OGH 4Ob548/92

OGH4Ob548/9210.11.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef F*****, vertreten durch Dr.Dieter Huainigg, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Maria K*****, vertreten durch Dr.Christian Kleinszig und Dr.Christian Puswald, Rechtsanwälte in St.Veit an der Glan, wegen S 70.920 (Streitwert im Revisionsverfahren S 65.920 sA) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 25.Mai 1992, GZ 6 R 294/91-37, womit das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 20.September 1991, GZ 22 Cg 184/90-31, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 4.348,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 724,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte bestellte beim Kläger auf Grund seines schriftlichen Anbotes vom 15.9.1988 ein Schiebefalttor samt zweiflügeliger Tür und einen Winkeleisenrahmen für eine Montagegrube um einen Gesamtwerklohn von S 70.920. Sie macht Mängel des Werkes geltend.

Der Kläger begehrt die Zahlung seines Werklohns von S 70.920 sA. Er behauptet, daß er die am 22.11.1990 (beim Lokalaugenschein) festgestellten geringfügigen Mängel behoben habe; für die mit dem Einbau der Tore unvermeidlich verbundenen Verputzschäden am angrenzenden Mauerwerk sei er nicht verantwortlich.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die bestellten Tore seien nicht auftragsgemäß hergestellt worden; sie wiesen eine Reihe von Mängeln auf, weil insbesondere die Montage nicht fachgemäß durchgeführt worden sei. Das fertig verputzte Mauerwerk breche aus; die Torwinkelstöcke müßten mit sogenannten Pratzen neu montiert und dann das ausgebrochene Mauerwerk saniert werden. Der angemessene Preis des Gesamtwerkes mache nur S 39.276,72 aus; der Differenzbetrag werde als Gegenforderung (?) geltend gemacht. Außerdem fordere die Beklagte Mängelbehebung und zusätzlich Preisminderung. Mit Schriftsatz vom 31.1.1991 erklärte sie, eine Mängelbehebung nicht mehr zuzulassen; bei der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 21.6.1991 gab die Beklagte bekannt, daß sie nunmehr einer Mängelbehebung wieder zustimme. Da die Mängel nicht behoben wurden, sei der Klagebetrag nicht fällig.

Das Erstgericht stellte die Forderungen des Klägers mit S 70.920 und die Gegenforderung der Beklagten mit S 2.000 als zu Recht bestehend und fest und sprach dem Kläger daher S 68.920 sA zu. Es traf folgende Feststellungen:

Die Beklagte hat das Schiebefalttor fix und fertig montiert bestellt. Das Tor hätte mit Mauerpratzen befestigt werden sollen; die Beklagte wollte aber, daß die bereits verputzte Mauer nicht beschädigt wird (was beim Einbau mit Mauerpratzen unvermeidlich ist), und entschied sich daher für den Vorschlag des Klägers, das Tor mit Dübeln und Schrauben zu befestigen. Diese Befestigung führte der Kläger mit zu kleinen und zu kurzen Schrauben mangelhaft aus. Die Schrauben reichten nur bis in den Verputz, welcher dieser Belastung nicht standhielt; bei der Mängelbehebung am 27.11.1990 befestigte daher der Kläger das Tor, wie ursprünglich vorgesehen, mit Mauerpratzen, die mit Vergußzement eingebaut wurden. Durch das Einmauern der zwölf Pratzen und eine Schadensstelle bei der früheren Verschraubung sind insgesamt 13 Mauerschäden im Ausmaß von 5 bis 10 cm entstanden, die der Kläger nicht behoben hat. Mangels besonderer Vereinbarung gehört das Verputzen der durch das Einmauern der Pratzen entstehenden Mauerschäden nicht zur Herstellung und Montage des Tores.

Die Ausführung des Tores entspricht dem Angebot. Seit der Mängelbehebung durch den Kläger am 27.11.1990 sind an dem Werk (mit nachstehenden Ausnahmen) keine Mängel mehr vorhanden. Die Schleifstellen an den verzinkten Stahlblechtoren (- bei Feuerverzinkung von Stahlblechen entstehen produktionsbedingt Zinkrückstände und Aufwölbungen bei den Schweißnähten, wodurch die verzinkte Oberfläche uneben werden kann -) sind fachlich einwandfrei, allerdings "könnte die Schleifarbeit selbst etwas sorgfältiger sein". Der Winkelrahmen für die Montagegrube hat bei einer Größe von 4 x 1 m eine Abweichung von rund 6 mm von der Flucht. Diese Abweichung ist mittlerweile mit Hilfe eines von der Beklagten benützten Holzkeils beseitigt worden.

