht Neunteln durchgedrungen ist, hat ihm die mit einem Neuntel obsiegende Beklagte sieben Neuntel seiner Kosten zu ersetzen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte