Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes zur Gänze wieder hergestellt wird.
Die zweitverpflichtete Partei ist schuldig, den betreibenden Parteien die mit S 3.590,40 (darin S 598,40 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Im Zwangsversteigerungsverfahren gegen die Verpflichteten wurde deren Liegenschaft EZ ***** KG ***** am 14.Jänner 1992 den nun die Übergabe der Liegenschaft nach den Bestimmungen des § 349 EO betreibenden Erstehern um das Meistbot von S 4,480.000 zugeschlagen. Nach Bewilligung der zwangsweisen Räumung erhob die Zweitverpflichtete eine Oppositionsklage. Der Räumungsanspruch der Ersteher sei erloschen, weil sie die durch Zuschlag erworbene Liegenschaft zum Teil an den Sohn der Verpflichteten am 2.Mai 1992 um S 1,260.000 verkauft hätten. Die Ersteher hätten dem Sohn der Verpflichteten die Besitzausübung und die Verwaltung der verkauften Grundstücke übertragen, weigerten sich aber, den verbücherungsfähigen Kaufvertrag zu unterfertigen. Der Sohn habe deshalb bereits eine Klage auf Zuhaltung des Kaufvertrages und Einwilligung in die bücherliche Einverleibung gegen die betreibenden Ersteher angebracht. Die Zweitverpflichtete leite von ihrem Sohn das Recht ab, weiter in dem Vierkanthof zu wohnen.
Das Erstgericht wies den auf diese Klagsführung gestützten Aufschiebungsantrag der Zweitverpflichteten ab. Am 29.Juni 1992 sei die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Ersteher bewilligt worden. Da nicht behauptet werde, daß die Ersteher mit dem Sohn der Verpflichteten einen schriftlichen Kaufvertrag geschlossen hätten und dessen Eigentumsrecht bücherlich eingetragen sei, fehle es an einer wirksamen Übertragung des Eigentums und der Überlassung der Sachbefugnis. Der Erfolg der Oppositionsklage sei wenig wahrscheinlich.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß über den Rekurs der Zweitverpflichteten teilweise ab. Es bewilligte die Aufschiebung der Räumungsexekution in Ansehung der Baugrundstücke mit dem Vierkanthof und einem Gartengrundstück sowie bestimmter Zubehörsgegenstände bis zur rechtskräftigen Erledigung des Oppositionsrechtsstreits, machte die Aufschiebung aber von der Leistung einer Sicherheit von S 100.000 abhängig. In Ansehung weiterer Grundstücke des Grundbuchskörpers bestätigte das Rekursgericht die Abweisung des Aufschiebungsantrages. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Das Rekursgericht meinte, die Entscheidung über einen Aufschiebungsantrag hänge von den Umständen des Einzelfalles ab. Es komme darauf an, ob der auf Einstellung der Exekution abzielende Schritt des Aufschiebungswerbers Erfolg verspreche oder aussichtslos erscheine. Auch gegen die vom Ersteher betriebene zwangsweise Räumung nach § 156 Abs 2 und § 349 EO könne eine § 35 EO nachgebildete Klage erhoben werden. Veräußere der Ersteher vor Bewilligung der zwangsweisen Räumung die ihm zugeschlagene Liegenschaft, so gehe mit dem Eigentum auch der Räumungsanspruch auf den Erwerber über. Der Veräußerer verliere damit seine Sachlegitimation. Die bloße Übergabe eines Grundstückes könne selbst bei Vorliegen eines ausreichenden Titels keinen Eigentumsübergang bewirken. Die Rechtsprechung halte zuletzt am Eintragungsgrundsatz fest. Der besitzende Käufer könne aber im Innenverhältnis dem noch eingetragenen Verkäufer das vertragliche Recht zum Besitz entgegenhalten. Die Ersteher hätten mit dem Zuschlag Eigentum erworben. Nach dem Vorbringen in der Klage nach § 35 EO hätten sie aber dem Sohn der Verpflichteten den Besitz an den verkauften Grundstücken übergeben. Die Geltendmachung des Besitzes des Sohnes sei nicht als aussichtslos zu betrachten. Der von den Erstehern betriebene Räumungsanspruch laufe dem möglicherweise bestehenden Anspruch auf Besitz durch den Erwerber zuwider. Eine gegen den Erwerber gerichtete Räumungsexekution müßte als unzulässig angesehen werden. Die Aufschiebungswerberin leite nun vom (möglicherweise) besitzenden Sohn ihr familienrechtliches Wohnrecht ab, weil sie sonst der Obdachlosigkeit ausgesetzt würde. Sie könne dann aber ein Recht zur Wohnungsnahme an den in Exekution gezogenen Liegenschaften besitzen. Die Oppositionsklage könne nicht als völlig aussichtslos beurteilt werden. Soweit gar nicht behauptet wurde, daß auch die weiteren Grundstücke mündlich verkauft wurden, komme insoweit die Aufschiebung nicht in Betracht, wohl aber für die angeblich veräußerten Grundstücke samt Zubehör. Zur Abwendung des den Erstehern drohenden Schadens sei diese Aufschiebung nur gegen Leistung einer Sicherheit von S 100.000,-- zu bewilligen, weil während des voraussichtlich ein Jahr dauernden Oppositionsprozesses ein Ertragsausfall in dieser Höhe drohe.
