Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung aufgetragen.
Text
Begründung
Der mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Favoriten vom 19. Dezember 1983 als außerehelicher Vater der Minderjährigen festgestellte deutsche Staatsbürger Rolf U***** war durch Jahre hindurch unbekannten Aufenthaltes. Der Minderjährigen wurden Titelunterhaltsvorschüsse gewährt, zuletzt mit Beschluß des Erstgerichtes vom 15.Februar 1990 für den Zeitraum vom 1.Februar 1990 bis 31.Jänner 1993.
Mit Eingabe vom 25.Februar 1992 teilte der Unterhaltssachwalter mit, daß der Unterhaltspflichtige nach einer Mitteilung der Stadt Köln zur Zeit in der Justizvollzugsanstalt Essen in Haft sei.
Mit Beschluß vom 23.März 1992 stellte das Erstgericht den gewährten Unterhaltsvorschuß per 29.Februar 1992 mit der Begründung ein, daß sich der unterhaltspflichtige Vater laut Mitteilung des Unterhaltssachwalters im Ausland in Haft befinde.
Gegen diesen Beschluß erhob die Minderjährige, vertreten durch den Unterhaltssachwalter, Rekurs mit der Begründung, aus der Mitteilung der Stadt Köln sei nicht eindeutig zu entnehmen ob der Vater noch in Haft sei; es wären jedenfalls weitere Erhebungen erforderlich gewesen. Inzwischen habe sich ergeben, daß der unterhaltspflichtige Vater (nur) vom 4.Oktober 1991 bis 17.Februar 1992 in Haft gewesen sei. Es werde daher der Antrag gestellt, den angefochtenen Beschluß zu beheben und die Auszahlung von Unterhaltsvorschüssen ab 1.März 1992 wieder anzuordnen. Gegen eine Einstellung der Vorschüsse für den tatsächlichen Haftzeitraum bestünden keine Einwendungen.
Nachdem der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien den Antrag gestellt hatte, die bis 31.Jänner 1993 bewilligten Unterhaltsvorschüsse für den Zeitraum vom 1.November 1991 bis 29. Februar 1992 wegen der zeitlich angegebenen Inhaftierung des Unterhaltspflichtigen einzustellen und den entstandenen Übergenuß in monatlichen Raten von den (allenfalls) künftig fällig werdenden Vorschüssen einzubehalten, stellte das Erstgericht mit Beschluß vom 28. April 1992 den gewährten Unterhaltsvorschuß für die Zeit vom 1. November 1991 bis 29.Februar 1992 mit der Begründung ein, nach der Aktenlage stehe nunmehr fest, daß der Unterhaltspflichtige in der Zeit vom 4.Oktober 1991 bis 17.Februar 1992 in der Justizvollzugsanstalt Essen inhaftiert gewesen sei. Dieser Beschluß ist in Rechtskraft erwachsen.
Das Rekursgericht wies den Rekurs der Minderjährigen gegen den Beschluß vom 23.März 1992 zurück. Es führte aus, das Erstgericht habe seine Entscheidung zwar auf eine Auskunft der Stadtgemeinde Köln gestützt die sich nachträglich als unrichtig herausgestellt habe; es sei also basierend auf unrichtigen Tatsachengrundlagen die Einstellung des Unterhaltsvorschusses erfolgt, obwohl zu diesem Zeitpunkt keinerlei Einstellungsgrundlage vorgelegen sei. Durch den rechtskräftig gewordenen Beschluß vom 28.April 1992 sei aber eine Einstellung der Unterhaltsvorschüsse auch für den (davorliegenden) Zeitraum vom 1.November 1991 bis 29.Februar 1992 erfolgt. Da eingestellte Vorschüsse nicht wieder auflebten und nur ein neuerlicher Vorschußantrag gestellt werden könne, seien zum Zeitpunkt der Rekursentscheidung die gewährten Titelvorschüsse bereits vor dem 29. Februar 1992 eingestellt gewesen, sodaß sich die Rekurswerberin über die - zu Unrecht erfolgte - Einstellung der ohnedies bereits eingestellten Vorschüsse zum 29.Februar 1992 nicht beschwert erachten könne. Das Rechtsschutzinteresse sei aber nicht nur zum Zeitpunkt der Erhebung des Rechtsmittels, sondern auch noch zum Zeitpunkt der Rechtsmittelentscheidung erforderlich. Im Hinblick auf die diesbezüglich einhellige Judikatur sei der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist, da das Rekursgericht die Grundsätze des Wegfalles der Beschwer verkannt hat, zulässig und berechtigt.
Nach § 19 Abs 1 UVG hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen
bei Herabsetzung des Unterhaltsbeitrages oder bei Eintritt eines
Falles des § 7 Abs 1, ohne daß es zu einer gänzlichen Versagung der
Vorschüsse käme, die Vorschüsse entsprechend
herabzusetzen..........und zugleich unter Berücksichtigung der
Bedürfnisse des Kindes die Einbehaltung zu Unrecht ausbezahlter
Beträge...............von künftig fällig werdenden Vorschüssen
anzuordnen.
§ 20 Abs 1 Z 4 UVG sieht eine Einstellung der Vorschüsse auf Antrag oder von Amts wegen vor, wenn eine der Voraussetzungen der Gewährung der Vorschüsse, ausgenommen die des § 3 Z 2, wegfällt (lit a) oder nach § 7 Abs 1 die Vorschüsse zur Gänze zu versagen sind (lit b).
Sowohl aus dem Antrag des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien und der Äußerung der Unterhaltsberechtigten in ihrem Rekurs gegen den Beschluß vom 23.März 1992 als auch aus der Begründung des erstgerichtlichen Beschlusses vom 28.April 1992 geht hervor, daß keine endgültige Einstellung der Vorschüsse im Sinne des § 20 Abs 1 Z 4 UVG erfolgen sollte, sondern lediglich eine Änderung im Sinne des § 19 - nämlich eine Herabsetzung (wenn auch auf Null) nur für jenen Zeitraum, in welchem geänderte Umstände, nämlich die Inhaftierung des Unterhaltspflichtigen im Ausland und damit offenbar gemeint die nur zeitlich befristete mangelnde Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners - tatsächlich vorgelegen waren. Die Frage des Wiederauflebens eines nach § 20 UVG - endgültig - eingestellten Unterhaltsvorschusses, deren Lösung jedenfalls auch einer meritorischen Behandlung des Rekurses bedurft hätte, stellt sich daher hier nicht. Es kann keine Rede davon sein, daß die Rechtsmittelwerberin durch die endgültige Einstellung der Vorschüsse zum 29.Februar 1992, also ab einem Zeitraum, der vom rechtskräftig gewordenen Beschluß vom 28.April 1992 gar nicht erfaßt wird, nicht beschwert ist.
Es ist dem Obersten Gerichtshof verwehrt, anläßlich der Entscheidung über den verfehlten Zurückweisungsbeschluß des Rekursgerichtes unmittelbar in der Sache selbst zu entscheiden. Es darf nämlich nicht der Fall eintreten, daß der Oberste Gerichtshof sachlich über eine Frage entscheidet, über die er unter Umständen nur unter eingeschränkten Überprüfungsvoraussetzungen (früher § 16 Abs 1 AußStrG aF, nunmehr § 14 Abs 1 AußStrG nF) abzusprechen hätte (SZ 49/88 uva; zuletzt 6 Ob 26/88).
Es war daher in Stattgebung des vorliegenden Rechtsmittels der angefochtene Beschluß aufzuheben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung aufzutragen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)