Das Erstgericht war der Ansicht, daß die Verputzschäden Mangelfolgeschäden seien, die der Kläger zu beheben habe. Der dafür erforderliche Aufwand werde gemäß § 273 ZPO mit S 2.000 festgesetzt und der Beklagte nicht im Rahmen der Wertminderung, sondern als Gegenforderung zugesprochen. Im übrigen sei das Werk nicht mehr mangelhaft, so daß der gesamte Werklohn fällig sei und der Beklagten keine Preisminderung gebühre.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nur insoweit Folge als es die Gegenforderung wegen der Verputzschäden mit S 5.000 als zu Recht bestehend feststellte und dem Kläger daher nur S 65.920 sA zusprach.

Der durch das nachträgliche Anbringen der Mauerpratzen entstandene Schaden sei weder ein Schaden des Werkes selbst noch ein Mangelfolgeschaden; es handle sich vielmehr um einen "Begleitschaden", den der Kläger zu tragen habe, weil es ihm nicht gelungen sei, das Tor mit Schrauben und Dübeln zu befestigen, obwohl dies bei Verwendung entsprechend langer Schrauben möglich gewesen wäre und dann keine Verputzschäden entstanden wären. Das Nichtbeheben eines solchen Schadens schiebe aber die Fälligkeit des Werklohns nicht hinaus. Da das Werk selbst in seiner Gesamtheit keinen Mangel aufweise, sei der Werklohn fällig. Die eingewendete Gegenforderung habe sich auch auf die Verputzschäden bezogen.

Die Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit außerordentlicher Revision wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die Klage abgewiesen werde; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel der Beklagten zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Die Revision der Beklagten ist zulässig, weil die Entscheidung unter anderem von der Frage abhängt, ob sich die Beklagte wegen des Unterlassens der Behebung der Verputzschäden, die nicht das Werk selbst betreffen, durch den Kläger, erfolgreich auf mangelnde Fälligkeit des Werklohnes berufen kann. Zu dieser Frage fehlt eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). § 468 Abs 2 ZPO gilt nur für die Berufungsgründe der Nichtigkeit und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens (JBl 1958, 150; JBl 1957, 648; EFSlg 52.214; Stohanzl, JN-ZPO14 E 4 zu § 482), so daß die zweite Instanz die zur Dartuung des Berufungsgrundes der unrichtigen Beweiswürdigung und Tatsachenfeststellung vorgelegten weiteren Lichtbilder (I bis IX) über die Verputzschäden mit Recht zurückgewiesen hat. Im übrigen sind die Verputzschäden ohnehin festgestellt und vom Berufungsgericht durch Zuerkennung einer Gegenforderung von S 5.000 abgegolten worden.

In der Rechtsrüge verweist die Beklagte darauf, daß nach den Feststellungen der Vorinstanzen an dem Werk weiterhin Mängel vorhanden seien (nicht fluchtgerecht eingerichteter Winkelrahmen und Unebenheiten der feuerverzinkten Stahlbleche); auch wegen der vom Kläger verursachten Mauerschäden sei sie berechtigt, die Gegenleistung bis zur Behebung zurückzuhalten. Diesen Ausführungen ist nicht zu folgen:

Was zunächst die behaupteten Mängel an dem Werk selbst betrifft (minimales Abweichen des Winkelrahmens von der Flucht, was von der Beklagten mittlerweile selbst behoben wurde; "Schleifarbeit könnte etwas sorgfältiger sein"), so liegen im Hinblick auf die Feststellung der Vorinstanzen, daß die Arbeit des Klägers fachlich einwandfrei ist, nur unerhebliche Mängel im Sinn des § 932 Abs 2 ABGB (iVm § 1167, letzter Satz, ABGB) vor. Nach dieser Gesetzesstelle kommt eine unerhebliche Minderung des Wertes nicht in Betracht; das hat zur Folge, daß derartige Mängel (in jeder Hinsicht) unberücksichtigt bleiben. Dem Übernehmer (bzw dem Besteller) stehen diesfalls überhaupt keine Rechte zu (SZ 52/53 = EvBl 1979/148; RZ 1983/41), weil das Gesetz Schikanen vermeiden will (Mat zur 3.TN 42; Reischauer in Rummel, ABGB2, Rz 17 zu § 932; Rz 1 zu § 1167; SZ 52/53 = EvBl 1979/148; RZ 1983/41). Der Übernehmer (Besteller) hat daher auch nicht das Recht, wegen des Vorliegens bloß unerheblicher Mängel die Gegenleistung zurückzuhalten (Aicher in Rummel aaO Rz 7 zu § 1052; vgl Franz Bydlinski in FS Steinwenter 149 Anm 40; aM Wahle in Klang2 IV/2, 79).

