OGH 9ObA190/92

OGH9ObA190/9211.11.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith und Dr.Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Scheuch und Rupert Gnant als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei G***** M*****, Flachdrucker, ***** vertreten durch *****, Sekretär *****, dieser vertreten durch *****, Rechtsanwälte *****, wider die beklagte Partei *****F*****-R***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wegen S 59.161,75 brutto und S 4.500,-- netto sA (im Revisionsverfahren S 59.161,75 brutto sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23.4.1992, GZ 13 Ra 10/92-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Steyr als Arbeits- und Sozialgericht vom 11.10.1991, GZ 8 Cga 5/91-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Arbeitsrechtssache wird zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger (für das Revisionsverfahren noch wesentlich) restlichen Lohn, Urlaubsentschädigung und Kündigungsentschädigung für drei Monate Behaltezeit, da ihm die Beklagte nach der Lehre keine Weiterverwendung im erlernten Beruf ermöglicht habe.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Das Lehrverhältnis habe bereits aufgrund der Stillegung des Druckereibetriebes zur Vermeidung eines unmittelbar drohenden Konkurses zum 30. April 1990 (auch zum 30. Mai 1990) gemäß § 14 Abs 2 lit b bzw. lit d BAG vorzeitig geendet. Dem Kläger sei es lediglich entgegenkommenderweise ermöglicht worden, seine Lehrzeit in einem Kollegenbetrieb zu beenden. Es habe daher keine Verpflichtung zur Weiterverwendung des Klägers bestanden; eine Beschäftigung des Klägers im Betrieb der Beklagten sei auch faktisch unmöglich gewesen. Soweit der Kläger austrittsabhängige Ansprüche geltend mache, seien diese verfristet, da er seinen Austritt nicht unverzüglich erklärt habe. Allfällige Schadenersatzansprüche seien schon mangels Verschuldens der Beklagten ungerechtfertigt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte im wesentlichen fest:

Der Kläger begründete mit der Beklagten als Lehrberechtigten per 1. September 1987 ein auf drei Jahre befristetes Lehrverhältnis im Lehrberuf "Flachdrucker". Nach dem Lehrvertrag waren dem Kläger verschiedene Berufsbildpositionen unter Anrechnung auf die betriebliche Arbeitszeit durch die W***** M***** AG in W***** zu vermitteln. Dafür waren im ersten Lehrjahr zwei Monate und im zweiten sowie im dritten Lehrjahr je ein Monat vorgesehen. Über Anfrage der Arbeiterkammer vom 24. Jänner 1990, wann der Kläger die zwischenbetriebliche Ausbildung absolvieren und eine im zweiten Lehrjahr wegen Krankheit versäumte Woche nachholen könne, erwiderte der Geschäftsführer der Beklagten mit Schreiben vom 3. April 1990, daß der Kläger seine Lehrzeit bei der W***** M***** AG ab 7. Mai 1990 bis voraussichtlich 31. August 1990 beenden werde, da sich die Beklagte in Liquidation befinde.

Seit April 1990 befand sich die Beklagte im Abwicklungsstadium. Auch der Kläger wußte, daß der Betrieb stillgelegt wird. Er erkundigte sich beim Geschäftsführer der Beklagten nach dem Schicksal seines Lehrverhältnisses. Der Geschäftsführer teilte sowohl dem Kläger als in der Folge auch noch dessen Vater mit, daß sich der Kläger keine Sorgen machen müsse, da das alles geregelt werde. Er werde dafür sorgen, daß der Kläger seine Lehrzeit bei der W***** M***** AG beenden könne. Nachdem die Druckerei am 30. April 1990 geschlossen worden war, wurde am 31. Mai 1990 die Pappe- und Bierdeckelerzeugung eingestellt. Ihre Gewerbeberechtigung legte die Beklagte jedoch nicht zurück. Die auf "fabriksmäßige Papier- und Kartonagenwarenerzeugung" lautende Gewerbeberechtigung erlosch vielmehr wegen Änderung des Betriebsgegenstandes auf "Erzeugung von elektrischen Strom, Vermietung, Verpachtung etc.", gemäß den §§ 11 Abs 2 und 85 Z 4 GewO 1973 mit Wirkung vom 17. Juli 1990. Die Liquidation wurde etwa im August 1990 aufgehoben.

Am 7. Mai 1990 hatte der Kläger, wie vorgesehen, seine zwischenbetriebliche Ausbildung in W***** angetreten. Nach Ablegung der Lehrabschlußprüfung am 3. Juli 1990 arbeitete er noch bis zum Ende der Woche in Wels. Mit Schreiben vom 5. Juli 1990 verständigte er die Beklagte von der Ablegung der Prüfung, daß das Lehrverhältnis somit am 8. Juli 1990 ende und daß er die Behaltezeit auf jeden Fall in Anspruch nehmen möchte. Er ersuchte die Beklagte, ihn ab 9. Juli 1990 in ihrem Betrieb als Flachdrucker zu beschäftigen. Eine Reaktion der Beklagten auf dieses Schreiben konnte nicht festgestellt werden.

