OGH 7Ob621/92

OGH7Ob621/9212.11.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Egermann, Dr.Niederreiter und Dr.Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A.***** Gesellschaft mbH i.L., vertreten durch den Gesellschafter Dkfm.Heribert F*****, dieser vertreten Dr.Johann Quendler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagten Parteien 1. Dr.Kurt D*****, vertreten durch Dr.Günther Karpf, Rechtsanwalt in Klagenfurt, 2. Dkfm.Mag.Karl G*****, vertreten durch Dr.Mag.Josef Kartusch, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 769.090 sA, infolge der Revisionsrekurse des Gesellschafters Dkfm. Heribert F*****, der A.***** Gesellschaft mbH i.L. und der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 5.Juni 1992, GZ 5 R 89/92-12, womit die Rekurse der Revisionsrekurswerber gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 9.März 1992, GZ 28 Cg 307/91-5, zurückgewiesen wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1. Den Revisionsrekursen des Gesellschafters Dkfm.Heribert F*****und der beklagten Parteien wird Folge gegeben. Der Zurückweisungsbeschluß des Rekursgerichtes wird in diesem Umfang aufgehoben und dem Rekursgericht eine Sachentscheidung über die davon betroffenen Rekurse aufgetragen.

Die Kosten dieser Revisionsrekurse sind weitere Kosten des Rekursverfahrens.

2. Der Revisionsrekurs der A.***** Gesellschaft mbH i.L. wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit dem vom Minderheitsgesellschafter der A.***** Gesellschaft mbH i. L. "als Vertreter der Gesellschaft" gegen die beklagten Liquidatoren erhobenen Klage wird ein Ersatzanspruch gemäß § 48 Abs 1 GmbHG iVm § 92 Abs 1 GmbHG mit der Behauptung der Auszahlung einer Provision in einer gegen eine bestehende Herabsetzungsvereinbarung verstoßenden Höhe geltend gemacht. Die Beschlußfassung über die Geltendmachung dieses Schadenersatzanspruches sei abgelehnt worden.

Die Beklagten wendeten u.a. den Mangel der Vertretungsmacht des Minderheitsgesellschafters für die Gesellschaft ein.

In der Verhandlungstagsatzung vom 14.2.1992 beantragte "die klagende Partei" die Richtigstellung der Parteienbezeichnung auf "Dkfm.Heribert F*****, als Minderheitsgesellschafter der A.***** Gesellschaft mbH i.L. und verlangte die Zahlung des eingeklagten Betrages an die Gesellschaft.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Richtigstellung der Parteibezeichnung ab. Eine solche Richtigstellung dürfe nie zu einem Wechsel in der Person einer Partei führen, was hier aber der Fall wäre.

Das Rekursgericht wies die dagegen vom Minderheitsgesellschafter sowohl im eigenen Namen als auch im Namen der Gesellschaft und die von beiden Beklagten erhobenen Rekurse zurück; weiters sprach es aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Dem - Parteistellung erst anstrebenden - Minderheitsgesellschafter, welcher bisher nicht selbst als Partei im eigenen Namen aufgetreten sei, stehe gegen die seinen Eintritt abweisende Entscheidung kein Rekursrecht zu. Die Gesellschaft aber sei im vorliegenden Verfahren nicht gesetzmäßig vertreten; vertretungsbefugt seien nur ihre Organe, nicht aber ihre Gesellschafter. Die Verbesserung dieses Mangels sei im vorliegenden Fall nicht möglich, sodaß ein solcher Versuch habe unterbleiben können: Eine Vertretung durch ihre Organe, welche ja Prozeßgegner seien, komme nicht in Frage; eine Bestellung eines anderen Vertreters für die Gesellschaft für eine Klageführung gemäß § 48 GmbHG sei im Gesetz nicht vorgesehen. Daher müsse dieser Mangel bereits jetzt zur Zurückweisung dieses Rechtsmittels führen. Den Beklagten, welche mit ihren Rekursen die Zurückweisung des Antrages auf Richtigstellung der Parteibezeichnung anstreben, fehle aber für die Bekämpfung des diesen Antrag abweisenden Beschlusses das erforderliche Rechtsschutzinteresse.

Der Revisionsrekurs der Gesellschaft ist unzulässig; die Revisionsrekurse des Minderheitsgesellschafters und der Beklagten sind hingegen berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Zu den Revisionsrekursen des Minderheitsgesellschafters und der Beklagten:

