OGH 7Ob606/92

OGH7Ob606/9215.10.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Egermann, Dr.Niedereiter und Dr.Schalich als weitere Richter in der Vormundschaftssache der ***** geborenen mj. Jutta und Astrid A*****, infolge Revisionsrekurses des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Graz gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Leoben als Rekursgericht vom 4.August 1992, GZ R 587/92-8, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Murau vom 17.Juni 1992, GZ P 11/91-4, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Das Erstgericht stellte die den beiden Minderjährigen für die Zeit vom 1.4.1991 bis 31.3.1994 gewährten Unterhaltsvorschüsse von je S 1.400,--, höchstens jedoch in der Höhe des jeweiligen Richtsatzes für pensionsberechtigte Halbwaisen nach den §§ 293 Abs.1 Buchstabe c bb

1. Fall, 108 f ASVG, mit Ablauf des Monats Juni 1992 ein. Mit Beschluß des Kreisgerichtes Leoben vom 2.6.1992 sei das Urteil des Erstgerichtes vom 27.2.1991, mit dem die Vaterschaft des Andrew S***** festgestellt worden sei, aufgehoben worden. Dadurch sei die Grundlage für die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen weggefallen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist.

Das Rekursgericht lehnte die Rechtsansicht des Rechtsmittelwerbers ab, daß die Einstellung der Vorschüsse rückwirkend mit 1.4.1991 auszusprechen gewesen wäre. Unerheblich sei, daß die Vorschüsse (irrtümlich) nach den §§ 3, 4 Z 1 UVG gewährt worden seien, weil jedenfalls die Voraussetzungen für eine Vorschußgewährung nach § 4 Z 4 UVG gegeben gewesen seien. Danach seien die Vorschüsse auch zu gewähren, wenn die Vaterschaft zu einem unehelichen Kind in erster Instanz festgestellt und einem mit der Klage auf Feststellung der Vaterschaft verbundenen Unterhaltsbegehren zumindest mit einem Teilbetrag in erster Instanz stattgegeben worden sei. Werde in einem solchen Fall das Urteil der ersten Instanz vom Berufungsgericht aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, sei zwar der Einstellungsgrund nach § 20 Abs.1 Z 4 lit.a UVG wegen Wegfalls der Voraussetzungen der Vorschußgewährung gegeben. Die Einstellung sei jedoch, entgegen der Meinung des Rechtsmittelwerbers, nicht bereits mit dem Zeitpunkt der Gewährung der Vorschüsse, sondern erst mit dem Ablauf des Monats anzuordnen, in dem der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes ergangen sei. Nach dem Wortlaut des § 20 Abs.2 UVG sei allein der Zeitpunkt des Eintrittes des Einstellungsgrundes maßgeblich.

Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revisionsrekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Graz ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 4 Z 4 UVG sind Vorschüsse auch dann zu gewähren, wenn die Vaterschaft zu einem unehelichen Kind in erster Instanz festgestellt und einem mit der Klage auf Feststellung der Vaterschaft verbundenen Unterhaltsbegehren zumindest mit einem Teilbetrag in erster Instanz stattgegeben worden ist. Der Rechtsmittelwerber räumt selbst ein, daß diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall gegeben waren. Die Subsumtion des Sachverhaltes unter § 4 Z 1 UVG war rechtlich verfehlt, ist jedoch als rechtliche Beurteilung nicht bindend.

Dem § 20 UVG, der die Einstellung der Vorschüsse regelt, liegt die Erwägung zugrunde, daß dem Gericht, auch wenn die Vorschüsse jeweils nur auf bestimmte Zeit gewährt werden, doch die Möglichkeit gegeben werden muß, die Vorschüsse auch vor Ablauf dieser Zeit aus bestimmten Gründen einzustellen. Das Gesetz stellt klar, daß die Einstellung nicht erst mit der gerichtlichen Beschlußfassung, sondern (rückwirkend) mit dem Eintritt des Einstellungsgrundes wirksam werden soll, d.i. im Falle des § 20 Abs.1 Z 4 lit.a der Wegfall der Voraussetzungen für die Gewährung der Vorschüsse. Ein solcher Einstellungsgrund liegt insbesondere vor, wenn der Unterhaltstitel seine Rechtswirksamkeit verliert. Vorschüsse, die nach diesem Zeitpunkt geleistet werden, gelten als zu Unrecht gewährt, für ihren Ersatz gilt § 22 UVG (5 BlgNR 14.GP 18 f). Die Voraussetzungen der Vorschußgewährung nach § 4 Z 4 UVG sind die Feststellung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind durch ein Urteil erster Instanz und die zumindest teilweise Stattgebung des mit der Feststellungsklage verbundenen Unterhaltsbegehrens. Durch diesen Vorschußtatbestand sollte Klagen Rechnung getragen werden, daß während der oft recht langen Dauer des Verfahrens zur Feststellung der Vaterschaft keine Unterhaltsvorschüsse geleistet werden können und daß Väter häufig durch aussichtslose Rechtsmittel ihre Heranziehung zu Unterhaltsleistungen verzögerten. Der § 4 Z 4 UVG sieht daher die Leistung von Unterhaltsvorschüssen auch vor Eintritt der Rechtskraft des Vaterschaftsfeststellungsurteils vor. Der Gesetzgeber ließ sich hiebei von der Erwägung leiten, daß es verhältnismäßig selten vorkommt, daß das Urteil erster Instanz, mit dem die Vaterschaft festgestellt wird, in der Folge geändert wird (276 BlgNR 15.GP 10 f), und nimmt hiebei in Kauf, daß bei rechtskräftiger Abweisung der Vaterschaftsfeststellungsklage die ausbezahlten Unterhaltsvorschüsse mangels Rechtsgrundlage nicht einbringlich gemacht werden können. Es wird für die Zeit bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens auf Feststellung der Vaterschaft gleichsam das Vorhandensein eines Unterhaltsschuldners und eines rechtswirksamen Exekutionstitels fingiert. Wird das Urteil erster Instanz, wie im vorliegenden Fall, vom Berufungsgericht aufgehoben, so ist der Fall ähnlich dem, gleichfalls unter § 20 Abs.1 Z 4 lit.a UVG fallenden Einstellungsgrund, daß ein rechtswirksamer Unterhaltstitel nach Gewährung der Vorschüsse seine Rechtswirksamkeit verliert. Dies und der Zweck der Regelung des § 4 Z 4 UVG lassen es konsequent erscheinen, bei Aufhebung des erstinstanzlichen Feststellungs- und Leistungsurteils den Einstellungsgrund mit der Bindung des Berufungsgerichtes an seinen Aufhebungsbeschluß anzunehmen (vgl. hiezu ÖA 1991, 115). Nach dem Gesetzeszweck und den Folgen der Einstellung ist es nicht gerechtfertigt, die Einstellung rückwirkend mit dem Zeitpunkt der Vorschußgewährung anzuordnen, so als wären die Voraussetzungen schon damals nicht gegeben gewesen.

Demgemäß ist dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

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