Als der Kläger am 9. Juli 1990 im Betrieb der Beklagten erschien, teilte ihm eine Büroangestellte mit, daß "nichts gehe, weil alles stillstehe". Es bestand keine Beschäftigungsmöglichkeit im erlernten Beruf. Das Ansinnen, Kartons zu schlichten, lehnte der Kläger ab. Er vereinbarte vielmehr mit der Angestellten einen 14-tägigen Urlaub, wobei sich diese noch dahin äußerte, daß der Kläger nach 14 Tagen wiederkommen solle; man werde sehen, was weiter sei. Diese Urlaubsvereinbarung gelangte auch dem Geschäftsführer der Beklagten zur Kenntnis. Eine Woche später erfuhr der Kläger durch seinen Bruder, daß im Betrieb der Beklagten die Maschinen "abgezwickt" seien. Dem Kläger war damit klar, daß er bei der Beklagten nicht weiterbeschäftigt werden könne.

Mit Schreiben vom 11. Juli 1990 hielt der Kläger fest, daß der vereinbarte Urlaub am 22. Juli 1990 ende; er werde sich am 23. Juli 1990 wieder im Betrieb einfinden, um seine Arbeit als Flachdrucker aufzunehmen. Zugleich ersuchte er, ihm die ausstehende Lehrlingsentschädigung für Juni auszuzahlen. Mit Schreiben vom 19. Juli 1990 erwiderte die Beklagte im wesentlichen, daß sie die Ausbildung des Klägers aufgrund einer Kulanzvereinbarung mit der W***** M***** AG trotz der Einstellung des Betriebs habe gewährleisten können. Der Kläger habe noch 46 Urlaubstage offen; nach Konsumation dieses Urlaubs ende daher sein Dienstverhältnis "in unserem Hause" mit 11. September 1990. Diesem Angebot widersprach der Kläger mit Schreiben vom 30. Juli 1990, in dem er festhielt, daß die Behaltezeit vier Monate betrage. Er sei zwar einverstanden, ab 23. Juli 1990 nochmals zwei Wochen Urlaub zu konsumieren, er wolle aber am 6. August 1990 die Arbeit in seinem erlernten Beruf wieder aufnehmen. Er ersuche um Bekanntgabe, wie sein weiteres Dienstverhältnis verlaufen solle und um Auszahlung des offenen Urlaubszuschusses. Eine Reaktion der Beklagten auf dieses Schreiben konnte nicht festgestellt werden. In der zweiten Julihälfte hatte sich der Geschäftsführer der Beklagten jedoch dem Vater des Klägers gegenüber geäußert, der Kläger solle ihn nicht "pflanzen"; er wisse ja, daß er als Drucker jederzeit Arbeit finden könne.

Am 6. August 1990 fand sich der Kläger erneut im Betrieb der Beklagten ein. Einige Leute waren dort mit Abschluß- und Aufräumarbeiten beschäftigt. Die Druckerei war geschlossen; Vorgesetzte waren nicht anwesend. Eine Arbeitsaufnahme im erlernten Beruf war nach wie vor nicht möglich. Daraufhin erklärte der Kläger mit Schreiben vom 6. August 1990 gegenüber der Beklagten seinen vorzeitigen Austritt aus dem Arbeitsverhältnis, da ihm die Beklagte die Arbeitsaufnahme nicht ermögliche, der Urlaubszuschuß und ein restlicher Teil des Urlaubsgeldes noch immer ausstehe und er seit dem Beginn der Behaltezeit unterkollektivvertraglich entlohnt worden sei. Mit Schreiben vom 9. August 1990 erwiderte die Beklagte, daß sie mit dem vorzeitigen Austritt nicht einverstanden sei. Seit 10. September 1990 ist der Kläger bei einem anderen Arbeitgeber als Drucker beschäftigt.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß das Lehrverhältnis des Klägers gemäß § 14 Abs 2 lit e BAG mit Ablauf der Woche, in der die Prüfung abgelegt wurde, sohin am 8. Juli 1990 geendet habe. Die von der Beklagten geltend gemachten Endigungsgründe seien nicht vorgelegen. Die Bestimmung des § 14 Abs 2 lit b BAG beziehe sich nur auf physische, nicht aber auf juristische Personen. Der Wegfall der Lehrberechtigung gemäß § 14 Abs 2 lit d BAG erfasse nur die rechtliche Unfähigkeit des Lehrberechtigten zur Erfüllung seiner Verpflichtungen, nicht aber eine bloße faktische Unmöglichkeit. Die Gewerbeberechtigung der Beklagten sei erst am 17. Juli 1990, sohin nach Ablegung der Lehrabschlußprüfung erloschen.

