OGH 7Ob617/92

OGH7Ob617/9229.10.1992

Der Oberste Gerichtshof als Revisionsgericht hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Klinger, Dr.Egermann und Dr.Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** Aktiengesellschaft, Spedition,***** vertreten durch Dr.Hans Gerhard Schreiber, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S*****-Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Longin Josef Kempf, Rechtsanwalt in Peuerbach, wegen S 94.265,25 s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 21.Mai 1992, GZ 6 R 9/92-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 18. September 1991, GZ 4 Cg 178/90-16, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 5.094,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 849,-- Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Begründung

Die klagende Partei stützte ihr Begehren auf Ersatz des Verzögerungsschadens aus einem Frachtvertrag auf die Behauptung, daß der Fahrer der beklagten Partei das Transportgut in Antwerpen nicht, wie vereinbart, beim Kai (Schuppen) 242 zugunsten der Firma T*****, sondern beim Schuppen 208 abgegeben habe, wo es erst nach geraumer Zeit aufgefunden worden sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seinen Feststellungen sind im Hafen von Antwerpen die Schuppen- bzw. Kainummern ausgeschildert und leicht zu finden. Der Fahrer der beklagten Partei lieferte das Frachtgut (am 9.10.1989) beim Schuppen 242 ab und ließ sich die Ablieferung, wie üblich, von einem dort anwesenden Staplerfahrer oder Hafenarbeiter, welche für das Abladen zuständig sind, auf dem Frachtbrief bestätigen.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, daß es der klagenden Partei S 2.000,-- s.A. zuerkannte. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig ist.

Nach der Auffassung des Berufungsgerichtes liegt eine wirksame Ablieferung nicht vor. Nach Art. 23 Abs.5 CMR sei die Haftung des Frachtführers für Schäden wegen Überschreitung der Lieferfrist mit der Höhe der Fracht begrenzt. Auf diese Haftungsbegrenzung könne sich der Frachtführer gemäß Art.29 Abs.1 CMR jedoch dann nicht berufen, wenn er den Schaden vorsätzlich oder durch ein ihm zur Last fallendes Verschulden verursacht habe, das nach dem Recht des angerufenen Gerichtes dem Vorsatz gleichstehe. Die österreichische Rechtsprechung stelle grobe Fahrlässigkeit dem Vorsatz gleich. In der Ablieferung des Transportgutes an einen am Auslieferungsort anwesenden Staplerfahrer oder Hafenarbeiter könne jedoch grobe Fahrlässigkeit nicht erblickt werden.

Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision der klagenden Partei ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs.1 ZPO unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die von der klagenden Partei behauptete Ablieferung des Gutes an einem anderen als dem vereinbarten Ablieferungsort wurde nicht als erwiesen angenommen. Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes erfolgte die Ablieferung vereinbarungsgemäß. Daß es den an der Ablieferung beteiligten Personen an der Berechtigung hiezu gefehlt habe, wurde nicht einmal behauptet. Geltend gemacht wurde lediglich, daß die beklagte Partei eine unrichtige Empfangsquittung erstellt habe. Der beklagten Partei käme auch die Bestimmung des § 33 der AÖSp zugute, wonach die Ablieferung von Rollgut mit befreiender Wirkung an jede zum Geschäft oder Haushalt gehörige, in den Räumen des Empfängers anwesende erwachsene Person erfolgen kann. Diese Bestimmung beseitigt zwar nicht die Verpflichtung des Spediteurs zur Wahrung der Interessen des Auftraggebers. Umstände, die Zweifel an der Befugnis der am Ablieferungsort anwesend und zur Empfangnahme bereit gewesenen Staplerfahrer bzw. Hafenarbeiter nahelegten (vgl. hiezu Krien-Valden, Speditions- und Lagerrecht 2.Bd. 8100 § 33 ADSp Anm.7 e), liegen nach den Feststellungen nicht vor und wurden gleichfalls nicht behauptet. Eine schlüssige Vereinbarung der AÖSp durch die Parteien wurde schon vom Erstgericht zutreffend bejaht (vgl HS 9812, 12.593). Im Anwendungsbereich der CMR sind vereinbarte Allgemeine Geschäftsbedingungen nur insoweit ohne Rechtswirkung, als sie unmittelbar oder mittelbar von den Bestimmungen der CMR abweichen (Art.41 Z 1 CMR). Die CMR regelt insbesondere die Beförderungsbedingungen, die Haftung und das hiefür geltende Verfahren. Ziel des Art.41 CMR ist die Vereinheitlichung dieses Regelungsbereiches. Eine Ausdehnung über die Zielrichtung hinaus ist nur dann gerechtfertigt, wenn sich dies aus den Bestimmungen der CMR ableiten läßt (SZ 55/73; Schütz in Straube HGB Anh II § 452 1155; vgl. auch Glöckner, Leitfaden zur CMR7 240). Dies ist aber in bezug auf § 33 AÖSp nicht der Fall. Die CMR enthalten keine Anhaltspunkte dafür, daß die Leute des Frachtführers, die das Gut rollen, gehalten sein sollen, in jedem Fall vor der Ablieferung zu prüfen, ob die in den Räumen des Empfängers anwesenden und zur Annahme des Gutes bereiten Erwachsenen dazu auch bevollmächtigt sind. Davon ausgehend stellt sich die Frage nach der Haftungsbegrenzung der beklagten Partei und danach, ob sie grobe Fahrlässigkeit zu vertreten hat, nicht.

Demgemäß ist die Revision zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Da die beklagte Partei, wenn auch aus anderen Gründen, auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat, steht ihr auch ein Anspruch auf Kostenersatz zu.

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