Auch bezüglich der Mauerschäden (welche zweifellos über die Unerheblichkeitsgrenze des § 932 Abs 2 ABGB hinausgehen) kann sich die Beklagte nicht auf mangelnde Fälligkeit berufen. Diese Schäden gehören nicht zum Werk selbst. Der Kläger hatte das Tor fix und fertig montiert angeboten. Für die Montage gab es zwei fachgemäße Möglichkeiten: Das Einmauern mit sogenannten Pratzen oder das Befestigen mit (entsprechend dimensionierten) Dübeln und Schrauben. Die Beklagte, die eine Beschädigung des Mauerwerks vermieden haben wollte, entschied sich für die zweite Befestigungsart, die aber dem Kläger infolge Verwendens zu kurzer Schrauben mißglückt ist, so daß er nachträglich doch eine Befestigung mit Mauerpratzen vorgenommen hat. Bei dieser Befestigungsart sind auch bei fachgemäßer Durchführung erhebliche Verputzschäden am Mauerwerk unvermeidlich. Hätte sich die Beklagte für die Befestigung mit Mauerpratzen entschieden, dann wäre der auch bei sachgemäßer Montage nach dieser Methode auftretende Putzschaden kein vom Kläger zu ersetzender Mangelfolgeschaden gewesen. Die Behebung dieses Schadens gehört in der Regel nicht zu dem vom Unternehmer (Schlossermeister!) zu liefernden Werk. Den Kläger hätte in diesem Fall - ohne besondere Vereinbarung - keine Verpflichtung getroffen, die auch bei sachgemäßer Montage unvermeidlichen Mauerschäden durch Verputzen und Ausmalen zu beseitigen; die Beklagte hätte sich in diesem Fall zur Wiederherstellung des vorigen Zustandes eines anderen Handwerkers bedienen oder selbst für die Instandsetzung sorgen müssen.

Infolge des Mißlingens der von der Bestellerin gewählten mauerschonenden Befestigungsart sind aber die Schäden am Mauerwerk Mangelfolgeschäden einer nicht sachgemäßen Werkherstellung. Diese Schäden gehören aber - wie bereits erwähnt - nicht zum Werk selbst; der Kläger hat sie nur wegen Verletzung seiner vertraglichen Schutzpflicht, sonstige Güter seiner Vertragspartnerin (bei der Montage) tunlichst nicht zu beschädigen ("positive Vertragsverletzung"), zu tragen. Die Einrede des nicht erfüllten Vertrages bezieht sich immer nur auf Pflichten, die zueinander im Austauschverhältnis stehen, also auf die Hauptpflichten und die "äquivalenten Nebenpflichten", nicht aber zB auf die Schutzpflichten, weil diese nicht um einer anderen Pflicht willen eingegangen worden sind (Koziol-Welser9 I 230 f; Wahle in Klang2 IV/2, 75 ff; Aicher in Rummel aaO Rz 8 zu § 1052; JBl 1974, 146; vgl auch EvBl 1983/148; SZ 61/15; aM Jabornegg, Zurückbehaltungsrecht 189).

Dazu kommt, daß der Anspruch auf Beseitigung eines Mangelfolgeschadens zwar - wie der Gewährleistungsanspruch - auf das Erfüllungsinteresse geht, aber dennoch ein Schadenersatzanspruch ist, so daß die Beklagte nur bei Tunlichkeit Naturalrestitution begehren könnte. Eine Naturalrestitution durch den Kläger wäre aber untunlich, weil er Kunstschmied und nicht Maurer ist. Er hat daher Geldersatz zu leisten, den der Besteller mit dem offenen Werklohn aufrechnen kann. Im vorliegenden Fall wurde der Beklagten ohnehin Geldersatz zugesprochen; sie kann den Betrag vom Werklohn abziehen.

Die Beklagte kann daher nicht mangelnde Fälligkeit erfolgreich mit der Begründung einwenden, daß der Kläger die durch das Anbringen der Mauerpratzen entstandenen Verputzschäden nicht beseitigt habe.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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