Aufgrund der Erklärungen des Klägers, die Behaltezeit in Anspruch zu nehmen und des Verhaltens des Geschäftsführers der Beklagten, der sich nicht geweigert habe, den Kläger im Sinne des § 18 Abs 1 BAG weiterzubeschäftigen, sei im Anschluß an die Lehrzeit ein dem Kollektivvertrag für die Papierindustrie entsprechendes, mit sechs Monaten befristetes Arbeitsverhältnis zustandegekommen. Dieses habe der Kläger mit Schreiben vom 6. August 1990 berechtigt vorzeitig aufgelöst, weil ihn die Beklagte nicht im erlernten Beruf weiterverwendet habe. Da dem Kläger die Weiterverwendung dauernd unmöglich gemacht worden sei, habe er seinen Austritt nach dem Scheitern des zweiten Versuches, die Arbeit wieder aufzunehmen, auch nicht verspätet, sondern unverzüglich erklärt.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und führte ergänzend aus, daß ein Verbot im Sinne des § 14 Abs 2 lit d BAG von der Bezirksverwaltung hätte ausgesprochen werden müssen. Der Ausschluß des Lehrberechtigten von der Weiterausbildung von Lehrlingen hänge nämlich von der Rechtskraft eines diesbezüglichen Untersagungsbescheides ab, der im vorliegenden Fall nicht erlassen worden sei. Auf bloße faktische Verhältnisse im Betrieb des Lehrberechtigten komme es nicht an. Habe aber das Lehrverhältnis des Klägers gemäß § 14 Abs 2 lit e BAG erst am 8. Juli 1990 geendet, sei die Beklagte im Sinne des § 18 Abs 1 BAG verpflichtet gewesen, dem Kläger für die Dauer der Behaltezeit im erlernten Beruf weiterzuverwenden. Der Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung sei durch Gesetz, Lehrvertrag und allenfalls betriebliche Übung ausreichend konkretisiert.

Die von der Beklagten eingewendete faktische Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung zufolge Betriebsstillegung entspreche in Wahrheit einer wirtschaftlichen Unmöglichkeit, die aber, um wahrgenommen werden zu können, einen Befreiungsantrag des Lehrberechtigten und einen darüber ergehenden Bescheid der zuständigen Kammer der gewerblichen Wirtschaft voraussetze. Ohne einen solchen Bescheid könne sich die Beklagte nicht auf die Erlassung der Behaltepflicht oder auf die Unmöglichkeit der Weiterverwendung im Sinne des § 878 ABGB berufen. Das Austrittsrecht des Klägers mit den Rechtsfolgen des § 1162 b ABGB resultiere demnach aus dem verletzten Zweck der Weiterverwendung des Klägers im erlernten Lehrberuf.

Gegen dieses Urteil richtet sich die aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision der Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer Klageabweisung. Hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Wie die Vorinstanzen richtig erkannten, endete das Lehrverhältnis des Klägers im Sinne des § 14 Abs 2 lit e BAG erst mit dem Ablauf der Woche, in welcher der Kläger die Lehrabschlußprüfung erfolgreich abgelegt hatte (vgl Berger-Fida-Gruber, BAG § 14 Erl 25; Arb 10.567, 10.246, 10.182 ua). Die zwischenbetriebliche Ausbildung in einer anderen Druckerei war bereits im Lehrvertrag vorgesehen, so daß es insofern unerheblich ist, daß der Kläger den letzten Abschnitt seiner Lehrzeit nicht im Betrieb der Beklagten zurücklegte, sondern in diesem Lehrbetrieb. Auch wenn die Beklagte es dem Kläger ermöglichte, die zwischenbetriebliche Ausbildung länger als vereinbart in Anspruch zu nehmen, ändert dies nichts daran, daß die bloß faktische Einstellung des Betriebs durch den Lehrberechtigten nicht zu einem Ende des Lehrverhältnisses gemäß § 14 Abs 2 lit d BAG führen konnte. Darauf kommt die Revisionswerberin in ihrer Revision auch nicht mehr zurück.