Die betreibenden Ersteher streben mit dem außerordentlichen Revisionsrekurs die Wiederherstellung des die Aufschiebung zur Gänze ablehnenden Beschlusses des Erstgerichtes an.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel ist zulässig und berechtigt.
Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß auch der Verpflichtete, der im Zwangsversteigerungsverfahren sein Eigentum mit der Erteilung des Zuschlages verloren hat, den sich aus § 156 Abs 2 EO ergebenden und nach § 349 EO durchzusetzenden Anspruch des Erstehers mittels Klage nach § 35 EO bekämpfen kann, wenn er Einwendungen zu erheben vermag, wonach der Räumungsanspruch aufgehoben oder gehemmt ist (Karollus, Zur Rechtsstellung des Liegenschaftserstehers, JBl 1989, 27; Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht3, 178; EvBl 1976/70 ua). Wenn der Verpflichtete die Liegenschaft nicht freiwillig räumt, wird ihre Übergabe im Zuge der auf Antrag des Erstehers als betreibender Partei zu bewilligenden Räumungsexekution durch den Gerichtsvollzieher erzwungen (Rechberger-Simotta, Exekutionsverfahren Rz 518). Die Zweitverpflichtete behauptet nun, die Ersteher hätten nach Zuschlagserteilung mündlich Teile der versteigerten Liegenschaft an ihren Sohn verkauft und ihm den Besitz überlassen, dieser wieder gewähre ihr das Weiterwohnen im erworbenen Haus. Daß der Käufer einer Liegenschaft durch den Kaufvertrag selbst bei Einräumung des tatsächlichen Besitzes so lange kein Recht erlangt, gegen eine von einem Dritten betriebene Exekution Widerspruch zu erheben (§ 37 EO), als sein Eigentumsrecht nicht bücherlich eingetragen ist, entspricht der ständigen Rechtsprechung (SZ 48/63; SZ 55/191; SZ 59/145 ua). Von den anerkannten Ausnahmen abgesehen hindert der Eintragungsgrundsatz jede "außerbücherliche" Eigentumsübertragung (vgl. nur Koziol-Welser9 II 106; SZ 60/206 mwH uva).
Die Ersteher wurden mit Zuschlagserteilung Eigentümer der versteigerten Liegenschaft, weil § 237 Abs 1 EO eine Durchbrechung des Eintragungsgrundsatzes normiert (Heller-Berger-Stix 1240 ff;
Koziol-Welser9 II 90; Spielbüchler in Rummel, ABGB2, Rz 2 zu § 431;
SZ 63/114; NZ 1991, 318 = AGS 219). Da eine einstweilige Verwaltung der Liegenschaft nicht erwirkt wurde und die Übergabe durch die Verpflichteten an die Ersteher erst im Wege der anhängigen Räumungsexekution erzwungen werden soll, kann der Sohn, der behauptet, einzelne Grundstücke aus dem Grundbuchskörper mit mündlichem Kaufvertrag von den Erstehern erworben zu haben, seinen Besitz nicht von den Erstehern, sondern nur von seinen Eltern ableiten. Mangels der erst zu erzwingenden Übergabe an die Ersteher konnten diese, selbst wenn ein Kaufvertrag zustande gekommen sein sollte, den Besitz (oder gar ihr Eigentum) noch nicht auf den Käufer übertragen. Darauf baut aber die Einwendung der Zweitverpflichteten auf, sie wohne im Haus nicht mehr auf Grund ihres verloren gegangenen Eigentums, sondern wegen der ihren Unterhaltsanspruch gegen den Sohn befriedigenden Einräumung familienrechtlicher Mitbenützung durch den Sohn als Käufer der Liegenschaft, dem die Ersteher Besitzausübung und Verwaltung übertragen hätten. Hat sich jedoch der Sohn ohne Übertragung durch die Ersteher in den Besitz des Hauses gesetzt, so kann die Aufschiebungswerberin daraus keine Rechte für sich ableiten, die den Räumungsanspruch der Ersteher gehemmt oder zum Erlöschen gebracht hätten, mag sich auch der Käufer selbst gegen Schritte der Ersteher (Eigentümer) zur Wehr setzen können, wenn er den gültigen Kauf nachweisen kann.
Da das Rechtsinstitut der Exekutionsaufschiebung häufig zur Verfahrensverschleppung mißbraucht wird, hat das Gericht die Wahrscheinlichkeit des Erfolges der auf die Einstellung der Exekution abzielenden Aktion des Aufschiebungswerbers zu prüfen (Rechberger-Simotta, Exekutionsverfahren, Rz 268; Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht3, 92). Dem Ergebnis des exekutionsrechtlichen Prozesses darf zwar nicht vorgegriffen und eine vorweggenommene Beweiswürdigung muß vermieden werden. Die Aufschiebung ist aber zu verweigern, wenn der Erfolg der Oppositionsklage unwahrscheinlich ist (Heller-Berger-Stix 550; SZ 46/120; MietSlg. 40.837 uva). Dies ist hier der Fall, so daß das Erstgericht im Ergebnis zutreffend den Aufschiebungsantrag (auch) der Zweitverpflichteten abgewiesen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf der sinngemäßen Anwendung des § 74 EO, wobei als Kostenbemessungsgrundlage nach § 13 Abs 1 lit a RATG die im § 10 Z 1 lit a RATG vorgesehene Bewertung heranzuziehen ist.
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