Gemäß § 48 Abs 1 GmbHG können die der Gesellschaft aufgrund der §§ 10, 25, 27, 33 GmbHG gegen die Geschäftsführer und gegen die Mitglieder des Aufsichtsrates zustehenden Ersatzansprüche auch von Gesellschaftern, deren Stammeinlagen den zehnten Teil des Stammkapitals erreichen, geltend gemacht werden, wenn die Verfolgung dieser Ansprüche für die Gesellschaft durch Beschluß der Gesellschafter abgelehnt oder wenn ein darauf abzielender Antrag, obwohl er rechtzeitig (§ 38 Abs 3 GmbHG) bei den Geschäftsführern angemeldet war, nicht zur Beschlußfassung gebracht worden ist. Gemäß § 92 GmbHG ist diese Bestimmung auch in bezug auf die Liquidatoren anzuwenden. § 48 GmbHG regelt ein Recht der Minderheitsgesellschafter; diese treten im Prozeß als Kläger auf, machen jedoch einen Anspruch der Gesellschaft geltend, sodaß die Klage auf Leistung an die Gesellschaft lautet (SZ 5/71; SZ 50/51; SZ 55/1; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 415 ff; Gellis, Kommentar zum GmbH-Gesetz2 303 f). Ein solcher Anspruch wird im vorliegenden Fall nach den ausdrücklichen Ausführungen in der Klage erhoben. Allerdings wurde als Klägerin die Gesellschaft, vertreten durch den Minderheitsgesellschafter bezeichnet; die Klage enthält aber durch die Bezugnahme auf § 48 GmbHG und ihre Unterfertigung durch "Heribert F***** in Vertretung der ... " Anhaltspunkte, daß der Minderheitsgesellschafter selbst als Kläger aufgetreten sein könnte. Das Erstgericht war der Auffassung, daß die Voraussetzungen für eine Richtigstellung der Parteienbezeichnung nicht gegeben seien. Das Rekursgericht hat aber, obwohl die Frage der Parteistellung strittig ist, den Rekurs des Minderheitsgesellschafters mit der Begründung zurückgewiesen, daß dieser nicht Partei sei. Von der Lösung dieser Vorfrage hängt die Entscheidung über die Richtigstellung der Parteienbezeichnung jedoch ab. Bis zur Klärung der Vorfrage muß dem Minderheitsgesellschafter die Stellung einer Partei und damit auch ein Rekursrecht zugebilligt werden (vgl SZ 27/7; SZ 49/17; Fasching II 125).

Die Frage, ob der Minderheitsgesellschafter die Person ist, von der nach ihrem Inhalt die Klage in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise erhoben worden ist (§ 235 Abs 5 ZPO), kann der Oberste Gerichtshof im vorliegenden Verfahrensstadium noch nicht prüfen. Der Oberste Gerichtshof kann zufolge § 3 Abs 1 JN über einen Rekurs gegen einen Beschluß des Erstgerichtes, der vom Rekursgericht rechtsirrig als unzulässig zurückgewiesen wurde, nicht sogleich sachlich entscheiden (SZ 43/212; EvBl 1965/112). In Fällen, in denen die Begründung des Zurückweisungsbeschlusses inhaltlich die sachlichen Abweisungsgründe erfaßt, wird jedoch von diesem Grundsatz aus Gründen der Prozeßökonomie dann eine Ausnahme gemacht, wenn das unbillige Ergebnis vermieden werden kann, dem Rekursgericht die Fassung des abweisenden Beschlusses auch im Spruch seiner Entscheidung aufzutragen (SZ 23/87 und 390; EvBl 1966/477); ein solcher Fall liegt hier aber schon deshalb nicht vor, weil das Rekursgericht betreffend den Rekurs des Minderheitsgesellschafters keine sachlichen Abweisungsgründe angeführt hat.

Daher war dem Revisionsrekurs des Minderheitsgesellschafters Folge zu geben, der angefochtene Zurückweisungsbeschluß in diesem Umfang aufzuheben und dem Rekursgericht die sachliche Entscheidung über diesen Rekurs aufzutragen. Ist aber noch die Frage offen, wer die Klägerrolle hat, so ist auch die Zurückweisung der auf die Nichtigkeit des Verfahrens im Falle des Auftretens der Gesellschaft als Klägerin abzielenden Rekursen der Beklagten verfrüht. Daher war auch den Revisionsrekursen der Beklagten Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten dieses Teiles des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

2. Zum Revisionsrekurs der Gesellschaft:

Zutreffend hat das Rekursgericht erkannt, daß die Gesellschaft im Verfahren nicht gesetzmäßig vertreten ist. Es trifft auch zu, daß dieser Mangel nicht behoben werden kann, weil die einzigen Organe der Gesellschaft mit der Klage belangt werden und ihre allfällige Prozeßgegnerin somit nicht vertreten könnten. Für eine Klage gemäß § 48 Abs 1 GmbHG ist aber die Bestellung von Notgeschäftsführern oder Kuratoren für die Gesellschaft im Gesetz nicht vorgesehen, weil diese Klage nicht von der Gesellschaft, sondern nur von der Minderheit der Gesellschafter erhoben werden kann. Damit liegt in Ansehung dieses Revisionsrekurses der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 2 Z 5 ZPO vor, der zur Zurückweisung dieses Rechtsmittels führen mußte. Eine weitergehende Wahrnehmung dieses Nichtigkeitsgrundes in Ansehung des gesamten Verfahrens ist erst möglich, wenn die Richtigstellung der Parteienbezeichnung endgültig versagt werden sollte.

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