Es trifft auch zu, daß die Stillegung des Betriebs lediglich dazu führen kann, dem Lehrberechtigten die in § 18 Abs 1 BAG vorgesehene Weiterverwendungsverpflichtung im Sinne des § 18 Abs 3 BAG zu erlassen (vgl. Floretta in Floretta-Spielbüchler-Strasser, ArbR3 I 297; Schwarz- Löschnigg, ArbR4 432 f). Die Kontrahierungspflicht (vgl. Arb 10.672 ua) wird aber entgegen der Ansicht der Revisionswerberin nicht schon dadurch "obsolet", daß der Betrieb, in dem der ausgelernte Arbeitnehmer weiterbeschäftigt werden muß, eingestellt ist; die Befreiung von der Weiterverwendung fällt vielmehr in die Zuständigkeit der im Gesetz genannten Selbstverwaltungskörper bzw. Verwaltungsbehörden, an deren Entscheidungen die Gerichte gebunden sind (vgl. WBl 1988, 372 = Infas 1988 A 95). Mangels einer Befreiung von der Behaltepflicht war daher die Beklagte zur Weiterverwendung des Klägers verpflichtet. Die Beklagte hat sich dieser Verpflichtung auch nicht entzogen, da sie dem Begehren des Klägers auf Weiterbeschäftigung nicht entgegengetreten ist (Arb 10.511, 7.072 ua). Es wurde mit ihm vielmehr am 9. Juli 1990 ein 14-tägiger Urlaub vereinbart und mit Schreiben vom 19. Juli 1990 der Verbrauch weiteren Urlaubs angeboten. Urlaubsverbrauch hat aber das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zur Voraussetzung, das wie das Berufungsgericht richtig erkannte, in diesem Fall durch die Bestimmung des § 18 Abs 1 BAG durch den Kollektivvertrag und allenfalls durch die betriebliche Übung hinreichend determiniert war. Daß der Geschäftsführer der Beklagten selbst von einem Arbeitsverhältnis ausging, geht aus seinem Schreiben vom 19. Juli 1990 hervor, in dem er dem Kläger mitteilte, "daß das Dienstverhältnis in unserem Hause mit 11. September 1990 ende".

Den Einwendungen der Beklagten, sie habe den eingestellten Druckereibetrieb nur wegen des Klägers allein nicht wieder aufnehmen können, kommt aber insoferne Beachtlichkeit zu, als beiden Teilen die Unmöglichkeit, den Kläger im erlernten Beruf zu beschäftigen, bekannt war. Der Kläger wußte bereits seit der Betriebsversammlung im April 1990, daß der Betrieb wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten stillgelegt wird, und er konnte sich im Juli 1990 selbst davon überzeugen, daß in der Druckerei keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr für ihn bestand. Wie er erfuhr, waren die Maschinen "abgezwickt". Bei diesem Sachverhalt sind die wiederholten Forderungen des Klägers, er wolle in seinem erlernten Beruf weiterbeschäftigt werden, wenn schon nicht schikanös, so doch geradezu absurd. Auch wenn die im § 18 BAG normierte Weiterverwendungspflicht durch bloße Entgeltzahlung in der Regel nicht erfüllt werden kann (vgl. Mayer-Maly/Marhold, Österreichisches Arbeitsrecht I 147), ist hier die Unmöglichkeit, den Kläger entsprechend seinen Kenntnissen weiterbeschäftigen zu können, ausschlaggebend, so daß im vorliegenden Fall lediglich Ansprüche im Sinne des § 1155 ABGB gegeben gewesen sein konnten (vgl. Arb 6.331). Damit erweist sich aber der vorzeitige Austritt des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis, soweit er sich auf eine "Weigerung" der Beklagten stützt, im erlernten Beruf weiterbeschäftigt zu werden, abgesehen von der Verschuldensfrage als nicht gerechtfertigt.

Der Austritt des Klägers nach anderen arbeitsrechtlichen Vorschriften (vgl. Berger aaO § 18 Erl 49) wäre nur dann gerechtfertigt erfolgt, wenn ihm die Beklagte im Sinne des § 82 a lit d GewO 1859 die bedungenen oder kollektivvertraglichen Bezüge "ungebührlich" vorenthalten hätte, worauf seine Schreiben vom 11. Juli 1990, 30. Juli 1990 und 6. August 1990 ebenfalls hinweisen (vgl. DRdA 1992/37 = EvBl 1992/29). Dazu fehlt es aber noch an einer entsprechenden Erörterung in erster Instanz und an differenzierenden Feststellungen, welche fälligen Entgeltbestandteile im Zeitpunkt der Austrittserklärung tatsächlich noch unberichtigt gewesen sind. Abgesehen davon hat der Kläger jedenfalls Anspruch auf die austrittsunabhängigen Entgeltbestandteile. Insofern ist die Arbeitsrechtssache noch nicht spruchreif und das Verfahren ergänzungsbedürftig.

Die Kostenentscheidung ist in § 52 ZPO begründet.

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